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Archiv "Kodierrichtlinien: Nutzen und Nebenwirkungen" (25.02.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 8

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25. Februar 2011 A 395

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

KODIERRIC HTLINIEN

Ansichten unserer Leser zu den Ambu- lanten Kodierrichtli- nien (AKR) und zu dem AKR-Fortbil- dungszyklus

Ei und Rührei

Die KBV hat vor etwa zehn Jahren damit begonnen, die Abrechnung von Einzelleistungen, aus denen noch ein Bezug zur entsprechenden diagnostischen oder therapeutischen Leistung zu ersehen war, durch im- mer mehr pauschalierte Komplex- ziffern zu ersetzen. Sie hat gewis- sermaßen aus einem Korb mit Eiern Rührei gemacht. Mit der Einfüh- rung der AKR wird nun versucht, aus dem Rührei wieder Eier zu ma- chen, sicher ein schwieriges Vorha- ben. Die in Ihrem Artikel wiederge- gebene Aussage, mit Hilfe von elf allgemeinen und 61 speziellen Ko- dierrichtlinien solle den niederge- lassenen Ärzten und Psychothera- peuten die sachlich richtige Ver- schlüsselung erleichtert (!) werden, dürfte sogar bei der traditionell und berufsbedingt sehr obrigkeitsgläubi- gen Ärzteschaft auf Skepsis stoßen.

Außerdem stellt man bei der Be- schäftigung mit der Materie schnell fest, dass man sich nur Nachteile einhandelt, je genauer man sich an die AKR hält, also das Gegenteil ei- ner Win-win-Situation, gewisser- maßen eine für unser Gesundheits- system typische Lose-lose-Situati- on. Ich habe versuchsweise die in dem Fortbildungsartikel noch gar nicht behandelten speziellen KR in meinem Praxisprogramm scharf ge- schaltet. Das Ergebnis war absolut katastrophal.

Herr Köhler meint ja, der Weg über die AKR führe (vielleicht) zu mehr Honorar. Ich weiß nicht, ob ihm das jemand glaubt. Ich bin allerdings ziemlich sicher, dass die Einfüh- rung der AKR die Krankenkassen lediglich veranlassen wird, den Vor- wurf massenhafter Falschabrech- nung zu erheben, wie wir das schon im stationären Sektor erleben.

Dr. med. Hellmut R. Götz, 86157 Augsburg

Kaum zu ertragen

Als ich das DÄ 4/2011 in die Hand nahm, blieb mir fast die Spucke weg: Ich finde es unmöglich, einen ärztlichen Fortbildungsartikel über Kodierrichtlinien als zertifizierten cme-Artikel zu veröffentlichen. Das DRG-Abrechnungssystem, welches leider zu den bevorzugten ärztli- chen Aufgaben in meinem Um- feld als Krankenhausarzt gehört, ist ein perverses System, welches unter Zwang etabliert wurde. Es in Ihrem Blatt als cme-Artikel geadelt zu se- hen, ist kaum zu ertragen, da es mit der Medizin und medizinischen Wissenschaft in keiner Weise in Be- ziehung steht und dessen Einfüh- rung in die ärztlichen Handlungsab- läufe in keiner Weise freiwillig zu- stande kam . . .

Bernhard Eberhardt, 92421 Schwandorf

Auch der letzte Zweifler verstummt

Ärzte können punkten. Das ist uns vertraut. Erst Punkte sammeln und später zusammenzählen, was dabei herausgekommen ist. Dabei ging der Einführung der Ambulanten Kodierrichtlinien doch eine tolle Kosten-Nutzen-Analyse durch die Verantwortlichen voraus. Kosten für die Ärzteschaft: eine rote Null.

Soll heißen, Bürokratieaufwand für den niedergelassen Arzt = null („wie bisher“), Kosten aufseiten der Körperschaften zu vernachlässigen („Peanuts, die in den Beitragszah- lungen gar nicht auffallen“). Auch bei geringem oder nur vagem Nut- zen ergibt sich hieraus eine so ex- trem günstige Relation zwischen Kosten und Nutzen, dass eine ge- nauere Nutzenbetrachtung im Grun- de unterbleiben kann. Ein Hinweis, dass sich der Geldregen über die niedergelassenen Ärzte in gleicher Weise ergießen werde, wie über die Krankenhäuser aufgrund der Ko- dierrichtlinien bei Einführung des Fallpauschalensystems im Jahr 2003, wird auch den letzten Zweif- ler zum Verstummen bringen, dem die Aussicht auf eine angemessene Vergütung nicht reicht, die mit Ein- führung der AKR verbunden sein soll . . .

