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Archiv "Ansatzpunkte für eine „Reform der Reform“" (26.07.1979)

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Spektrum der Woche Aufsatze · Notizen FORUM

Ansatzpunkte

für eine "Reform der Reform"

Ein Beitrag aus studentischer Sicht zu einer Änderung der Approbationsordnung

Annemarie Brandl und Lorenz Lampl

Die im Jahr 1970 verabschiedete Ärztliche Approbationsordnung (ÄAppO) konnte- trotz bestgemein- ter Bemühungen ihrer "Väter" -die angestrebte grundlegende Umge- staltung und Praxisorientierung des Medizinstudiums nicht erreichen.

Diese Tatsache dürfte heute, neun Jahre danach, kaum ernstlich be- stritten werden. Die Behauptung da- gegen, durch die ÄAppO sei das Me- dizinstudium qualitativ schlechter geworden, bedarf der kritischen Prüfung; sie wird allzu leicht von vielen übernommen, die entweder das Studium nach der (vorher gülti- gen) Bestallungsordnung nur vom Hörensagen kennen, oder aber de- ren Mängel, die ihrerseits ganz entscheidend zur Gestaltung der ÄAppO Anlaß gaben, mittlerweile vergessen zu haben scheinen.

Ohne hierüber in eine Diskussion eintreten zu wollen, stellt sich den- noch die Frage, was sich seit dem lnkrafttreten der ÄAppO an der inne- ren Struktur der medizinischen Fa- kultäten, also an den mit der Ausfüh- rung betrauten Institutionen, geän- dert hat. Sieht man einmal von der Neuschaffung der "Akademischen Lehrkrankenhäuser" ab, so lautet die Antwort: Nichts, oder zumindest nur sehr wenig. Ohne eine solche Änderung allerdings war eine Ver- wirklichung der ÄAppO im Sinn ei- ner Studienordnung zum Scheitern verurteilt.

Somit ist die ÄAppO Prüfungsord- nung geblieben. Ihr Einfluß auf den Studienalltag sei damit nicht ge- leugnet, er dürfte jedoch nur in we- nigen Punkten den ursprünglichen Zielen entsprechen (etwa was die

Einführung neuer Fächer wie Medi- zinische Psychologie und Soziolo- gie, Psychosomatik oder Sozialme- dizin anbelangt); in mancher Hin- sicht wurde dagegen die gute Ab- sicht in ihr Gegenteil verkehrt (hier sei insbesondere die Aufwertung theoretischen Wissens infolge des . überwiegend schriftlichen Prü- fungssystems genannt).

ln diesem Zusammenhang ist immer wieder von der großen Zahl an Me- dizinstudenten die Rede; diese sei- so heißtes-der eigentliche Grund für die äußerst unbefriedigende Aus- bildungssituation. Es ist eine unbe- strittene Tatsache, daß die Masse von Studenten, die derzeit das Me- dizinstudium durchläuft, die medizi- nischen Fakultäten vor beträchtli- che Schwierigkeiten stellt. Jedoch kommt folgendes fundamentale Problem hinzu: ln den späten sech- ziger Jahren wurden in unkritischer Weise Ausbildungsmodelle aus dem anglo-amerikanischen Raum am grünen Tisch für deutsche Verhält- nisse zurechtgeschneidert. Man ver- gaß dabei, Rücksicht auf die Reali- sierbarkeit dieser Vorstellungen an den deutschen medizinischen Fach- bereichen zu nehmen, und glaubte, die grundlegende Umgestaltung der Ausbildung -ohne jede strukturelle Änderung der Ausbildungsverhält- nisse - durch ein Dekret von oben, nämlich die ÄAppO, verordnen zu können.

Die Erkenntnis der Fehler von da- mals muß folglich heute zu einer realistischen Einschätzung des Machbaren führen und vermeiden helfen, daß die Reform erneut an der Realität scheitert.

1964 Heft 30 vom 26. Juli 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Die Bundesfachtagung Medi-

zin im Ring Christlich Demo-

kratischer Studenten (RCDS) hat in den vergangenen Mo- naten detaillierte Vorschläge zu einer Änderung der ärztli- chen Ausbildung erarbeitet.

