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Identifizierung und Charakterisierung eines mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes assoziierten Ernährungsmusters in der EPIC-Potsdam-Studie

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Academic year: 2021

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(1)

Identifizierung und Charakterisierung eines

mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes assoziierten Ernährungsmusters

in der EPIC-Potsdam-Studie

genehmigte Dissertation

vorgelegt von

Diplom-Ernährungswissenschaftlerin, Master of Science in Epidemiology Christin Heidemann

von der Fakultät VIII – Wirtschaft und Management der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktorin der Gesundheitswissenschaften / Public Health - Dr. P. H. -

Promotionsausschuss:

Vorsitzende: Prof. Dr. Ulrike Maschewsky-Schneider Gutachter: Prof. Dr. Heiner Boeing

Gutachter: Prof. Dr. Reinhard Busse

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 09. Oktober 2006

Berlin 2006 D 83

(2)

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... 4

Tabellenverzeichnis ... 5

Abkürzungsverzeichnis ... 8

1 Einleitung... 9

1.1 Hintergrund und Zielstellung der Arbeit ... 9

1.2 Typ-2-Diabetes ... 11

1.2.1 Pathophysiologie... 11

1.2.2 Public Health-Relevanz ... 12

1.3 Zusammenhang zwischen Ernährung und Typ-2-Diabetes ... 14

1.3.1 Nährstoffe ... 14

1.3.2 Lebensmittel... 18

1.3.3 Ernährungsmuster... 21

1.4 Methoden zur Ernährungsmusteranalyse ... 30

1.4.1 Hypothesenorientierter Ansatz ... 31

1.4.2 Exploratorischer Ansatz ... 31

1.4.3 Kombination beider Ansätze... 33

1.4.4 Simplifizierung von Ernährungsmustern ... 34

1.5 Zusammenhang zwischen nicht-nutritiven Faktoren und Typ-2-Diabetes ... 34

1.5.1 Potenziell modifizierbare Faktoren ... 34

1.5.2 Nicht-modifizierbare Faktoren ... 36

2 Studienpopulation und Methoden ... 37

2.1 EPIC-Potsdam-Studie ... 37

2.1.1 Einbettung in die EPIC-Studie ... 37

2.1.2 Datenerhebung zur Basisuntersuchung... 37

2.1.3 Identifizierung inzidenter Typ-2-Diabetiker während der Nachbeobachtung ... 41

2.2 Studienpopulationen ... 42

2.2.1 Fall-Kontroll-Studienpopulation ... 43

2.2.2 Kohorten-Studienpopulation... 45

2.3 Definition der Prädiktoren und Responses für die Ernährungsmusteranalyse... 46

2.4 Statistische Methoden ... 49

3 Ergebnisse... 54

3.1 Inzidenz von Typ-2-Diabetes in der EPIC-Potsdam-Studie ... 54

3.2 Herleitung von Ernährungsmustern in der Fall-Kontroll-Studienpopulation ... 55

3.2.1 Charakterisierung der Fall-Kontroll-Studienpopulation... 55

3.2.2 Ernährungsmusteranalyse... 58

3.2.3 Beziehung der Biomarker und Lebensmittelgruppen zum Ernährungsmuster ... 61

(3)

3.2.5 Simplifizierung des Ernährungsmusters... 66

3.2.6 Beziehung der Biomarker und Lebensmittelgruppen zum simplifizierten Ernährungsmuster... 67

3.2.7 Simplifiziertes Ernährungsmuster und Risiko für Typ-2-Diabetes... 70

3.3 Anwendung des simplifizierten Ernährungsmusters in der Kohorten-Studienpopulation... 72

3.3.1 Charakterisierung der Kohorten-Studienpopulation... 73

3.3.2 Beziehung einzelner Lebensmittelgruppen zum Ernährungsmuster und zum Risiko für Typ-2-Diabetes ... 74

3.3.3 Beziehung ausgewählter Nährstoffe zum Ernährungsmuster und zum Risiko für Typ-2-Diabetes ... 80

3.3.4 Beziehung nicht-nutritiver Risikofaktoren zum Ernährungsmuster und zum Risiko für Typ-2-Diabetes ... 90

3.3.5 Ernährungsmuster und Risiko für Typ-2-Diabetes... 93

3.4 Ernährungsmuster in Kombination mit nicht-nutritiven Risikofaktoren und populationsattributables Risiko für Typ-2-Diabetes... 99

3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 103

4 Diskussion... 106

4.1 Datengrundlage... 106

4.1.1 Studiendesign ...106

4.1.2 Datenerhebung zur Basisuntersuchung...107

4.1.3 Klassifizierung der Diabetiker ...111

4.2 Statistische Methoden ... 112

4.2.1 Ernährungsmusteranalyse...112

4.2.2 Simplifizierung des Ernährungsmusters...119

4.2.3 Risikoberechnung und Modellbildung...121

4.3 Ergebnisse ... 124

4.3.1 Beziehung von Ernährungsmustern zu diabetesassoziierten Biomarkern ...124

4.3.2 Ernährungsmuster und Risiko für Typ-2-Diabetes...127

4.3.3 Beziehung von Ernährungsmustern zu Nährstoffen und nicht-nutritiven Risikofaktoren...133

4.3.4 Public Health-Relevanz ...136

4.4 Schlussfolgerungen und Ausblick ... 138

5 Zusammenfassung... 141 5.1 Summary ... 142 6 Literaturverzeichnis... 143 7 Anhang... 163 Danksagung ... 168 Eidesstattliche Erklärung... 169

(4)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einbettung der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) und der

Kohorten-Studienpopulation (n=24599) in die EPIC-Potsdam-Studie... 43 Abbildung 2: Geschlechts- und altersspezifische Inzidenzraten für Typ-2-Diabetes in

der EPIC-Potsdam-Studie (n=25392) ... 54 Abbildung 3: Biomarkerkonzentrationen in der Fall-Kontroll-Studienpopulation

(n=574)... 57 Abbildung 4: Beziehung der Biomarker zum ersten Ernährungsmusterscore in der

Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 61 Abbildung 5: Gegenüberstellung von originalem und simplifiziertem

Ernährungs-musterscore in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 67 Abbildung 6: Beziehung der Biomarker zum simplifizierten Ernährungsmusterscore in

der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 68 Abbildung 7: Hazardraten-Verhältnis für Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile des

simplifizierten Ernährungsmusterscores bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation stratifiziert für

abdominelles bzw. allgemeines Übergewicht ... 97 Abbildung 8: Hazardraten-Verhältnis für Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile des

simplifizierten Ernährungsmusterscores bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation stratifiziert für

sportliche Inaktivität bzw. Rauchstatus ... 98 Abbildung 9: Populationsattributables Risiko für Typ-2-Diabetes bezüglich des

simplifizierten Ernährungsmusterscores in Kombination mit nicht-nutritiven Risikofaktoren bei den Frauen (n=15205) der

Kohorten-Studienpopulation... 101 Abbildung 10: Populationsattributables Risiko für Typ-2-Diabetes bezüglich des

simplifizierten Ernährungsmusterscores in Kombination mit nicht-nutritiven Risikofaktoren bei den Männern (n=9394) der

Kohorten-Studienpopulation... 103 Abbildung 11: Verifizierungsbogen für Diabetes mellitus... 163

(5)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Diagnosekriterien für Diabetes mellitus und prädiabetische Stadien... 11 Tabelle 2: Evidenz für einzelne Ernährungskomponenten als Einflussfaktoren auf das

Risiko für Typ-2-Diabetes (nach WHO/FAO 2003)... 15 Tabelle 3: Studien zu exploratorisch hergeleiteten Ernährungsmustern und

Typ-2-Diabetes ... 22 Tabelle 4: Studien zu exploratorisch hergeleiteten Ernährungsmustern und

Typ-2-Diabetes assoziierten Biomarkern ... 27 Tabelle 5: Erhebungsinstrumente und erhobene Variablen in der Basisuntersuchung

der EPIC-Potsdam-Studie... 38 Tabelle 6: Demographische und anthropometrische Faktoren der

Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 55 Tabelle 7: Lebensstilfaktoren und Medikamenteneinnahme der

Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 56 Tabelle 8: Pearsonsche Korrelation zwischen den einzelnen Biomarkerkonzentrationen

in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 57 Tabelle 9: Erklärte Biomarkervariation durch die mittels RRR hergeleiteten

Response-scores in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 58 Tabelle 10: Gewicht der Biomarker in den mittels RRR hergeleiteten Responsescores in

der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 59 Tabelle 11: Erklärte Biomarkervariation durch die mittels RRR hergeleiteten

Ernäh-rungsmusterscores in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 59 Tabelle 12: Erklärte Biomarkervariation durch die mittels RRR hergeleiteten

Ernäh-rungsmusterscores in Relation zur erklärten Biomarkervariation durch die

48 Lebensmittelgruppen in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 60 Tabelle 13: Beziehung der Lebensmittelgruppen zum ersten Ernährungsmusterscore in

der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 62 Tabelle 14: Odds Ratio (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Erhöhung um eine

Einheit und der Quintile des ersten Ernährungsmusterscores in der

Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 64 Tabelle 15: Odds Ratio (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Erhöhung um eine

Einheit und der Quintile des ersten Ernährungsmusterscores bei den

Frauen (n=236) und Männern (n=338) der Fall-Kontroll-Studienpopulation .... 65 Tabelle 16: Selektierte Lebensmittelgruppen durch Anwendung der schrittweisen

linearen Regression in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 67 Tabelle 17: Beziehung der Lebensmittelgruppen zum simplifizierten

Ernährungs-musterscore in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574)... 69 Tabelle 18: Pearsonsche Korrelation zwischen den Lebensmittelgruppen des

simpli-fizierten Ernährungsmusterscores und den Biomarkern in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 70 Tabelle 19: Odds Ratio (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Erhöhung um eine

Einheit und der Quintile des simplifizierten Ernährungsmusterscores in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 71

(6)

Tabelle 20: Odds Ratio (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Erhöhung um eine Einheit und der Quintile des simplifizierten Ernährungsmusterscores bei den Frauen (n=236) und Männern (n=338) der

Fall-Kontroll-Studien-population ... 72 Tabelle 21: Demographische und anthropometrische Faktoren der Frauen (n=15205)

und Männer (9394) der Kohorten-Studienpopulation ... 73 Tabelle 22: Lebensstilfaktoren der Frauen (n=15205) und Männer (n=9394) der

