A 2538 Deutsches Ärzteblatt
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Heft 51–52|
27. Dezember 20102010
Evaluation der Weiterbildung:
Wie steht es um die Qualität der Facharztweiterbildung? Dieser Frage ist die Bundesärztekammer erstmals mit einer deutschland- weiten Umfrage nachgegangen.
Die Ergebnisse fallen besser aus als erwartet. Allerdings ist die Beteiligung unter den Assistenz- ärzten mit etwa 30 Prozent ver- gleichsweise gering. Von vielen Seiten werden die Resultate deshalb angezweifelt. Aber: Ein erster Schritt ist gemacht. Die nächste Evaluation findet 2011 statt.
JAHRESRÜCKBLICK
Kopfpauschale, Killerkeime
Sawicki muss gehen: Der Vertrag des Leiters des Instituts für Qualität und Wirtschaftlich- keit im Gesundheitswesen (IQWiG), Prof. Dr. med. Peter Sawicki, wird nicht verlängert. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, einen Dienstwagen vertragswidrig geleast sowie Parkquittungen und Mautgebühren zu Unrecht abgerechnet zu haben. Für viele Beobachter steht aber fest, dass die Ablösung des pharmakritischen IQWiG-Chefs auf politischen Druck hin erfolgt – und somit indirekt auf Druck der Pharmalobby. Auf Sawicki folgt Anfang September Prof. Dr. med. Jürgen Windeler vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen.
Streit um die Kopfpauschale:
Die unterschiedlichen Vorstellungen innerhalb der schwarz-gelben Koalition zum Thema Gesundheit werden immer deutlicher – insbesondere die gegensätzlichen Positionen von FDP und CSU. Der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder stellt sogar die angekündigte Regierungskommission infrage, die Vorschläge zur Finanzierung der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV) ausarbeiten soll. Mit der CSU sei die Kopfpauschale nicht zu machen.
Der Streit um die Gesundheitsreform bestimmte 2010 die Schlagzeilen – aber auch Grundsatzdebatten, wie etwa zur Präimplantationsdiagnostik.
Hier die wichtigen Ereignisse des Jahres im Überblick
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Ladenhüter Pandemrix:
Wegen der geringen Impf- bereitschaft gegen die Schweinegrippe bleiben in Deutschland etwa 29 Millionen Impfdosen im Wert von 239 Millionen Euro übrig. Und das, obwohl sich Bund und Länder mit dem Hersteller Glaxo - smithkline auf eine Reduzierung der bestellten Menge geeinigt hatten. Der überzählige A/H1N1-Impfstoff soll nun ins Ausland verkauft werden. Doch es findet sich kein Abnehmer – bis heute nicht.
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Foto: Eberhard Hahne Foto: dpa
Foto: Keystone
Foto: ddp
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27. Dezember 2010 A 2539und Kodierrichtlinien
Rösler auf dem Ärztetag in Dresden:
Gesundheitsminister Philipp Rösler (Mitte) ist erstmals zu Gast auf einem Deutschen Ärztetag.
(hier mit Jörg-Dietrich Hoppe und Frank Ulrich Mont- gomery, von links). Der FDP-Politiker ist der erste Arzt an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums.
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Rückenwind für den Marburger Bund:
Das Bundesarbeitsgericht stärkt die kleinen Gewerkschaften und weicht vom Grundsatz der Tarifein- heit ab. Tarifverträge für die Gesamtbelegschaft haben nach Ansicht der Richter keinen Vorrang vor Verträgen für einzelne Gruppen – wie Ärzte oder Lokführer. Trotz des Urteils ist das letzte Wort dazu aber noch nicht ge- sprochen. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaftsbund wollen ein Gesetz, das die Tarifeinheit festschreibt.
Sterben lassen ist keine Sterbehilfe:
Zwangsbehandlungen sind un - zulässig. So urteilt der Bundesge- richtshof und spricht einen wegen versuchten Totschlags angeklagten Rechtsanwalt frei. Er hatte seiner Mandantin geraten, den Ernährungs- schlauch durchzuschneiden, über den ihre im Wachkoma liegende Mutter versorgt wurde. Damit stellen die Richter klar: Patienten - ver fügungen sind verbindlich – ob
nun schriftlich oder mündlich. Protest der Hausärzte:
Der Deutsche Hausärzte- verband macht gegen die Reformpläne von Schwarz-Gelb mobil und startet eine Protestkampagne. Als Plakatmotiv dient das fiktive Arzneimittel „Röslerol“.