Als Grundlagen einer sinnvol- len Reform des Medizinstu- diums sind danach die gewis- senhafte Analyse der gegen-

wärtigen Ausbildungssitua-

tion sowie die Erprobung neu- er Ausbiläungsmodelle in der Praxis anzusehen. Das Defizit an praktischer Erfahrung soll durch ein Alternieren theoreti- scher und praxisbezogener Studienabschnitte während der klinischen Semester abge- baut werden. Die Verfasser des hier veröffentlichten .,Fo-

rum"-Beitrages sind beide im

Fachbereich Medizin ihrer

Universität aktiv. Lampl ist

Sprecher der Bundesfachta- gung Medizin im RCDS.

Deshalb sollte, gleichsam als Grund- voraussetzung jeglicher Reform, in die Bundesärzteordnung eine Expe- rimentierklausel aufgenommen wer- den, die es ermöglicht, daß

.,.. Reformmodelle an dafür auszu- wählenden Universitäten auf ihre Tauglichkeit in der praktischen Durchführung getestet werden;

.,.. eventuelle Schwächen dieser Re- formmodelle infolge der praktischen Erprobung erkannt und ausgegli- chen werden, und

.,.. die Gleichwertigkeit dieser Re- formstudiengänge gegenüber der allgemeingültigen Ausbildung sowie ihre volle Anerkennung gewährlei- stet sind.

Zur Analyse der gegenwärtigen Ausbildungssituation

Vorklinisches Studium

Die Eindämmung des naturwissen- schaftlichen Stoffes wurde durch die Gegenstandskataloge sowie

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durch die zentrale Prüfung im we- sentlichen erreicht; die Integration der Naturwissenschaften in die me- dizinisch-theoretischen Fächer hin- gegen läßt nach wie vor zu wün- schen übrig. Dies dürfte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, daß die Physik- bzw. Chemieprakti- ka von Physikern bzw. Chemikern abgehalten werden, die aufgrund ih- rer Ausbildung den Bezug vom na- turwissenschaftlichen Experiment zu dessen medizinischer Relevanz kaum herstellen können.

Manche Fakultäten sind in ihrer Or- ganisation noch immer auf ein fünf- semestriges vorklinisches Studium ausgerichtet - in praxi bedeutet dies: Man lehrt noch immer Natur- wissenschaften während der ersten beiden Semester, theoretische Me- dizin dann erst während des 3. und

4. Semesters. Die Einsparung eines

Semesters geht also zum Großteil auf Kosten der theoretischen Medi- zin (Physiologie, Biochemie, Anato- mie), anstatt - wie die ÄAppO es vorsieht - auf Kosten der Na tu rwis- senschaften. Vor dem Physikum ge- raten die Studenten dann in Zeit- druck, was sicher auch zum Auslas- sen ganzer Fächer oder zumindest wichtiger Teilgebiete bei der Prü- fungsvorbereitung führt.

Erster und zweiter

klinischer Studienabschnitt

Während der Student am Ende des ersten klinischen Studienjahres eine gute theoretische Grundlage für sein weiteres Studium erworben hat, ist die Ausbildung auf dem klinisch- praktischen Sektor unbefriedigend. Der Mangel an praktischer Erfah- rung macht sich ganz deutlich im zweiten klinischen Studienabschnitt bemerkbar und ist unserer Meinung nach der wichtigste Grund für das derzeitige Scheitern des Gesamt- konzepts der ÄAppO.

Dem Studenten werden im Untersu- chungskurs zwar die Techniken der Anamneseerhebung und der körper- lichen Untersuchung demonstriert;

er kann sich jedoch glücklich schät- zen, wenn es ihm gelingt, all dies

während des Semesters wenigstens einmal selbst durchzuführen. Auch die verschiedenen diagnostischen Möglichkeiten werden dem Studen- ten in den Kursen der klinischen Chemie, Radiologie, Mikrobiologie

usw. vorgeführt. Wann, warum, d. h.

an welcher Stelle des diagnosti- schen Prozesses diese Verfahren je- doch eingesetzt werden, das vermit- teln weder Kurs noch Vorlesung. Sie wären damit auch überfordert. So bleiben denn auch die als "prak- tisch" apostrophier~en Unterrichts- anteile letztendlich auf die Vermitt- lung theoretischen Wissens be- schränkt - sieht man einmal davon ab, daß der Student im günstigsten Fall lernt, beispielsweise einzelne Laborwerte zu bestimmen, Kulturen anzulegen usw.