Kohorten-Studienpopulation... 74 Tabelle 23: Beziehung der Lebensmittelgruppen zum simplifizierten

Ernährungs-musterscore bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der

Kohorten-Studienpopulation... 75 Tabelle 24: Hazardraten-Verhältnis (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile

der zum simplifizierten Ernährungsmusterscore beitragenden Lebensmittel-gruppen bei den Frauen (n=15205) der Kohorten-Studienpopulation... 77 Tabelle 25: Hazardraten-Verhältnis (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile

der zum simplifizierten Ernährungsmusterscore beitragenden Lebensmittel-gruppen bei den Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation... 79 Tabelle 26: Beziehung ausgewählter Nährstoffe und der Energieaufnahme zum

simpli-fizierten Ernährungsmusterscore bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation... 82 Tabelle 27: Beziehung ausgewählter Nährstoffe in Relation zur Energieaufnahme zum

simplifizierten Ernährungsmusterscore bei den Frauen (n=15205) und

Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation ... 84 Tabelle 28: Mittlere Aufnahme und Hazardraten-Verhältnis (95% KI) für

Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile ausgewählter Nährstoffe bei den Frauen

(n=15205) der Kohorten-Studienpopulation ... 85 Tabelle 29: Mittlere Aufnahme und Hazardraten-Verhältnis (95% KI) für

Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile ausgewählter Nährstoffe bei den Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation... 88 Tabelle 30: Beziehung nicht-nutritiver Risikofaktoren zum simplifizierten

Ernährungs-musterscore bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der

Kohorten-Studienpopulation... 91 Tabelle 31: Hazardraten-Verhältnis (95% KI) nicht-nutritiver Risikofaktoren für

Typ-2-Diabetes bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der Kohorten-Studienpopulation ... 93 Tabelle 32: Hazardraten-Verhältnis (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der

Erhö-hung um eine Einheit und der Quintile des simplifizierten Ernährungs-musterscores bei den Frauen (n=15205) und Männern (n=9394) der

Kohorten-Studienpopulation... 95 Tabelle 33: Prävalenz, Hazardraten-Verhältnis (95% KI) und populationsattributables

Risiko (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich des simplifizierten Ernährungsmusterscores und nicht-nutritiver Risikofaktoren bei den

Frauen (n=15205) der Kohorten-Studienpopulation... 100 Tabelle 34: Prävalenz, Hazardraten-Verhältnis (95% KI) und populationsattributables

Risiko (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich des simplifizierten Ernährungsmusterscores und nicht-nutritiver Risikofaktoren bei den

(7)

Tabelle 35: Beziehung von Biomarkern, Lebensmittelgruppen, Nährstoffen und

nicht-nutritiven Risikofaktoren zum ersten Ernährungsmusterscore... 104 Tabelle 36: Odds Ratio (95% KI) bzw. Hazardraten-Verhältnis (95% KI) für

Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile des ersten Ernährungsmusterscores... 105 Tabelle 37: Pearsonsche Korrelation mittels modifizierter Prädiktor- bzw. Responsesets

hergeleiteter Ernährungsmusterscores zum originalen

Ernährungsmuster-score in der Fall-Kontroll-Studienpopulation (n=574) ... 117 Tabelle 38: Pearsonsche Korrelation zwischen den einzelnen Lebensmittelgruppen des

simplifizierten Ernährungsmusterscores in der

Fall-Kontroll-Studien-population (n=574) ... 130 Tabelle 39: Gruppierung der 148 Lebensmittel zu 48 Lebensmittelgruppen... 165 Tabelle 40: Odds Ratio (95% KI) für Typ-2-Diabetes bezüglich der Quintile des

zweiten, dritten und vierten Ernährungsmusterscores in der

(8)

Abkürzungsverzeichnis

BMI Body Mass Index

CORA Coronary Risk Factors for Atherosclerosis in Women

CRP C-reaktives Protein

EPIC European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition FAO Food and Agriculture Organization

FFQ Food Frequency Questionnaire (Verzehrshäufigkeitsfragebogen) HbA1c Glykosyliertes Hämoglobin

HDL High-Density-Lipoprotein HPFS Health Professionals Follow-up Study HR Hazardraten-Verhältnis KI Konfidenzintervall

MORGEN Monitoring Project on Risk Factors and Chronic Diseases NHANES National Health and Nutrition Examination Survey NHS Nurses Health Study

n Stichprobenumfang

OR Odds Ratio

p Signifikanzniveau (Irrtumswahrscheinlichkeit) r Pearsonscher Korrelationskoeffizient

PAR Populationsattributables Risiko RRR Reduzierte Rangregression SAS Statistical Analysis System

WHO World Health Organization

(9)

1

Einleitung

1.1

Hintergrund und Zielstellung der Arbeit

Hintergrund

Der Diabetes mellitus stellt bereits heute eine weltweit häufig vorkommende Stoffwechsel-erkrankung dar, die dem erwarteten starken Anstieg der Prävalenzrate zufolge innerhalb der nächsten Dekaden epidemische Ausmaße annehmen wird [1-3]. So wird davon ausge-gangen, dass die Zahl der weltweit an Diabetes mellitus Erkrankten von 171 Millionen im Jahre 2000 auf 366 Millionen im Jahre 2030 ansteigen wird [4]. Es wird geschätzt, dass et-wa 90% aller Diabeteskranken einen Typ-2-Diabetes besitzen [5]. Insbesondere die häufig mit dem Typ-2-Diabetes verbundenen mikro- und makrovaskulären Folgeerkrankungen füh-ren bei den Betroffenen zu einer Verminderung der Lebensqualität und Lebenserwartung sowie zu einer erhöhten Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen [6, 7]. In Zusammenhang mit der ansteigenden Prävalenz entwickelt sich der Typ-2-Diabetes somit zu einem zunehmenden Public Health-Problem.

Die Erforschung von protektiven und risikoerhöhenden Faktoren des Typ-2-Diabetes erfährt deshalb seit vielen Jahren ein unvermindertes wissenschaftliches und gesundheitspolitisches Interesse. Neben dem Übergewicht und der körperlichen Inaktivität wird insbesondere die Rolle der Ernährung für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes diskutiert. Der bisher domi-nierende Ansatz, die Beziehung zwischen Ernährung und dem Auftreten von Typ-2-Diabetes zu untersuchen, ist die Fokussierung auf einzelne Nährstoffe oder Lebensmittel. Da sich die habituelle Ernährung jedoch durch die Kombination verschiedener Ernährungskomponenten auszeichnet, ist es schwierig, den Effekt einzelner Nährstoffe oder Lebensmittel auf das Er-krankungsrisiko zu separieren. Deshalb finden die Herleitung und Untersuchung von rungsmustern als ein neuartiger Ansatz zur Erforschung des Zusammenhangs von rung und Entwicklung eines Typ-2-Diabetes zunehmend ihre Anwendung [8, 9]. Ernäh-rungsmuster erfassen gleichzeitig die Aufnahmemengen mehrerer Lebensmittel bzw. Nähr-stoffe und können folglich Interaktionen und kumulative Effekte einzelner Ernährungskom-ponenten in Bezug auf das Erkrankungsrisiko berücksichtigen.

Die Herleitung von Ernährungsmustern erfolgt in der Regel hypothesenorientiert durch Bil-dung von Qualitätsscores bzw. Indizes oder explorativ durch AnwenBil-dung der Cluster-, Hauptkomponenten- bzw. Faktorenanalyse [8]. In den wenigen Studien, die bisher mit Typ-2-Diabetes assoziierte Ernährungsmuster identifizierten, wurde überwiegend die Hauptkom-ponenten- oder Faktorenanalyse angewandt [10-14]. Anhand dieser exploratorischen Me-thoden können Ernährungsmuster extrahiert werden, die typisch für die spezifische Stu-dienpopulation sind, jedoch nicht notwendigerweise mit der interessierenden Erkrankung in Zusammenhang stehen. Dagegen stellt die reduzierte Rangregression (RRR), die kürzlich in die Ernährungsepidemiologie eingeführt wurde [15], eine statistische Methode dar, die

(10)

möglicherweise besser zur Untersuchung der Assoziation zwischen Ernährung und Erkran-kung geeignet ist. So ermöglicht die RRR neben der Berücksichtigung vorhandener Ernäh-rungsinformationen der speziellen Studienpopulation, wissenschaftliche Kenntnisse zur Pa-thophysiologie der Ernährung (z.B. Nutrienten oder Biomarker, die in Zusammenhang mit der Erkrankung stehen) einzubeziehen.

Zielstellung der Arbeit

Aufbauend auf dem geschilderten Kenntnis- und Entwicklungsstand ist das Ziel der vorlie-genden Arbeit, anhand der neuen statistischen Methode RRR unter Einbeziehung von Bio-markern, die mit der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes verbunden sind, ein Ernährungs-muster herzuleiten und dessen Beziehung zum Risiko für Typ-2-Diabetes zu untersuchen. Des Weiteren soll das Ernährungsmuster nach seiner Simplifizierung in eine von der Mus-terherleitung unabhängigen Studienpopulation übertragen und näher charakterisiert wer-den. Die konkreten Fragestellungen der Arbeit lauten:

• Kann mittels RRR unter Verwendung von Lebensmittelgruppen als Prädiktoren und von sowohl mit der Ernährung als auch mit der Pathophysiologie des Typ-2-Diabetes asso-ziierten Biomarkern als Responses ein Ernährungsmuster hergeleitet werden, das mit dem späteren Auftreten eines Typ-2-Diabetes assoziiert ist?

• Weist das anhand einer objektiven Herangehensweise simplifizierte Ernährungsmuster einen ähnlichen Informationsgehalt und eine ähnliche Beziehung zum Risiko für Typ-2-Diabetes auf wie das originale Ernährungsmuster?

• Bleibt die beobachtete Beziehung des simplifizierten Ernährungsmusters zum Risiko für Typ-2-Diabetes nach Übertragung in eine von der Musterherleitung unabhängigen Studienpopulation erhalten?

• Welche Beziehung weisen die Muster bildenden Lebensmittelgruppen und die in Zu-sammenhang mit Diabetes diskutierten Nährstoffe und nicht-nutritiven Risikofaktoren zum simplifizierten Ernährungsmuster auf?

