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2. Kammer als Versicherungsgericht. in der verwaltungsrechtlichen Streitsache. betreffend Versicherungsleistungen nach UVG

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S 11 14

2. Kammer als Versicherungsgericht

URTEIL

vom 8. November 2011

in der verwaltungsrechtlichen Streitsache

betreffend Versicherungsleistungen nach UVG

1. a) … ist seit dem 15. November 2007 bei der … AG als Nachtportier in einem 100 %-Pensum tätig und dadurch bei der A. (nachfolgend: A.) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 8.

August 2009 stolperte … drei Treppenstufen hinunter, konnte jedoch den Sturz unter Zuhilfenahme des Geländers verhindern. Gleichentags begab er sich auf die Notfallstation des Spital ... Die behandelnde Ärztin, Dr. med. …, Fachärztin FMH für Innere Medizin, konnte ossäre Läsionen bildgebend ausschliessen und diagnostizierte eine linksseitige Kniekontusion. Die Ärztin veranlasste eine analgetische Therapie, verordnete die Ruhigstellung mittels Mikroschiene und attestierte vom 10. bis 14. August 2009 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. Dr. … schloss am 14. August 2009 die Behandlung ab. … war ab dem 15. August 2009 wieder zu 100 % arbeitsfähig. Die A. erbrachte hierfür die gesetzlichen Leistungen (Schadenmeldung UVG vom 19. August 2009 und Arztzeugnis UVG von Dr. … vom 4. September 2009.

b) Rund neun Monate nach Behandlungsabschluss liess … einen Rückfall melden. Darin gab die Arbeitgeberin wieder, dass er ab Februar 2010 immer wieder unter leichten Schmerzen im Knie gelitten habe, welche in der Folge exazerbiert seien und am 7. Mai 2010 eine ärztliche Konsultation im Spital … erforderlich gemacht hätten. Der behandelnde Stationsarzt, Dr. med. …, hielt folgende Anamnese fest: "Der Patient berichtet über seit 1 Woche bestehende Schmerzen im Bereich des linken Knies und der medialen Wade. Die Beschwerden verstärken sich nach längerem Sitzen und Treppensteigen. Ein direktes Trauma sei den Beschwerden nicht vorangegangen, im August 2009

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war der Patient wegen einer Zerrung der Wade nach Treppensturz behandelt worden". Gestützt auf die Klinik und eine Ultraschalluntersuchung diagnostizierte Dr. … eine Baker-Zyste am linken Knie und behandelte mit Analgetika. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde nicht attestiert (Ambulanter Kurzbericht von Dr. … vom 8. Mai 2010, Schadenmeldung UVG vom 12. Juni 2010, Fragebogen für Rückfälle vom 1. Juli 2010 und Arztzeugnis UVG von Dr. … vom 9. Juli 2010).

c) In der Folge bat die A. Dr. med. …, Praktischer Arzt FMH, Facharzt für manuelle Medizin FMH und Facharzt Vertrauensarzt FMH, um eine Stellungnahme, welche dieser am 16. August 2010 einreichte. Darin führte der Vertrauensarzt aus: "Eine Bakerzyste ist in aller Regel nicht eine Folge eines Unfallereignisses. Es ist immer die Folge einer vorbestehenden Zyste, welche irgendwann ohne das Dazutun eines speziellen Ereignisses durch Gelenkflüssigkeit gefüllt wird. Ein Ereignis kann zu einer erstmaligen Auffüllung der Bakerzyste führen. Bedingung für die Anerkennung als Unfallfolge wäre aber die unmittelbare typische Symptomatik einer Bakerzyste. Diese Situation liegt im konkreten Fall nicht vor, so dass die natürliche Kausalität nicht überwiegend wahrscheinlich ist".

d) Mit Verfügung vom 25. August 2010 verneinte die A. deshalb ihre Leistungspflicht für die neu geltend gemachten Kniebeschwerden. Zur Begründung führte sie aus, dass ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen diesen Beschwerden und dem Ereignis vom 8. August 2009 nicht rechtsgenüglich erstellt sei. Hiergegen erhob die B. (obligatorischer Krankenpflegeversicherer von …) mit Schreiben vom 23. September 2010 Einsprache. Darin nahm die Einsprecherin Bezug auf eine undatierte mündliche Stellungnahme ihres Vertrauensarztes Dr. med. …, Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, wonach die Baker-Zyste überwiegend wahrscheinliche Unfallfolge sei. Aufgrund der widersprechenden vertrauensärztlichen Stellungnahmen beauftragte die A. den externen Gutachter, Dr. med. …, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie, mit der Fallbeurteilung. In seinem Aktengutachten vom 10. November 2010 stützte der medizinische Fachexperte die Beurteilung der A. Aufgrund der langsamen

