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Archiv "Können Arzte zur Verhinderung eines Atomkrieges beitragen?: Notwendiges Übel" (25.02.1983)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Atomkrieg

1000 Einwohner — hinausgehen.

Ohne Armeen gibt es keinen Krieg.

Hat man einen solchen Grundkon- sens erreicht, sollte man nach ei- nem Langzeitprogramm ausgewo- gen und kontrolliert schrittweise abrüsten, und zwar im atomaren und konventionellen Bereich glei- chermaßen. Eine Abrüstung im atomaren Bereich allein würde die Kriegsgefahr nicht vermindern, sondern erhöhen, weil sie das Übergewicht des Ostblocks im konventionellen Bereich erst voll zur Geltung bringen würde. Eine solche Forderung mag heute noch als Utopie erscheinen. Daran zu arbeiten, daß sich der Gedanke ei- ner totalen Abrüstung durchsetzt, scheint mir auf lange Sicht der einzig erfolgversprechende Weg, so unrealistisch er im Augenblick noch erscheinen mag. Ich habe bis 1967 in der DDR gelebt. Für mich besteht nicht der geringste Zweifel daran, daß z. B. Prof.

Tschasow/Moskau nicht ohne Zu- stimmung maßgeblicher politi- scher Stellen in der IPPNM mitar- beiten darf. Warum? Doch wohl nur, weil dies für den Osten —wie der Mißbrauch der Friedenssehn- sucht der Völker generell — ein Mittel zum Zweck ist, dem „deka- denten westlichen Kapitalismus"

den Todesstoß zu geben. Wenn wir als Ärzte uns weigern, aus mo- ralischen Gründen den Opfern ei- nes Atomkrieges zu helfen, müßte dies gleichermaßen auch für die Opfer eines konventionellen Krie- ges gelten. Das wäre höchstens dann vertretbar, wenn diese Mög- lichkeit den Ärzten in Ost und West gleichermaßen zur Verfü- gung stünde. Da das aber sicher nicht zutrifft, würde eine solche Handlungsweise nicht nur gegen unsere ärztlichen Verpflichtungen verstoßen, sondern auch gegen die als Staatsbürger einer deut- schen Republik, die bisher ihren Bürgern mehr Freiheiten gesichert hat als jemals in der deutschen Geschichte.

Prof. Dr. med.

Ferdinand Schmidt Maybachstraße 14-16 6800 Mannheim 1

Sieg ohne Krieg

... Es geht nicht um Ja oder Nein zum Frieden. Denn wer von uns kleinen Leuten will nicht den Frie- den? Es geht nicht um Ja oder Nein zum Atomkrieg. Denn irre müßte der sein, der ihn wollte! Es geht um das politische Geschäft mit dem Atomkrieg, in das sich wohlmeinende, anständige Men- schen, ahnungslose Wissen- schaftler, deutsche Träumer ein-.

spannen lassen. Es geht um fol- gendes:

1) Im sowjetischen Machtbereich gibt es „Pressefreiheit", jedoch sorgen Parteifunktionäre an allen wichtigen Stellen für parteikonfor- mes Wort und parteikonforme Tat.

Und da die Bruderparteien auf den großen Bruder hören, geht nichts ohne das Ja und Amen der großen ruhmreichen Sowjetunion.

2) Wort und Tat bilden im sowjeti- schen Machtbereich eine dialekti- sche Einheit, aber keine logische.

Wenn die Sowjets sagen Frieden, so meinen sie nicht unbedingt Frieden. Das ist schwer zu verste- hen für den, der sie nicht kennt.

Wenn sie Frieden sagen, so mei- nen sie Sieg ohne Krieg. Und für den Sieg ohne Krieg muß der We- sten moralisch und militärisch ab- gerüstet werden.

Die Veröffentlichung ihres Artikels hilft ihnen dabei.

Dr. med. Hans-Peter Müller Rosenstraße 5

8753 Obernburg/Main

Volle Zustimmung

Es ist erfreulich, daß das DEUT- SCHE ÄRZTEBLATT endlich über die Internationale Friedensbewe- gung der Ärzte IPPNW berichtet hat. Was die Kollegen aus Gie- ßen . . . veröffentlicht haben, fin- det meine volle Zustimmung. Es wird allerdings weiterhin viele Kol- legen geben, die die „Rote Ge- fahr" aus dem Osten mehr fürch-

ten als den allgemeinen Atomtod.

