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Archiv "Krankenhäuser: Die Ideen der Mitarbeiter nutzen" (27.02.2015)

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ie Idee ist simpel: Statt auf- wendiger Technik verwendet Volkswagen seit einiger Zeit Disco- nebel, um Undichtigkeiten bei Neu- wagen aufzuspüren. Das neue Ver- fahren ist im Vergleich zur al- ten Methode mit Ultraschall und Sprühnebel schneller, sensitiver und wesentlich kostengünstiger.

Dass das neue Verfahren von einem Mitarbeiter vorgeschlagen wurde, ist in der Automobilbranche nichts Ungewöhnliches. In der globalisier- ten Automobilindustrie spielen In- novationen nicht nur produktseitig, sondern aufgrund des steigenden Kostendrucks auch prozessseitig ei- ne entscheidende Rolle für den Er- folg des Unternehmens. Effektive und effiziente Prozesse ermögli- chen es, nachhaltig einen nicht sub- stituierbaren Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Bereits seit Jahren ist das Ideenmanagement daher fester Be- standteil des Innovationsprozesses der Automobilkonzerne (1).

Das Ideenmanagement hat sich in den 1990er Jahren entwickelt und ist definiert als Optimierungs- system, welches das Ideenpotenzial aller Mitarbeiter nutzen will, um die Wettbewerbsfähigkeit eines Un- ternehmens zu stärken. Innerhalb des Ideenmanagements werden das innerbetriebliche Vorschlagswesen

und der kontinuierliche Verbesse- rungsprozess unterschieden (2–4):

Das innerbetriebliche Vor- schlagswesen ist die spontane Ide- enfindung durch Mitarbeiter und bereits seit Jahrzehnten bekannt.

Entscheidend sind hierbei die Vor- schläge der Mitarbeiter. Aufgrund ihrer täglichen Arbeit können sie Verbesserungspotenziale am besten entdecken. Dabei muss es nicht im- mer der große geniale Wurf sein, der radikale Änderungen initiiert, auch kleine Optimierungen von Prozessen und Strukturen oder Ab- läufen können positive Auswirkun- gen haben. Im Fall einer Kostenein- sparung erhält der Mitarbeiter eine anteilige Prämie. Ein betriebliches Vorschlagswesen erfordert eine Un- ternehmenskultur, welche offen für Veränderungen ist (5).

Der kontinuierliche Verbes- serungsprozess (KVP) steht für ei- ne Unternehmenskultur, welche of- fen für Veränderungen und Verbes- serungen sein muss und die syste- matische und stetige Verbesserung der Qualität fordert und fördert.

KVP ist ein Grundprinzip des Qua- litätsmanagements (5).

In der Industrie wird seit Jahren auf die Ideen und Innovationskraft der Mitarbeiter gesetzt, die Ideen werden in der Regel durch monetäre

Prämien honoriert. Dabei kamen im Jahr 2012 je nach Idee Spitzensum- men von bis zu 171 000 Euro zustan- de. Im Durchschnitt lag die Prämie 2012 bei 640 Euro pro Idee (6). Jede Prämie steht dabei für ein Vielfaches an Einsparung für das Unternehmen.

In den letzten Jahren hat in der In- dustrie auch die Honorierung von Ideen zugenommen, die keinen di- rekten Einfluss auf die Produktion haben, jedoch die Arbeitssicherheit steigern oder die Zusammenarbeit verbessern. Beispielsweise werden Gabelstapler mit Beleuchtungsanla- gen ausgestattet, die etwa drei Meter vor dem Fahrzeug einen hellen Lichtfleck auf den Boden werfen und somit vor allem bei Kurvenfahr- ten entgegenkommende Mitarbeiter warnen. Die gezahlten Anerken- nungsprämien berechnen sich hier nicht aus dem Einsparungspotenzial, sondern nach Staffelsätzen.

Im Gesundheitssektor sieht die Realität deutlich anders aus. In eini- gen Kliniken existiert zwar bereits ein betriebliches Vorschlagswesen, und in seltenen Fällen haben Klini- ken sogar ein Ideenmanagement etabliert, in den meisten deutschen Krankenhäusern fristet das Ideenma- nagement heute jedoch noch ein Schattendasein. Das sollte sich än- dern, denn neben der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Kranken- hauses sichert das Ideenmanagement die Qualität der erbrachten Leistun- gen und setzt durch bessere Motiva- tion der Arbeitskräfte Leistungs - reserven frei. Mitarbeiterbezogene Ziele des Ideenmanagements sind Steigerung der Identifikation mit dem Unternehmen aufgrund größe- rer Möglichkeiten der eigenverant- wortlichen Mitgestaltung, eine Ver- besserung der innerbetrieblichen Zu- sammenarbeit und Kommunikation sowie eine Einkommenssteigerung durch Prämienzahlungen (3).