Was im ersten klinischen Studienab- schnitt jedoch eigentlich an prakti- schen Fähigkeiten eingeübt werden sollte, nämlich daß

..". der Student eine Anamnese auf- nehmen,

..". einen Patienten gründlich unter-

suchen,

..". sich zumindest eine ungefähre Vorstellung über die möglichen Ur- sachen seiner Beschwerden ma- chen, und aufgrund dieser Überle- gungen

..". verschiedene weiterführende

diagnostische Möglichkeiten in Er-

wägung ziehen kann,

- diese Fähigkeiten und Fertigkei- ten können dem Medizinstüdenten heute an kaum einer medizinischen Fakultät in der Bundesrepublik ver- mittelt werden.

Das hier im ersten klinischen Stu- dienabschnitt entstehende Defizit pflanzt sich logischerweise fort: Die Folge ist, daß der Student die ei- gentliche Aufgabe der Kurse des zweiten klinischen Studienab- schnitts, nämlich die Diagnose und die Differentialdiagnose spezieller Krankheitsbilder, kaum zufrieden- stellend bewältigen kann, weil erbe- reits Schwierigkeiten mit der Be- herrschung der kliniscr··'l Situation gegenüber dem Patienten sowie der

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Approbationsordnung

fundamentalen ärztlichen Denk- und Handlungsweisen hat. Und auch die sogenannte "große Vorlesung", ausgerichtet in erster Linie auf Sy- stematik, hilft ihm hier nicht weiter.

Praktisches Jahr

Es bestehen große Unterschiede zwischen den einzelnen Kliniken, je- doch ist die Situation insgesamt als äußerst unbefriedigend zu bezeich- nen. Der Mangel an geeigneten (be- sonders auch Lehrkrankenhaus-) Plätzen schränkt gerade im soge- nannten wahlfreien Fach eine wirk- lich freie Wahl weitgehend ein, er macht insbesondere an den Univer- sitäten eine sinnvolle Ausbildung in vielen Fällen unmöglich.

Es fehlen bundeseinheitliche Rah- menrichtlinien für die Ausbildung, was - verbunden mit einem von Haus zu Haus sehr unterschiedli-, chen Engagement der Ausbildenden -eine gravierende Uneinheitlichkeit der Ausbildungsqualität zur Folge hat. Der derzeit verbindliche rein studentische Status für den Absol- venten des Praktischen Jahres reicht nicht aus, um dem Ziel der ÄAppO, nämlich der schrittweisen Übernahme ärztlicher Verantwor- tung, gerecht zu werden; es fehlt eine klare arbeits-und vor allem ver- sicherungsrechtliche Regelung be- züglich Tätigkeitsspielraum, Funk- tion und Stellung des Studenten. Seine soziale und finanzielle Situa- tion ist vielfach katastrophal.

Alternativvorschläge

Anforderungen an ein Reformmodell

Nach Ansicht des RCDS sind an ein Reformmodell für das Medizi nstu- dium folgende Anforderungen zu stellen:

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Bereits während des Studiums muß die Integration von medizini- scher Theorie und klinischer Praxis möglich werden, so daß sich theore- tischer Wissenserwerb und prakti- sche Erfahrung bzw. Anwendung des Gelernten gegenseitig befruch-

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 30 vom 26. Juli 1979 1965

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen Approbationsordnung

ten. Es hat sich nicht als optimal erwiesen, in den ersten Semestern ein Wissen zu vermitteln, dem in den Augen des Studenten zunächst jede praktische Relevanz und Anwend- barkeit zu fehlen scheinen. Anderer- seits kann ein Nebeneinander von Theorie und Praxis auch dann nicht erfolgreich sein, wenn zunächst nur das „Was" der Praxis gelehrt wird und die Frage nach dem „Wie", nach dem Zusammenhang, erst spä- ter beantwortet wird. Erst das Wech- selspiel zwischen der systemati- schen Aneignung von Fakten und dem Erproben und Einüben des Ge- lernten in der Praxis garantiert, daß nicht nur Wissen, sondern auch die Fähigkeit, das Wissen anzuwenden, vermittelt wird.

