Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 47|
26. November 2010 A 2311A K T U E L L
Der Bundestag hat mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittel- marktes in der gesetzlichen Kran- kenversicherung auch den Weg für die unabhängige Patientenberatung in die Regelversorgung geebnet.
Bis Ende 2010 wird die Patienten- beratung wie bisher im Rahmen von Modellvorhaben gefördert. Ab 2011 soll sie aus Beitragsmitteln der gesetzlichen Krankenversiche- rung und freiwillig auch von den privaten Krankenversicherungen fi- nanziert werden.
„Mit der unabhängigen Patien- tenberatung erhalten Patienten und Versicherte verlässliche Informati- PATIENTENBERATUNG
Ab 2011 als Regelversorgung
ons- und Beratungsangebote, damit sie ihre Rechte besser durchsetzen können. Gleichzeitig wird die nun verankerte Berichtspflicht über die Anfragen und Beschwerden eine patientenorientierte Rückmeldefunk- tion in das Gesundheitssystem ge- währleisten“, erklärte dazu der Pa- tientenbeauftragte der Bundesregie- rung, Wolfgang Zöller (CSU).
Bei der vorliegenden Regelung habe man auf die erforderliche Neutralität, Kompetenz, regionale Vernetzung und Evidenz der kos- tenfreien Beratung geachtet. Die Ausschreibung um die beste Bera- tungsqualität sei im Zeitplan. KBr
Die Grünen haben auf ihrem Bun- desparteitag im baden-württem - bergischen Freiburg einen System- wechsel in der Gesundheitspolitik gefordert. Die circa 700 Delegierten stimmten am Sonntag mit großer Mehrheit einem Antrag zu, der die
Einführung einer Bürgerversiche- rung vorsieht. Grundidee ist, dass anders als heute alle Bürger einbe- zogen werden – also auch Selbst- ständige oder Beamte – und alle Einkommensarten wie Mieteinnah- men oder Zinsen. Damit würde das bisherige Neben einander von ge- setzlicher und privater Krankenver- sicherung aufgehoben.
Die Beitragsbemessungsgrenze – also die Obergrenze des Einkom- mens für die Berechnung der Kas- senbeiträge – wollen die Grünen auf einen Wert von 5 500 Euro an- KRANKENKASSENFINANZIERUNG
Grüne wollen die Bürgerversicherung
heben, der heutigen Beitragsbemes- sungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bislang liegt sie in der gesetzlichen Krankenver- sicherung bei 3 750 Euro.
Die Grünen wollen außerdem die paritätische Finanzierung zwi-
schen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wieder vollständig herstellen.
Auch Zusatzbeiträge wollen die Grünen ab- schaffen, ebenso wie die Praxisgebühr. Parteiche- fin Claudia Roth sagte, die Gesundheitspolitik sei für die Grünen ein
„Gerechtigkeitsthema“.
Während Schwarz-Gelb für Pharmainteressen, Zweiklassen- medizin und Kopfpauschale stehe, setze sich ihre Partei für eine gu- te Gesundheitsversorgung für alle Menschen ein.
Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn kritisierte den Kurs der Grünen. Die geforderte Bürgerver- sicherung würde zu einer „massi- ven Belastung der Mittelschicht“
führen, sagte er. Bei der Festset- zung der Beiträge auch Miet- oder Kapitalerträge einzubeziehen, ma- che Investitionen in Deutschland
unattraktiver. dapd
Für den Sys- temwechsel:
Der Parteitag for- derte ein Ende des Nebeneinan- ders von gesetz- licher und priva- ter Kranken - versicherung.
Foto: dpa
RANDNOTIZ
Sabine Rieser
„Männer erklettern in der Regel lie- ber einen Achttausender im Hima- laya, als sich einer Darmspiegelung zu unterziehen.“ Nein, dieses Zitat stammt nicht vom Präsidenten des Deutschen Alpenvereins. Es stammt von „D.“. D. ist einer von „1 000 Mutigen Männern für Mönchenglad- bach“. Er hat sich vorbeugend einer Darmspiegelung unterzogen, und er hat auf www.mutige-maenner.de seine Befürchtungen und Erfahrun-
gen geschildert. Bei D. ist nicht alles glattgelaufen, und dennoch: Er wür- de sich wieder untersuchen lassen.
Für ihre Kampagne, die sich an männliche Präventionsmuffel richtet, haben die Krebsgesellschaft Nord- rhein-Westfalen und die Barmer- GEK vor kurzem den Darmkrebs- Präventionspreis bekommen. Die Aktion soll nun bundesweit als Blau- pause dienen. Denn bis Mitte No- vember haben sich schon 847 Män- ner beteiligt, bis Jahresende viel- leicht die angestrebten 1 000.
M. leidet bereits unter Blutungen, hat Angst vor seiner Darmuntersu- chung, weil ein Großvater an Darm- krebs gestorben ist, hat aber den- noch einen Termin vereinbart. An seine Geschlechtsgenossen appel- liert er, mutig zu sein: „Geht FRÜH- ZEITIG zum Arzt!“
Neben Unbekannten wie D. und M. werben auch Prominente für die Kampagne, so wie Rainer Bonhof, Exnationalspieler und Vizepräsident von Borussia Mönchengladbach, dessen Frau sich anschloss. Auch Bonhof schreibt Klartext: „Am unan- genehmsten war die Abführung im Vorfeld. Da haben meine Frau und ich schon mal gegenseitig an die Toilettentür geklopft. Romantisch kann man das nicht nennen.“ Die Fußballerbotschaft ist trotzdem ein- deutig: Ab zur Vorsorge, denn: „Im Tor stehen ist gefährlicher.“