• Welcher prozentuale Anteil an Typ-2-Diabetesfällen, d.h. welches populationsattribu-table Risiko (PAR) für Typ-2-Diabetes, kann auf ungünstige Scorewerte des simplifi-zierten Ernährungsmusters zurückgeführt werden?

• Wie groß ist das gemeinsame PAR für die Kombination ungünstiger Scorewerte des simplifizierten Ernährungsmusters mit vorliegenden nicht-nutritiven Risikofaktoren? Die zur Beantwortung der einzelnen Fragestellungen herangezogenen Studienpopulationen umfassen Probanden der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam-Studie, die zum Zeitpunkt der vorliegenden Arbeit eine mittlere Nachbeo-bachtungszeit von sieben Jahren aufwies. Die Untersuchung der ersten zwei Fragestel-lungen soll auf einer Studienpopulation im Design einer in die EPIC-Potsdam-Studie einge-betteten, alters- und geschlechtsgematchten Fall-Kontroll-Studie mit 192 inzidenten

(11)

Typ-2-Diabetesfällen und 382 Kontrollpersonen basieren. Die Beantwortung der weiteren Frage-stellungen soll geschlechtsstratifiziert anhand einer Studienpopulation im Kohortendesign mit den weiteren EPIC-Potsdam-Teilnehmern, d.h. mit 651 Typ-2-Diabetesfällen und 23948 nicht an Typ-2-Diabetes erkrankten Personen, erfolgen (s. Abbildung 1).

1.2

Typ-2-Diabetes

1.2.1 Pathophysiologie

Definition

Der Typ-2-Diabetes, früher als nicht-insulinabhängiger Diabetes bezeichnet, manifestiert sich, wenn die Insulinproduktion der pankreatischen β-Zellen die Insulinresistenz des peri-pheren Gewebes (d.h. von Leber, Muskel- und Fettgewebe) nicht kompensieren kann [16-18]. Folglich ist das Krankheitsbild des Typ-2-Diabetes durch einen relativen Insulinmangel und chronisch erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) gekennzeichnet [19].

Diagnose

Zur Diagnose eines Diabetes mellitus werden die in Tabelle 1 aufgeführten Kriterien heran-gezogen. Dementsprechend kann ab bestimmten Plasmakonzentrationen von Glukose, die zu einem zufälligen Zeitpunkt, im Nüchternzustand bzw. nach erfolgtem oralen Glukosetole-ranztest gemessen wurden, ein manifester Diabetes diagnostiziert werden [16]. In Tabelle 1 ist weiterhin dargestellt, dass im Nüchternzustand bzw. mittels oralem Glukosetoleranz-test gemessene Glukosekonzentrationen, die zwar erhöht sind, jedoch unterhalb der Diag-nosegrenze von Diabetes liegen, in den Bereich einer gestörten Nüchtern-Glukose bzw. ei-ner verminderten Glukosetoleranz einzuordnen sind. Personen mit solchen Glukosewerten befinden sich in einer prädiabetischen Situation und besitzen im Vergleich zu Personen mit normalen Glukosewerten ein höheres Risiko einen Diabetes zu entwickeln [16, 18].

Tabelle 1: Diagnosekriterien für Diabetes mellitus und prädiabetische Stadien

Diagnosezeitpunkt Diagnosekriterium Diagnose

Zufällig

Symptome des Diabetes (Polyurie, Poly-dipsie, unerklärbarer Gewichtsverlust) und

Plasmaglukosekonzentration (venös) ≥ 200 mg/dl (≥ 11.1 mmol/l)

Diabetes mellitus1

Plasmaglukosekonzentration (venös)

≥ 126 mg/dl (≥ 7.0 mmol/l) Diabetes mellitus

1

Im nüchternen Zustand

(≥ 8 h ohne Energieaufnahme) Plasmaglukosekonzentration (venös) 100 – 125 mg/dl (5.6 – 6.9 mmol/l)

Gestörte Nüchtern-Glukose (IFG: impaired fasting glucose) Plasmaglukosekonzentration (venös)

≥ 200 mg/dl (≥ 11.1 mmol/l) Diabetes mellitus

1

Nach oralem Glukosetoleranztest

(2 h nach Gabe von 75 g Glukose) Plasmaglukosekonzentration (venös) 140 – 199 mg/dl (7.8 – 11.0 mmol/l)

Verminderte Glukosetoleranz (IGT: impaired glucose tolerance)

Angelehnt an: American Diabetes Association 2006 [16] und Icks et al. 2005 [20].

(12)

Klassifikation

Der Typ-2-Diabetes kann ätiologisch von anderen Diabetesformen abgegrenzt werden. So beruht der Typ-2-Diabetes auf einer Interaktion von genetischen und umweltbedingten Fak-toren, die zu einer Insulinresistenz in Kombination mit einem relativen Insulinmangel führt. Der Typ-2-Diabetes manifestiert sich in der Regel erst im höheren Lebensalter, wird jedoch zunehmend in jüngeren Altersbereichen beobachtet und umfasst zwischen 80% und 95% aller Diabeteskranken. Dagegen liegt bei dem Typ-1-Diabetes aufgrund einer immunolo-gisch vermittelten oder idiopathischen Zerstörung der β-Zellen meist ein absoluter Insulin-mangel vor. Der Typ-1-Diabetes wurde deshalb früher als insulin-abhängiger Diabetes be-zeichnet. Von dem vorwiegend im Kindes- und Jugendalter auftretenden Typ-1-Diabetes sind etwa 5% der an Diabetes Erkrankten betroffen. Bei weiteren 5% bis 15% und meist älteren Diabetikern wird ein sogenannter latenter autoimmuner Diabetes adulter Personen (LADA), d.h. ein verzögert aufgetretener Typ-1-Diabetes, angenommen. Ein weiterer Diabe-testyp ist der Gestationsdiabetes, der durch erstmals während der Schwangerschaft aufge-tretene oder diagnostizierte erhöhte Glukosewerte gekennzeichnet ist und je nach Populati-on weniger als 1% bis 20% der Schwangeren betrifft. Die weiteren und eher selten auftre-tenden Diabetesformen werden als „andere spezifische Diabetestypen“ zusammengefasst und basieren auf genetischen Defekten (der β-Zellfunktion, der Insulinwirkung u.a.), Er-krankungen des exokrinen Pankreas, Endokrinopathien, Medikamenteneinnahme oder In-fektionen [16, 20, 21].

Akute und Langzeitkomplikationen

Der Typ-2-Diabetes kann von Akutkomplikationen begleitet sein und verschiedene Folgeer-krankungen nach sich ziehen. Zu den Akutkomplikationen gehören das mit hohen Glukose-konzentrationen und Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt verbundene hy-perglykämische Koma und die bei medikamentös behandelten Typ-2-Diabetikern mögli-cherweise auftretende Hypoglykämie. Beide Komplikationen können zum Schockzustand und sogar zum Tod führen, kommen jedoch sehr selten vor [20]. Weitaus häufiger treten die als Mikroangiopathien (Retinopathie bis hin zur Erblindung, Nephropathie bis hin zu Nie-renversagen, Neuropathie bis hin zu Fußamputationen) und Makroangiopathien (koronare Herzkrankheit, zerebrovaskuläre Insuffizienz, periphere arterielle Verschlusskrankheit) be-zeichneten Folgeerkrankungen des Typ-2-Diabetes auf [5-7, 22, 23]. Diese können zur er-heblichen Verminderung der Lebensqualität und zur Verkürzung der Lebenserwartung bei-tragen [3, 5, 20, 22, 24, 25].

1.2.2 Public Health-Relevanz

Prävalenz und zeitlicher Trend

Es wird erwartet, dass die Zahl der weltweit an Diabetes Erkrankten von 171 Millionen im Jahre 2000 auf 366 Millionen im Jahre 2030 ansteigen wird. Das entspricht einer Zunahme der Diabetesprävalenz von 2.8% auf 4.4% [4]. Obwohl die entwickelten Länder über den

(13)

gesamten Zeitraum eine höhere durchschnittliche Prävalenzrate aufweisen werden als die sich entwickelnden Länder, wird der größte Anstieg in der Prävalenz des Diabetes in den sich entwickelnden Ländern zu beobachten sein [4, 26]. Je nach Population und geographi-scher Region kann die Diabetesprävalenz dabei stark variieren [1].

In Deutschland sind entsprechend von selbstanamnestischen Angaben im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 5.6% der Frauen und 4.7% der Männer in der 18- bis 79-jährigen Bevölkerung von einem Diabetes mellitus betroffen [27]. Während zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr mehr Männer als Frauen an Diabetes erkrankten, kehrte sich das Verhältnis danach um [27]. Die Diabetesprävalenz stieg zudem bei beiden Geschlechtern mit zuneh-mendem Alter deutlich an (bis auf 19.4% bei den Frauen, 13.0% bei den Männern), war in den neuen Bundesländern höher als in den alten Ländern (6.9% vs. 5.2% bei den Frauen, 6.5% vs. 4.3% bei den Männern) und nahm mit schlechterer sozialer Lage zu (Oberschicht: 1.6% bei den Frauen, 2.5% bei den Männern; Unterschicht: 8.5% bei den Frauen, 5.6% bei den Männern) [27, 28]. Unberücksichtigt in Bezug auf die genannten Prävalenzangaben bleiben Personen mit einem unentdeckten Diabetes, deren Anteil in der Bevölkerung mögli-cherweise ähnlich hoch ist wie der Anteil an Personen mit einem bekannten Diabetes [29]. Für die Diabetesinzidenz liegen in Deutschland für die letzten Jahre keine populationsbasier-ten Dapopulationsbasier-ten vor. Die Ergebnisse bevölkerungsbezogener Surveys lassen jedoch zumindest nicht auf eine Zunahme der altersspezifischen Häufigkeit des bekannten Diabetes während der letzten zwei Jahrzehnte in Deutschland schließen [27, 30]. Dennoch ist aufgrund des zunehmenden Anteils der älteren Bevölkerung in Deutschland ein Anstieg in der Ge-samtprävalenz des Diabetes mellitus anzunehmen [31]. Diese Vermutung kann durch neu-este Ergebnisse der telefonischen Gesundheitssurveys von September 2002 bis März 2003 (GSTel03) und von September 2003 bis März 2004 (GSTel04) in der erwachsenen deutsch-sprachigen Bevölkerung Deutschlands bestätigt werden. Demnach stieg die Prävalenz des Diabetes (ausschließlich Gestationsdiabetes) für den Zeitraum des GSTel03 auf 6.1% bei den Frauen und 5.4% bei den Männern [32] und für den Zeitraum des GSTel04 auf 6.3% bei den Frauen und 7.1% bei den Männern [33] an.

