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Archiv "Ärztetag Baden-Württemberg: Mehr Engagement für die Allgemeinmedizin" (28.07.2000)

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P O L I T I K

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A2010 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 30½½28. Juli 2000

schen Dienstes der Krankenkassen nur nach vorheriger Terminabsprache mit den Trägern zu Qualitätsprüfungen in den Einrichtungen zuzulassen. Dage- gen hält der MDK/MDS eine unange- meldete Prüfung zu jeder Tages- und Nachtzeit geeignet, um dauerhafte qua- litätsgerichtete Initiativen in Pflegeein- richtungen zu fördern. Der Referen- tenentwurf lasse Tendenzen erkennen, externe Prüfungen und die Kontroll- rechte des MDK zu entfunktionalisie- ren.

Die Pflegekassen und der MDS be- fürworten die Vergabe eines einheitli- chen Zertifikates an alle Pflegeeinrich- tungen. Sie versprechen sich davon, dass die Einrichtungen besser vergli- chen und die Pflege nach einer definier- ten Struktur-, Prozess- und Ergebnis- Qualität gemessen werden können.

Beispielhaft sei das in Bayern gemein- schaftlich entwickelte „Gütesiegel für Pflegeeinrichtungen“. Ein Zertifikat müsse den Prüfern und den Kassen eine Handhabe geben, Zertifikate bei Miss- wirtschaft und Qualitätsmängeln abzu- erkennen – mit allen Konsequenzen für den Versorgungsvertrag.

Vergütungsverfahren

Abgelehnt wird das vorgesehene ver- einfachte Vergütungsverfahren. Nach dem Entwurf können die Pflegeeinrich- tungen den Pflegekassen ein Angebot in Vergütungsverhandlungen unter- breiten, das die Pflegekassen innerhalb von vier Wochen akzeptieren können oder mit einem Gegenangebot beant- worten müssen. Dadurch werde aber das Vergütungsverfahren erheblich er- schwert. Dadurch, dass Einrichtungs- träger direkt eine Schiedsstelle anrufen können, werde das Verhandlungsman- dat der Pflegekassen geschwächt.

Zu aufwendig sei es, neben den Vergü- tungsvereinbarungen und Versorgungs- verträgen noch zusätzlich Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen treffen zu sol- len. Sinnvoll sei es, anerkannte Personal- bemessungsrichtwerte einzuführen, wie sie in einigen Pflegeheimen bereits er- probt und im Ausland angewendet wer- den. Dadurch könne der Personalbedarf besser auf den Pflegebedarf abgestimmt werden. Dr. rer. pol. Harald Clade

Ärztetag Baden-Württemberg

Mehr Engagement für die Allgemeinmedizin

Für den Erhalt der beruflichen Unabhängigkeit und eine Stärkung des Stellenwertes des Hausarztes setzte sich der 4. Baden-Württembergische Ärztetag in Konstanz ein.

D

ie Ärzteschaft müsse den Patien- ten stärker in den Mittelpunkt rücken und dessen aktive Rolle und Autonomie beachten und nach Kräften unterstützen. Dem „klassi- schen“ Hausarzt müsse ein höherer Stellenwert in der Aus- und Weiterbil- dung eingeräumt werden, „damit die Mediziner wieder näher an den Patien- ten heranrücken können“, so der Tenor der Entschließungen und Diskussions- beiträge während des 4. Baden-Würt- tembergischen Ärztetages in Konstanz (am 14./15. Juli).

Die Vizepräsidentin der Landesärz- tekammer, Dr. med. Ulrike Wahl, Stutt- gart, die die Arbeitstagung zum Auf- takt des Ärztetages vorbereitete, sagte, es sei ein politischer Skandal, dass er- neut Kosten von einem Sozialversiche- rungszweig auf den anderen verlagert werden sollen und der Verschiebebahn- hof um ein weiteres Gleis erweitert werden soll. Konkret: die Absichten von Bundesarbeitsminister Walter Rie- ster, die Beiträge der Bundesanstalt für Arbeit an die Gesetzliche Krankenver- sicherung um jährlich rund 1,2 Milliar- den DM zu kürzen.