® Im Hinblick auf die explosionsar- tige Wissensvermehrung, besonders

in manchen Grundlagenfächern, muß anhand des Ausbildungsziels eine sorgfältige Auswahl und Be- grenzung der Lehrinhalte gefordert werden.

O Angesichts des bereits jetzt ab- sehbaren Mangels an Weiterbil- dungsplätzen muß das Studium mit einem berufsqualifizierenden Ab- schluß enden.

O Studienreform ist ein ständiger Prozeß. Die im folgenden skizzierten Vorschläge werden sich nicht inner- halb der nächsten Jahre verwirkli- chen lassen. Es geht aber nicht an, die durch mehrere Novellen „refor- mierte" Approbationsordnung als unumstößliches Jahrhundertwerk zu betrachten. Wir fordern eine flexible Gesetzgebung, die es gestattet, Schritt für Schritt eine größere Pra- xisorientierung im Medizinstudium durchzusetzen, die sowohl der For- derung nach einer qualifizierten Be- rufsausbildung als auch dem An- spruch auf Wissenschaftlichkeit ge- recht wird.

O Bei der Entwicklung eines jeden Studienreformmodells ist zu vermei- den, daß im Denkansatz zwar durch- führbare Vorschläge an den struktu- rellen Gegebenheiten der deutschen medizinischen Fakultäten scheitern.

Dies soll nicht zu einer Festschrei-

bung bestehender Verhältnisse füh- ren, sondern vielmehr verhindern, daß primär sinnvolle neue Reform- ansätze von vorneherein zum Schei- tern verurteilt sind, weil sie infolge verfehlter Durchführung verzerrt oder gar in ihr Gegenteil verkehrt werden. Nochmals sei als warnen- des Beispiel die ÄAppO zitiert. Heute befassen sich nur noch wenige ihrer Kritiker ernsthaft mit dem grund- sätzlichen Ausbildungskonzept, das durch sie verwirklicht werden sollte.

Meist wird die ÄAppO in Bausch und Bogen abgelehnt und statt dessen ein praxisnahes Studium gefordert — die Schlagworte haben sich nicht geändert!

Vorklinischer Studienabschnitt Für das Medizinstudium ergibt sich die Bedeutung der vorklinischen Fä- cher aus ihrer Rolle als Wegbereiter für das Verständnis pathologischer Phänomene. Auf diese Funktion sollten Stoffauswahl und vorklini- scher Unterricht noch wesentlich schärfer zugeschnitten werden, als dies bislang der Fall ist. Gerade im vorklinischen Studienabschnitt soll- te die Fülle des Stoffes beschränkt und durch die Einbeziehung klini- scher Fragestellungen dem Studie- renden eine stärkere Lernmotivation geboten werden.

Der RCDS geht davon aus, daß die Aufgliederung des Medizinstudiums in die beiden traditionellen Studien- abschnitte Vorklinik und Klinik nach wie vor sinnvoll ist. Experimente wie z. B. die Aufhebung dieser Trennung Vorklinik — Klinik sollten so lange hintangestellt bleiben, bis die viel gravierenden Mängel der klinischen Ausbildung behoben sind.

Klinisches Studium

Im ersten und zweiten klinischen Se- mester sollten wie bisher die Grund- lagen der klinischen Medizin vermit- telt werden. Jedoch kann dieser Stu- dienabschnitt — wie die Erfahrung zeigt — die Einübung der für die me- dizinische Praxis notwendigen Un- tersuchungsmethoden nicht im ge- wünschten Umfang leisten. Dafür ist, selbst bei größtem Engagement

der Lernenden wie auch der Lehren- den, die Zeit im Rahmen der Unter- suchungskurse zu knapp und die Zahl der Studierenden zu groß. Es bedarf auch der Erfahrung an einem wesentlich größeren Patientenkreis, äls er während zweier Kursstunden pro Woche vorgestellt werden kann, um die pathologische Bedeutung ei- nes Befundes bewerten zu können.

