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Archiv "Weiterentwicklung der Allgemeinmedizin" (24.06.1983)

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Heft 25 vom 24. Juni 1983

Weiterentwicklung der Allgemeinmedizin

Helmuth Klotz

Derjenige, der in den Neuzugän- gen schon heute einen Silber- streifen am Horizont oder per Saldo gar eine Trendwende zu- gunsten der Allgemeinmedizin zu erkennen glaubt, muß nach- drücklich darauf hingewiesen werden, daß der Neuzugang ins- besondere altersmäßig noch nicht analysiert worden ist und daß zumindest noch in den nächsten drei bis fünf Jahren Zugänge benötigt wellen, um die zu erwartenden Abgänge auszugleichen. Darüber hinaus ist es derzeit völlig offen, ob überhaupt in nennenswertem Umfang mehr Weiterbildungs- willige als heute in der allge- meinärztlichen Weiterbildung befindliche Ärzte weitergebildet werden können, das heißt, ob sie Weiterbildungsstellen in Krankenhäusern und in den Pra- xen finden.

Wie schon im vergangenen Jahr ist es meine Aufgabe, über Maß- nahmen zu unterrichten, die ge- troffen wurden, um die Beschlüs- se des Trierer Ärztetages 1981 zur Förderung der allgemeinärztli- chen Versorgung durchzusetzen und mitzuteilen, ob und inwieweit Fortschritte erkennbar sind.

Meinen letzten Bericht anläßlich des Ärztetages 1982 in Münster mußte ich mit der Feststellung schließen, daß nur punktuell Erfol- ge erzielt wurden und der seit Jah- ren in der falschen Richtung ver- laufende Trend „hin zum Speziali- sten und weg vom Allgemeinarzt"

in 12 Monaten noch nicht um 180 Grad gedreht werden konnte. Lei- der hat das magere Vorjahreser- gebnis immer noch kein Fett ange- setzt.

Statistische Entwicklung der Kassen-/Vertragsärzte Die Zahl der Kassen-/Vertragsärzte ist im Jahr 1982 gegenüber 1981 um etwa 2,3 Prozent gestiegen.

Wie setzt sich dieser Zuwachs zu- sammen? Die Gebietsärzte ohne Allgemeinärzte haben überpropor- tional um 2,9 Prozent, die Prakti- schen Ärzte um 1,9 Prozent und die Allgemeinärzte lediglich um rund 0,9 Prozent zugenommen.

Damit steht fest, daß sich die Waagschale der spezialisierten Kassen-/Vertragsärzte mit einem Anteil von nunmehr 56,4 Prozent weiterhin gesenkt hat.

Was den außerordentlich geringen Zuwachs der Allgemeinärzte anbe- langt, ist hervorzuheben, daß wir überhaupt keine Zunahme ver- zeichnen könnten, wären nicht in Niedersachsen und in Schleswig- Holstein insgesamt 192 Praktische Ärzte im Rahmen von Übergangs- bestimmungen als Ärzte für Allge- meinmedizin anerkannt worden.

Die Zahl der Kassen-Nertrags-All- gemeinärzte hätte vielmehr auch 1982 abgenommen, wenn auch in- folge des jetzt langsameren Ab- baus des Altersberges nicht mehr im Ausmaß der 70er Jahre. So ist jedoch, trotz der Einbeziehung der sogenannten „Übergangs"-Allge- meinärzte von 1981 und 1982, die Gruppe der Allgemeinärzte inner- halb der letzten zwei Jahre nur um ganze 16 Ärzte, die Gruppe der Praktischen Ärzte — um die Anzahl der „Übergangs"-Allgemeinärzte verringert — noch um 510 Ärzte angewachsen.

Von besonderem Interesse ist al- lerdings die Entwicklung der Neu- zugänge, da sie auf die künftige Strukturierung der kassenärztli- chen Versorgung schließen läßt.

Daß der Neuzugang in 1981 von 380 Kassen-/Vertrags-Allgemein- ärzten in 1982 um 160 Allgemein- ärzte übertroffen wurde, ist zwar bemerkenswert; dies jedoch als positive Auswirkungen allein der Trierer Ärztetagsbeschlüsse zu in- terpretieren, wäre falsch, weil die 1982 hinzugewonnenen Allge- meinärzte ihre Weiterbildung vor Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 51

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Allgemeinmedizin

dieser Zeit begonnen haben müs- sen. Aber vielleicht fühlten sie sich durch die TriererBeschlüsse moti- viert, ihre Weiterbildung zu kom- plettieren.