Kosten

Die mit dem Typ-2-Diabetes häufig verbundenen mikro- und makrovaskulären Langzeit-komplikationen führen bei den Betroffenen nicht nur zu einer Verminderung der Lebensqua-lität und der Lebens- und Erwerbstätigkeitsjahre, sondern auch zu einer erhöhten Inan-spruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen [3, 7]. Das statistische Bundesamt führte für das Jahr 2002 1.6% aller verlorenen Lebensjahre und 0.7% aller verlorenen Er-werbstätigkeitsjahre auf den Diabetes mellitus zurück [34]. Angaben über die indirekten Kosten (intangible Kosten durch Verlust an Lebensqualität, Ressourcenverlust durch verlo-rene Erwerbstätigkeitsjahre etc.) konnten für Deutschland nicht gefunden werden, im ang-loamerikanischen Raum werden diese jedoch etwa ähnlich hoch wie die direkten Kosten

(14)

geschätzt [35, 36]. Die für Deutschland berechneten direkten Kosten bezüglich Diabetes mellitus (Ressourcenverbrauch durch ambulante und stationäre Versorgung, Rehabilitati-onsmaßnahmen etc.) variieren je nach angewandtem Kalkulationsansatz. Von den gesam-ten Gesundheitsausgaben des Jahres 2002 ordnete das statistische Bundesamt 2.3%, d.h. 5.1 Milliarden Euro, dem Diabetes mellitus als direkte Kosten zu (top-down Ansatz) [37]. In der Costs of Diabetes in Europe-Type 2 (CODE-2)-Studie wurden die allein auf Typ-2-Diabetes in Deutschland zurückzuführenden direkten Kosten für das Jahr 1998 dagegen basierend auf den Ausgaben einer Stichprobe von Typ-2-Diabetikern auf 16 Milliarden Euro geschätzt (buttom-up Ansatz) [38]. Die weltweit in einem Jahr durch Diabetes mellitus her-vorgerufenen direkten Kosten betrugen aufgrund von Schätzungen im Jahre 2003 zwischen 153 und 282 Milliarden Dollar [36].

Prävention

Die hohe und weltweit zunehmende Prävalenz des Typ-2-Diabetes sowie die Lebensqualität mindernden und kostenintensiven Folgeerkrankungen stellen sowohl für den Betroffenen als auch für das gesamte Gesundheitssystem eine hohe Belastung dar und unterstreichen die Notwendigkeit für Präventionsmaßnahmen. Obwohl für die Entstehung des Typ-2-Diabetes die genetische Prädisposition eine wichtige Rolle spielt [39], wurde der größte Anstieg in der Diabetesprävalenz in Gesellschaften beobachtet, in denen grundlegende Veränderungen des Lebensstils aufgetreten sind [1, 2, 5, 19, 40-42]. Dazu gehört v.a. ein verändertes, am westlichen Lebensstil orientiertes Ernährungsverhalten und eine abnehmende körperliche Aktivität, die als Folge zu einem Anstieg des Übergewichts in der Bevölkerung führen. Die Basis für eine wirksame Umsetzung der Diabetesprävention bietet deshalb eine Lebensstil-modifikation. Interventionsstudien, in denen durch eine veränderte Ernährungsweise allein [43] oder in Kombination mit einer erhöhten körperlichen Aktivität [44, 45] eine deutliche Verminderung des Risikos für Typ-2-Diabetes erreicht werden konnte (s. Kapitel 1.3.3), be-legen das hohe Präventionspotenzial.

1.3

Zusammenhang zwischen Ernährung und Typ-2-Diabetes

1.3.1 Nährstoffe

Der traditionelle Ansatz, Beziehungen zwischen der Ernährung und dem Auftreten von Er-krankungen zu untersuchen, ist die Fokussierung auf einzelne Komponenten der Ernährung wie spezielle Nährstoffe oder Lebensmittel. Tabelle 2 gibt einen Überblick über einzelne Er-nährungskomponenten, von denen entsprechend der World Health Organization (WHO) und der amerikanischen Food and Agriculture Organization (FAO) mit unterschiedlichem Evi-denzgrad eine Beziehung zum Risiko für Typ-2-Diabetes vermutet wird [40].

So existieren zahlreiche und zum Teil kontroverse Ergebnisse bezüglich der Assoziation der Quantität und Qualität von Fett und Kohlenhydraten mit der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes [3, 46-48]. Nach Einschätzung der WHO/FAO kann lediglich den gesättigten Fett-säuren und den Nicht-Stärke Polysacchariden ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit

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Typ-2-Diabetes zugeordnet werden. Für andere Fettsäurearten, der Gesamtfettaufnahme und dem glykämischen Index wird dagegen ein möglicher Einfluss auf das Diabetesrisiko ange-nommen. Weiterhin wurden in experimentellen und epidemiologischen Studien Beziehungen zwischen dem Alkoholkonsum [49] sowie der Aufnahme einzelner Mineralstoffe, Spuren-elemente und Vitamine [50] mit dem Erkrankungsrisiko untersucht. Die Hinweise zu Assozi-ationen einiger dieser Ernährungsfaktoren (Alkohol, Magnesium, Chrom, Vitamin E) mit Typ-2-Diabetes wurden jedoch von der Expertengruppe der WHO/FAO als unzureichend eingestuft. Keiner einzelnen Komponente der Ernährung wurde eine überzeugende Evidenz hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit dem Diabetesrisiko zugeschrieben.

Tabelle 2: Evidenz für einzelne Ernährungskomponenten als Einflussfaktoren auf das Risiko für Typ-2-Diabetes (nach WHO/FAO 2003)

Evidenz Ernährungskomponente Diabetesrisiko Gesättigte Fettsäuren ↑ Wahrscheinlich Nicht-Stärke Polysaccharide ↓ Trans-Fettsäuren ↑ Gesamtfett ↑ ω-3-Fettsäuren ↓ Möglich

Geringer glykämischer Index ↓ Übermäßiger Alkoholkonsum ↑ Moderater Alkoholkonsum ↓ Magnesium ↓ Chrom ↓ Unzureichend Vitamin E ↓

Angelehnt an: WHO/FAO 2003 [40].

Fette

Resultate epidemiologischer Beobachtungsstudien zeigen, dass eine hohe Aufnahme von gesättigten Fettsäuren mit erhöhten Blutspiegeln von Glukose [51] und Nüchtern-Insulin [52] sowie mit einer verminderten Glukosetoleranz [53, 54] assoziiert ist. Des Weite-ren konnte ein Zusammenhang von erhöhten Proportionen gesättigter FettsäuWeite-ren in Blutli-piden bzw. MuskelphospholiBlutli-piden mit erhöhten Nüchtern-Insulinspiegeln [55], einer ver-minderten Insulinsensitivität [56] und einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes aufgezeigt werden [57, 58]. In einer Kohortenstudie wurde jedoch der nach Adjustierung für Alter und Body Mass Index (BMI) beobachtete signifikante Effekt gesättigter Fettsäuren auf das Dia-betesrisiko nach Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren des Typ-2-Diabetes und anderer Fettsäurearten stark abgeschwächt [59]. Interventionsstudien belegen, dass ein Austausch ungesättigter durch gesättigte Fettsäuren in der Ernährung zu einer Verminderung der Glu-kosetoleranz [60] und der Insulinsensitivität [61, 62] führt.

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Bei einem höheren prozentualen Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren in Muskelphospo-lipiden wurde gleichzeitig eine erhöhte Insulinsensitivität beobachtet [63, 64]. Eine hohe Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren bzw. ein hohes Verhältnis der Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren zur Aufnahme gesättigter Fettsäuren konnte in einigen epidemiologischen Studien zudem mit einem geringeren Diabetesrisiko assoziiert werden [59, 65]. Für eine hohe Aufnahme der mehrfach ungesättigten, langkettigen ω-3-Fettsäuren wird eine niedrigere Prävalenz von Glukoseintoleranz und Typ-2-Diabetes sowie eine verzö-gerte Entwicklung eines Typ-2-Diabetes bei vorliegender Insulinresistenz diskutiert [66]. In einer Interventionsstudie zeigte die Supplementierung der Diät mit marinen ω-3-Fettsäuren jedoch keinen Effekt auf die Insulinsensitivität [61]. Zudem lag in einer Kohortenstudie be-züglich der Diabetesinzidenz zwar ein inverser Zusammenhang mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, jedoch ein direkter Zusammenhang mit ω-3-Fettsäuren vor [67].

Trans-Fettsäuren besitzen möglicherweise eine nachteilige Wirkung auf den Glukose-metabolismus und die Insulinsensitivität [46]. Weiterhin konnten einige Kohortenstudien bei zunehmender Aufnahme von trans-Fettsäuren eine Erhöhung des Risikos für Typ-2-Diabetes beobachten [59, 68]. In weiteren Kohortenstudien verlor diese direkte Beziehung nach Berücksichtigung weiterer Ernährungsfaktoren und anthropometrischer Variablen je-doch an Signifikanz [67, 69].

Die Fettqualität scheint entsprechend einer Interventionsstudie bei einer hohen Gesamtfett-aufnahme (≥ 37% der EnergieGesamtfett-aufnahme) keine wesentliche Rolle mehr für die Insulinsensi-tivität zu spielen [61]. Dieses Resultat steht in Übereinstimmung mit Hinweisen aus ver-schiedenen Beobachtungsstudien, die bei einer hohen Aufnahme von Fetten insgesamt ho-he Nüchtern-Insulinwerte [70], eine verminderte Insulinsensitivität [71] sowie ein erhöhtes Risiko für eine verminderte Glukosetoleranz [72] und Typ-2-Diabetes [73] feststellten. Wie-derum konnte die direkte Beziehung zwischen der Gesamtfettaufnahme und dem Diabetes-risiko nach multivariater Adjustierung in mehreren Kohortenstudien nicht bestätigt werden [59, 67, 69].