Hinzu kommt, daß das Konzept der medizinischen Ausbildung in der Bundesrepublik nach wie vor einzel- fachbezogen und theoretisch-syste- matisch orientiert ist. Deshalb berei- tet es dem Studenten während sei- ner ganzen Ausbildung größte Schwierigkeiten, das erworbene Wissen auf den konkreten Fall anzu- wenden.

Die ÄAppO trägt dieser Erkenntnis Rechnung, indem sie ein Jahr der Grundlagenausbildung, den ersten klinischen Studienabschnitt, vor die spezielle Krankheitslehre des zwei- ten klinischen Studienabschnittes stellt. Mit anderen Worten: Bevor sich der Student mit einzelnen Krankheitsbildern befaßt, soll er erst das Rüstzeug zur generellen Ausein- andersetzung mit klinischen Proble- men erwerben.

Dieser Ansatz, der die größte Schwäche des deutschen Ausbil- dungssystems beseitigen will, schei- tert jedoch (und mit ihm der zweite und dritte klinische Studienab- schnitt) an der Realität der deut- schen medizinischen Fakultät, die auf diese Aufgabe nicht vorbereitet ist und sie wohl auch in absehbarer Zeit nicht wird übernehmen können.

Das „Praxissemester"

Zur Lösung dieses zentralen Pro- blems schlägt der RCDS vor, das dritte klinische Semester als soge- nanntes Praxissemester einzufüh- ren, das an den Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung abge- leistet werden sollte. In diesem ei- nen Semester, fernab von der Uni- versität, könnten u. E. Unterrichts- methoden nach dem Vorbild der englischen Medical Schools ver- wirklicht werden, so könnten die Studenten in Gruppen den verschie-

1966 Heft 30 vom 26. Juli 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Approbationsordnung

denen Stationen der inneren bzw.

chirurgischen Abteilung des Hauses zugeteilt werden.

Im Rahmen der Stationstätigkeit bö- te sich ausreichend Gelegenheit zu ..,.. Einübung der im Kurs der allge- meinen klinischen Untersuchungs- methoden theoretisch erworbenen Kenntnisse,

..,.. Beobachtung von Krankheitsver- läufen, d. h. zum Miterleben von Dia- gnosetindung und Therapieerfolg und

..,.. allmählichem Hineinwachsen in ärztliche Denk- und Verhaltens- weisen.

Während dieses Praxissemesters sollte der Student die wichtigsten und häufigsten (deshalb an der Uni- versität oft seltenen) Krankheitsbil- der aus der Inneren Medizin und der Chirurgie kennenlernen. Im Gegen- satz zur Famulatur sollte die prakti- sche Tätigkeit von Lehrvisiten, Fall- vorstellungen und Kolloquien be- gleitet sein.

Der große Vorteil eines solchen or- ganisierten und fest in den Studien- ablauf eingefügten Praxissemesters gegenüber der Famulatur bestünde darin, daß nach einheitlichen Rah- menrichtlinien, für alle Studenten gleichzeitig, umschriebene und durch eine Studienordnung zu be- stimmende Lehrinhalte vermittelt würden, auf denen im weiteren Ver- lauf des Studiums aufgebaut werden könnte.

Eine Famulatur in der freien Praxis, dem werksärztlichen Dienst, am Ge- sundheitsamt usw. halten wir auch weiterhin für eine sinnvolle und not- wendige Ergänzung des universitä- ren Studiums; eine Krankenhausfa- mulatur, wie sie die derzeit gültige Fassung der ÄAppO vorsieht, entfie- le in diesem Fall.

Die weitere Ausbildung im 4. bis 8.

klinischen Semester (Praktika in den medizinischen Teilgebieten sowie Praktisches Jahr) sollte wiederum an der Universität stattfinden bzw.

unter Einbeziehung der Akademi- schen Lehrkrankenhäuser du rehge- führt werden.

Im 4. bis 6. klinischen Semester könnten dann die Kursveranstaltun- gen in der von der ÄAppO ursprüng- lich vorgesehenen Form ablaufen, würden aber durch die im Praxisse- mester gewonnenen Erfahrungen und das wesentlich geschärfte Be- wußtsein der Medizinstudenten für die eigentliche klinische Problema- tik entscheidend an inhaltlicher Qualität und Effektivität gewinnen.

