Etwa jeder achte Patient mit manifester Atherosklerose oder mindestens drei kardio- vaskulären Risikofaktoren er- fährt trotz Therapie innerhalb eines Jahres eine Komplikati- on. Das hat die erste Auswer- tung eines weltweiten klini- schen Registers zur ambulan- ten Versorgung von Gefäßpa- tienten ergeben. Das Risiko steigt mit der Zahl der betrof- fenen Gefäßregionen und der Risikofaktoren stufenweise.
Im REACH(Reduction of Atherothrombosis for Conti- nued Health)-Register, das von den Firmen Sanofi-Aven- tis und Bristol Myers-Squibb unterstützt wird, sind fast 68 000 Patienten aus 44 Län- dern erfasst – darunter mehr als 5 600 aus Deutschland.
Die Patienten, bei Studien-
beginn klinisch stabil und im Durchschnitt 69 Jahre alt, hätten eine bekannte peri- phere arterielle Verschluss- krankheit (pAVK), korona- re Herzkrankheit (KHK), ze- rebrovaskuläre Erkrankung oder mindestens drei kar- diovaskuläre Risikofaktoren, berichtete Dr. Gabriel Steg (Paris).
Ein Jahr nach der Regi- strierung liegen die ersten Er- gebnisse vor: Eine schwere zerebrovaskuläre Komplika- tion – Herzinfarkt, Schlagan- fall, Hospitalisierung wegen kardiovaskulärer Probleme oder kardiovaskulärer Tod – erlitten 13 Prozent aller Pati- enten, von den Patienten mit pAVK war sogar jeder Fünfte betroffen. Die kardiovaskulä- re Mortalität betrug 1,7 Pro-
zent, der kombinierte End- punkt aus Herztod, Schlagan- fall oder Myokardinfarkt trat bei 4,4 Prozent der Patienten ein. Besonders stark gefähr- det waren – wie zu erwarten – Patienten, bei denen drei Ge- fäßregionen (pAVK, KHK und zerebrovaskuläre Erkran- kung) betroffen waren. Die Ereignisrate betrug bei ihnen 28 Prozent.
Bei Patienten ohne mani- feste Erkrankung, aber mit mehreren Risikofaktoren be- trug die Ereignisrate fünf Prozent. Die Rate der Kom- plikation habe mit der Zahl der Risikofaktoren zugenom- men, berichtete Steg.
Das Register mache deut- lich, dass ambulant geführte Patienten mit Atherosklerose trotz medikamentöser Thera-
pie sehr frühzeitig Komplika- tionen erleiden, betonte Priv.- Doz. Dr. Uwe Zeymer (Lud- wigshafen). Etwa die Hälfte der Patienten erhielten Be- tablocker, jeweils drei Vier- tel Hemmstoffe des Renin- Angiotensin-Systems und der Thrombozytenaggregation so- wie Statine.
Die Ereignisraten variier- ten von Land zu Land zum Teil deutlich. In Japan zum Beispiel waren Komplikatio- nen um 50 Prozent seltener als in vielen anderen Län- dern. Relativ schlecht waren die Ergebnisse in Westeuropa und insbesondere in Deutsch- land, sagte Zeymer. Die Er- eignisrate lag in Westeuropa mit mehr als 15 Prozent deut- lich über dem Durchschnitt, und auch bei der Kontrolle von Risikofaktoren lagen die Westeuropäer nur im Mittel-
feld. Roland Fath
Pressekonferenz: „Reach-Register, Late Breaking Clinical Trials“ in Atlanta, aus Anlass der 55. Jahrestagung des Ameri- can College of Cardiology, Veranstalter:
Bristol-Myers Squibb, Sanofi-Aventis V A R I A
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A2258 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006
Atherosklerose
Hohe Komplikationsrate trotz Therapie belegt
Unternehmen
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ür die Monotherapie von Kindern mit Asthma der Stufe 2 steht eine nicht- steroidale Option zur Be- handlung der Entzündung zur Verfügung: Die europäische Arzneimittelbehörde hat die Zulassung des Leukotrien- Antagonisten Montelukast er- weitert für Kinder zwischen zwei und 14 Jahren, die an leichtem persistierenden Asth- ma leiden, anamnestisch kei- ne schweren Asthmaanfälle aufweisen und nicht in der Lage sind, inhalative Steroide anzuwenden.Dringender Asthma-Ver- dacht besteht laut Prof. Stefan Zielen (Frankfurt/Main) bei positiver Familienanamnese, kindlicher Atopie und bela- stungsabhängiger Obstruktion im infektfreien Intervall. RS- Viren (Respiratory-Syncytial- Viren) spielen bei obstrukti- ven Bronchitiden und Asth- ma-Exazerbationen im Klein- kindalter eine wichtige Rolle – und sind mit einem Anstieg
der Leukotriene verbunden.
Diese körpereigenen Bron- chokonstriktoren trügen maß- geblich zur Entstehung und Perpetuierung der bronchia- len Inflammation bei, erklär- te der Pädiater.
In einer einjährigen Prä- ventionsstudie mit initial 768 Kindern ließen sich diese In- fekt-assoziierten Asthma-Exa- zerbationen durch Gabe von Montelukast (Singulair®) deut- lich vermindern: bei den zwei- bis fünfjährigen Patienten um 32 Prozent im Vergleich zu Placebo, die erste Verschlim- merung trat rund zwei Mona- te später auf.
Da die Entzündung wegbe- reitend ist für die Entwick-
lung vom pfeifenden Kind zum Asthmatiker, plädierte Prof. Ulrich Wahn (Berlin) für eine frühe antiinflamma- torische Therapie mit mög- lichst guter Verträglichkeit.
Dass Montelukast bei Asth- ma der Stufe 2 eine Alterna- tive zu inhalativen Steroiden sein kann, wurde in einer Stu- die mit 966 Schulkindern nach- gewiesen. Sowohl die Prüf- als auch die Vergleichssub- stanz (Fluticasol) erhöhten die Zahl asthmafreier Tage von durchschnittlich 61 auf 84 be- ziehungsweise 87 Prozent. (Als
„asthmafrei“ waren Tage de- finiert, an denen keine Not- fallmedikation oder „unge- plante“ ärztliche Hilfe wegen
verschlechterter Symptomatik erforderlich war.)
In einer US-Studie mit „ver- schärften“ Bedingungen – Ziel war eine Verbesserung des LEV1 um 7,5 Prozent – spra- chen die Kinder unterschied- lich auf beide Medikamen- te an: 17 Prozent reagierten auf beide Substanzen, 23 Pro- zent ausschließlich auf das Steroid, fünf Prozent aus- schließlich auf Montelukast und 55 Prozent auf keines der beiden. Fazit für Wahn: „Der gute Kinderpneumologe be- nötigt zwei Optionen, um al- len Kindern gerecht zu wer- den, da es in beiden Gruppen Responder und Non-Respon- der gibt. Wir müssen alle Op- tionen kennen und alle Regi- ster ziehen.“
Dr. rer. nat. Renate Leinmüller
MSD-Symposium „Besonderheiten des Asthma bronchiale im Kindesalter“ im Rahmen der 28. Jahrestagung der Gesell- schaft für Pädiatrische Pneumologie in Frankfurt/Main