Kohlenhydrate

Die Kohortenstudien Nurses Health Study (NHS), NHS II, Iowa Women´s Health Study und Health Professionals Follow-up Study (HPFS) konnten jeweils eine inverse Beziehung von Nicht-Stärke Polysacchariden bzw. Ballaststoffen1 und dem Risiko für Typ-2-Diabetes

beo-bachten [68, 75-78]. Dieser protektive Effekt der Ballaststoffe basiert vermutlich auf deren günstigem Einfluss auf die Plasmakonzentration von Glukose und Insulin [79]. Da sich die vorteilhafte Wirkung in den genannten Kohortenstudien auf unlösliche Ballaststoffe, v.a. aus Getreideprodukten, in Interventionsstudien dagegen eher auf lösliche Formen der

1 Laut Definition umfassen Ballaststoffe neben den Nicht-Stärke Polysacchariden (Cellulose, Hemicellulose, Pektine, β-Glukane)

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stoffe bezieht [80], wurde den Nicht-Stärke Polysacchariden entsprechend der WHO/FAO keine überzeugende, sondern eine wahrscheinliche Rolle in Zusammenhang mit der Ent-wicklung eines Typ-2-Diabetes zugeordnet.

Dem glykämischen Index2, der den Konzentrationsanstieg von Glukose im Blut nach

Auf-nahme einer definierten Kohlenhydratmenge eines Lebensmittels widerspiegelt, wird eine mögliche Beziehung zum Diabetesrisiko zugeschrieben [40]. So konnte in mehreren Kohor-tenstudien bei einer Ernährungsweise mit einem geringeren glykämischen Index [75, 76, 78, 83] bzw. mit einer geringeren glykämischen Last3 [68, 75] ein niedrigeres Risiko für

Typ-2-Diabetes ermittelt werden. Die direkte Beziehung des glykämischen Index bzw. der glykämischen Last zum Diabetesrisko konnte jedoch nicht in allen prospektiven Studien bzw. nur in bestimmten, durch anthropometrische Parameter definierten Strata bestätigt werden [77, 84, 85]. Entsprechend randomisierter klinischer Studien resultiert eine Ernäh-rung mit einem geringen glykämischen Index in niedrigeren Nüchtern- und postprandialen Glukosekonzentrationen im Blut [86, 87] sowie einer verbesserten glykämischen Kontrolle [88] als eine Ernährung mit einem höheren glykämischen Index.

Alkohol

Von dem akuten und chronischen Alkoholkonsum gehen vermutlich unterschiedlich gerich-tete Assoziationen mit der Insulinresistenz bzw. der Diabetesinzidenz aus [49]. So induziert die akute Alkoholaufnahme entsprechend einiger experimenteller Studien einen Zustand der Insulinresistenz [89-91]. Dagegen zeigen zahlreiche epidemiologische Beobachtungsstudien – allerdings mit Ausnahmen [92, 93] – dass ein regelmäßiger Konsum von geringen bis mo-deraten Mengen Alkohol auch nach Berücksichtigung weiterer Faktoren mit geringeren Blut-konzentrationen von Nüchtern-Insulin bzw. Insulin nach oraler Glukoseaufnahme einher-geht als bei Abstinenz [94-99]. In einer Studie war zudem ein zunehmender Alkoholkonsum bis zu 100 g und mehr pro Tag mit einem kontinuierlich abnehmenden Insulinspiegel ver-bunden [100]. Eine Metaanalyse, die Daten von insgesamt 15 prospektiven Studien ein-schloss, konnte für eine regelmäßig moderate Alkoholaufnahme im Bereich von durch-schnittlich 12 bis 24 g täglich die geringste Diabetesinzidenz aufzeigen. Generell wurde eine U-förmige Beziehung zwischen der konsumierten Alkoholmenge und dem Risiko für Typ-2-Diabetes beobachtet [101].

Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine

Für den Mineralstoff Magnesium konnte in der NHS, der Iowa Women´s Health Study und der HPFS [77, 102, 103], jedoch nicht in der Atherosclerosis Risk in Communities Study

2 Der glykämische Index, von Jenkins et al. [81] eingeführt, beschreibt das Ausmaß des Anstiegs (d.h. die Fläche unter der

Kurve) der Glukosekonzentration im Blut für die Aufnahme einer Standardmenge (meist 50 g) von Kohlenhydraten eines Le-bensmittels im Vergleich zur gleichen Kohlenhydratmenge eines ReferenzleLe-bensmittels (meist Weißbrot oder Glukose) [82].

3 Die glykämische Last berücksichtigt im Vergleich zum glykämischen Index zusätzlich die Menge der Kohlenhydrate der

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[104], eine inverse Beziehung zum Diabetesrisiko ermittelt werden. In der Melbourne Colla-borative Cohort Study wurde die beobachtete inverse Assoziation der Magnesiumaufnahme zum Diabetesrisiko nach Adjustierung für die anthropometrischen Größen BMI und Waist-to-Hip Ratio (WHR) abgeschwächt [83]. Resultate einer Querschnittsuntersuchung und vor-liegender Interventionsstudien weisen darauf hin, dass ein vermindertes Risiko bei einer hohen Magnesiumaufnahme durch eine höhere Insulinsensitivität vermittelt werden könnte [105, 106].

Dreiwertiges Chrom ist als Bestandteil des Glukosetoleranzfaktors (einem Kofaktor von In-sulin) ein für den Glukosemetabolismus essenzielles Spurenelement [107]. Während einige Interventionsstudien bei einer Supplementierung der Diät mit Chrom günstigere Nüchtern- und postprandiale Konzentrationen von Glukose bzw. Insulin feststellten [108], konnten diese Effekte durch Ergebnisse anderer Interventionsstudien [107] sowie einer Metaanaly-se, die auf Daten von 15 randomisierten klinischen Studien basierte, nicht bestätigt werden [109].

Für das Antioxidans α-Tocopherol (Vitamin E) existieren Hinweise auf eine vorteilhafte Wir-kung auf die Nüchtern-Glukosekonzentration bei Verabreichung in hohen Dosen als Supp-lement [110, 111] und auf die Diabetesinzidenz bei Vergleich von Probanden mit niedrigen und hohen Aufnahmemengen [112]. Die Evidenz für einen Zusammenhang von α-Toco-pherol – und weiteren Antioxidanzien wie Ascorbinsäure (Vitamin C), β-Carotin (Provitamin A) und α-Liponsäure (Thioctsäure), dem Mineralstoff Kalzium und anderer diskutierter Sub-stanzen wie Zimt – mit der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes ist aufgrund inkonsistenter Ergebnisse aus klinischen Studien und fehlender bzw. ungenügender Studien mit Berück-sichtigung der Langzeitexposition dieser Nährstoffe unzureichend [50, 107].

1.3.2 Lebensmittel

Neben den aufgeführten Hinweisen auf eine potenzielle Rolle einiger Nährstoffe in Bezug auf die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes existieren Resultate, die auf eine Beziehung ein-zelner Lebensmittel bzw. Lebensmittelgruppen zum Diabetesrisiko hindeuten. Die Resultate stammen dabei meist aus Kohortenstudien und seltener aus Interventionsstudien.

Wurstwaren und Fleisch

Für einen hohen Verzehr von Wurstwaren wird basierend auf Daten mehrerer Kohortenstu-dien ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes beschrieben [11, 69, 113, 114]. Die beobachte-te Beziehung war unabhängig von pobeobachte-tenziellen nicht-nutritiven und einigen nutritiven Risi-kofaktoren des Typ-2-Diabetes, zeigte jedoch in einer der Studien bei zusätzlicher Berück-sichtigung der Aufnahme von Fettsäuren und Cholesterol – zwei reichlich in Wurstwaren enthaltenen Nutrienten – keine statistische Signifikanz mehr [69]. Zudem weisen Kohorten-studien auf eine direkte Beziehung des Verzehrs von rotem Fleisch zum Diabetesrisiko hin

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[11, 113, 114]. Diese Assoziation wurde in einer Untersuchung wiederum durch die Einbe-ziehung der Fettsäure- und Cholesterolaufnahme abgeschwächt [113].

Getreideprodukte, Obst und Gemüse

Ballaststoffreiche, gering verarbeitete Getreideprodukte wirken sich vermutlich im Gegen-satz zu gemahlenen Getreideprodukten vorteilhaft auf die Insulinresistenz und das Diabe-tesrisiko aus [46, 47, 82]. In einer Querschnittstudie wurde eine inverse Beziehung von Vollkorngetreideprodukten zur Insulinresistenz beobachtet, die jedoch nach Berücksichtigen der potenziell mit Diabetes assoziierten Ernährungskomponenten Ballaststoffe und Magne-sium abgeschwächt wurde [115]. In Kohortenstudien konnte ein inverser Zusammenhang zwischen Vollkorngetreide und dem Diabetesrisiko ermittelt werden [116-118]. Dieser Zu-sammenhang war mit einer Ausnahme [117] wiederum auf die Aufnahme von Ballaststof-fen, Magnesium und anderen in Vollkorngetreide enthaltenen Nährstoffen zurückzuführen [116, 118]. Umgekehrt konnte in einer weiteren Kohortenstudie eine direkte Beziehung von hellem Brot zum Diabetesrisiko beobachtet werden [83].

In Bezug auf Obst und Gemüse insgesamt, ebenfalls reich an Ballaststoffen, wurde in der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) Epidemiologic Follow-up Study eine inverse Assoziation zur Diabetesinzidenz beobachtet. Dieser Zusammenhang war be-sonderes bei den weiblichen Teilnehmern der Studie ausgeprägt [119]. Dagegen konnte für Frauen der Iowa Women´s Health Study und der NHS keine Assoziation für Obst und Ge-müse insgesamt oder separat betrachtet mit Typ-2-Diabetes festgestellt werden [77, 120]. In einer prospektiven finnischen Studie konnte für Obst bzw. Gemüse ebenfalls kein Zu-sammenhang mit Typ-2-Diabetes ermittelt werden, jedoch waren Obst und Beeren insge-samt bzw. grünes Gemüse allein invers mit dem Diabetesrisiko assoziiert [121].

