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Archiv "Polyzystisches Ovarialsyndrom und Insulinresistenz" (06.02.2004)

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D

as polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), das erstmals von Stein und Leventhal 1935 beschrieben wurde (81), ist die häufigste Ursache von erhöhten Androgenspiegeln, Zy- klusstörungen und Infertilität bei der Frau. Je nach Definition werden für Frauen im gebärfähigen Alter Präva- lenzen zwischen vier und zwölf Prozent angegeben (2, 19, 30, 51). Somit ist das PCOS eine der häufigsten Endokrino- pathien der Frau.

Definition

In einer NIH- (National Institutes of Health-)Konsensuskonferenz wurden 1990 die in Textkasten 1 zusammen- gefassten diagnostischen Minimalkri- terien für das PCOS aufgestellt (88).

Diese umfassen Zyklusstörungen im Sinne von Oligo- beziehungsweise Anovulation, klinische und/oder bio- chemische Zeichen eines Hyperandro- genismus sowie den Ausschluss anderer

Ursachen von Zyklusstörungen und Hyperandrogenismus (Textkasten 1).

Ein Nachweis polyzystischer Ovarien ist nach diesen Kriterien für die Dia- gnose nicht erforderlich. Hintergrund ist, dass bei bis zu 23 Prozent aller nor- mal zyklisierenden Frauen polyzysti- sche Ovarien nachweisbar sind (74).

Die NIH-Konsensusdefinition ist nicht unumstritten. Entsprechend können in den Leitlinien nationaler Fachgesell- schaften auch andere Definitionen des PCOS gefunden werden. Die Autoren beziehen sich in diesem Artikel jedoch bewusst auf die NIH-Konsensusdefini- tion, da diese Grundlage fast aller wis- senschaftlichen Studien der letzten Jah- re ist.

Klinische und endokrine Befunde

Die Ausprägung der klinischen Sym- ptome ist individuell variabel. Zyklus- störungen sind ein frühes klinisches Symptom und bestehen häufig bereits direkt nach der zum normalen Zeit- punkt auftretenden Menarche. Die häu- figsten Zyklusstörungen beim PCOS sind Oligomenorrhoe (weniger als neun Zyklusblutungen pro Jahr) oder sekun- däre Amenorrhoe (keine Zyklusblu- tung für mehr als drei Monate). Umge- kehrt leiden etwa 80 bis 90 Prozent der Frauen mit einer Oligomenorrhoe an einem PCOS. Ursache der pathologi- schen Zyklusverlängerungen ist eine follikuläre Selektionsstörung mit der Folge, dass aus einer größeren Zahl an rekrutierten, klein-antralen „Zysten“

nicht – wie in einem physiologischen Zyklus – ein dominanter Follikel zur weiteren Maturation und Ovulation ausgewählt wird. Daraus resultiert ein typischerweise prolongierter Zyklus,

Polyzystisches

Ovarialsyndrom und Insulinresistenz

Zusammenfassung

Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist mit einer geschätzten Prävalenz von fünf bis zwölf Prozent eine der häufigsten Endokrino- pathien der Frau. Das PCOS ist durch Hyperan- drogenismus und chronische Anovulation mit Zyklus- und Fertilitätsstörungen gekennzeichnet.

Häufig ist bei den meist übergewichtigen Frau- en ein Insulinresistenzsyndrom nachzuweisen, das pathogenetisch ein wichtiger Amplifikator für die Entwicklung des PCOS zu sein scheint.

Neben Hyperandrogenismus und Anovulation ist das PCOS mit einem mehrfach erhöhten Dia- betesrisiko und wahrscheinlich auch einem er- höhten kardiovaskulären Risiko assoziiert. Pati- entinnen mit einem PCOS können daher als Hochrisikogruppe angesehen werden und soll- ten bereits frühzeitig hinsichtlich metabolischer Störungen untersucht und gegebenenfalls auch behandelt werden. Aufgrund der klinischen Symptomatik (Zyklusstörungen und Hirsutis- mus) sind PCOS-Patientinnen einfach zu identi- fizieren, wodurch sich die Möglichkeit ergibt,

rechtzeitig im Sinne der Primärprävention eines Typ-2-Diabetes-mellitus und seiner Folgen zu intervenieren. Dies erfordert eine enge interdis- ziplinäre Kooperation zwischen Gynäkologen, Endokrinologen beziehungsweise Internisten und Allgemeinärzten.