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Entwicklung und auf Grund des relativ unbedeutenden Traumas müsse davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung einer Bakerzyste eher auf Grund degenerativer Ursachen und nicht auf Grund eines traumatischen Schadens entstanden sei. Die natürliche Kausalität sei nur möglich. In einer Stellungnahme dazu führte Dr. … Folgendes aus:

"Ein Stolpersturz erfolgt bekannter Weise unkontrolliert und beinhaltet neben dem eigentlichen Sturz (Kontusion) auch die Komponente einer Distorsion. Der Versicherte verspürt sofort einen Schmerz bei Kniebeugung und sucht noch am selben Tag die Notfallstation der chirurgischen Abteilung des Spital

… auf. Es wird eine schmerzhafte Flexion ab 45° festgestellt und im Knieröntgen keine Hinweise auf ossäre Läsionen, Angaben über allfällige degenerative Veränderungen werden nicht gemacht. Ca. neun Monate später sucht der Versicherte erneut die chirurgische Abteilung des Spitales … auf wegen seit einer Woche bestehenden Schmerzen im Bereiche der linken Kniekehle und der medialen Wade. Es wird die Diagnose einer Bakerzyste gestellt und bestätigt, dass ausschliesslich Unfallfolgen vorliegen.

Unter Punkt zwei nimmt Dr. … Stellung zur Frage zum natürlichen Kausalzusammenhang. Darin erläutert er die Ätiologie der Bakerzyste, welche absolut korrekt ist, dies im Gegensatz zur Beurteilung von Dr. …, welcher feststellt, dass eine Bakerzyste unmittelbar nach Unfallereignis symptomatisch wird.

Eine Bakerzyste entsteht durch einen chronischen Entzündungsprozess, welcher sowohl posttraumatisch wie auch degenerativ bedingt sein kann.

Die Schlussfolgerung von Dr. … zum natürlichen Kausalzusammenhang sind nicht schlüssig, da er zwar ein Unfallereignis anerkennt, aber gleichzeitig feststellt, dass das gehabte Unfallereignis nicht geeignet sei einen pathologischen Befund zu verursachen, dies möglicherweise in Unkenntnis der geschilderten Umstände, welche zum Unfall führten. Deshalb geht Dr. … von einem eher degenerativ bedingten Grund für die Entwicklung einer Bakerzyste aus, obwohl in keinem der medizinischen Berichte bei diesem 1971 geborenen Mann eine (mögliche) degenerative Veränderung beschrieben ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein komplexes Trauma (Distorsion und Kontusion) anlässlich eines Sturzes am 08.08.2009 stattgefunden hat, worauf sich der Versicherte gleichentags zur Untersuchung im Spital … einfand. Es wurde eine Kniekontusion links festgestellt und konservativ behandelt. Ca. neun Monate später suchte Herr … erneut das Spital … auf mit einer symptomatischen Bakerzyste, welche auch von den behandelnden Ärzten als rein unfallbedingt beurteilt wurde. Dies in Einklang mit der Definition einer Bakerzyste, welche in Folge einer persistierenden Entzündung über mehrere Monate entsteht. Bei absolut fehlenden Indizien von degenerativen Erkrankungen bei diesem 39-jährigen Mann ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Ausbildung der Bakerzyste unfallkausal."

Mit Entscheid vom 20. Dezember 2010 wies die A. die Einsprache ab.

2. Dagegen erhob die B. am 27. Januar 2011 Beschwerde an das Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Einspracheentscheid aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen auch für die Behandlungen im Zusammenhang mit der Bakerzyste zu erbringen. Ein Stolpersturz erfolge unkontrolliert und beinhalte - so laut Dr.

… - neben dem eigentlichen Sturz (Kontusion) auch eine Distorsion. Deshalb habe am 8. August 2009 ein komplettes Trauma stattgefunden. Nach Dr. … und Dr. … entstehe eine Bakerzyste durch einen chronischen Entzündungsprozess. Diese Meinung hätten auch die Ärzte des Spitals … vertreten, nach welchen die Bakerzyste ausschliesslich Unfallfolge sei. Einzig nach Dr. … sei die Bakerzyste unmittelbar nach einem Unfallereignis

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symptomatisch. Die Schlussfolgerung von Dr. … zum natürlichen Kausalzusammenhang sei nicht schlüssig. Er gehe davon aus, dass der Versicherte drei Treppentritte hintergestürzt, jedoch nicht umgefallen sei.