Nüsse und Milchprodukte

Kohortenstudien liefern vereinzelte Hinweise auf einen vorteilhaften Effekt von Nüssen und Milchprodukten hinsichtlich der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes. So war in der NHS der regelmäßige Verzehr von Nüssen auch nach Adjustierung für bekannte nicht-nutritive Risi-kofaktoren und die in Nüssen enthaltenen ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffe und Mag-nesium mit einem reduzierten Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert [122]. Milchprodukte wiesen bei Übergewichtigen der Studie Coronary Artery Risk Development in Young Adults unabhängig von anderen Ernährungsfaktoren eine inverse Beziehung zu einer gestörten Glukosehomöostase und weiteren Komponenten des Insulinresistenz-Syndroms4 auf [123].

4 Komponenten des Insulinresistenz-Syndroms (auch als metabolisches Syndrom bekannt) hier definiert als gestörte

Glukose-homöostase (Nüchtern-Plasmainsulin ≥ 20 µU/mL, Nüchtern-Plasmaglukose ≥ 110 mg/dL oder Antidiabetika), Adipositas (≥ 30 kg/m2 oder WHR ≥ 0.85 für Frauen bzw. 0.90 für Männer), Hypertonie (≥ 130/85 mmHg oder Antihypertensiva) und

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Getränke

Eine Metaanalyse, die Daten von sechs Querschnittsuntersuchungen und neun Kohorten-studien einbezog, wies auf eine inverse Beziehung zwischen einem regelmäßigen Kaffee-konsum und dem Vorliegen einer Hyperglykämie bzw. dem Risiko für Typ-2-Diabetes hin [124]. Für den vorteilhaften Effekt von Kaffee spielt möglicherweise das Koffein eine wichti-ge Rolle [125-128]. Da in verschiedenen Kohorten auch für entkoffeinierten Kaffee ein ten-denziell niedrigeres Diabetesrisiko beobachtet wurde [129-131], sind vermutlich weitere Komponenten des Kaffees wie z.B. der Gehalt an Chlorogensäure [132] und Magnesium [133] sowie die von Kaffee ausgehende antioxidative Kapazität [134, 135] von Relevanz. Einer Kohortenstudie zufolge kann eine direkte Beziehung von mit Zucker gesüßten Soft-getränken und FruchtsaftSoft-getränken mit dem Diabetesrisiko angenommen werden [136]. Wichtige Aspekte in der Vermittlung der Beziehung sind v.a. der eine Gewichtszunahme fördernde hohe Kaloriengehalt [137, 138] und die in einem Anstieg der Blutglukose- und Insulinkonzentration resultierenden schnell verfügbaren Kohlenhydrate dieser Getränke [139-141].

Resultate epidemiologischer Studien, die den Effekt verschiedener alkoholischer Getränke auf das Diabetesrisiko in ihre Untersuchungen einbezogen, weisen keine Konsistenz auf. So war in der NHS II die inverse Assoziation eines geringen bis moderaten Alkoholkonsums mit dem Diabetesrisiko im Vergleich zur Abstinenz am stärksten bei Frauen mit einem regelmä-ßigen Bier- bzw. Weinkonsum ausgeprägt. Ein hoher Konsum von Spirituosen erhöhte da-gegen das Diabetesrisiko [142]. Auch in der Atherosclerosis Risk in Communities Study war das bei Männern beobachtete erhöhte Diabetesrisiko bei regelmäßiger hoher Alkoholauf-nahme v.a. auf das Trinken von Spirituosen zurückzuführen. Die AufAlkoholauf-nahme von Bier bzw. Wein zeigte dagegen keine Beziehung zur Diabetesinzidenz [143]. Ergebnisse der HPFS weisen wiederum bei einer moderaten im Vergleich zu keiner oder einer geringen Alkohol-aufnahme auf ein reduziertes Diabetesrisiko, das für Bier, Spirituosen und Weißwein in etwa vergleichbar war, hin. Rotwein zeigte keine Beziehung zum Diabetesrisiko. Nach Adjustie-rung für die Alkoholaufnahme wurde auch der Zusammenhang von Bier, Spirituosen und Weißwein mit Typ-2-Diabetes abgeschwächt [144]. Als zugrunde liegender Mechanismus für einen möglichen protektiven Effekt alkoholischer Getränke kann entsprechend einer Querschnittstudie u.a. deren inverse Beziehung zu den diabetesassoziierten Biomarkern Insulin (für Wein, Bier) und C-reaktives Protein (CRP; für Wein) sowie deren direkte Bezie-hung zu High-Density-Lipoprotein (HDL)-Cholesterol (für Wein, Bier, Spirituosen) spekuliert werden [145]. Jedoch waren die beobachteten Effekte alkoholischer Getränke auf diabetes-assoziierte Biomarker in weiteren Studien v.a. auf den Alkoholgehalt zurückzuführen [146-148]. Als potenzielle diabetogene Effekte alkoholischer Getränke werden u.a. deren Beitrag zu einer erhöhten Energieaufnahme [149-151], zu Störungen im Glukosemetabolismus [152-154] sowie zu einer verschlechterten Leberfunktion [155] diskutiert.

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1.3.3 Ernährungsmuster

Der bisher dominierende Ansatz zur Untersuchung der Assoziation der Ernährung mit dem Auftreten von Erkrankungen zielt auf die Betrachtung einzelner Ernährungskomponenten ab. Da sich die übliche Ernährungsweise jedoch durch die kombinierte Aufnahme mehrerer Ernährungskomponenten gleichzeitig auszeichnet, ist es schwierig, den Effekt einzelner Nährstoffe oder Lebensmittel auf das Erkrankungsrisiko separat zu interpretieren. So wur-den schon vor etwa 25 Jahren die ersten Analysen zu Ernährungsmustern in Zusammen-hang mit gesundheitsrelevanten Endpunkten publiziert [156, 157]. Darin wurden Ernäh-rungsmuster als „Lebensmittel, konsumiert in verschiedenen charakteristischen Kombinatio-nen“ definiert. Generell können Ernährungsmuster mehrere Nährstoffe, Lebensmittel oder Lebensmittelgruppen umfassen und damit Interaktionen und kumulative Effekte einzelner Ernährungskomponenten in Bezug auf das Erkrankungsrisiko berücksichtigen. Folglich fin-det in der Ernährungsepidemiologie die Betrachtung von Ernährungsmustern als ein alter-nativer und zur Untersuchung einzelner Ernährungskomponenten ergänzender Ansatz zur Erforschung der Beziehung zwischen Ernährung und Erkrankungen zunehmend ihre An-wendung.

Es existieren einige epidemiologische Beobachtungsstudien, die Ernährungsmuster in Bezug zu Typ-2-Diabetes oder diabetesassoziierten Biomarkern betrachtet haben. In einem ersten Schritt wurden die Ernährungsmuster mittels sogenannter hypothesenorientierter oder exploratorischer Methoden – Verfahren, die im Kapitel 1.4 näher erläutert werden – herge-leitet. Im nächsten Schritt konnten die generierten Ernährungsmuster hinsichtlich ihrer Be-ziehung zu Typ-2-Diabetes oder verschiedenen Biomarkern untersucht werden. Die Ergeb-nisse der einzelnen Studien werden im Folgenden beschrieben.

Ernährungsmuster und Typ-2-Diabetes

In der NHS wurde unter Berücksichtigung ernährungswissenschaftlicher Kenntnisse hypo-thesenorientiert ein sogenannter Qualitätsscore definiert, der die Kombination von vier Komponenten der Ernährung einbezog. Ein hoher Score war durch eine Ernährungsweise mit einer hohen Ballaststoffaufnahme aus Getreideprodukten, einem hohen Verhältnis der Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren zur Aufnahme gesättigter Fettsäuren, einer niedrigen Aufnahme von trans-Fettsäuren sowie einer niedrigen glykämischen Last charak-terisiert. Frauen, die sich durch einen hohen Score auszeichneten, besaßen im Vergleich zu solchen mit einem niedrigeren Score ein deutlich reduziertes Risiko für Typ-2-Diabetes [68]. Ein in ähnlicher Weise gebildeter Qualitätsscore, der in direktem Zusammenhang mit der Aufnahme von Ballaststoffen, Magnesium und Alkohohl sowie mit dem Verhältnis der Auf-nahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren zur AufAuf-nahme gesättigter Fettsäuren stand, zeig-te dagegen in einer eingebetzeig-tezeig-ten Fall-Kontroll-Studie der EPIC-Potsdam-Studie keine Asso-ziation zum Diabetesrisiko [15].

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Zudem gibt es Studien, die Ernährungsmuster aufgrund rein exploratorischer Verfahren, d.h. beruhend auf der vorliegenden Datenstruktur der speziellen Studienpopulation, herge-leitet und in Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes interpretiert haben. Diese Studien sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 3: Studien zu exploratorisch hergeleiteten Ernährungsmustern und Typ-2-Diabetes Erstautor, Jahr [Referenz] Studie, Studienpopulation Ernährungs- muster1 End- punkt(e) Wichtigste Ergebnisse2 Prospektive Kohortenstudien van Dam, 2002 [10]

Health Professionals Fol-low-up Study (HPFS, USA) 42504 Männer,

Alter 40 – 75 Jahre

2 Faktoren (aus 37 LM-Gruppen): 1. „Prudent“ 2. „Western“ T2D „Western“: T2D ↑ Fung, 2004 [11]

Nurses Health Study (NHS, USA) 69554 Frauen, Alter 38 – 63 Jahre

2 Faktoren (aus 36-38 LM-Gruppen): 1. „Prudent“ 2. „Western“ T2D „Western“: T2D ↑ Montonen, 2005 [12]

Finnish Mobile Clinic Health Examination Sur-vey (Finnland)

4304 Männer und Frauen, Alter 40 – 69 Jahre

2 Faktoren (aus 23 LM-Gruppen): 1. „Prudent“ 2. „Konservativ“ T2D „Prudent“: T2D ↓ „Konservativ“: T2D ↑ Querschnittsstudien Gittelsohn, 1998 [13]

Native Canadian Reserve (Kanada)

721 Personen, Alter ≥ 10 Jahre

7 Faktoren (aus 34 LM-Items): 1. „Gemüse“ 2. „Junk foods“ 3. „Bush foods“ 4. „Frühstück” 5. „Warme Gerichte” 6. „Teemahlzeit“ 7. „Brot und Butter“

T2D, IGT

„Junk foods“ und „Brot und But-ter“: je T2D ↑ „Gemüse“, „Frühstück“ und „Warme Gerich-te“: je IGT ↓ Williams, 2000 [14]

Isle of Ely Study (England) 802 Männer und Frauen, Alter 40 – 65 Jahre

4 Faktoren (aus 29 LM-Items): 1. „Gesunde, ausgewogene Kost“ 2. Kuchen, Kekse, Süßigkeiten, Wurzelgemüse, Kartoffeln 3. Grünes Gemüse, Wurzelgemüse, Kartoffeln, Schokolade, Desserts 4. Eier, Frittiertes, Wurst, Käse, Kekse

T2D „Gesunde, aus-gewogene Kost“: T2D ↓

1 Für Mustervariablen, denen von den Autoren keine Bezeichnung zugeordnet wurde, wurden die Lebensmittel mit den höchsten Faktorladungen

aufgelistet. 2 Nur statistisch signifikante Ergebnisse wurden dargestellt.