Schlüsselwörter: polyzystisches Ovarialsyndrom, Hirsutismus, Infertilität, Insulinresistenz, Diabe- tes mellitus, Metformin

Summary

Insulin Resistance in Polycystic Ovary Syndrome

The polycystic ovary syndrome (PCOS) is one of the most common endocrinopathies in women with an estimated prevalence of four to twelve per cent. PCOS is characterized by hyperandro- genism and by chronic anovulation causing men- strual disorders and anovulatory infertility. In re- cent years, it has become apparent that many PCOS women, who are often overweight, suffer

from the insulin resistance syndrome, which ap- pears to be an important amplifier of mecha- nisms involved in the pathogenesis of PCOS. In addition to anovulation and hyperandrogenism PCOS is associated with a severalfold increase in the risk to develop type 2 diabetes mellitus and most likely cardiovascular disease. In that respect, PCOS patients should be regarded as a high risk population and therefore should be investigated for metabolic disturbances of the insulin resistance syndrome early on, and if necessary treatment should be initiated. As most PCOS women are easily identified (menstrual disorders and hirsutism) an interdisciplinary approach involving gynecologists, endocrinolo- gists, internists and general practitioners may provide an excellent opportunity for early intervention and primary prevention of type 2 diabetes mellitus and its complications in a substantial part of the female population.

Key words: polycystic ovary syndrome, hirsu- tism, infertility, insulin resistance, diabetes mel- litus, metformin

1Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokri- nologie (Direktor: Prof. Dr. med. Michael P. Manns), Medi- zinische Hochschule, Hannover

2Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Repro- duktionsmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Hans W.

Schlößer), Medizinische Hochschule, Hannover

3Centrum für Gynäkologische Endokrinologie und Repro- duktionsmedizin, Freiburg

Christof Schöfl1 Thilo Schill2 Franz Geisthövel3 Georg Brabant1

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der wegen des Ausbleibens der Ovulati- on (Anovulation) monophasisch ver- läuft. Dadurch besteht eine relative Hy- peröstrogenämie, deren Folge ein er- höhtes Endometriumkarzinomrisiko bei PCOS ist (13). Aufgrund der chroni- schen Anovulation resultieren häufig Fertilitätsprobleme, wobei das PCOS die häufigste Ursache einer anovulato- rischen Infertilität darstellt. Auch die Rate an Fehlgeburten ist erhöht, sodass noch weitere Faktoren an der Sub- be- ziehungsweise Infertilität bei PCOS be- teiligt zu sein scheinen (4).

In ihrer ursprünglichen Beschrei- bung berichten Stein und Leventhal über vergrößerte polyzystische Ovarien mit verdickter weißlich schimmernder Kapsel und vermehrtem Stroma. Nach den heute üblichen Ultraschallkriterien ist ein polyzystisches Ovar durch acht und mehr subkapsuläre Zysten mit ei- nem maximalen Querschnitt von 10 mm und durch eine relative Vermehrung des Stromagewebes definiert (22). Ein weiteres Kriterium ist die Ovarver- größerung (35). Je nach Definition ha- ben 80 bis 100 Prozent der PCOS-Pati- entinnen polyzystische Ovarien (22), wobei es sich bei den „Zysten“ um funktionstüchtige Follikel handelt. Ent- sprechend besteht bei einer Gona- dotropinstimulation die Gefahr der ovariellen Überstimulation und der Mehrlingsschwangerschaft (35, 47).

Das zweite zentrale Merkmal des PCOS ist der Hyperandrogenismus, wobei bei den meisten Frauen sowohl eine kutane androgenisierende Sym- ptomatik, als auch eine Hyperandro- genämie nachweisbar ist. Die häufig- ste kutane Manifestation ist der Hirsu- tismus, der durch vermehrtes Termi- nalhaar mit männlichem Verteilungs- muster insbesondere im Gesichtsbe- reich, perimammillär, entlang der Li- nea alba und perianogenital definiert und charakterisiert ist (Abbildung a, b). Weitere klinische Zeichen sind Ak- ne und ein meist diffuser Haarausfall mit Betonung der Schläfen und des Hinterhaupts. Eine eigentliche Virili- sierung, die durch schwerste kutane Androgenisierung (Hirsutismus Grad 3, Glatzenbildung), Muskelhypertro- phie, Mammaatrophie, Stimmvertie- fung und Klitorishypertrophie ge- kennzeichnet ist, findet man meist nur

bei androgenproduzierendem Tumor oder bei Androgen-Anabolikum-Miss- brauch. Das klinische Ausmaß der ku- tanen Androgenisierung ist offenbar aufgrund einer individuell variablen Androgensensitivität der Zielgewebe nicht direkt mit den zirkulierenden Androgenspiegeln korreliert. Grund- lage der Hyperandrogenämie, die bei 50 bis 90 Prozent der PCOS-Patientin- nen nachweisbar ist (16), ist eine Mehrsekretion ovarieller (Testoste- ron, Androstendion) und/oder adre- naler (Dehydroepiandrosteron/-sulfat [DHEA/DHEAS], Testosteron, Andro- stendion) Androgene. Aufgrund einer bei vielen Patientinnen nachweisba- ren Verminderung des sexualhormon- bindenden Globulins (SHBG) wird die Bioverfügbarkeit insbesondere des Testosterons erhöht und der An- drogeneffekt amplifiziert.