Derjenige, der in den Neuzugän- gen schon heute einen Silberstrei- fen am Horizont oder per Saldo gar eine Trendwende zugunsten der Allgemeinmedizin zu erken- nen glaubt, muß nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß der Neuzugang insbesondere al- tersmäßig noch nicht analysiert worden ist und daß zumindest noch in den nächsten drei bis fünf Jahren Zugänge benötigt werden, um die zu erwartenden Abgänge auszugleichen. Darüber hinaus ist es derzeit völlig offen, ob über- haupt in nennenswertem Umfang mehr Weiterbildungswillige als heute in der allgemeinärztlichen Weiterbildung befindliche Ärzte weitergebildet werden können, daß heißt, ob sie Weiterbildungs- stellen in Krankenhäusern und in den Praxen finden.

Sicher ist, daß die Bemühungen der Ärzteschaft, das Ziel der Trie- rer Ärztetagsbeschlüsse zu errei- chen, sich bislang noch nicht aus- sagekräftig in der Statistik nieder- geschlagen haben können. Doch belegt die Statistik eindeutig, daß die Beschlüsse zur Förderung der allgemeinärztliche.n Versorgung seinerzeit in Trierdringend herbei- geführt werden mußten und die darin vorgeschlagenen Maßnah- men mit aller Entschiedenheit durchzuführen sind.

Was aber ist im Berichtszeitraum 1982/83 hinsichtlich der Durchfüh- rung dieser Beschlüsse effektiv unternommen worden, damit de- ren Ziel überhaupt erreicht wer- den kann, nachdem ich anläßlich des Ärztetages in Münster festge- stellt habe, daß grundlegende Ver- besserungen im Berichtszeitraum

1981/1982 nicht erkennbar gewe-

sen sind?

Die Landesärztekammern waren auch diesmal gebeten worden, über den Stand der Realisierung

der Trierer Ärztetagsbeschlüsse zu berichten. Ihnen wurde darüber hinaus ein Fragenkatalog übermit- telt mit der Zielsetzung, Aufschluß über Angebot und Auslastung von Weiterbildungsstellen in Kranken- häusern und bei niedergelassenen Ärzten zu erhalten.

Umfrage bei den Landesärztekammern

Nahezu allen Informationen ist zu entnehmen- ich zitiere die Aussa- ge Baden-Württembergs -, ..,.. "daß die Bestrebungen nach- haltig begrüßt werden, die Allge- meinmedizin zu fördern, doch können spektakuläre Erfolge oder entscheidende Fortschritte leider nicht vermeldet werden."

ln krassem Gegensatz dazu stehen die zunehmend besorgniserregen- den Mitteilungen der Landesärzte- kammern Berlin und Hamburg. Ich zitiere:

..,.. "ln der Praxis wurden die Be- schlüsse des Trierer Ärztetages in Berlin nicht erfolgreich durchge- führt."

..,.. "Für die Ärztekammer Harn- burg können wir hier nur eine

,Fehlanzeige' melden."

Hinsichtlich der in Trier geforder- ten lnstitutionalisierung der Allge- meinmedizin an den Hochschulen erhielt ich die Mitteilungen, daß der Erfolg selbst intensiven Enga- gements auf Grund der ungünsti- gen Finanzsituation der Länder- haushalte mehr als fraglich er- scheint- denn es geht ja nicht nur um die Institution an sich, sondern um die Bereitstellung der erforder- lichen finanziellen Mittel. Ledig- lich in Niedersachsen besteht die berechtigte Hoffnung, daß in ab- sehbarer Zeit ein weiterer Lehr- stuhl für Allgemeinmedizin an der Universität Göttingen eingerichtet

wird. ln Schleswig-Holstein sollen

dem Vernehmen nach Verbesse- rungen in finanzieller Hinsicht in Aussicht stehen; schriftliche Mit-

teilungen darüber fehlen leider noch. Die Technische Universität in München hat allerdings bis heu- te noch nicht ihre negative Hal- tung gegenüber der Einrichtung eines Lehrstuhles aufgegeben.