Hauptkritik: Die Allgemeinmediziner sehen die Zukunft der Hausarztverträge gefährdet. Rösler hatte angekündigt, das Vergütungsniveau in der hausarzt - zentrierten Versorgung zu begrenzen.
„Diese Entscheidung wird Menschen - leben kosten“, prognostiziert Eberhard Mehl, Hauptgeschäftsführer des Hausärzteverbandes. Dennoch bleibt der Minister bei seinem Vorhaben.
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Bundesgerichtshof erlaubt PID: Bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Erbschäden dürfen Ärzte im Reagenzglas befruchtete Eizellen auf Genschäden untersuchen und danach auswählen. Das entscheidet der Bundesgerichtshof. Im aktuellen Fall hat- te sich ein Berliner Arzt selbst angezeigt, der die Präimplantationsdiagnostik (PID) angewandt hatte. Das Urteil zeigt, dass der Gesetzgeber gefragt ist. 2011 soll es eine neue Regelung zur PID geben.
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Foto: dpa
Foto: Jürgen Gebhardt Foto: dpa Plakat: Deutscher Hausärzteverband
Foto: dapd
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27. Dezember 2010 Steinmeiers Organspende:Nach der Nierenspende von Frank-Walter Steinmeier (SPD) an seine Ehefrau beginnt eine Grundsatzdebatte über die Transplanta - tionsmedizin und den Organmangel in Deutschland.
Obwohl es sich bei Steinmeier naturgemäß um eine Lebendspende handelte, geht es auch um die Frage, ob eine neue Regelung der postmortalen Spende notwendig ist. Bisher gilt in Deutschland die erweiterte Zustimmungsregelung: Potenzieller Organspender ist, wer zu Lebzeiten zugestimmt hat (Organspendeausweis). Aber auch Angehörige können nach dem mutmaßlichen Willen entscheiden.
Eine Alternative wäre die Widerspruchsregelung.
Dann können Organe entnommen werden, wenn man nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Nobelpreis für den „Vater von vier Millionen Kindern“: Der Physiologe Robert G. Edwards erhält den Medizin-Nobelpreis, wie das Preiskomitee in Stockholm bekannt- gibt. Der britische Forscher ist ein Pionier der In-vitro-Fertilisation (IvF). Unter seiner Leitung gelang die erste künstliche Befruchtung, 1978 kam das erste Retortenbaby zur
Welt. Heute gibt es weltweit etwa vier Millionen Menschen, die ihr Leben einer IvF verdanken. Kritik an der Entscheidung, Edwards den Nobelpreis zu verleihen, kommt unter anderem von der katholischen Kirche.
Gesundheitsreform beschlossen:
Union und FDP bringen das GKV-Fi- nanzierungsgesetz durch den Bundestag. Es sieht unter anderem eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge auf 15,5 Prozent vor.
Kostensteigerungen tragen künftig allein die Versicherten mit ihrem Zusatzbeitrag, der Arbeitgeberanteil wird eingefroren.
Für viele Kritiker verdient das Gesetz nicht den Namen „Re- form“, andere sprechen hingegen vom Einstieg in ein neuartiges Finanzierungsmodell. Das Parlament beschließt ebenfalls das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz. Dieses enthält beispiels- weise Regelungen zur Nutzenbewertung neuer Medikamente.
Kritik an den Kodierrichtlinien:
Die Vertreterversammlung fordert den Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf, bei den Ambulanten Kodierrichtlinien nachzubessern.
Diese sollen vom 1. Januar 2011 an in den Praxen umge- setzt werden. Eine Übergangsphase von einem halben Jahr war bereits beschlossen worden. Viele niedergelassene Ärzte befürchten noch mehr Bürokratie. ■
Dr. med. Birgit Hibbeler
„Hygiene-Skandal“
in Mainz: Im Mainzer Universitätsklinikum sterben drei Säuglinge, nachdem sie mit Bak- terien verunreinigte Infusionslösungen erhalten haben. Nachgewiesen werden die Keime Enterobacter cloacae und Escherichia hermannii. Bei den Unter- suchungen stellt sich heraus, dass die Infusionsflaschen beschädigt waren und die Bakterien so eindringen konn- ten. Die Klinik trifft demnach keine Schuld. Die Ermittlungen der Staats- anwaltschaft dauern jedoch bis heute an. Der Tod der Babys entfacht eine Diskussion über „Killerkeime“ und die Hygiene in deutschen Kranken - häusern.
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