Als kutane Manifestation einer In- sulinresistenz ist häufig eine Hyper- pigmentierung (Acanthosis nigricans) im Nacken-, Achsel- und Perianogeni- tal-Bereich sichtbar. Insbesondere bei

adipösen Patientinnen sollte nach die- sen typischen Hautveränderungen ge- fahndet werden (Abbildung c).

Viele, aber nicht alle Patientinnen mit einem PCOS zeigen Hinweise für eine gestörte Gonadotropinsekretion. Eine erhöhte LH-Sekretion (LH, luteinisie- rendes Hormon) mit einem angehobe- nen LH/FSH-Quotienten (FSH, follikel- stimulierendes Hormon) in der frühen Follikelphase war die erste endokrine Störung, über die bei PCOS berichtet wurde (22). Neben Dysfunktionen des Neurotransmitter- und Opiatstoffwech- sels werden als Ursache eine Hyperan- drogenämie-assoziierte Störung der Frei- setzung des hypothalamischen Gona- dotropin-Releasing-Hormons (GnRH) mit der Folge einer Zunahme der Fre- quenz und Amplitude der pulsatilen LH- Sekretion diskutiert (34, 35, 56, 84).

Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch ist das PCOS von bislang ungeklärten, idiopathischen Formen einer kutanen androgenisie- renden Symptomatik wie Akne, Hirsu- tismus und Alopezie abzugrenzen.

Wahrscheinlich liegt hier eine Störung der intrakutanen Androgensensivität vor (29). Weiterhin müssen andere sel- tenere Ursachen wie androgenprodu- zierende Tumoren der Nebennieren oder der Ovarien in Erwägung gezogen werden (Textkasten 2). Eine rasch pro- grediente Symptomatik, Zeichen der Virilisierung und Amenorrhoe, Testo- steronspiegel über 1,5 ng/mL bezie- hungsweise DHEAS-Spiegel über 8 000 ng/mL weisen auf eine tumoröse Ge- nese hin. Ein „late-onset“-adrenogeni- tales Syndrom (AGS) ist am häufigsten durch eine Aktivitätseinbuße der 21- OH-Hydroxylase (Cyp21B-Enzym) er- klärt. Der Nachweis erfolgt über einen ACTH-Kurztest (ACTH, adrenokor- tikotropes Hormon) mit Bestimmung von 17-OH-Progesteron basal und nach 60 min. In Zweifelsfällen kann ei- ne CYP21B-Mutationsanalyse hilfreich sein. Auch ein Cushing-Syndrom kann mit Zyklusstörungen und klinischen Zeichen einer Hyperandrogenämie ein- hergehen. Ein Dexamethason-Hemm- test mit Einnahme von 1 beziehungs- weise 2 mg abends 22.00 Uhr dient als Diagnostische Kriterien für das Vorliegen

eines PCOS gemäß NIH-Konsensus 1990

>Zyklusstörungen aufgrund von Oligo- oder Anovulation

>Hyperandrogenismus

– klinische Zeichen (Hirsutismus, Akne, Haar- ausfall vom männlichen Typ et cetera) und/oder

– biochemischer Nachweis (Testosteron, And- rostendion, Dehydroepiandrosteronsulfat [DHEAS])

>Ausschluss von Cushing-Syndrom, adrenogeni- talem Syndrom (AGS), androgenproduzieren- dem Tumor

Textkasten 1

Differenzialdiagnose des PCOS

>Idiopathischer Hirsutismus

>„late-onset“-adrenogenitales Syndrom (am häufigsten 21-Hydroxylase-Mangel)

>Ovarielle Tumoren (Sertoli-Leydig-, Granulosa- Theka- und Hilus-Zelltumoren)

>Nebennierentumoren

>Cushing-Syndrom

>Medikamente (z. B. Sexualsteroide mit andro- gener Partialwirkung, androgene Anabolika) Textkasten 2

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Screeningtest und schließt bei Suppres- sion der Cortisolspiegel am nächsten Morgen unter 3 µg/dL ein Cushing-Syn- drom aus. Nach Einnahme von Medika- menten wie zum Beispiel Sexualstero- iden mit androgener Partialwirkung oder von Anabolika sollte gezielt ge- fragt werden. Ein Programm zur Dia- gnostik und Differenzialdiagnostik des PCOS ist im Textkasten 3 zusammenge- fasst.

Polyzystisches Ovarialsyndrom und Insulinresistenz

Es wird geschätzt, dass mehr als 50 Pro- zent der PCOS-Patientinnen überge- wichtig sind, obwohl kontrollierte Stu- dien zur Prävalenz einer Adipositas bei PCOS fehlen (33). In den letzten Jahren wurde zunehmend klar, dass ein Groß- teil auch schlanker Patientinnen bereits frühzeitig Veränderungen ihres Stoff- wechsels mit Insulinresistenz bis hin zu einem Diabetes mellitus Typ 2 aufwei- sen (6, 20, 22, 36). Die Ursachen der In- sulinresistenz bei Patientinnen mit PCOS sind bislang nicht bekannt. Un- wahrscheinlich ist, dass ein einzelner Defekt für die Entwicklung einer Insu- linresistenz bei PCOS verantwortlich ist. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung einer In- sulinresistenz in der Regel die gemein- same Endstrecke von Umweltfaktoren (zum Beispiel Adipositas, Bewegungs- mangel) und einer individuellen geneti- schen Prädisposition darstellt.