Breiten Raum nahm in der Be- richterstattung der Landesärzte- kammern die notwendige Verbes- serung des Angebots von Weiter- bildungsstellen in Krankenhäu- sern und in Praxen ein.

Erfreulich ist, daß die Ärztekam- mer Nordrhein dem Beispiel der Landesärztekammer Rheinland- Pfalz gefolgt ist, indem leitende Krankenhausärzte angeschrieben und unter Hinweis auf die Schwie- rigkeiten bezüglich der Ableistung der Weiterbildungsabschnitte "In- nere Medizin'.' und "Chirurgie" um ihre Bereitschaft gebeten wurden, angehenden Allgemeinärzten die Möglichkeit zur Weiterbildung ein- zuräumen.

Weiterbildungsstellen

Die Umfrage führte zu dem alar- mierenden Ergebnis, daß es prak- tisch überhaupt keine freie Stelle in einem der angeschriebenen Krankenhäuser gibt. Erfreulicher- weise ließ die Haltung der ermäch- tigten Ärzte aber die Entschlos- senheit zur Lösung des Problems der allgemeinärztlichen Weiterbil- dung erkennen; die Bemühungen sollen in jedem Fall dazu geführt haben, die Einrichtung von Wei- terbildungsstellen für künftige All- gemeinärzte zu prüfen. Auch in Bayern zeigte sich, daß die bisher frei gebliebenen Assistentenstel- len in den Kreiskrankenhäusern der Peripherie inzwischen besetzt wurden.

Die Situation des Angebots allge- meinärztlicher Weiterbildungsstel-

len in den übrigen Kammerberei-

chen ist den Antworten auf die Fragebogenaktion entnommen.

Sie stellt sich sehr unterschiedlich dar. Während es in den Kammer- bereichen Bremen und Rheinland- Pfalz keine Probleme bereitet, ei- 52 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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ne Assistentenstelle im stationä- ren wie auch im ambulanten Be- reich zu finden, gibt es Kammer- bereiche, in denen Schwierigkei- ten ausschließlich im stationären Bereich gegeben sind. Hierzu ge- hören Baden-Württemberg, Harn- burg und Hessen. Hessen hat des- halb vermehrt Weiterbildungser- mächtigungen für Belegärzte aus- gesprochen. Westfalen-Lippe be- richtete über erhebliche Engpässe im ambulanten Bereich. Die Landesärztekammern Niedersach- sen, Saarland und Schleswig-Hol- stein konnten allerdings keine An- gaben darüber machen, ob es wei- terbildungswillige Ärzte gegeben

hat, die keine Weiterbildungsstelle

im stationären oder ambulanten Bereich finden konnten.

Die größten Schwierigkeiten ha- ben offensichtlich die Berliner Weiterbildungsassistenten. Wei- terbildungsplätze im stationären Bereich stehen so gut wie gar nicht zur Verfügung. Nur in Einzel- fällen konnten durch den persönli- chen Einsatz von Dr. Peter Krein und anderen Berliner Allgemein- ärzten Klinikstellen gefunden werden.

Der schon jetzt erkennbare Trend, daß sich junge Kollegen nach ei- ner geringen Weiterbildungszeit niederlassen, würde sich zweifel- los in verstärktem Ausmaß fortset-

zen. Gottlob hat die Kammer Ber-

lin in ihrer letzten Delegiertenver- sammlung mit zwei Beschlüssen zur Förderung der Allgemeinmedi- zin, die - das sei hier mit Freude vermeldet - einstimmig gefaßt wurden, einen entscheidenden Schritt nach vorn getan.

Hoffen wir, daß die Vertreterver- sammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin sich diesem Trend anschließt und die Bezu- schussung von Weiterbildungsas- sistenten in der Allgemeinpraxis wieder aufnimmt. Möge sie sich die Worte des hessischen Kam- merpräsidenten Dr. Wolfgang Bechtoldt zu Herzen nehmen:

"Kann es eine Gruppe von uns

denn wirklich verantworten, der

Allgemeinmedizin das Niemands- land zuzuweisen?"

