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Archiv "Zum kanzerogenen Potential von Tamoxifen: Das Antiöstrogen ist noch immer Therapie der Wahl" (15.03.1996)

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P O L I T I K MEDIZINREPORT

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uf mögliche krebserregende Eigenschaften prüfte das IARC kürzlich den Wirkstoff Tamoxifen im Rahmen der Evaluation von chemischen und pharmazeutischen Substanzen. Als Schlußfolgerung gaben die Wissen- schaftler bekannt, „es gebe hinrei- chende Beweise dafür, daß die Kanze- rogenität von Tamoxifen das Risiko erhöht, an einem Karzinom der Ute- russchleimhaut zu erkranken“. Das IARC betonte aber, daß diese Einstu- fung der Substanz rein formell erfolgt – also ohne Rücksicht auf die Verwen- dung und den Nutzen der Substanz bei der Therapie.

Bei Tamoxifen handelt es sich um einen Östrogenrezeptor-Antagoni- sten, der die peripheren Wirkungen des weiblichen Hormons durch Bin- dung an die korrespondierenden Re- zeptoren blockiert. Indiziert ist die Substanz, die 1973 als Nolvadex®von dem Pharmaunternehmen Zeneca eingeführt worden ist, zur adjuvanten Therapie bei allen Stadien des Mammakarzinoms. Tamoxifen gilt so- mit seit Jahren als Standardtherapeu- tikum und wird inzwischen zu 80 Pro- zent als Generikum verkauft.

In ihrer Presseerklärung betonen die IARC-Wissenschaftler ausdrück- lich, es bestehe kein Zweifel, daß „Ta- moxifen bei Patientinnen mit Mam- makarzinom das Risiko vermindert, einen Tumor in der kontralateralen Brust auszubilden“. Außerdem wolle man die Kompetenz der Onkologen und Chirurgen, die Tamoxifen als Therapeutikum einsetzen, nicht in Frage stellen: „Keine Patientin sollte ihre Behandlung aufgrund unserer Einstufung abbrechen. Das Risiko, an

einem Endometriumkarzinom zu er- kranken, ist geringer als der Nutzen, den die Patientinnen aus dieser Be- handlung ziehen.“

Die Entscheidung des IARC ba- siert auf klinischen Studienergebnis- sen, die an Brustkrebspatientinnen erhoben wurden. In einer amerikani- schen Untersuchung von Bernhard Fisher und Mitarbeitern (J. Natl. Can- cer Inst. 86: 527-537, 1994) wurden 2 843 Patientinnen randomisiert auf zwei Untersuchungsgruppen verteilt, denen entweder Tamoxifen oder Pla- zebo verabreicht wurde. Der Unter- suchungszeitraum betrug durch- schnittlich acht Jahre.

Risiken sind seit Jahren bekannt

In der Tamoxifengruppe bildete sich bei 15 Patientinnen ein Endome- triumkarzinom aus; diese Diagnose wurde in der Kontrollgruppe hinge- gen nur zweimal gestellt. Die Autoren folgerten, daß eine Tamoxifenthera- pie zu einer zweifachen Erhöhung des relativen Risikos führt, ein Endome- triumkarzinom auszubilden. Der Ein- satz von Tamoxifen solle jedoch fort- gesetzt werden, da der Nutzen das Ri- siko überwiege.

Ähnliche Ergebnisse fanden skandinavische Wissenschaftler. Lars Rutqvist und Mitarbeiter untersuch- ten Auswirkungen einer Tamoxifen- behandlung in einer Langzeitstudie mit insgesamt 2 729 Brustkrebspa- tientinnen (J. Natl. Cancer Inst. 87:

645-651, 1995). Statistische Auswer- tungen ergaben, daß das relative Risi- ko, an einem Endometriumkarzinom

zu erkranken, bei dieser Therapie sechsfach erhöht ist.

Es ist „unsinnig, Tamoxifen vom Markt zu nehmen“, kommentierte der Gynäkologe Prof. Rolf Kreien- berg (Universität Ulm) als Vizepräsi- dent der Deutschen Krebsgesellschaft die Einstufung der Substanz durch die WHO-Arbeitsgruppe. Die möglichen Risiken seien bereits seit Ende der 80er Jahre bekannt. Das Medikament reduziere jedoch deutlich das Risiko der behandelten Frauen, Metastasen zu entwickeln. Zudem verringere der Wirkstoff die Gefahr, an einem weite- ren Mammakarzinom zu erkranken.

Laut Kreienberg testet die Pharmain- dustrie derzeit neue Medikamente, die erheblich weniger Nebenwirkun- gen aufweisen. Diese stünden jedoch frühestens in zwei bis drei Jahren zur Anwendung bereit.

Der Pharmakonzern Zeneca verteidigte die Anwendung des Wirk- stoffes in einem Schreiben an alle Ärzte, die mit Tamoxifen arbeiten.

Dr. Carl-Rudolf Schmidt, Leiter des medizinischen Referates, erklärte darin, daß diese Studienergebnisse keinesfalls neu seien. Die Fach- und Gebrauchsinformationen von Nolva- dex® würden diesen Sachverhalt seit langem berücksichtigen und auf ein erhöhtes Risiko der Ausbildung von Endometriumkarzinomen hinweisen.

Dem könne durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch den Facharzt begegnet werden. Er hob hervor, daß der Nutzen von Tamoxi- fen bei der Behandlung des Mamma- karzinoms seit mehr als zwanzig Jah- ren an Tausenden von Patientinnen in klinischen Studien bewiesen worden sei. Ferner wies Schmidt darauf hin, daß die im letzten Jahr in St. Gallen ausgesprochenen internationalen Empfehlungen zur adjuvanten Be- handlung des Mammakarzinoms die

„Endometrium-Problematik“ be- rücksichtigt hätten.

Die Behandlung Östrogenrezep- tor-positiver Patientinnen mit Tamo- xifen gelte nach wie vor als Stan- dardtherapie. „Neue antiöstrogene Substanzen sind entweder noch in der Entwicklung oder haben nach den vorliegenden Daten nur eine Zulas- sung für die Palliation. Eine Alterna- tive zu Tamoxifen gibt es derzeit nicht.“ Dr. Sabine Glöser A-663 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 11, 15. März 1996 (27)

Zum kanzerogenen Potential von Tamoxifen

Das Antiöstrogen ist noch immer Therapie der Wahl

Das Internationale Krebsforschungszentrum der Weltgesundheitsorganisation in Lyon

(IARC) hat kürzlich den Wirkstoff Tamoxifen, der in Deutschland von verschiedenen Phar-

maunternehmen vertrieben wird, als Substanz mit kanzerogenem Potential eingestuft. Die

Wissenschaftler sind sich jedoch einig, daß das daraus resultierende Risiko geringer einzu-

stufen ist als der Nutzen, den Patientinnen aus der Therapie mit diesem Antiöstrogen ziehen.

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