Bevor ein Ideenmanagement etabliert werden kann, müssen eini- ge Voraussetzungen geschaffen wer- den. Sehr wichtig ist die Unterstüt- zung durch die Unternehmenslei- tung, welche eine Vorbildfunktion für alle untergeordneten Hierarchie- ebenen einnimmt. Lippenbekennt- nisse oder die schlichte Duldung des Ideenmanagements als eigenständi- KRANKENHÄUSER

Die Ideen

der Mitarbeiter nutzen

In vielen Branchen ist das Ideenmanagement bereits seit vielen Jahren fester Bestandteil des Innovationsprozesses, in Kliniken hingegen nur selten.

Foto: Fotolia/vege

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 9 I 27. Februar 2015

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gen Managementbereich können zum Scheitern führen. In vielen Fäl- len ist ein Umdenken des Manage- ments erforderlich, um die Ideen der Mitarbeiter nicht als Bedrohung der eigenen Existenz zu betrachten, son- dern als Chance für das Unterneh- men. Zu Beginn muss ebenfalls ge- klärt werden, welche personellen und finanziellen Ressourcen zur Ver- fügung stehen. Weitere Erfolgsfak- toren für die Etablierung eines Ide- enmanagements sind die Einbin- dung in die Corporate Identity und die Führungsleitlinien und die Schu- lung der Mitarbeiter zur Optimie- rung des Ideenmanagements (3).

Nachdem die Voraussetzungen geschaffen wurden, kann das Ideen- management im Rahmen eines Pro- jektes etabliert werden. Die Struk- tur des Ideenmanagements sollte möglichst simpel sein, um den Mit- arbeitern eine möglichst große Transparenz zu bieten. In der Regel sind am Ideenmanagement mindes- tens folgende Organe beteiligt: Der Mitarbeiter als ideenbringendes Or- gan reicht die Idee beim Ideenma- nager ein. Dieser ist die zentrale Koordinationsstelle des Ideenma- nagements und betreut den gesam- ten Prozess von der Ideenfindung bis zur Umsetzung und Evaluation.

Bevor die Idee umgesetzt wird, wird sie von einem oder mehreren Gutachtern hinsichtlich Umsetzbar- keit, finanzieller Ersparnis und Be-

einflussung der Qualität bewertet.

Dies kann im einfachsten Fall der Leiter der Zielabteilung sein, in komplizierten Fällen kann dies auch durch ein extra dafür gebilde- tes Gremium geschehen. Nach Ab- schluss der Begutachtung erhält der Mitarbeiter eine Antwort und gege- benenfalls eine Gratifikation, wel- che von verschiedenen Faktoren wie der Kostenersparnis, der Krea- tivität oder dem Ausarbeitungsgrad der Idee abhängen kann. Es hat sich bewährt, dass auch Ideen, welche keine Kostenersparnis bringen oder nicht umgesetzt werden können, mit einer symbolischen (Sach-)Prä- mie zu belohnen. Schließlich wird die Idee umgesetzt und nach einer zeitlichen Latenz evaluiert. Ziel der Evaluation ist sowohl die Quantifi- zierung des tatsächlichen Nutzens der einzelnen Idee als auch die Er- fassung von Benchmarks des ge- samten Ideenmanagements (3).

Die Mitarbeiter benötigen Zu- gangsmöglichkeiten zum Ideenma- nagement, um ihre Ideen ohne gro- ßen Aufwand einreichen zu können.

Hierzu sind entsprechende Soft- warelösungen verfügbar, für Mitar- beiter ohne Zugang zu einem Com- puter sollte eine Papierversion als Alternative vorhanden sein (5).

Die langfristige Etablierung eines Ideenmanagements erfordert neben Mitarbeitern, die die Aufgabe des Ideenmanagers übernehmen, auch

ein innerbetriebliches Marketing. In der Anfangsphase wird die Beleg- schaft durch eine Marketingkampa- gne über das Ideenmanagement in- formiert und zum Mitmachen moti- viert. Ist das Ideenmanagement etab- liert, können die Marketingaktionen regelmäßig wiederholt werden, um den Ideenfluss aufrechtzuhalten (3).