Gemäss Schadenmeldung sei er jedoch beim Sturz unglücklich auf das linke Knie gefallen. Die Einschätzung von Dr. … vom 7. Dezember 2010, zu welcher die Beschwerdegegnerin im Einspracheentscheid nicht Stellung genommen habe, sei schlüssig und nachvollziehbar. Dass Dr. … nur Allgemeinmediziner sei, lasse nicht auf mangelnde Fachkenntnisse in Orthopädie schliessen.

3. Die A. beantragte in ihrer Beschwerdeantwort die Abweisung der Beschwerde. Sie reichte damit eine Stellungnahme von PD Dr. med. …, Facharzt für orthopädische Chirurgie, ein, in welcher er zum Schluss kam, dass die Bakerzyste keine Unfallfolge sei. Dafür sprächen auch die Beurteilungen durch Dr. … und Dr. ...

4. In einem zweiten Schriftenwechsel hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest. Die Beschwerdeführerin reichte eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. med. …, FMH für Rechtsmedizin, Vertrauensarzt, ein, der der Auffassung ist, dass die Bakerzyste mit praktischer Gewissheit eine Unfallfolge ist.

5. In der Folge holte die Instruktionsrichterin ein gerichtliches Gutachten bei Dr.

med. Valentin …, Facharzt für orthopädische Chirurgie u. Traumatologie des Bewegungsapparates, Klinik …, ein. Darin kommt Dr. … zum Schluss, dass der Unfall vom 8. August 2009 möglicherweise zumindest teilweise die natürliche Ursache der am 7. Mai 2010 diagnostizierten Bakerzyste am linken Knie sei. Die vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Kniegelenk sei am ehesten bzw. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit degenerativer oder entzündlich rheumatischer Ursache.

Während die Beschwerdegegnerin auf eine Stellungnahme dazu verzichtete, vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, das gerichtliche Gutachten sei nicht schlüssig.

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Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in den Rechtsschriften sowie die Arztberichte wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Gericht zieht in Erwägung:

1. Anfechtungsobjekt im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist der Einspracheentscheid der A. vom 20. Dezember 2010. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht ihre Leistungspflicht für die mit Rückfall gemeldeten Beschwerden (Bakerzyste) verneint hat, wobei einzig der natürliche Kausalzusammenhang mit dem Unfallereignis vom 8. August 2009 umstritten ist.

2. a) Die Leistungspflicht eines Unfallversicherers setzt nach dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sowie der Spezialgesetzgebung im Unfallversicherungsrecht (UVG) zunächst voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingeklagten Gesundheitsschaden ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht. Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhanges sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als verwirklicht gedacht werden kann. Ob zwischen einem schädigenden Ereignis und einer gesundheitlichen Störung ein natürlicher Kausalzusammenhang bestehe, ist eine Tatfrage, worüber die Verwaltung und im Beschwerdefall der Richter nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden hat. Die blosse Möglichkeit eines Sachzusammenhanges genügt für die Begründung eines Leistungsanspruches noch nicht (BGE 129 V 181 E. 3.1, 123 V 138 E. 3a, 119 V 138 E. 1, 118 V 289 E. 1b; Pra 3/2004 Nr. 45 E. 2.2.2 S. 235; SVR- Rechtsprechung [SVR] 8-9/2003 UV Nr. 11 E. 3.1 S. 32, Nr. 12 UV E. 3.1.1 S. 35; PVG 2000 Nr. 26, 1994 Nr. 65).

b) Gemäss Art. 11 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) werden die Versicherungsleistungen auch für Rückfälle und Spätfolgen gewährt. Laut

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Rechtsprechung handelt es sich bei einem Rückfall um das Wiederaufflackern einer vermeintlich geheilten Verletzung, sodass es zu ärztlicher Behandlung, möglicherweise zu weiterer Arbeitsunfähigkeit kommt. Von Spätfolgen spricht man, wenn ein scheinbar geheiltes Leiden im Verlaufe längerer Zeit organische oder psychische Veränderungen bewirkt, die zu einem anders gearteten Krankheitsbild führen können. Rückfälle und Spätfolgen schliessen somit begrifflich an ein bestehendes Unfallereignis an. Entsprechend können sie eine Leistungspflicht des Unfallversicherers nur auslösen, wenn zwischen den erneut geltend gemachten Beschwerden und der seinerzeit beim versicherten Unfall erlittenen Gesundheitsschädigung ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang bejaht werden kann (SVR 8-9/2003 UV Nr.