Was wurde im Berichtszeitraum 1982/83 außerdem noch unter- nommen, um die Möglichkeiten für die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin im stationären Bereich zu verbessern und auszu- bauen? Über die Aktivitäten der Landesärztekammer Nordrhein habe ich bereits berichtet. Andere Ärztekammern haben sich zumin- dest in Diskussionen mit den lei- tenden Krankenhausärzten ähn- lich engagiert. Ob sie erfolgreich sein werden, ist noch offen. Dage- gen wissen wir von der Ärztekam- mer Hessen, daß die Appelle an die leitenden Krankenhausärzte verhallt sind und in realiter als sinnlos bezeichnet werden müs- sen -so wenigstens der Hauptge- schäftsführer der Landesärzte- kammer, Professor Rheindorf.

Ein hessisches Modell für die Weiterbildung

Die Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen hat sich deshalb am 20. November 1982 dazu entschlossen, eine Ver- besserung der Weiterbildungssi- tuation im klinischen Bereich durch eine Änderung der Weitar- bildungsordnung dergestalt zu be- wirken,

~ "daß eine Weiterbildung in Ge-

bieten außer der Allgemeinmedi- zin nur unter Leitung von Ärzten stattfindet, die entweder die volle oder eine um ein Jahr verminderte Neiterbildungsermächtigung be- sitzen. Im letzteren Fall soll das letzte Jahr bei einem Arzt mit vol- ler Weiterbildungsermächtigung abgeleistet werden. Für kleine Fachgebiete notwendige Ausnah- men sollen in den Ausführungsbe- stimmungen berücksichtigt wer- den."

Dieser Beschluß wurde in Sitzun- gen der Akademie für Allgemein- medizin eingehend erörtert. Die Akademie sprach sich in ihrer Sit- zung am 5. März 1983 für die Ver-

wirklichung des hessischen Be- schlusses auf Bundesebene aus. Gewisse rechtliche Bedenken von seiten des Justitiars der Bundes- ärztekammer blieben in den Dis- kussionen nicht unberücksichtigt.

Ausschlaggebend war für die Aka- demie jedoch das Sprichwort "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg". Meine Kollegen in der Akademie und ich sind davon überzeugt, daß die vorhandenen rechtlichen Hür- den bewältigt werden können, wenn die Ärzteschaft tatsächlich die Notwendigkeit einsieht, mehr jungen Ärzten die allgemeinärztli- che Weiterbildung im klinischen Bereich zu ermöglichen.

Damit komme ich zum Ende mei- ner Berichterstattung über die Ak- tivitäten in den Landesärztekam- mern; das heißt, mit der Behand- lung des "Hessischen Modells" in der Akademie für Allgemeinmedi- zin bin ich schon mitten in der Behandlung der Aktivitäten der Akademie.

Bekanntlich hat der Ärztetag in Trier in seinem Beschluß zur För- derung der allgemeinmedizini- schen Versorgung unter anderem gefordert, den Weiterbildungs- gang des angehenden Arztes für Allgemeinmedizin flexibler zu ge- stalten. Wir wissen, daß einzelne Ärztekammern bereits in der Ver- gangenheit im Sinne eines prag- matischen Verfahrens flexibel vor- gegangen sind. Einen entspre- chenden Weiterbildungsgang hat- te die Akademie bereits in ihrer Sitzung am 22. März 1980 als Be- schlußempfehlung verabschiedet.

Mit allem Nachdruck tritt sie für die Realisierung dieser Forde- rung ein und hat dem Vorstand der Bundesärztekammer folgende Empfehlung vorgelegt.

~ "Der von der Akademie erarbei-

tete Weiterbildungsgang zum All- gemeinarzt, der vermehrte An- rechnungsmöglichkeiten geeigne- ter anderer Gebiete vorsieht- ein Vorschlag, der auch den Vorstel- lungen der Deutschen Gesell- schaft für Allgemeinmedizin ent- Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 55

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Allgemeinmedizin

spricht -, sollte so bald wie mög- lich vom Deutschen Ärztetag ver- abschiedet werden."

Wenn eine Entscheidung des Deutschen Ärztetages reif ist, dann die hinsichtlich der flexiblen Ausgestaltung der allgemeinärztli- chen Weiterbildung. Es geht nicht an, daß ein Ärztetag im Jahr 1981 diese Forderung erhebt und auf schnellstmögliche Verwirklichung drängt, daß sich alle Beteiligten über die Details einig sind und daß dann aus irgendwelchen anderen Gründen immer wieder eine Verta- gung erfolgt.