Dr. med. Walter Baumann, 80331 München

Nutzen und Nebenwirkungen

Ab dem 1. Juli drohen uns nieder- gelassenen Ärzten die amtlichen Kodierrichtlinien. Ich möchte Ihnen meine Erfahrungen mitteilen, nach- dem ich diese in meiner Praxis um- gesetzt habe: Bei einer Praxis mit 800 Scheinen im Quartal müssen Sie mit 400 Fehlermeldungen rech- nen. In der Stunde können Sie etwa 20 Fehlermeldungen beseitigen, das heißt, man benötigt etwa 20 Stunden zur Beseitigung der Fehler. Wenn Sie jetzt anfangen und bis zum En- de des Quartals jeweils eine halbe Stunde länger arbeiten, haben Sie die Fehler zum Ende des Quartals bereinigt. Dabei genügt es nicht, nur Probeabrechnungen durchzuführen;

um die Fehler aufzuspüren, brau-

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A L l n d d

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25. Februar 2011 chen Sie das KBV-Prüfmodul, das

heißt, Sie müssen eine vollständige Abrechnung machen. Ich musste 30 Abrechnungsläufe durchführen, um die Fehler zu entfernen.

Macht das Ganze Sinn? Leider nein: weder medizinisch, noch ge- sundheitspolitisch, noch wirtschaft- lich.

Medizinisch: Ihre Dauerdiagnosen werden sich erheblich verschlech- tern. Die KBV will nach dem V. a.

(Verdacht auf) jetzt auch den Z. n.

(Zustand nach) aus den Dauerdia - gnosen verbannen. Der „Zustand nach“ wird durch „Folgen von“ er- setzt. Ein inhaltlicher Unterschied ist mir nicht ersichtlich; Sie werden aber Stunden Ihrer Freizeit mit die- sen Grammatikübungen verbringen.

Die Diagnoseverschlechterung er- gibt sich daraus, dass nur für einen ganz kleinen Teil eine Eins-zu-eins- Umsetzung möglich ist. Für den größten Teil müssen wenig sagende Allgemeinbezeichnungen verwen- det werden. Zum Beispiel das spe- zifische „Z. n. Rippenfraktur S22.32Z“ wird ersetzt durch das un- spezifische „Folgen einer sonstigen Fraktur des Thorax und des Be- ckens T91.2“ oder zum Beispiel

„Z. n. Missbrauch T74.9“ wird er- setzt durch „Folgen sonstiger und nicht näher bezeichneter Schäden durch äußere Ursachen T98.1“ . . . Gesundheitspolitisch und wirt- schaftlich: Wenn die Diagnosenver- schlüsselung mit der Honorierung verknüpft werden soll, wird ein Hamsterrad der Diagnosenver- schlüsselung angeworfen werden, an dessen Ende die Gesellschaft maximal krank dargestellt wird. Ei- ne verzerrte Darstellung des Krank- heitszustands in der Gesellschaft ist gesundheitspolitisch nicht sinn- voll . . .

Nachdem Sie diese Grundlagenar- beit gemacht haben, müssen Sie je- des Quartal die Trennung von stets behandlungsbedürftigen und nur anamnestischen Diagnosen durch- führen: bei durchschnittlich zehn Dauerdiagnosen und 800 Patienten müssen Sie jedes Quartal 8 000 Dia gnosen überprüfen. Bei 100 000 Ärzten in der Bundesrepublik ergibt das eine Überprüfungsaufgabe von 800 Millionen Diagnosen. Ich neh-

me an, Sie stimmen mir zu, dass hier die Nebenwirkungen den Nut- zen bei weitem übersteigen . . .

Dr. med. Dr. rer. pol. Manfred Kerschreiter, 86154 Augsburg

Realsatire

Was muss ich in der Fortbildung Ambulante Kodierrichtlinien zum Thema Befreiung von der Ver- schlüsselungspflicht lesen? „Ersatz- weise ist in diesen Fachgruppen der Kode UUU einzutragen. Bei Nut- zung des Ersatzkodes UUU ist kein Zusatzkennzeichen für die Diagno- sensicherheit anzugeben.“

Lässt sich diese Realsatire noch toppen? Da kann einem zu den Am- bulanten Kodierrichtlinien nur noch eine Diagnose einfallen: F79.9+G!

