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Archiv "Aktuelle Tuberkulindiagnostik: Stellungnahme II" (30.01.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUSSPRACHE

Aktuelle

Tuberkulindiagnostik

Zu dem Beitrag von Professor Dr. med. Paul-Christoph Schmid in Heft 31/32, 1984, Seiten 2299 bis 2304 der Ausgabe A

Stellungnahme I

Zu Seite 2300: Hier heißt es im letzten Absatz: „Neben dieser Lo- kalreaktion auf Tuberkulin kann es auch zu einer Allgemeinreak- tion mit Fieber und starkem Krankheitsgefühl kommen." Bei abgestufter Tuberkulintestung nach Mendel-Mantoux oder bei Beginn der Testung mit einem Multipunkturtest werden weder Allgemein- noch Herdreaktionen ausgelöst.

Zu Seite 2301, wichtigste Tuber- kulinteste: Hier muß an erster Stelle der Stempeltest stehen (Multipunkturmethode). Perkutan- proben sind auch aus der interna- tionalen wissenschaftlichen Lite- ratur völlig verschwunden. Sie ha- ben, und darüber hat Professor Hoefer, Göttingen, bereits 1977 berichtet, eine zu hohe Fehler- quelle. Die Anwendung kann des- halb nicht mehr empfohlen wer- den.

Zu Seite 2302, 4. a) „Tine-Test mit AT (5 TE Alttuberkulin)": Auf An- frage habe ich von der Medizi- nisch-Wissenschaftlichen Abtei- lung der Lederle-Arzneimittel (Dr.

Ingenhag) die Nachricht erhalten, daß der Tine-Test mit AT nicht mehr im Handel ist.

Zu Seite 2303: Mit 1000 IE sollten keine Testungen mehr durchge- führt werden. Laut Tuberkulin- merkblatt Seite 11*) steigt bei Tu- berkulindosen ab 100 IE GT das Risiko einer Fehlbeurteilung infol-

') Das Merkblatt „Tuberkulinproben" (1983) kann zum Selbstkostenpreis für 1,50 DM vom Deutschen Zentralkomitee zur Be- kämpfung der Tuberkulose, Hamburg, an- gefordert werden.

ge unspezifischer Reaktionen. Die Tuberkulintestung mit 1000 IE GT muß der Klinik für ganz besonde- re Fälle unter Berücksichtigung aller diagnostischen Daten vorbe- halten bleiben.

Zu Seite 2304, „Tuberkulinprüfun- gen sind erforderlich: c) bei allen Kindern routinemäßig jährlich ein- mal, auch nach Abschluß der Vor- untersuchungen."

Die schon früher geforderte Ein- führung eines Tuberkulinkata- sters ist nicht mehr sinnvoll, weil das jährliche Infektionsrisiko heu- te unter einem Prozent liegt. Un- ter Infektionsrisiko verstehen wir die „jährliche Tuberkuloseinfek- tionsrate", sie bezeichnet den Teil der Bevölkerung, der im Laufe ei- nes Jahres mit Tuberkulosebakte- rien primär infiziert oder reinfi- ziert wird. Bei einem Tuberkulin- kataster würde sich der sehr er- hebliche Aufwand in keiner Weise lohnen. Diese Aussage kann durch entsprechende Arbeiten belegt werden.

Dr. med. Ilse Hinz

Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung

der Tuberkulose

Poppenhusenstraße 14 c 2000 Hamburg 60

Stellungnahme II

Die Übersichtsarbeit „Aktuelle Tu- berkulindiagnostik", von einem wissenschaftlich besonders ver- dienten Kenner der Materie ge- schrieben, vermittelt in einigen Abschnitten Eindrücke, die einen kaum fachkundigen Leser zu irr-

tümlichen Folgerungen veranlas- sen könnten. In Tabelle 1 der Ar- beit sind die heute gebräuch- lichen Tuberkulinteste aufgeführt mit hervorragenden Trefferquo- ten, die jeweils besser als bei 96 Prozent liegeh. Diese Zahlen konnten so bis Mitte der 70er Jah- re stimmen. Sie gelten heute nicht mehr für die Perkutanmethoden und die Stempeltests. Für diese Materialien ist ein Sensibilitätsab- fall in mehreren Arbeiten belegt und von jedem, der in größerem Umfang Tuberkulindiagnostik heute treibt, zu bestätigen. Dazu einige wenige gravierende Be-

lege:

Hein fand 1982 unter Hamburger Schulabgängern 50 Prozent mit dem Tubergen-Stempel negativ, bei weiteren Testen mit der Man- toux-Technik waren dann aber

noch 74 Prozent der restlichen positiv. Kropp (1983) untersuchte Jugendliche und Erwachsene mit aktiver behandlungsbedürftiger Tuberkulose, vor allem Lungentu- berkulose; nur 71 Prozent waren durch Stempeltest erfaßbar, die anderen erst im Weitertesten nach Mantoux positiv.

Man muß heute damit rechnen, daß nur 50 Prozent (Jung und Mit- arbeiter 1983) bis rund 20 Prozent (Hertl und Mitarbeiter 1984) der Tuberkulinsensiblen durch die Perkutanmethoden oder die Stempelteste erfaßt werden. Dem Eindruck nach bestehen gleiche Erfahrungen beim praktizieren- den Kinderarzt und in der Testpra- xis der Gesundheitsämter, die sich auch in besorgten Diskussio- nen mit den Leitern wissenschaft- licher Abteilungen von Stempel- test-Herstellern niederschlagen.

Selbst Schmid weist in einer 254 (52) Heft 5 vom 30. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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neueren Mitteilung darauf hin (1983). Daraus folgt, daß man in der heutigen diagnostischen Si- tuation bis zu 100 TE durchtesten muß, falls ein Eingangstest (Per- kutan-Test, Stempel) ein negati- ves Ergebnis hatte.

Würde man sich unter heutigen Erfahrungen allein auf einen ne- gativen Stempeltest oder eine ne- gative Perkutanprobe verlassen, bestünde die Gefahr,

..,. in einem akuten Erkrankungs- fall die Diagnose Tuberkulose nicht zu stellen, damit die spezifi- sche Behandlung zu versäumen oder streufähige Kranke in der ge- fährdeten Umgebung zu lassen; ..,. in der Überwachung, z. B. von Lehrern, in sehr vielen Fällen von einer fehlenden Tuberkulinaller- gie auszugehen und damit die Röntgenuntersuchung zu versäu- men;

..,. bei der Reihenuntersuchung, z. B von Schülern oder Rekruten, falsche Grundlagen für einen Tu- berkulinkataster zu erhalten und damit unnötige Arbeit geleistet zu haben;

..,. nach BCG-Impfung irrtümlich von einem Mißerfolg der Impfung auszugehen und schließlich ..,. in der Frage einer Konversion oder nicht, Superinfektion oder nicht (das heißt BCG-Impfung plus

aktiver Erkrankung) auf sehr

schwachem diagnostischen Bo- den zu stehen.

Man kann sich auch nicht damit trösten, daß den Perkutantesten und Stempeltesten nur die Schwaehreagenten entgangen seien. Hiergegen sprechen schon die genannten Ergebnisse von Krapp. Auch in unserem Kranken- gut sind mehrere Kinder mit gesi- cherter aktiver Tuberkulose ent- halten, die mit allen angewandten Stempeltesten negativ waren. Was die Erfahrungen außerhalb einer aktiven Tuberkulose betrifft, so zeigen sich die beim Durchte- sten mit 100 TEErfaßten durchaus nicht nur soeben positiv, sondern

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

zum Teil sogar sehr stark positiv. Dabei schneiden die einzelnen Stempelteste gleich schlecht ab. Sucht man eine Erklärung für die-

se Diskrepanz zwischen der gün-

stigen Trefferquote, die der Autor in Tabelle 1 aufführt, und ande- ren, so viel schlechteren Ergeb- nissen, liegt dies zum Teil wohl darin, daß sich der Autor auf ein zwar sehr großes, aber über fast 20 Jahre gestreutes Probanden- gut stützt. Es würde also eine zeit- liche Aufgliederung sehr interes- sieren und sicher schlechtere Er- gebnisse für die letzten Jahre er- kennbar machen.