Ulrike Wahl: Mehr Verantwortung

Wahl appellierte an die Kolleginnen und Kollegen „an der Basis“, die von der Bundesregierung ausgegebene Pa- role von mehr Transparenz und Infor- mation im Gesundheitswesen und die Aufklärung der Patienten ernst zu neh- men. Informationsrechte seien längst verbriefte Rechte, die nicht erst über ein neues Spezialgesetz zum Verbrau-

cherschutz im Gesundheitswesen ver- ankert werden müssten. Zur Patienten- und Bürgerautonomie gehöre auch, dass er Prioritäten zum Einsatz seiner finanziellen Mittel setze und mehr Ver- antwortung übernehmen müsse. Eine aus dem Plenum herangetragene The- se: Wenn es der rot-grünen Regierungs- koalition gelinge, mit mehr Eigenvor- sorge eine dritte Säule in der Altersvor- sorge hochzuziehen, so sei es gerecht- fertigt und in der „Erbengesellschaft“

auch finanzierbar, dass über die Kern- und Grundversorgung hinaus mehr Wahlfreiheit in der Gestaltung des Zu- satzleistungskatalogs der Krankenver- sicherten zugestanden wird.

Der baden-württembergische Sozial- minister Dr. Friedhelm Repnik sprach sich für die Entwicklung von integrier- ten Angeboten auf dem Gesundheits- markt aus. Die Abgrenzung der Ge- sundheitsbranchen von der Medizin- technik bis zum niedergelassenen Arzt, Krankenhaus und Reha sowie Kurein- richtungen müsse überwunden werden.

Die baden-württembergische Landes- ärztekammer bestärkte Repnik bei ihren Bestrebungen, ein regionales Schmerzkonzept zu etablieren. Zwar müssten auch im Gesundheitswesen noch vorhandene Rationalisierungsre- serven mobilisiert und die Effizienz ge- steigert werden; dies gelinge aber vor al- lem durch mehr Kooperation und die Bündelung aller Kräfte. Allerdings sei dies nicht mit „verkürzten Vertriebswe- gen“ zu erreichen. Es könne nicht ange- hen, dass die bewährte Arbeitsteilung im Gesundheitssektor durch die Aus- schaltung einzelner Fachberufe zer- schlagen werde. Auch der Medikamen- tenvertrieb könne nicht über internatio-

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nale Internet-Agenturen bewerkstelligt werden. Baden-Württemberg werde in Kürze im Bundesrat einen Initiativan- trag einbringen, der diese Essentials klarstelle. Die Kassenärztlichen Verei- nigungen und die Ärztekammern müss- ten aktiv in die Patienteninformation und -beratung eingeschaltet bleiben.

Die verfassten Organe der Ärzteschaft müssten sich zu immer schwieriger werdenden ethischen Grundsatzfragen äußern; die Enquetekommission „Recht und Ethik in der modernen Medizin“

benötige sachkundige Beratung der Entscheidungsträger vor allem im medi- zinischen Bereich. Der Sozial- und Ge- sundheitsminister sprach sich für eine rasche Überarbeitung des universitären Kapazitätsrechtes aus.

Kolkmann: Allgemeinmedizin höher bewerten

Der Ärztetag appellierte an die Verant- wortlichen in Politik und an den medizi- nischen Fakultäten, die neue Approba- tionsordnungs-Novelle bald durchzu- setzen. Die Modellversuche zur Integra- tion von vorklinischem und klinischem Unterricht und zur praxisbezogenen Ausbildung der Medizinstudenten al- lein reichten nicht aus, um die praxisfer- ne und zu theorielastige Ausbildung zu überwinden. Die Frontalvorlesung soll- te durch Kleingruppenarbeit, durch pa- tientenorientiertes Lernen und interak- tive, interdisziplinäre Vorlesungen, Se- minare und praktische Übungen ersetzt werden. Neue Lerninhalte wie etwa In- formatik, Telematik, Qualitätsmanage- ment, Sozialwissenschaften und Be- triebswirtschaftslehre müssten in das Medizinstudium integriert werden. An allen 35 medizinischen Fakultäten müss- ten Lehrstühle für Allgemeinmedizin geschaffen werden; der Präsident der Landesärztekammer Baden-Württem- berg, Prof. Dr. med. Friedrich-Wilhelm Kolkmann, beklagte, dass es im Südwe- sten nur einen „halben Lehrstuhl“ für Allgemeinmedizin gebe (in Ulm). Es sei deshalb nicht verwunderlich, dass der Medizinstudent den nächstverwandten Arztberuf des Internisten anstrebe.