14 E. 4 S. 43; BGE 118 V 296 E. 2c; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 326 E. 2). Bei Rückfällen und Spätfolgen obliegt es der versicherten Person, das Vorliegen eines natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem neuen Beschwerdebild und dem Unfall mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Je grösser der zeitliche Abstand zwischen dem Unfall und dem Auftreten der gesundheitlichen Beeinträchtigung ist, desto strengere Anforderungen sind an den Wahrscheinlichkeitsbeweis des natürlichen Kausalzusammenhangs zu stellen (RKUV 1997 Nr. U 275 S. 191 E. 1c in fine). Bei Beweislosigkeit fällt der Entscheid zu Lasten der versicherten Person aus (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 E 3b). Werden durch den Unfall Beschwerden verursacht, übernimmt die Unfallversicherung den durch das Unfallereignis verursachten Schaden, spätere Gesundheitsstörungen dagegen nur, wenn eindeutige Brückensymptome gegeben sind (Urteil des Bundesgerichts U 293/01 vom 17. Mai 2002 E. 1, mit Hinweisen auf die Literatur).

3. a) Zur Beurteilung der im vorliegenden Fall umstrittenen und daher zu prüfenden Frage, ob zwischen dem Unfallereignis vom 8. August 2009 und den aktuell geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, sind der Versicherungsträger und das Gericht auf ärztliche Unterlagen angewiesen. Für den Beweiswert eines solchen Arztberichts ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, die geklagten

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Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in Auftrag gegebenen Stellungnahmen als Bericht oder Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1, 125 V 352 E. 3a). Weil die Unfallversicherung in beweisrechtlicher Hinsicht ein zur Objektivität verpflichtetes gesetzesvollziehendes Organ ist, kann auch den Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärzte Beweiswert beigemessen werden, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 122 V 157 E. 1c). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann sodann auch einem Aktengutachten voller Beweiswert zukommen, sofern ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die ärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhaltes geht (Urteil des Bundesgerichts 8C_540/2007 vom 27. März 2008 E. 3.2; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts U 330/02 vom 5. Dezember 2003 E. 2.3, U 277/01 vom 29. April 2002 E. 3c; RKUV 1993 Nr.

U 167 S. 95; 1988 Nr. U S. 366). Der Richter weicht bei Gerichtsgutachten nach der Praxis nicht ohne zwingende Gründe von der Einschätzung des medizinischen Experten ab, dessen Aufgabe es ist, seine Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur Verfügung zu stellen, um einen bestimmten Sachverhalt medizinisch zu erfassen. Ein Grund zum Abweichen kann vorliegen, wenn die Gerichtsexpertise widersprüchlich ist oder wenn ein vom Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu andern Schlussfolgerungen gelangt. Abweichende Beurteilung kann ferner gerechtfertigt sein, wenn gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer Fachexperten dem Richter als triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass er die Überprüfung durch einen Oberexperten für angezeigt hält, sei es, dass er ohne Oberexpertise vom Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V 351 Erw. 3.a aa, 118 V 290 Erw. 1b, BGE 112 V 32 f. mit Hinweisen).

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b) Vorliegend hat das Gericht wegen der sich widersprechenden Arztberichte eine Gerichtsexpertise eingeholt. Der Experte Dr. … hat, nachdem er … untersucht und ein MRI des linken Knies veranlasst hatte (MRI vom 24.

August 2011), zusammenfassend Folgendes ausgeführt:

"Bei fehlendem kontinuierlich, anhaltendem oder regelmässig wiederholtem Reizzustand des linken Kniegelenkes mit entsprechender Ergussbildung unmittelbar nach dem Unfall, ist die Ausbildung einer Bakerzyste 9 Monate nach Unfallereignis nicht ausreichend erklärbar.

Zumindest eindeutige Hinweise für eine Meniscusläsion oder eine entsprechende Kapselbandverletzung müssten als Gewebesubstrat mit entsprechender Pathologie voraussetzbar sein. Man müsste retrospektiv ein gefordertes Substrat situativ erklären können bzw. sich auf einen damaligen Befund abstützen können. Aufgrund der ausreichenden Angaben im Rahmen der Erstbeurteilung im Spital … (Frau Dr. … und Herr Dr. …, Oberarzt als ausgewiesener Facharzt) ergeben sich keine Hinweise für einen frischen Kniebinnenläsionsverdacht im Zusammenhang mit dem Unfall vom 08.08.2009. Ein allenfalls vorbestehender asymptomatischer Zystenbefund kann vorgelegen haben. Kleinere Zysten werden oft als Zufallsbefunde festgestellt. Es besteht demnach keine plausible Erklärung und es ergeben sich keine Hinweise für wesentliche fassbare mechanische-strukturelle Zustände (siehe MRI 24.08.2011) mit einer Symptomenkette seit dem Unfall. Es gibt keinen ausreichenden Hinweis, welcher für eine unfallbedingte primäre Befundskonstellation spricht, der eine Bakerzyste dadurch unterhalten hätte oder in der Zwischenzeit zustande gekommen wäre. Es ist kein hinlänglicher Befund im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 08.08.2009 feststellbar, welcher wesentliche Kniegelenks- Binnenraumverletzungssubstrate betreffen könnte."

