– ein zuverlässiges Screening auf De- pression und Angst. Bei positivem Scree- ningbefund sollte eine psychiatrisch-psy- chosomatische Untersuchung zur Dia- gnostik erfolgen und gegebenenfalls ei- ne Therapie eingeleitet werden. Zudem ist die vermehrte Ausbildung und Schu- lung von Internisten und Fachpflegeper- sonal genauso wichtig wie die Stärkung konsiliarpsychiatrischer Dienste.
Vor allem sind Depressionen auch ei- ne eigenständige Erkrankung, die gera- de bei Patienten mit koronarer Herzer- krankung zu erheblichem Leiden und schwerwiegenden Funktionseinschrän- kungen führen (146). Daher benötigen depressive Syndrome – völlig unabhän- gig von der Frage einer Verbesserung des kardialen Risikos – eine konsequen- te Behandlung. Es gibt mittlerweile gute Hinweise darauf, dass eine geeignete antidepressive Therapie von Patienten mit koronarer Herzerkrankung neben- wirkungsarm vertragen wird.
Folgende Punkte sind zu beachten, wenn ein depressives Syndrom bei kar- diologischen Patienten behandelt wird:
>Depression ist eine chronische Er- krankung und erfordert ein langfristig angelegtes Behandlungskonzept.
> Therapie mit Antidepressiva be- darf fachkundiger Betreuung zur Siche- rung der Compliance.
> Zumindest bei schwierigen Kon- stellationen muss ein Psychiater zu Ra- te gezogen werden.
> Zur Vermeidung von Nebenwir- kungen ist mit niedrigen Dosen von Antidepressiva zu beginnen; jedoch sol- len Antidepressiva im Weiteren nicht unterdosiert bleiben.
>Gleichzeitige Änderungen interni- stischer und antidepressiver Therapie sind zu vermeiden.
>Antidepressiva mit anticholinergen Nebenwirkungen (Trizyklika) und mit pharmakokinetischen Wechselwirkun- gen über das Zytochrom-P450-System sind erst nach Abwägung des Nutzen- Risiko-Profils einzusetzen.
> Nikotinentzug sollte unter Um- ständen erst nach Einsetzen der antide- pressiven Wirkung begonnen werden.
>Psychotherapie ist bei milden Syn- dromen eine gleichwertige Alternative zu Antidepressiva. Die besten Ergeb- nisse werden häufig durch eine Kombi- nation beider Verfahren erzielt.
M E D I Z I N
A
A3338 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 496. Dezember 2002
Zusammenfassung
Der epidemiologische Zusammenhang zwischen Depression und KHK ist gut belegt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Datenlage hinsichtlich der pathophy- siologischen Bindeglieder allerdings noch unbefriedigend. Es ist allerdings gut belegt, dass kardiovaskuläre Er- krankungen durch sympathoadrenale und hyperkatabole Aktivität ungün- stig, durch vagale Aktivität hingegen günstig beeinflusst werden. Daher scheint den Autoren die Modellvorstel- lung aktivierter Stresssysteme geeignet, den Zusammenhang zwischen seeli- schen und körperlichen Zuständen bes- ser zu verstehen. Die Einbeziehung psy- chiatrischer Screeninguntersuchungen in das Procedere kardiologischer Dia- gnostik scheint unabdingbar. Das psy- chiatrisch-diagnostische Interview und gegebenenfalls die Einleitung thera- peutischer Maßnahmen obliegt idea-
lerweise einem psychiatrisch-psychoso- matischen Konsiliardienst. Auf lange Sicht scheint es sinnvoll, die Kluft zwi- schen dem psychiatrisch-psychosoma- tischen und dem kardiologischen Fach- gebiet besser zu überbrücken, damit Patienten, die an den beiden häufigen Erkrankungen Depression und koro- nare Herzkrankheit leiden, besser be- handelt werden können.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2002; 99: A 3332–3338 [Heft 49]
Manuskript eingereicht am: 8. 3. 2002 revidierte Fassung angenommen: 19. 9. 2002
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4902 abrufbar ist.
Anschrift für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Michael Deuschle Zentralinstitut für Seelische Gesundheit J5 68159 Mannheim
E-Mail: deuschle@as200.zi-mannheim.de
Etwa zehn Prozent aller chronisch ent- zündlichen Darmerkrankungen treten familiär gehäuft auf, wobei das NOD-2- Gen für einen Morbus Crohn prädispo- niert. Die Autoren führten eine um- fangreiche Analyse über die Rauch- gewohnheiten bei Nachkommen von 242 Patienten mit chronisch entzündli- chen Darmerkrankungen durch. In der Studie wurden 658 Patienten erfasst.
Dabei zeigte sich, dass Rauchen zur Entwicklung eines Morbus Crohn (odds ratio: 3,55) führt, wohingegen Raucher vor einer Colitis ulcerosa ge- schützt waren (odds ratio 0,28). Bei Geschwisterpaaren, die sich hinsicht- lich Rauchgewohnheiten und Art der chronisch entzündlichen Darmerkran- kung unterschieden, wiesen die Rau- cher fast immer einen Morbus Crohn und die Nichtraucher eine Colitis ul- cerosa auf. Die Autoren kommen zu
dem Schluss, dass der Tabakkonsum bei genetischer Prädisposition dazu führt, dass sich der Phänotyp von einer Colitis ulcerosa in Richtung Morbus Crohn än- dert, wie umgekehrt das Rauchen einen protektiven Effekt bei sporadischer Co- litis ulcerosa ausübt. w Bridger S, Lee JCW, Bjarnoson I, Lennard Jones JE,Mac- pherson AJ: In siblings with similar genetic susceptibility for inflammatory bowel disease, smokers tend to deve- lop Crohn’s disease and non-smokers develop ulcerative colitis. Gut 2002; 51: 21–25.
Dr. A. J. Macpherson, Institut für experimentelle Immun- ologie, Universitätshospital Zürich, Schmelzbergstraße 12, CH-8091 Zürich. E-Mail: amacpher@pathol.unizh.ch
Rauchen entscheidend für chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Referiert