HDL-C = HDL-Cholesterol. IGT = Verminderte Glukosetoleranz. LM = Lebensmittel. T2D = Typ-2-Diabetes.

Drei der fünf dargestellten Studien sind im prospektiven Design angelegt und identifizierten jeweils ein als „prudent“ und ein als „western“ bzw. „konservativ“ bezeichnetes

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Ernäh-rungsmuster (entsprechend der Faktorenanalyse als Herleitungsverfahren auch Faktor ge-nannt) [10-12]. Ein hoher Score für das „prudent“ Muster war v.a. durch eine hohe Auf-nahme von Gemüse und Obst gekennzeichnet und in einer Studie mit einer reduzierten Di-abetesinzidenz assoziiert [12]. Hohe Werte für das „western“ Muster waren dagegen u.a. durch einen hohen Verzehr von rotem Fleisch und Wurstwaren und hohe Werte für das „konservative“ Muster v.a. durch einen hohen Konsum von Butter, Kartoffeln, Vollmilch und rotem Fleisch charakterisiert. Diese Muster wiesen in den drei entsprechenden Kohorten-studien eine direkte Beziehung zur Inzidenz von Typ-2-Diabetes auf [10-12]. In den zwei Querschnittsuntersuchungen wurden mehrere Muster hergeleitet, die von den Autoren teil-weise den charakteristischen Lebensmitteln entsprechend benannt wurden. Als vorteilhafte Ernährungsweisen hinsichtlich der Prävalenz von Typ-2-Diabetes bzw. der Glukosetoleranz stellten sich die „gesunde, ausgewogene Kost“ in der Isle of Ely Study [13] und die Fakto-ren „Gemüse“, „Frühstück“ und „warme Gerichte“ in der kanadischen Studie [14] heraus. Nachteilig auf die Diabetesprävalenz wirkten sich dagegen die Faktoren „Junk foods“ und „Brot und Butter“ in der kanadischen Studie aus [13].

Des Weiteren wurde in einer eingebetteten Fall-Kontroll-Studie der EPIC-Potsdam-Studie ein in Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes betrachtetes Ernährungsmuster anhand der RRR hergeleitet. Diese Methode vereint hypothesenorientierte und exploratorische Aspekte zur Generierung eines Ernährungsmusters und wird als wichtiger Bestandteil der vorliegenden Arbeit detailliert in Kapitel 1.4 erläutert. Ein hoher Score des identifizierten Musters war u.a. durch einen hohen Konsum von Vollkornbrot, Wein und Obst sowie einen geringen Konsum von Milchprodukten und Kaffee gekennzeichnet und mit einem reduzierten Diabetesrisiko assoziiert [15]. Ein erst kürzlich publiziertes, mittels RRR in einer eingebetteten Fall-Kontroll-Studie der NHS extrahiertes Muster war durch eine inverse Beziehung zu Wein, Kaffee, Kohlgemüse und gelben Gemüsearten sowie durch eine positive Beziehung zu zu-ckerreichen Softgetränken, kalorienarmen Softgetränken, verarbeiteten Getreideprodukten, Wurstwaren und verschiedenen Gemüsearten (außer Kohlgemüse, gelbem Gemüse, grü-nem Blattgemüse, Tomaten und Hülsenfrüchten) charakterisiert. Ein hoher Ernährungsmus-terscore war mit einem deutlich erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden [158]. Zudem existieren vereinzelte randomisierte klinische Studien, die Maßnahmen zu einer ver-änderten Ernährungsweise mit dem Ziel einer Reduzierung des Diabetesrisikos in ihre Inter-vention einschlossen. In der Da Qing-Studie mit 577 chinesischen Patienten mit verminder-ter Glukosetoleranz umfasste die Ernährungsinverminder-tervention für Patienten mit einem BMI < 25 kg/m2 eine Energieaufnahme von 25 bis 30 kcal pro Kilogramm Körpergewicht, eine

Fett-aufnahme von 25% bis 30% der Energiezufuhr, eine KohlenhydratFett-aufnahme von 55% bis 65% der Energiezufuhr sowie einen erhöhten Verzehr von Gemüse und einen verringerten Konsum von Einfachzuckern und Alkohol. Patienten mit einem höheren BMI erhielten indivi-duelle Ziele für die Energieaufnahme, den Verzehr von Getreideprodukten, Gemüse, Fleisch,

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Milch und Öl. Nach einer sechsjährigen Beobachtungszeit wies die Interventionsgruppe ein 31% geringeres Risiko einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln als die Kontrollgruppe auf [43]. In der Finnish Diabetes Prevention Study mit 522 übergewichtigen Patienten mit verminder-ter Glukosetoleranz schloss die Inverminder-tervention zur Gewichtsreduktion neben der Ernährungs-beratung auch Hinweise zur Erhöhung der körperlichen Aktivität ein. Die Ernährungsbera-tung zielte auf eine verminderte Aufnahme des Gesamtfettes (< 30% der Energiezufuhr) und der gesättigten Fettsäuren (< 10% der Energiezufuhr) und eine erhöhte Ballaststoff-aufnahme (≥ 15 g pro 1000 kcal) ab, was durch einen regelmäßigen Verzehr von Vollkorn-getreideprodukten, Gemüse, Obst, fettarmen Milch- und Fleischprodukten, ungehärteter Margarine und Pflanzenöl (reich an einfach ungesättigten Fettsäuren) erreicht werden soll-te. Nach 3.2 Jahren besaßen Probanden mit einer Intervention im Vergleich zu denen ohne eine Intervention eine Reduktion des Diabetesrisikos um 58% [44]. In dem multizentrischen Diabetes Prevention Program mit 3234 amerikanischen Patienten mit einer verminderten Glukosetoleranz wurde in der Interventionsgruppe nach 2.8 Jahren ein 58% geringeres Di-abetesrisiko als in der Kontrollgruppe beobachtet. Die Intervention beinhaltete eine Ge-wichtsreduktion mittels einer gesunden kalorien- und fettarmen Ernährung (angelehnt an die U.S.D.A. Food Guide Pyramid und mit < 25% der Energiezufuhr aus Fett) und einer ge-steigerten körperlichen Aktivität [45]. Da die Finnish Diabetes Prevention Study und das Diabetes Prevention Program auf einer Lebensstilintervention basierten und im Gegensatz zur Da Qing-Studie keine separate Ernährungsintervention durchführten, ist in diesen Stu-dien der Effekt der Ernährung nicht klar von dem der körperlichen Aktivität bzw. der Ge-wichtsabnahme abgrenzbar.

Ernährungsmuster und Typ-2-Diabetes assoziierte Biomarker

In der NHS wurden hypothesenorientiert, d.h. basierend auf Ernährungsempfehlungen bzw. ernährungsphysiologischer Evidenz, die fünf Qualitätsscores „Healthy Eating Index” (HEI), „Alternate Healthy Eating Index” (AHEI), „Diet Quality Index Revised” (DQI-R), „Recom-mended Food Score” (RFS) und „alternate Mediterranean Diet Index“ (aMED) gebildet. Die-se Qualitätsscores wurden in Zusammenhang mit der Konzentration inflammatorischer Pa-rameter und Marker der endothelialen Dysfunktion, darunter das als Prädiktor des Typ-2-Diabetes postulierte CRP [159-162], betrachtet. Während die drei Scores HEI, DQI-R und RFS nach Adjustierung für Alter, BMI und verschiedene Lebensstilfaktoren keine Beziehung zur Konzentration aufwiesen, waren der AHEI und aMED invers mit der CRP-Konzentration assoziiert. Die beiden mit CRP assoziierten Scores fokussierten im Gegensatz zu den anderen Scores jeweils auf eine hohe Aufnahme von Vollkorngetreideprodukten und Nüssen, einen moderaten Alkoholkonsum, einen niedrigen Verzehr von rotem Fleisch und ein hohes Verhältnis der Aufnahme mehrfach bzw. einfach ungesättigter Fettsäuren zur Aufnahme gesättigter Fettsäuren [163].

(25)

Tabelle 4 zeigt bisher durchgeführte Studien, die explorativ hergeleitete Ernährungsmuster in Beziehung zu den Typ-2-Diabetes assoziierten Parametern Glukose, glykosyliertes Hä-moglobin (HbA1c), Insulin bzw. C-Peptid, HDL-Cholesterol und CRP untersucht haben. Die

durch die exploratorischen Methoden Clusteranalyse und Faktorenanalyse generierten Er-nährungsmuster werden als Cluster oder Faktoren bezeichnet (s. Kapitel 1.4.2). Lediglich eine der dargestellten Studien basierte auf einem prospektiven Design. Die 14 anderen auf-geführten Studien waren als Querschnittsuntersuchungen angelegt.