Empfehlungen der Akademie

für Allgemeinmedizin

Die Akademie hat im Rahmen ihrer Beratungen im Berichtszeitraum geprüft, welche Wege über die von den letzten Ärztetagen vorge- schlagenen hinaus sich für eine Verbesserung der Situation in der Allgemeinmedizin anbieten. Das Ergebnis spiegelt sich in folgen- den Empfehlungen wider:

1. Aus Qualitätsgründen spricht sich die Akademie einmütig gegen eine zu "liberale Handhabung"

der Weiterbildungsermächtigun- gen in der Allgemeinmedizin aus; grundsätzlich können nach wie vor nur die in der Allgemeinmedi- zin weitergebildeten Ärzte eine Weiterbi I du ngsermächtigu ng er- halten.

2. Es soll geprüft werden, inwie- weit in einzelnen Landesärztekam- mern die Antragsfristen für die Übergangsbestimmung zur Erlan- gung der Gebietsbezeichnung

"Allgemeinmedizin" noch einmal

geöffnet werden sollten, um es denjenigen Ärzten, die zum Zeit- punkt der Einführung der Gebiets- bezeichnung "Allgemeinmedizin"

die Voraussetzungen nach der Übergangsbestimmung erfüllt hät- ten, zu ermöglichen, die Gebiets- bezeichnung auf diesem Wege noch nachträglich zu erwerben. Ein erneutes lnkraftsetzen der

Übergangsbestimmungen wird nachdrücklich abgelehnt.

3. Die Landesärztekammern soll- ten zur Betreuung von Weiterbil- dungsassistenten in der Allge- meinmedizin ein Mentorensystem einführen. Mit einer solchen Be- treuung wird auch ein besseres Kennenlernen der Körperschaften und ihrer Aufgaben gewährleistet.

4. Das Beispiel der Landesärzte ..

kammer Rheinland-Pfalz, aufge- griffen von der Ärztekammer Nordrhein, wird allen Ärztekam- mern zur Nachahmung empfoh- len. Leitende Krankenhausärzte sollten persönlich angeschrieben und unter Hinweis auf die Schwie- rigkeiten, die geforderten Weiter- bildungsabschnitte "Innere Medi- zin" und "Chirurgie" für die Ge- bietsbezeichnung "Allgemeinme- dizin" abzuleisten, gebeten wer- den, bei der Beseitigung dieser strukturellen Fehlentwicklung mit- zuwirken. Eine Bekanntgabe der zur Weiterbildung ermächtigten Ärzte, die die Allgemeinmedizin durch Vorhaltung von entspre- chenden Assistentenstellen zu för- dern bereit sind, sowie der Klini- ken und Krankenhäuser, die sich zur Gesamtweiterbildung von All- gemeinärzten in einem Kranken- haus verpflichten, sollte in den Kammerblättern in regelmäßigen Abständen erfolgen.

5. Alle Kolleginnen und Kollegen, die eine Anerkennung als Allge- meinarzt besitzen, sollten in noch größerem Umfang als heute um eine Weiterbildungsermächtigung nachsuchen, um die Durchfüh- rung des Weiterbildungsabschnit- tes in Allgemeinmedizin allen in- teressierten jungen Ärzten zu ge- währleisten.

Motivation der jungen Ärzte

Schon im vergangenen Jahr bin ich auf die in den Berichten einzel- ner Landesärztekammern ange- sprochene mangelnde Motivation junger Ärzte, sich der Allgemein-

medizin zuzuwenden, eingegan- gen. Um weitere Erkenntnisse darüber zu gewinnen, weshalb sich junge Ärzte in ihrer Mehrzahl nach anfänglichem Interesse an der Allgemeinmedizin schließlich doch für eine Weiterbildung in ei- nem anderen Gebiet entscheiden, hat die Hans-Neuffer-Stiftung Mit- tel für eine sozialempirische Erhe- bung zur Verfügung gestellt und die entsprechende Untersuchung in Auftrag gegeben. Nach einge- henden Beratungen mit dem Ge- schäftsführer des untersuchenden Instituts, Dr. Wasilewski, hat die Akademie für Allgemeinmedizin jedoch auf Grund der Problematik einer derartigen Erhebung und unter dem Gesichtspunkt eines Ergebnisgewinns vor allem für die berufspolitische Arbeit be- schlossen,