Aufgrund positiver Korrelationen zwischen Insulin- und Androgenspie- geln wurde bereits früh ein Zusammen- hang zwischen Insulinresistenz und der Manifestation eines PCOS vermutet (Grafik). Eine Hyperinsulinämie kann sowohl die ovarielle als auch die adre- nale Produktion von Androgenen di- rekt und indirekt über einer Verstär- kung der Wirkung physiologischer Sti- muli erhöhen (58, 62, 63). Zudem stimu- liert Insulin direkt und selektiv die LH- Sekretion (21, 22). Des Weiteren wird die hepatische SHBG-Synthese durch eine Hyperinsulinämie gehemmt, wo- durch die bioverfügbare Androgenakti- vität erhöht wird (65). Eine Erklärung für diese Insulinwirkungen bei Vorlie- gen einer Insulinresistenz wäre die An-

nahme einer selektiven Insulinresistenz mit Aussparung der für die Entwicklung eines PCOS relevanten Zielorgane be- ziehungsweise Prozesse. In der Tat weist steroidhormonproduzierendes Gewebe im Gegensatz zur Insulinresistenz von Fett- und Muskelgewebe eine erhaltene Insulinsensitivität auf (7, 87). Als alter- native oder zusätzliche Erklärung wer- den insulinvermittelte Effekte über den IGF-1-Rezeptor diskutiert.

Welche Rolle die Hyperandrogen- ämie für die Entwicklung einer Insulin- resistenz bei PCOS spielt, ist derzeit noch nicht geklärt. Ein Androgenexzess kann zwar zu einer leichten Abnahme

der Insulinsensitivität führen, erklärt aber nicht das Ausmaß der Insulinresistenz bei PCOS (58, 80).

Die Datenlage, die für eine pathogenetische Rolle einer Insulinresistenz oder Hyperin- sulinämie bei PCOS spricht, ist umfangreich. Unklar ist, ob Insulinresistenz beziehungs- weise Hyperinsulinämie einen primär kausalen oder einen permissiven pathogenetischen Faktor darstellen. Eine Hyper- insulinämie führt nicht not- wendigerweise zu einer Hy- perandrogenämie oder zu ei- nem PCOS. Bei entsprechend prädisponierten Frauen aller- dings können unterschwellige Veränderungen verstärkt und zur klinischen Manifestation gebracht werden (77). Dies entspricht der klinischen Beob- achtung, dass nicht alle Frauen mit einer Insulinresistenz un- ter einem PCOS leiden und nicht alle Frauen mit einem PCOS insulinresistent sind.

Daraus folgt, dass es weitere Faktoren geben muss, die für die Entwicklung eines PCOS prädestinieren.

Familienuntersuchungen le- gen nahe, dass es eine gene- tische Komponente bei der Entwicklung des PCOS gibt.

Der Vererbungsmodus ist al- lerdings unklar. Trotz inten- siver Suche konnten bisher keine eindeutigen Kandida- tengene identifiziert werden.

Diskutiert wurden unter anderem eine Assoziation mit Polymorphismen im Gen der Cysteinprotease Calpain-10, im Proinsulin- und Insulinrezeptorgen beziehungsweise im IRS-1- und IRS-2- Gen (83).

Früher Marker eines Diabetes mellitus

Erstmals wurde 1921 eine Assoziation zwischen einer Hyperandrogenämie und einem Diabetes mellitus beschrie- ben (1). Adipositas, Insulinresistenz und eine in Relation zur Insulinresistenz

a

b

Abbildung: Hirsutismus und Acanthosis nigricans bei polyzystischem Ovarialsyndrom. a) Hirsutismus im Ge- sichtsbereich, b) Hirsutismus im Genitalbereich, c) Acan- thosis nigricans

c

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verminderte Betazellfunktion (23, 26) bedingen ein erhöhtes Risiko für PCOS- Patientinnen, eine gestörte Glucosetole- ranz beziehungsweise einen Typ-2-Dia- betes zu entwickeln (24). Bei positiver Familienanamnese steigt das Diabetes- risiko bei PCOS um einen Faktor von 2 bis 3 (27, 54). Ursache hierfür ist vermut- lich ein erblicher Defekt der Insulinse- kretion (10). In Querschnittsuntersu- chungen konnte bei bis zu 40 Prozent der PCOS-Patientinnen im reprodukti- ven Alter eine gestörte Glucosetoleranz und bei bis zu 10 Prozent ein manifester Diabetes mellitus Typ 2 nachgewiesen werden (27, 54, 78). Die Prävalenz eines unerkannten Typ-2-Diabetes liegt nach solchen Studien bei PCOS etwa 7fach höher als in Kontrollkollektiven (54).