Vier der aufgeführten Studien untersuchten die Assoziation der hergeleiteten Ernährungs-muster mit der Glukosekonzentration im Blut [14, 164-166], die direkt zur Definition eines Typ-2-Diabetes herangezogen werden kann (s. Tabelle 1). Für die Frauen der prospektiven Studie und der EPIC-Malmö-Querschnittsstudie konnte keine Beziehung verschiedener Mus-ter zu den NüchMus-tern-Glukosespiegeln gefunden werden [164, 165]. Dagegen waren bei den Männern das Muster „viele Lebensmittel und Getränke“ der EPIC-Malmö-Studie und das Muster „kosmopolitisch“ der Monitoring Project on Risk Factors and Chronic Diseases (MORGEN) Study direkt mit der Glukosekonzentration im nüchternen bzw. nicht-nüchternen Zustand verbunden [165, 166]. Zudem konnte für beide Geschlechter jeweils eine direkte Beziehung des „traditionellen“ Musters der MORGEN Study zur nicht-nüchternen Glukose-konzentration sowie für beide Geschlechter zusammen eine inverse Assoziation der „gesun-den, ausgewogenen Kost“ und den zwei folgen„gesun-den, nicht näher bezeichneten Faktoren der Isle of Ely Study zur Nüchtern- oder 2-Stunden-Glukosekonzentration beobachtet werden [14, 166]. Während sich die direkt mit Glukose assoziierten Muster u.a. durch eine hohe Aufnahme von Fleisch und fettreichen Lebensmitteln auszeichneten, waren die Muster mit einer inversen Beziehung zu Glukose u.a. durch eine hohe Aufnahme von Obst bzw. ver-schiedener Gemüsearten charakterisiert.

Zwei weitere Studien betrachteten den Zusammenhang der Faktoren „western“ und „pru-dent“ bzw. „amerikanisch-gesund“ mit der HbA1c-Konzentration im Blut [167, 168], welche

die mittlere Blutglukosekonzentration über einen längeren Zeitraum widerspiegelt [169]. Die Resultate des NHANES III wiesen auf hohe HbA1c-Werte bei einem hohen Score des

„wes-tern“ Musters, charakterisiert durch einen hohen Konsum von Wurstwaren und rotem Fleisch, hin [168]. Dagegen konnte in der Querschnittsanalyse der HPFS keine signifikante Beziehung der Muster zu HbA1c ermittelt werden [167].

Die Assoziation der identifizierten Ernährungsmuster zu Insulin bzw. C-Peptid5 wurde in

ins-gesamt sechs der dargestellten Studien näher betrachtet [14, 165, 167, 168, 171, 172]. Es zeigte sich, dass das durch einen hohen Gemüse- und Obstverzehr charakterisierte „pru-dent“ Muster mit niedrigen Nüchtern-Insulinspiegel bzw. einer geringen Insulinresistenz assoziiert war [167, 172]. Geringe Nüchtern-Insulinwerte wurden zudem für hohe Scores

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der Muster „Milchfett“ (nur für Frauen) und „Wein“ (im Vergleich zu „low frequency eaters“ bzw. „Obst“) beobachtet. Entsprechend ihrer Benennung waren diese Ernährungsmuster durch einen hohen Konsum von Milchprodukten bzw. Wein gekennzeichnet [165, 171]. Des Weiteren konnte für einen durch hohe Aufnahmen von Kuchen, Süßigkeiten, Wurzelgemüse und Kartoffeln gekennzeichneten Faktor eine inverse Beziehung zur 2-Stunden-Insulinkonzentration beobachtet werden [14]. Dagegen war das sich durch eine hohe Auf-nahme von Wurstwaren und rotem Fleisch auszeichnende „western“ Muster direkt mit der Nüchtern-Konzentration von Insulin und C-Peptid verbunden [167, 168]. Eine direkte Bezie-hung zur Nüchtern-Insulinkonzentration bzw. zur Insulinresistenz zeigten zudem die Muster „Weißbrot“ (nur bei Frauen) bzw. „low frequency eaters“ (im Vergleich zu „Wein“ bzw. „Pommes frites“). Während das „Weißbrot“ Muster mit einer hohen Weißbrot- und Fleisch-aufnahme verbunden war, wiesen die „low frequency eaters“ die niedrigsten Aufnahme-mengen für verschiedene Lebensmittelgruppen auf [165, 171].

Fast alle der aufgeführten Studien untersuchten die Beziehung der hergeleiteten Ernäh-rungsmuster zur HDL-Cholesterolkonzentration [14, 164, 166-168, 173-178], die invers mit der Diabetesinzidenz assoziiert zu sein scheint [179-181]. In zwei dieser elf Studien konnte kein Zusammenhang der hergeleiteten Muster mit der HDL-Cholesterolkonzentration gefun-den wergefun-den [168, 173]. Eine positive Assoziation zu HDL-Cholesterol konnte für Muster, die u.a. durch einen höheren Alkoholkonsum charakterisierbar sind, beobachtet werden. Dazu gehören die als „Wein und moderates Essen“, „Alkohol“ und „französisch“ bezeichneten Cluster (jeweils im Vergleich zu allen anderen identifizierten Clustern) sowie die als „Protein und Alkohol“ und „Fertiggerichte“ bezeichneten Faktoren in sechs verschiedenen Studien [164, 174-178]. Auch durch eine Ernährungsweise mit viel Fleisch gekennzeichnete Muster zeigten eine positive Beziehung zur Konzentration von HDL-Cholesterol. Dazu zählen die in vier unterschiedlichen Studien generierten Muster „Fleisch und 2 Gemüsearten“ (nur für Männer), „Fleisch“ (im Vergleich zu „raffinierten Zuckerprodukten“), „western“ und „traditi-onell“ [166, 167, 174, 176]. In zwei Studien wurde zudem ein „kosmopolitischer“ Faktor, u.a. gekennzeichnet durch einen hohen Verzehr von Gemüse und Reis, und in einer Studie eine „gesunde, ausgewogene Kost“, charakterisiert durch einen hohen Gemüse- und Obst-konsum, hergeleitet, die ebenfalls direkt mit HDL-Cholesterol assoziiert waren [14, 166, 174]. Im Gegensatz dazu waren die sich durch energiereiche bzw. verarbeitete Lebensmit-tel auszeichnenden Muster „leere Kalorien“ (im Vergleich zu „herzgesünder“, „leichteres Essen“ bzw. „Wein und moderates Essen“), „verarbeitete Lebensmittel“ (nur für Männer), „Weißbrot“ (nur für Männer, im Vergleich zu allen anderen identifizierten Mustern) und „Sü-ßigkeiten“ invers mit HDL-Cholesterol korreliert [164, 166, 178].

Zudem wurde in drei Studien die CRP-Konzentration in Beziehung zu den hergeleiteten Fak-toren „western“ und „prudent“ bzw. „amerikanisch-gesund“ gesetzt [167, 168, 182]. Wäh-rend in der NHS das wurst- und fleischreiche „western“ Muster direkt mit CRP korrelierte,

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wies das obst- und gemüsereiche „prudent“ Muster eine inverse Assoziation zu CRP auf [182]. In zwei früheren Studien konnte jedoch kein Zusammenhang der hergeleiteten Mus-ter mit der CRP-Konzentration festgestellt werden [167, 168].

Es konnte keine Studie gefunden werden, in der ein exploratorisch hergeleitetes Ernäh-rungsmuster in Zusammenhang mit Adiponektin, das als protektiver Faktor hinsichtlich des Auftretens von Typ-2-Diabetes diskutiert wird [183], betrachtet wurde.

Tabelle 4: Studien zu exploratorisch hergeleiteten Ernährungsmustern und Typ-2-Diabetes assoziierten Biomarkern

Erstautor, Jahr [Referenz] Studie, Studienpopulation Ernährungs- muster1, End- punkt(e) Wichtigste Ergebnisse2 Prospektive Kohortenstudien Sonnen-berg, 2005 [164] Framingham Offspring-Spouse Study (USA) 1533 Frauen, Alter 18 – 76 Jahre

5 Cluster (aus 38 LM-Gruppen): 1. „Herzgesünder“

2. „Leichteres Essen“

3. „Wein und moderates Essen“ 4. „Fettreicher“ 5. „Leere Kalorien“ HDL-C, Nüchtern-Glukose (u.a.)

„Wein und moderates Essen“ vs. andere Cluster: HDL-C ↑ „Leere Kalorien“ vs. andere Cluster (außer „fettreicher“): HDL-C ↓

Querschnittsstudien

Barker, 1992 [174]

Northern Ireland Diet, Lifestyle and Health Study (Irland) 522 Männer und Frau-en,

Alter 18 – 64 Jahre

4 Faktoren (aus 41 LM-Gruppen): 1. „Traditionell”

2. „Kosmopolitisch“ 3. „Fertiggerichte“

4. „Fleisch und 2 Gemüsearten“

HDL-C (u.a.) „Kosmopolitisch“: HDL-C (m, w) ↑ „Fertiggerichte“: HDL-C (m, w) ↑

„Fleisch und 2 Gemüse-arten“: HDL-C (m) ↑ Tucker,

1992 [175]

Freiwillige aus Bosto-ner Gebiet (USA) 80 Männer und Frauen, Alter ≥ 60 Jahre

4 Cluster (aus 16 LM-Gruppen): 1. „Alkohol”

2. „Milch, Müsli und Obst“ 3. „Brot und Geflügel“ 4. „Fleisch und Kartoffeln“

HDL-C (u.a.) “Alkohol” vs. andere Cluster: HDL-C ↑ Huijbregts, 1995 [176]

Zutphen Elderly Study (Niederlande)

518 Männer, Alter 70 – 89 Jahre

4 Cluster (aus 8 Nährstoffen und Energie): 1. „Alkohol” 2. „Fleisch“ 3. „Gesund“ 4. „Raffinierte Zuckerprodukte“ HDL-C (u.a.) „Alkohol” vs. andere Cluster: HDL-C ↑ „Fleisch“ vs. „raffinierte Zuckerprodukte“: HDL-C ↑ Williams, 2000 [14]

Isle of Ely Study (Eng-land)

802 Männer und Frau-en,

Alter 40 – 65 Jahre

4 Faktoren (aus 29 LM-Items): 1. „Gesunde, ausgewogene Kost“ 2. Kuchen, Kekse, Süßigkeiten, Wurzelgemüse, Kartoffeln 3. Grünes Gemüse, se, Kartoffeln, Schokolade, Desserts

4. Eier, Frittiertes, Wurst, Käse, Kekse Nüchtern- und 2 h-Glukose, Nüchtern- und 2 h-Insulin, HDL-C (u.a.) „Gesunde, ausgewoge-ne Kost“: HDL-C ↑, Nüchtern-Glukose ↓ 2. Faktor: 2 h-Glukose ↓ und 2 h-Insulin ↓ 3. Faktor: Nüchtern-Glukose ↓

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