Sie brauchen unseren geduldigen Zuspruch. Wird das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT in Zukunft dabei helfen?

Dr. med. Walter Harless Residenzstraße 20 8000 München 2

Notwendiges Übel

... Vorab stimme ich Ihnen voll zu, daß 1. ein Atomkrieg eine Kata- strophe wäre, die nicht zu be- schreiben ist, 2. wir alles tun müs- sen, um einen Atomkrieg zu ver- hindern, 3. wir viel tun können.

Ihr Weg scheint mir jedoch sehr falsch zu sein, um es genau zu nennen, erhöht er meines Erach- tens sogar die Gefahr eines Atom- krieges.

1. Ich bin überzeugt, daß Sie als L‘rzt nicht vor einer Diagnose eine Therapie betreiben ... Genau dies schlagen Sie nun für den politi- schen Bereich vor. Dies hat zur Konsequenz, daß die Gefahr der Katastrophe nicht verhindert wird, sondern diese eher sogar be- schleunigt wird. Es ist bekannt, daß sich auch bei Karzinompatien- ten durch Selbstaufgabe und Angst der Zustand rasch ver- schlechtert! Ihr Therapievorschlag zur Verhinderung der Katastrophe bedeutet im Endeffekt Erzeugung von Potentialdifferenzen, die in naturgesetzlicher Zwangsläufig- keit zur Katastrophe führen müs- sen, wie dies in der jüngsten Zeit der Falkland-Krieg, Afghanistan und auch der Zweite Weltkrieg be- wiesen haben. Indem Sie die Ge- sellschaft der noch freien Welt mit Ihrem ersten Lösungsvorschlag in einen Zustand der Angst verset- zen, stören Sie empfindlich das Gleichgewicht, ohne zur kausalen Beseitigung der Ursache beizutra- gen. Es bedeutet für die Maus kei- nen Funken Hoffnung, wenn sie vor der Schlange in Schreck er- starrt und unfähig wird zu han- deln.

92 Heft 8 vom 25. Februar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Atomkrieg

2. Die unter diesem Punkt aufge- führte Forderung, die Supermäch- te sollten als erste Maßnahme die Aufstellung von Atomwaffen und Trägersystemen stoppen sowie Produktion und Tests von diesen Systemen einstellen, scheitert an den Umständen der politischen Realität. Dies beweisen die Proble- me sämtlicher Abrüstungskonfe- renzen. Welcher intelligente politi- sche Führer der Sowjetunion könnte es sich leisten, ohne inner- halb des eigenen Systems ausge- schaltet zu werden, auf die größ- ten Trümpfe zu verzichten, wo er so kurz vor dem Ziel steht ange- sichts Tausender und Hunderttau- sender der Millionen von Men- schen, die in den westlichen Staa- ten auf die Straßen gehen und die Handlungsfähigkeit der eigenen Politiker behindern. Tatsächlich hat in den Regierungsperioden so- genannter Friedenspolitiker wie Willy Brandt und Jimmy Carter die Sowjetunion so stark gerüstet wie nie zuvor in ihrer Geschichte.

Wenn es zu Einbrüchen in die oh- nehin schon angeschlagene Ge- schlossenheit des westlichen in- homogenen Systems kommt, führt dies zu gefährlichen Fehleinschät- zungen von seiten des Ostens, und damit zwangsläufig zum Drit- ten Weltkrieg.

3. Ihr Vorschlag ist unärztlich, un- moralisch und unlogisch; auf die Individualmedizin übertragen, be- deutet dies nichts anderes, als Un- heilbaren ärztliche Betreuung zu verweigern.

4. Ihrem Abschnitt stimme ich in Teilen, nicht aber in der Konse- quenz zu. Wenn Einstein sagt: „Im Schatten der Atombombe hat sich mehr und mehr gezeigt, daß alle Menschen Brüder sind", so darf darüber nicht vergessen werden, daß die Menschheit seit Anbeginn ihrer Geschichte mit dem Kains- zeichen behaftet ist.