Besonders wichtig ist, dass bereits ein Drittel der Jugendlichen mit PCOS im Alter zwischen 13 und 19 Jahren Hin- weise für eine gestörte Glucosetoleranz zeigen (68). Entsprechend sind im Falle einer Schwangerschaft bis zu 23 Pro- zent der Patientinnen mit PCOS von ei- nem Gestationsdiabetes betroffen (39, 57, 75). Nach Ergebnissen der Nurses Health Study II tragen Frauen mit einer Zykluslänge von 40 und mehr Tagen be- ziehungsweise mit einer sekundären Amenorrhoe ein etwa doppelt so hohes Diabetesrisiko wie Frauen mit regel- mäßigen Zyklen (78). Aufgrund dieser Daten kann das PCOS als früher Risiko- marker für das Vorliegen einer Insulin- resistenz oder die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 dienen. Dies wird weiter gestützt durch Untersu- chungen bei jüngeren Frauen mit einem Typ-2-Diabetes-mellitus, die in einzel- nen, zahlenmäßig kleinen Beobach- tungsserien eine hohe Prävalenz von Zyklusirregularitäten und Hirsutismus aufweisen (11, 72).

Kardiovaskuläres Risiko

Bei PCOS-Patientinnen findet man häufig metabolische Störungen, wie zum Beispiel niedriges HDL-Choleste- rin, erhöhtes LDL-Cholesterin und eine Hypertriglyzeridämie (36, 59), die bei anderen Patientengruppen mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einhergehen (15, 42). Ent- sprechend findet man auch Anzeichen

einer frühen vaskulären Dysfunktion, wie zum Beispiel erhöhte CRP- (CRP, C-reaktives Protein) (48) und Endothe- lin-1-Spiegel (18, 44, 53, 76). Schätzun- gen aufgrund des kardiovaskulären Ri- sikoprofils gehen davon aus, dass PCOS-Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren ein etwa 7fach erhöhtes Risi- ko für einen Myokardinfarkt aufweisen (14). Gegenwärtig ist die Datenlage al- lerdings kontrovers (5, 73, 85, 86). Eine Analyse der Nurses Health Study un-

terstützt die Annahme, dass Frauen mit Zyklusirregularitäten eine erhöhtes re- latives Risiko (1,53; 95-Prozent-Konfi- denzintervall: 1,24–1,90) für eine koro- nare Herzkrankheit (KHK) haben (79).

Inwiefern all diese Frauen an einem PCOS litten, ist unklar.

Die bisherigen Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass zumindest für in- sulinresistente PCOS-Patientinnen ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko be- steht. Inwiefern auch unabhängig vom Vorliegen eines Insulinresistenzsyndroms ein PCOS-assoziiertes kardiovaskuläres Risiko besteht, muss in prospektiven Untersuchungen geklärt werden.

Metabolische Kontrolle

Aufgrund des erhöhten Risikos für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 bei PCOS-Patientinnen ist eine Früh- diagnostik beziehungsweise eine frühe metabolische Evaluation sinnvoll. Zur Abschätzung einer Insulinresistenz kann ein Quotient aus Nüchtern-Blutzucker (mg/dL) und Nüchterninsulin (µIE/mL) gebildet werden, der bei Vorliegen einer Insulinresistenz Werte unter 4,5 annimmt (55).Allerdings ist dieser in der Literatur genannte „cut-off“-Wert von dem ver- wandten Insulin-Assay abhängig und sollte daher Assay-spezifisch evaluiert werden. Trotz normaler Nüchternblut- zuckerwerte kann die Glucosetoleranz im oralen Glucosetoleranztest (OGTT) bis hin zu einem Typ-2-Diabetes-mellitus gestört sein. Es erscheint daher gerecht- fertigt als Screeningverfahren, einen OGTT mit 75 g Glucose durchzuführen.

Dieser ist in regelmäßigen zum Beispiel 3- bis 5-jährigen Abständen zu wieder- holen, da die Prävalenz einer Glucose- stoffwechselstörung mit zunehmendem Alter ansteigt und prospektive Untersu- chungen gezeigt haben, dass gut 7 Pro- zent der PCOS-Patientinnen mit einer initial normalen Glucosetoleranz und 54 Prozent der PCOS-Patientinnen mit ei- ner zu Beginn der Studie gestörten Glu- cosetoleranz (IGT, Impaired Glucose To- lerance) innerhalb von 6,2 Jahren einen Typ-2-Diabetes entwickeln können (66).

Im Textkasten 3 ist ein Vorschlag zur me- tabolischen Diagnostik bei PCOS vorge- stellt, der allerdings noch weiterer pro- spektiver Evaluation bedarf.