Allen Punkten, in denen P. Ch. Schmid die Bedeutung der Tuber- kulinreaktionen in der Tuberkulo- sebekämpfung zusammenfaßt, ist voll zuzustimmen,- aber eben un- ter der Prämisse, daß man sich nicht allein auf einen Perkutantest oder Stempeltest (oder zwei

gleichzeitig) verläßt, sondern im

Falle eines dabei negativen Er- gebnisses unbedingt bis 100 TE du rehtestet

Literatur

Hein. H.: Fortschritte Medizin 101 (1983) 636-B38-Hertl., M. und Mitarbeiter: Monats- schrift Kinderheilkunde 132 (1984) 242-248- Hertl, M.: Sozialpädiatrie 6 (1984) 380-383- Jung, H. und Mitarbeiter: Deutsche Medizini- sche Wochenschritt 108 (1983) 452-454 - Schmid. P. Ch.: Päd. Prax. 27 (1983) 391-392

Professor Dr. med.

Michael Hertl

Chefarzt der Kinderklinik des Krankenhauses Neuwerk Dünner Straße 214-216 4050 Mönchengladbach 1

Schlußwort

Zu Stellungnahme 1:

Daß dem DZK die Richtlinienkom- petenz in Tbc-Fragen zusteht, sei unbestritten. Offensichtlich sind aber bei einigen Tbc-Problemen, wie Chemotherapie und Tuberku- lindiagnostik, die Meinungen der

Tu berku I ind iagnostik

Pädiater zu wenig berücksichtigt worden. Die Tuberkulindiagnostik ist seit 80 Jahren eine fast aus- schließliche Domäne der Pädia- trie. Ich selbst arbeite seit 40 Jah- ren auf diesem Gebiet. Es wäre zu wünschen, daß die Unterschiede bei Kindern und Erwachsenen in den Richtlinien deutlicher hervor- gehoben würden. Die Einwände, die auf meine pädiatrisch beding- ten Ausführungen gemacht wer- den, lassen sich ohne weiteres klarstellen.

Zu Seite 2300: Ich habe unter

"Prinzip der Tuberkulindiagno-

stik" erwähnt, daß es neben einer Lokalreaktion zu Allgemein- und Herdreaktionen kommen kann.

Deshalb wird von uns eine stufen- weise Testung praktiziert und empfohlen.

Zu Seite 2301: Die verschiedenen Testmethoden wurden in der hi- storischen Entwicklung und Rei- henfolge dargestellt. Der Stem- peltest ist der letzte Test, liegt aber vergleichsweise an der Spit- ze (Seite 2303, Absatz 2).

Zu Seite 2302: Über den AT-Tine- Test ist m. E. das letzte Wort noch nicht gesprochen. Unsere klini- schen Beobachtungen gehen in andere Richtung. Ich werde dem- nächst in der Zeitschrift "pädiatr.

prax." Näheres berichten.

Zu Seite 2303: Ich habe erwähnt, daß der Mendei-Mantoux-Text mit 1000 IE bei Kindern gegenüber 100 IE zu keinen zusätzlich positi- ven Ergebnissen führt. (Seite 2303, 3. Spalte). Er bringt zu viele falsch-positive Ergebnisse und ist verantwortlich für jährl. 8 bis 9 Prozent Fehleinweisungen (Seite 2302, 3. Spalte).

Zu Seite 2304: Hier bin ich aller- dings anderer Ansicht. Wenn heu- te von der BCG-Impfung abge- rückt wird und dafür regelmäßige Tuberkulintestungen empfohlen werden, so sollten diese konse- quent bei allen Nichtreagenten jährlich einmal durchgeführt wer- den. Ob sich solche Testungen Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 5 vom 30. Januar 1985 {55) 255

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