Das Instrument des Ideenmana- gement wird in der Industrie bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt, um das enorme Wissen der Mitar- beiter für das Unternehmen nutzbar zu machen. In Krankenhäusern führt das Ideenmanagement heute noch ein Schattendasein. Mittelfris- tig dürfte es aber auch für Kranken- häuser attraktiv sein, sich durch die Etablierung eines Ideenmanage- ments einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die Einführung eines Ideenmanagements erfordert eine Unternehmenskultur der kontinu- ierlichen Verbesserung. Besonders das Management muss diese Kultur vorleben, um ein Scheitern zu ver- hindern. Ist das Ideenmanagement erst einmal etabliert, verspricht jede Idee einen Zuwachs an Qualität, die Reduktion von Kosten oder im bes-

ten Falle beides.

Dr. med. Felix Hoffmann Christian Klein M.Sc.

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit0915 oder über QR-Code

Was hat Sie dazu bewogen, im Rahmen des Klinikneubaus aus dem Wald-Klinikum Gera ein „Kulturkrankenhaus“ zu machen?

Leder: Der Plan war, mit hohem Eigenmittelanteil ein komplett neues Großkrankenhaus mit 1 000 Betten zu bauen und anschließend auch fi- nanzieren zu können. Und das in einer wettbewerbsintensiven Ge- gend. Ohne besonderes Konzept und Gepräge – das war unsere Sicht – würde das Krankenhaus nicht jenes Alleinstellungsmerkmal bekommen können, das nötig ist, um zu bestehen. Also war eine besondere, mutige Entscheidung nötig, die Reichweite und Geltung schafft. Zwei Jahre nach Eröffnung können wir sagen, wir lagen damit richtig.

Die Idee des Kulturkrankenhauses zieht sich durch das gesamte Haus: Von der Architektur über das Wegeleitsystem und die Stations- benennungen bis zum Begleitprogramm. Wenn zum Beispiel ein Mitar-

beiter durch unser Foyer zum

Parkhaus nach Hause geht oder ein Besucher hereinkommt und in dieser Zeit live am Flügel gespielt wird, dann trägt das zur Stimmung und inneren Haltung bei. Allen wird so untrüglich signalisiert, dass wir eben keine Medizinfabrik sind, sondern ein Haus, in dem Kultur, Menschlichkeit, Zuwendung und Niveau Programm sind. Das ist die Kernbotschaft. Die Mitarbeiter und auch unsere Patienten werden durch die Architektur und das Erleben geprägt. Die Behandlungsquali- tät, die jeder Patient ganz subjektiv empfindet, ist ja eine sehr komple- xe Angelegenheit. Dort spielen das Ambiente und das Klima des Hau- ses eine entscheidende Rolle: Was höre ich, was sehe ich? Ich bin überzeugt davon, das alles wird durch unser Kulturkonzept positiv

beeinflusst. fos

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. Uwe Leder, Geschäftsführer SRH Wald-Klinikum Gera

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 9 I 27. Februar 2015

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A 4 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

|

Heft 9

|

27. Februar 2015

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 9/2015, ZU:

KRANKENHÄUSER

Die Ideen der Mitarbeiter nutzen

In vielen Branchen ist das Ideenmanagement bereits seit vielen Jahren fester Bestandteil des Innovationsprozesses, in Kliniken hingegen nur selten.

LITERATUR

1. Volkswagen: Volkswagen Ideenmanage- ment 2012 mit Rekordbilanz. Wolfsburg 2013.

2. Koblank P: Kleine Geschichte des Ideen- managements. Eureka impulse 2014:

1–9.

3. Kummer A, Genz HO: Betriebliches Vor- schlagswesen als Ideenmanagement.

Hamburg: Berufsgenossenschaft für Ge- sundheitsdienst und Wohlfahrtspflege 2004.

4. Dörr N, Müller-Prothmann T: Innovations- management: Strategien, Methoden und Werkzeuge für systematische Innovations- prozesse. München: Hanser 2014.

5. Gillies C: Ideenmanagement – Das Kapital in den Köpfen. ManagerSeminare 2003:

18–29.

6. Knödler T: Gute Ideen bringen über eine Milliarde. Dekra 2013.

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 9 I 27. Februar 2015

Referenzen

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