Diagnostik des polyzystischen Ovarialsyndroms (PCOS)

>Anamnese

Zyklusstörungen, klinische Zeichen einer Hyper- androgenämie, Schwangerschaften,Aborte, Fa- milienanamnese bzgl. PCOS und Diabetes melli- tus Typ 2

>Untersuchung

Behaarung,Akne,Acanthosis nigrans, Größe, Ge- wicht, Fettverteilung (Taille/Hüfte), Blutdruck

>Hormone

– luteinisierendes Hormon (LH), follikelstimulie- rendes Hormon (FSH), Östradiol, Progesteron – Gesamt(freies) Testosteron,Androstendion,

Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS), sexual- hormonbindendes Globulin (SHBG), – kurzer Dexamethason- (DXM-)Hemmtest (Aus-

schluss Cushing-Syndrom)

– ACTH-Test (ACTH, adrenokortikotropes Hor- mon) mit Bestimmung von Cortisol, 17-OH- Progesteron, ggf. zusätzlich Dehydroepiandro- steron (DHEA) und 11-Deoxycortisol (11-DOC) (Ausschluss „late-onset“-adrenogenitales Syn- drom)

gegebenenfalls

– DXM-GnRH-Analogon-Test (Differenzierung der ovariellen adrenalen Hyperandorgenämie)

>Metabolisches Screening bei Diagnose- stellung sowie alle 3 bis 5 Jahre – Nüchtern-Blutzucker und Insulin (Quotient

Blutzucker mg/dL/Insulin µLE/mL < 4,5 Insulin- resistenz wahrscheinlich)

– oraler Glucosetoleranztest(OGTT) (75 g Glu- cose) mit Bestimmung von Blutzucker und In- sulin

– Lipidprofil (Gesamtcholesterin, HDL- und LDL- Cholesterin,Triglyzeride)

bei positiver Familienanamnese (Typ-2-Diabe- tes),Adipositas (BMI > 25 kg/m2), Hinweisen für Insulinresistenz (Quotient Blutzucker/Insu- lin bzw. SHBG vermindert) und gestörter Glu- cosetoleranz ggf. kürzere Kontrollintervalle

>Apparative Diagnostik

– Sonographie der Nebennieren bzw. Ovarien – ggf. CT/MRT der Nebennieren bzw. Ovarien Textkasten 3

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Insulinresistenz und Therapie

Bei der Therapie des PCOS sind aktuell therapeutische und präventive Aspekte zu unterscheiden. Ziele der Behand- lung sind einerseits Beseitigung oder Reduzierung der dermatologisch gynä- kologisch reproduktiven Probleme (Hirsutismus, Zyklusstörungen, Sub-/

Infertilität) sowie andererseits die mit- tel- bis langfristige Normalisierung der metabolischen Veränderungen, um das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2- Diabetes oder einer kardiovaskulären Erkrankung zu minimieren. Einzelne Behandlungsziele können je nach indi- vidueller Situation besonders vorrangig oder auch unerwünscht sein, wie zum Beispiel eine Verbesserung der Ferti- lität. Die verschiedenen therapeuti- schen Möglichkeiten und ihr Einfluss auf einzelne Therapieziele beim PCOS sind in der Tabelle aufgeführt.

Therapeutische Ansätze, mit dem Ziel einer Verbesserung der Insulinresi- stenz und damit einer Reduktion der Hyperinsulinämie, können sich sowohl bei übergewichtigen als auch bei schlan- ken insulinresistenten Patientinnen mit PCOS günstig auswirken. Eine Verbes- serung der Insulinsensitivität kann in einer Reduktion der Hyperandrogen- ämie beziehungsweise der androgeneti- schen Symptomatik, einer Verbesse- rung der dysmorphologischen Kompo- nente der Ovarien sowie in einer Regu- larisierung oder Normalisierung des Zyklus und der Fertilität resultieren. Ei- ne Änderung des Lebensstils mit Ge- wichtsreduktion bei adipösen Patien- tinnen und mit vermehrter körperlicher Bewegung kann bereits bei einer Re- duktion des Körpergewichts um fünf Prozent Zyklusverhalten, Fertilität und Hirsutismus günstig beeinflussen (45, 50, 69, 70). Gewichtsabnahme und kör- perliche Aktivität sind darüber hinaus effektive Maßnahmen zur Primär- prävention des Typ-2-Diabetes (17, 82), sodass bei insulinresistenten PCOS-Pa- tientinnen vordringlich auf eine Ände- rung der „Lebensführung“ hingewirkt werden muss.