Gravierendster Mangel an der ge- genwärtigen Rechtsgrundlage für das Praktische Jahr ist, daß der vom Gesetzgeber für den Internatsstu- denten vorgesehene rein studenti- sche Status nicht ausreicht, um eine vernünftige Ausbildungsqualität si- cherzustellen. Aus diesem Grund fordert der RCDS - und das ist die zentrale Forderung in puncto Prakti- sches Jahr- die Schaffung des Sta- tus eines studentischen Praktikan- ten. Damit soll erreicht werden, daß ..,.. die verheerende Unsicherheit über Stellung, Funktion, Tätigkeits- spielraum und rechtlich abgesicher- te Verantwortung des Internatsstu- denten beseitigt wird;

..,.. die längst überfällige Anerken- nung der sozialen und wirtschaftli- chen Mehrbelastung, welche das Praktische Jahr für den Stt,Jdenten mit sich bringt, erfolgt;

..,.. letztlich Ausbildung und Ausbil- dungssituation im notwendigen Ma- ße verbessert werden.

Aufbauend auf diesen Vorausset- zungen, wird das gesamte klinische Studium endlich in einer Weise ab- solviert werden können, wie sie ur- sprünglich intendiert gewesen sein mag und wie sie auch für die Zu- kunft erstrebenswert scheint.

Anschrift der Verfasser:

cand. med. Annemarie Brand!,

cand. med. Lorenz Lampl c/o RCDS München Theresienstraße 29/IV 8000 München 2

1968 Heft 30 vom 26. Juli 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT

BRIEFE AN DIE REDAKTION

REAKTORUNFÄLLE

Zu dem Bericht: "Ärztliche Hilfsmaßnah- men bei Reaktorunfällen" (Heft 14/1979), in dem über eine Fortbildungsveranstal- tung für niedergelassene Ärzte zum The-

ma: "Der Reaktorunfall" referiert wurde:

Zu optimistisch

... Zum einen scheinen die Vortra- genden ganz bewußt das "sicherste Glied" aus der Brennstoffkette vom Uranbergbau bis hin zu Endlager und Wiederaufbereitungsan Iage herausgegriffen zu haben; obgleich einem nach dem beinahe Super- GAU in Harrisburg der Begriff "Si- cherheit" im Zusammenhang mit Atomanlagen kaum noch über die Lippen kommen will, zum anderen scheinen sie Schwierigkeiten mit den Dimensionen von möglichen atomaren Katastrophen zu haben.

So kommt nämlich beispielsweise das vom Bundesinnenministerium im Juli 1975 mit der Erstellung einer Studie beauftragte "Institut für Re- aktorsicherheit" des TÜV zu dem Er- gebnis: Tritt in der großen Wie- deraufbereitungsanlage in Nord- deutschland in einem Brennelemen- tebecken oder in einem Lagertank für hochaktiven Atommüll ein großer Störfall ein (zum Beispiel durch Aus- fall der Kühlung, Terrorakte, Krieg), dann kann zum Beispiel noch in hundert Kilometer Entfernung von der Anlage je nach angenommenen Störfall- und Wetterbedingungen ei- ne Bestrahlung der Bevölkerung auftreten (Hannover, Hamburg), die zwischen 10 bis 200fach so hoch ist wie die sofort tödliche Strahlendo-

sis. Das heißt, daß Mitteleuropa ent-

völkert wird. Von effizienter ärztli- cher Hilfe kann bei solchen Kata- strophen keine Rede mehr sein- die Ärzte sind dann nämlich auch tot oder schwer krank. Die in dem Be- richt angesprochenen Therapie- möglichkeiten können bestenfalls einigen wenigen Opfern zuteil wer- den. Auf dem XVI. Hamburger Blut- gerinnungssymposion betonte Dr.

Otfried Messerschmidt vom Labora- torium für experimentelle Radiolo- gie in Neuherberg bei München zum Thema radioaktive Strahlen und Be- völkerungsschutz, daß die Bevölke-

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