Dies zeige sich auch daran, dass die Hälfte der klinischen Ausbildungsstät- ten für Allgemeinmedizin derzeit nicht

in Anspruch genommen und das Initia- tiv- und Förderungsprogramm Allge- meinmedizin, das Mittel bereithält, nicht ausgeschöpft werde. Allerdings, so Kolkmann, tue die Allgemeinmedizin noch zu wenig, um den Nachweis für ih- re Eigenständigkeit zu erbringen. Die Arbeit der Lehrbeauftragten für All- gemeinmedizin, der Mentoren und Tutoren müsse finanziell und in ihrer Reputation höher bewertet werden.

Hoppe: Patientenorientierte Ausbildung

Auch der Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, setzte sich für eine Neuorientie- rung vor allem in der Aus- und Weiter- bildung und für eine Stärkung der bera- tenden, sprechenden Medizin aus. Er brach eine Lanze für den Hausarzt, der der weitergebildete Allgemeinarzt sei.

Auf die Rolle des künftigen Hausarztes müsse eine praxisorientierte Ausbil-

dung während des Universitätsstudiums vorbereiten, sagte Hoppe. Dies erforde- re eine Ausbildungszieldefinition und eine Ausrichtung der Curricula auf die sozialen und psychologischen Probleme der Patienten. Dem durch den medizi- nisch-technischen Fortschritt und die Wissensexplosion geförderten Trend zur Spezialisierung des Arztberufes müssten eine novellierte Ausbildungs- und Weiterbildungsordnung entgegen- wirken. Der Stellenwert der Medizin dürfe sich nicht auf ihren naturwissen-

schaftlich orientierten Anteil reduzie- ren. Hoppe: „Wir wissen, dass die kom- binierte Kompetenz in der Betreuung körperlicher und seelischer Erkrankter unser großer Vorteil ist. Deshalb müs- sen wir das breite Feld des beratenden Arztes – also der ,sprechenden Medizin‘

– beackern und bestellen.“

Das paternalistische Verständnis der Rolle des Arztes im Umgang mit den Patientinnen und Patienten in medizini- schen Fachfragen müsse überwunden werden. In einer aufgeklärten, mündi- gen Informationsgesellschaft müsse ei- ne gleichberechtigte partnerschaftliche Patient-Arzt-Beziehung treten. Patien- tenautonomie, mehr Mitbestimmung und Entscheidungsfreiheit bei der Wahl der medizinischen Versorgung und In- stitutionen bedeute aber auch mehr Ei- genverantwortung und eine aktive Rol- le des Patienten und eine verlässliche Compliance mit dem Arzt. Hoppe: „Wir müssen bereit sein, aus unserer Professi- on heraus bei der Findung der richtigen Entscheidungen mitzuwirken. Wir dür-

fen uns deshalb einer Überprüfung des Leistungsgeschehens in der Medizin ins- gesamt nicht verschließen. Im Gegen- teil: Wir müssen alles dafür tun, dass dies seriös und auf die Belange der Pati- enten bezogen, nicht nur an Krankhei- ten orientiert, gestaltet wird.“

Die Fakultäten rief Hoppe auf, mit den ärztlichen Körperschaften und den gewählten Vertretern der verfassten Ärzteschaft bei der Zu- kunftsgestaltung eng zusammenzuar- beiten. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 30½½28. Juli 2000 AA2011

Der 4. Baden-Württembergische Ärztetag stand unter dem Motto „Welche Ärzte braucht das Volk?“. Foto links: Kammerpräsident Friedrich-Wilhelm Kolkmann; rechts: Gerhard Schade

Foto: Hella Wolff-Seybold

Referenzen

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