Medikamentöse Strategien zur Re- duktion von Insulinresistenz oder Hy- perinsulinämie bei PCOS beinhalten die Gabe von oralen Antidiabetika wie Metformin (12, 41, 43), Thiazolidindio-

nen (3, 25, 28, 38) oder Acarbose (9, 37). Acarbose reduziert die enterale Glucoseaufnahme und damit vornehm- lich die postprandiale Hyperinsulin- ämie, während die Insulinsensitivität durch Metformin und Thiazolidindione verbessert werden kann. In kontrollier- ten Studien konnten für die Gruppe der Thiazolidindione günstige Effek- te auf Stoffwechsel, Hyperandrogen- ämie, Zyklusverhalten und nachfolgen- de Schwangerschaften gezeigt werden (3, 25, 28, 38). Die meisten Untersu-

chungen liegen allerdings zu Therapie mit Metformin vor (12, 32, 41, 43, 60).

Metformin führt in randomisierten und placebo-kontrollierten Studien zu einer Abnahme der Insulinresistenz und der Hyperinsulinämie, zu einem Anstieg der HDL-Cholesterinwerte, zu einem Abfall der freien Testosteronspiegel so- wie bei mehr als der Hälfte der be- handelten Frauen zu einer Regulierung des Zyklus (12, 32, 41, 43, 60). Eine pla- cebokontrollierte Studie konnte auch eine Abnahme des Hirsutismus unter Metformintherapie zeigen (49). Met- formin in Kombination mit Clomiphen induziert in einem hohen Prozent- satz bei PCOS-assoziierter Sub- bezie- hungsweise Infertilität Ovulationen mit nachfolgender Schwangerschaft (12, 64). Inwieweit auch die alleinige Gabe von Metformin die Schwangerschafts- rate verbessert, ist derzeit ungeklärt

(12). Erste Studien zur Gabe von Met- formin bei PCOS in der Schwanger- schaft zeigen, dass die Abortrate (40, 46) und das Risiko eines Gestationsdia- betes reduziert werden können (39).

Metformin ist allerdings entsprechend seiner Zulassung in Deutschland in der Schwangerschaft kontraindiziert. Met- formin sollte daher nur unter strenger Zyklus- und Ovulationskontrolle bezie- hungsweise unter Kontrazeption im re- produktiven Alter der Frau verordnet werden. Wenn Metformin alleine oder begleitend bei fortpflanzungs- medizinischen Maßnahmen eingesetzt wird, sollte es mit dem Ovulationszeitpunkt ab- gesetzt werden. Dies gilt auch für die anderen eventuell ein- gesetzten oralen Antidiabe- tika. In zahlreichen Studien wurden weltweit mehr als 300 PCOS-Patientinnen mit Met- formin in Dosen bis zu 2 550 mg/Tag behandelt (12, 41, 43).

Berichte über schwerwiegende Nebenwirkungen liegen bisher nicht vor.

Aufgrund der aktuellen Studienlage ist eine Therapie vorzugsweise mit Metformin, bei insulinresistenten PCOS- Patientinnen nach entspre- chender Aufklärung und mit Einwilligung, eine im Einzel- fall erwägenswerte Behand- lungsoption. Dies gilt insbesondere dann, wenn Änderungen des Lebenstils nicht umgesetzt werden konnten oder keinen ausreichenden Erfolg gezeigt haben, zumal jüngste Daten auch einen Einsatz von Metformin in der Primär- prävention des Typ-2-Diabetes stützen (17). Einschränkend muss allerdings ge- sagt werden, dass es nur wenige gut kontrollierte Studien zum Einsatz von Metformin bei PCOS gibt. Dies gilt ins- besondere für den längerfristigen Nut- zen einer solchen Therapie, sodass vor einem generellen und breiten Einsatz von Metformin oder anderen oralen Antidiabetika in der Therapie des PCOS unbedingt weitere randomisier- te, placebokontrollierte Studien abge- wartet werden sollten.

Für Patientinnen, bei denen eine Verbesserung der Insulinresistenz zu keiner ausreichenden Besserung der Mögliche Mechanismen, über die durch Insulin die Sekre-

tion beziehungsweise die Wirkung von Androgenen bei polyzystischem Ovarialsyndrom erhöht wird.

Grafik

ATCH, adrenokortikotropes Hormon; LH, luteinisierendes Hor- mon; SHBG, sexualhormonbindendes Globulin

(6)

klinischen Symptomatik geführt hat, für nicht insulinresistente PCOS-Pati- entinnen und für Patientinnen mit ge- zielter Problematik stehen nach wie vor die klassischen Therapieansätze zur Verfügung. Orale Antikonzeptiva insbesondere solche mit einem anti- androgenen Progestagen werden häu- fig zur Kontrolle der Zyklusstörungen, zum Schutz des Endometriums und zur Besserung der klinischen Symptome der Hyperandrogenämie eingesetzt.