Der Gerichtsexperte kommt zum Schluss, der Unfall vom 8. August 2009 sei möglicherweise zumindest teilweise die natürliche Ursache der am 7. Mai 2010 diagnostizierten Bakerzyste am linken Knie. Die Ursache der vermehrten Flüssigkeitsansammlung im Kniegelenk sei jedoch am ehesten resp. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit degenerativer oder entzündlich rheumatischer Ursache. Die Gerichtsexpertise liefert eine umfassende, die geklagten Beschwerden berücksichtigende Beurteilung der streitigen Frage des natürlichen Kausalzusammenhangs. Sie wurde in voller Kenntnis der Unfallakten- und befunde und unter Berücksichtigung aller von den Parteien eingereichten Arztberichte erstellt. Sie wurde von einer medizinischen Fachperson in ihrem eigenen Fachgebiet verfasst, weshalb ihr gesteigerter Beweiswert zukommt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_270/2008 vom 12.

August 2008 E. 3.3). Daran ändert auch die von Dr. …, Allgemeinpraktiker

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und Vertrauensarzt der Beschwerdeführerin, am Gerichtsgutachten geäusserte Kritik nichts, bezeichnet dieser doch die Bakerzyste bloss als naheliegende und damit nicht als überwiegend wahrscheinliche Unfallfolge.

Von den sechs bei den Akten befindlichen ärztlichen Stellungnahmen bezeichnen drei (Dres. …) die Bakerzyste als unfallkausal, während die anderen drei (Dres. …) von einer höchstens möglichen wahrscheinlichen Unfallfolge sprechen. Gerade diese sich widersprechenden Aussagen belegen, dass es im Nachhinein nicht mehr gelingen kann, eine mehr als wahrscheinliche natürliche Kausalität nachzuweisen. Das Gerichtsgutachten, welches die Bakerzyste als teilweise mögliche, aber eben nicht überwiegend wahrscheinliche Unfallfolge beschreibt, erweist sich demnach in sachlicher Hinsicht als nachvollziehbar, widerspruchsfrei und schlüssig.

4. Damit ist der Beschwerdeführerin der ihr obliegende Beweis des natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen den mit der Rückfallmeldung geltend gemachten Beschwerden und dem Unfall vom 8. August 2009 nicht gelungen. Der angefochtene Einspracheentscheid erweist sich als rechtmässig und die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.

Gerichtskosten werden keine erhoben, da das kantonale Beschwerdeverfahren nach Art. 61 lit. a ATSG grundsätzlich kostenlos ist.

Eine aussergerichtliche Entschädigung steht der Vorinstanz (Beschwerdegegnerin) nicht zu (Art. 61 lit. g ATSG e contrario).

Gemäss Art. 45 Abs. 1 ATSG übernimmt der Versicherungsträger die Kosten der Abklärung, wenn er die Massnahmen angeordnet hat oder wenn diese für die Beurteilung des Anspruchs unerlässlich waren. Dazu zählen nach Lehre und Rechtsprechung auch Gerichtsgutachten, die das Gericht einholen musste, weil die Abklärungen des Versicherers ungenügend waren (vgl.

Kieser, ATSG-Kommentar, 2.A., 2009, S. 578 mit Hinweisen). Angesichts der sich widersprechenden Arztberichte war vorliegend die Einholung eines Gerichtsgutachtens unerlässlich, weshalb dessen Kosten von der Beschwerdegegnerin zu tragen sind. Der in Rechnung gestellte Betrag von Fr. 3'828.35 erscheint ausgewiesen.

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Demnach erkennt das Gericht:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. Die Kosten für das gerichtliche Gutachten in der Höhe von Fr. 3'828.35 gehen zulasten der A. Unfall AG und sind innert 30 Tagen seit Zustellung dieses Entscheides an die Finanzverwaltung des Kantons Graubünden, Chur, zu bezahlen.

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