. . . Richtig ist vielmehr, vor der Behandlung eine Diagnose zu stellen, um eine adäquate Thera- pie herbeiführen zu können. Im vorliegenden Falle hat die geistige

Entwicklung der Menschheit oder besser gesagt es haben die Ideolo- gen, Weltanschauungen, Philoso- phien und Geisteswissenschaften mit dem technischen Fortschritt nicht Schritt gehalten. Der Grund liegt darin, daß die Technik sich streng auf dem Boden der Natur- gesetze bewegt. Die Verfolgung unwahrer Thesen führt zwangs- läufig in einen Irrweg, der nicht mehr weiter verfolgt werden kann.

Die Ideologen behaupten jedoch nach wie vor falsche Dinge, die zum Heil der Menschheit ange- wendet werden sollen. Wenn man sich endlich dazu durchringt, auch hier naturwissenschaftliche Methoden anzuwenden, kann viel- leicht noch das Schlimmste ver- hindert werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Zeit gewonnen wird, und dazu benötigen wir nun einmal das Gleichgewicht der Kräfte, auch wenn es hier ein Gleichgewicht des Schreckens ist.

Darum ist es unsere Pflicht, die Politiker der freien Welt immer wieder darauf hinzuweisen, wie notwendig es ist, der Allgemein- heit zu versichern, daß auch sie primär nicht die Rüstung wün- schen, sondern diese momentan ein notwendiges Übel ist. Erst dann, wenn sich der Westen gei- stig konsolidiert hat, eine homo- gene kulturelle Strömung besteht und die Sowjetunion endlich ein- sehen muß, daß sie niemals die Chance hat, über eine moralische Schwächung der freien Welt zu expandieren, besteht eine echte Chance einer allgemeinen kontrollierten Abrüstung . .

Dr. med. German Weiß Schießgrabenstraße 4 8900 Augsburg

Ernstfall hinnehmen

„Bezüglich der Verteidigungspoli- tik sind die Politiker sich unterein- ander einig", so hört man es im- mer wieder. Allerdings, weite Teile der Bevölkerung, Intelligenzler, Jugend, Gewissensverweigerer und andere sind dagegen. Wie ist das möglich? Wird an der Bevöl-

kerung vorbeiregiert? So ist es, denn tatsächlich sind die Politiker und Parlamentarier nicht reprä- sentativ für das Gesamt der von ihnen gelenkten Bevölkerung. Sie stellen ihrerseits eine recht einsei- tige Auswahl dar, nämlich Men- schen von besonderem Naturell, Durchsetzungswillen, kämpferi- schem Geist, sprich Aggressivität.

Wer nicht von solcher Konstitution ist, sitzt nicht in diesen Gremien.

Die jüngsten Ereignisse in unse- rem Staatswesen haben wieder einmal Einblick gegeben in das in- terne Ellbogen- und Machtgeran- gel der Beteiligten, und diese Mentalität bestimmt natürlich dann auch deren Politik. Wer erst einmal in diesen Gremien sitzt, ist ohnehin zum Mitmachen fast ge- zwungen. Leicht versetze ich mich in die Gesinnung dieser (militärpo- litischen) Geheimnisträger, sie verfügen über ein höchstes per- sönliches Prestige und über das Privileg, mehr zu wissen, mehr zu entscheiden, mehr Macht zu ha- ben als die übrigen Sterblichen.

Zudem baut ihnen ein scheinbar alternativer Doppelbeschluß die Brücke zum nächsten Schritt, dem Einfachbeschluß, mag dieser noch so unpopulär und gefährlich sein.

Auch stelle ich mir vor, welch un- geheurem Druck diese Verant- wortlichen ausgesetzt sind, wenn sie hinter verschlossenen Türen von militär-strategischen Fachleu- ten orientiert und bedrängt wer- den, von hochintelligenten Rech- nern, die mit zwingender Logik die weiteren Züge der internationalen Schachpartie vor Augen führen.

Freilich könnte ich mir auch vor- stellen, daß anstelle der jetzt Beru- fenen eine Gruppe völlig anderer Menschen in diesem Raum ver- sammelt wären, beispielsweise von Pazifisten, und daß sie anders entscheiden würden. Aber dazu wird es nicht kommen, bestenfalls werden sie belächelt und als un- realistisch abgetan. Es geht ja um die nationale Sicherheit, und reali- stisch ist hier offensichtlich nur die Bereitschaft zur Machtdemon- stration. Realistisch ist wohl aber auch die Erwartung, daß die na- menlose Massenseele einen ech- Ausgabe A DEUTSCHES AR,ZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 8 vom 25. Februar 1983 95

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