Unter einer solchen Therapie kann es allerdings zu einer Verschlechterung der Stoffwechselsituation kommen (8, 52, 61, 71). Zur Therapie des Hirsutis- mus können gegebenenfalls neben Epilation, Rasur oder Laserbehand- lung auch Cyproteronacetat, Spirono- lacton, Flutamid oder Finasterid einge- setzt werden (35). Im Rahmen einer Fertilitätsbehandlung stehen Clomi- phen und FSH zur Verfügung. Medika- ment der ersten Wahl ist Clomiphen, da hierbei meistens eine monofolli- kuläre Stimulation möglich ist. Bei Clomiphenresistenz ist gegebenenfalls eine FSH-Therapie notwendig, wobei es hierbei häufig zu polyfollikulären Reaktionen oder auch zu einem schwerwiegenden und potenziell le- bensbedrohlichen Hyperstimulations- syndrom kommen kann, das einen Ab- bruch der Therapie erforderlich macht (47, 67). Neben diesen medikamentö- sen Verfahren führt auch eine laparo- skopische Diathermie der Ovarien in gleicher Weise zu biphasischen ovula- torischen Zyklen (31). Die Fertilitäts- behandlung von PCOS-Patientinnen gehört aufgrund der erforderlichen Expertise sicherlich in die Hände eines auf diesem Gebiet erfahrenen und en- dokrinologisch bewanderten Repro- duktionsmediziners.

Resümee

Das PCOS ist mit anovulatorischen Zy- klen, Hyperandrogenämie und potenzi- ell schwerwiegenden metabolischen Veränderungen bis hin zu einem Typ-2- Diabetes-mellitus assoziiert. Eine Insu- linresistenz, die bei einer großen An- zahl der betroffenen Patientinnen nach- zuweisen ist, scheint pathogenetisch ein wichtiger Amplifikator für die Entwick-

lung der reproduktiven Störungen zu sein. Umgekehrt kann die Diagnose ei- nes PCOS als Indikator für metaboli- sche Veränderungen gesehen werden, die entscheidende Risikofaktoren für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes- mellitus und kardiovaskuläre Erkran- kungen darstellen. Longitudinal be- trachtet manifestieren sich die klini- schen Zeichen eines PCOS zu unter- schiedlichen Zeitpunkten. Während in der Pubertät, Adoleszenz und der re- produktiven Phase dermatologisch gynäkologische Symptome im Vorder- grund stehen, werden die internisti- schen Folgen der metabolischen Verän- derungen sehr viel später manifest.

Präventive diagnostische und therapeu- tische Maßnahmen zur Abschätzung der metabolischen Probleme sollten früh eingeleitet werden. Insbesondere bei Bestehen einer Adipositas sollte auf das Vorliegen einer Insulinresistenz be- ziehungsweise einer Glucosestoffwech- selstörung und prospektiv auf die Ent- wicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 hin untersucht werden. Therapeutisch ist bei insulinresistenten PCOS-Patien- tinnen auch im Sinne der Primär- prävention auf eine Änderung des Le- bensstils mit Gewichtsabnahme und vermehrter körperlicher Bewegung hinzuwirken. Wie in einigen Studien ge- zeigt, kann die zusätzliche Gabe von Metformin, den Stoffwechsel verbes- sern und es bestehen deutliche Hinwei- se, dass es unter dieser Therapie zu ei- ner Zyklusnormalisierung und verbes- serten Fertilität kommen kann. Vor ei- nem generellen Einsatz von Metformin oder anderen oralen Antidiabetika in

der Therapie des PCOS sollten jedoch unbedingt weitere randomisierte, pla- cebokontrollierte Studien abgewartet werden. Aufgrund ihrer dermatologisch gynäkologischen Symptomatik sind PCOS-Patientinnen einfach und früh- zeitig zu identifizieren, sodass sich hier eine günstige Chance bietet durch eine enge Kooperation zwischen Gynäkolo- gen, Endokrinologen und Internisten beziehungsweise Allgemeinmedizinern rechtzeitig im Sinne der Primärpräven- tion eines Typ-2-Diabetes-mellitus und seiner Folgen zu intervenieren. Da das PCOS eine der häufigsten Endokrino- pathien der Frau im reproduktiven Al- ter ist, erscheint dies mit Hinblick auf die steigende Zahl an Typ-2-Diabeti- kern und der damit assozierten kardio- vaskulären Folgen auch von gesund- heitsökonomischer Relevanz.

Manuskript eingereicht: 16. Mai 2003; revidierte Fas- sung angenommen: 26. September 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 346–351 [Heft 6]

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Christof Schöfl

Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie

Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

E-Mail: schoefl.christof@mh-hannover.de

´Tabelle ´

Therapeutische Ansätze und erreichbare Therapieziele bei PCOS

Androgenämie Ovulation Stoffwechsel

Gewichtsabnahme + + +

Metformin + + +

Glitazone + + +

Ovulationshemmer plus antiandrogenes

Gestagen + – (–)

Laparoskopische Ovaroberflächen-

behandlung + + Ø

+, positive Wirkung auf Therapieziel; Ø , keine Wirkung auf Therapieziel; –, negative Wirkung auf Therapieziel

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit0604 abrufbar ist.

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