Jörg Manderscheid, 74405 Gaildorf

Pragmatischer kodieren

Bedingt durch die hochkomplexe Thematik und praxisferne Vorgaben der Ambulanten Kodierrichtlinien (AKR) sind einige Angaben des Fortbildungsartikels in Heft 4/2011

„Definition der Behandlungsdia - gnose“ zu diskutieren. Die AKR- Vorgabe: „Auch sind Diagnosen als Behandlungsdiagnosen im Sinne der AKR zu werten, die Einfluss nehmen auf die Behandlung anderer Erkrankungen des jeweiligen Pa- tienten“ wird missverständlich in- terpretiert.

Beispiel Hausarztkonsultation: Die Pollenallergie als Hinweis auf eine mögliche Lebensmittelallergie (Möhren, Äpfel, Nüsse . . .) ist bei einer „unspezifischen Gastritis“

möglicherweise genauso relevant wie das Ergebnis der Gastroskopie;

die anamnestische Unterschenkel- fraktur kann je nach Begleitumstän- den auf einen übermäßigen Alko- holgebrauch mit Gastritisrisiko hin- weisen und ist deswegen in der Ge- samtbetrachtung des Falls mögli- cherweise ebenfalls wegweisend und eine Behandlungsdiagnose.

Zu Frage 6: Der „Zustand nach Ap- pendektomie“ spielt bei der Unter- suchung des Abdomens und der Wertigkeit der Differenzialdiagno- sen eine wichtige Rolle und ist des- wegen auch eine relevante Behand-

lungsdiagnose. Die Antwort „Dau- erdiagnosen dienen dazu, anamnes- tische Angaben zu Patienten zu archivieren “ wird als falsch an - gesehen, spiegelt aber die derzeit überwiegend geübte (und durch den Text der AKR auch nicht ausge- schlossene) Praxis wider.

Alle Beispiele zeigen: Eine Auf- schlüsselung der Dauerdiagnosen in

„anamnestische“ und „aktuelle“ ist eine Fiktion, denn eine möglichst vollständige Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Daten ist wichtig. Warum soll man eigentlich die „anamnestischen Dauerdiagno- sen“ wegschließen? In jahrelanger Arbeit haben viele Praxen genau so die wertvolle Krankheitsgeschichte dokumentiert. Genau diese Daten brauchen wir in naher Zukunft für den Notfalldatensatz. Was täte also ein pfiffiger Bürokrat? Er würde ein zusätzliches Zeitfeld für Dauerdia - gnosen einführen. So wären sie nicht verloren, müssten nicht mehr aktiviert werden und wären trotz- dem – optional – als vergangene Episode zu erkennen.

Ergänzend noch ein paar Hinweise aus der Praxis eines Allgemeinme- diziners: Früher hat man einfach

„Diabetes“ und „Glomerulonephri- tis“ nebeneinander gesetzt; jetzt muss es heißen: „Diabetes mit Glo- merulopathie“ plus „Glomerulo- nephritis bei Diabetes“. Diese Ko- dierungen werden jetzt in hierarchi- sierte Morbiditätsgruppen (HMG) übersetzt und sind über den morbi- ditätsgewichteten Risikostruktur- ausgleich für die Krankenkassen bares Geld wert. Deutlich mehr als bei „Diabetes“ plus „Glomerulo- nephritis“ – obwohl die Aussage nicht wahrer geworden ist, denn in der Regel weiß ja keiner, ob die Nephritis wirklich vom Diabetes herrührt. Es ist nur eine Wahr- scheinlichkeitsaussage. Dies ist nur ein Beispiel. Mehr als 140 verschie- dene Diabetes-Kodierungen gibt es nun; mit Thesaurus eine Liste von 300 bis 400 verschiedenen Mög- lichkeiten.

Ein pfiffiger Bürokrat könnte auf die Idee kommen, „Diabetes“ plus

„Nephritis“ direkt in die Definition der HMG hineinzuschreiben – ohne Umwege. Dann bräuchte man nur

B R I E F E

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