..". "der Hans-Neuffer-Stiftung zu empfehlen, den erteilten Gutach- tenauftrag in eine Bestandsauf- nahme der vorliegenden For- schungsergebnisse zum Motiva- tionswandel der Medizinstudie- renden umzuwandeln und darüber hinaus dahingehend auszudeh- nen, weitere Forschungsansätze im Hinblick auf die Stellung der Allgemeinmedizin im System der ärztlichen Versorgung, insbeson- dere unter Berücksichtigung des Umfeldes des Allgemeinarztes in der primärärztlichen Versorgung sowie im Hinblick auf die Tätig- keitstelder paramedizinischer Be- rufe, zu prüfen."

in der Zwischenzeit hat das Institut eine erste Ausarbeitung vorgelegt, die jedoch erst am 10. Mai eintraf.

Aus diesem Grund war eine Prü- fung noch nicht möglich.

Ausbildung, Eignungszeit, EG-Richtlinienentwurf ...

Ganz wesentlich erscheinen mir vor dem Hintergrund von 12 000 Medizinstudenten pro Jahr und dem unbestrittenen Nachlassen in der Qualität der ärztlichen Ausbil- dung noch einige Worte über die Approbationsordnung, über die 56 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Eignungs- oder jetzt wieder Vor- bereitungszeit und über die EG- Allgemeinarzt-Richtlinie.

Die Novelle zur Approbationsord- nung bleibt für uns und bleibt für die Bewältigung der tatsächlich bestehenden Probleme so lange uninteressant, wie es nicht ge- lingt, das Praxisdefizit zu beseiti- gen. Die wichtigste Vorbedingung dafür ist eine Verringerung der Studentenzahlen. Im Arztberuf kann Qualität nicht durch Quanti- tät ersetzt werden.

Die heißen und engagierten Dis- kussionen, die wir im Arbeitskreis

„Reform der Approbationsord- nung" bisher geführt haben, zei- gen deutlich, welchen langen und dornenreichen Weg wir noch vor uns haben.

Vergessen wir nicht: Wie auch im- mer eine geänderte Approbations- ordnung aussehen mag, die Ände- rungen werden sich in frühestens fünf bis sechs Jahren auswirken.

Bis dahin brauchen wir aber als Notanker für die kassenärztliche Tätigkeit eine mindestens zweijäh- rige Vorbereitung in Krankenhaus und Praxis, wenn die Qualität der kassenärztlichen Versorgung nicht in unverantwortlichem Maße absinken soll. An dieser Stelle möchte ich meine große Enttäu- schung über das Verhalten der Po- litiker in den letzten Jahren und noch in jüngster Zeit zum Aus- druck bringen. Immer wieder wur- de uns eine baldige Verwirkli- chung der erforderlichen gesetz- geberischen Maßnahmen zuge- sagt — und immer wieder wurde die Entscheidung vertagt. Dieses Verhalten ist nicht zu vereinbaren mit der Verantwortung, die Regie- rung und Politiker für die ärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland tragen.

Nach Ansicht aller Ärzteverbände, aber auch der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und aller all- gemeinärztlichen Organisationen, befindet sich die EG-Kommission auf dem richtigen Weg mit ihrem Anfang März dieses Jahres vorge-

legten dritten Entwurf einer EG- Allgenneinarzt-Richtlinie.

Die Absicht, alle EG-Mitgliedsstaa- ten zu verpflichten, bis zum 1. Ja- nuar 1987 eine allgemeinärztliche Weiterbildung einzuführen — wir haben sie in unserem Land seit vielen Jahren — ist sicher begrü- ßenswert.

Ohne Kompromisse kein Fortschritt

Wesentlich erscheint uns Artikel 4 des Entwurfs, nach dem die Mit- gliedsstaaten der EG ab 1990 die allgemeinärztliche Tätigkeit im na- tionalen Sozialversicherungssy- stem von einer allgemeinärztli- chen Weiterbildung abhängig ma- chen sollen.

Wir wissen auch hier um die recht- lichen Schwierigkeiten. Wir haben aber auch hier abzuwägen zwi- schen der Verantwortung der Ärz- teschaft gegenüber dem Patienten und dem Festhalten an überkom- menen rechtlichen Strukturen.

Von heute an gerechnet, bleiben uns sechseinhalb Jahre Zeit, dar- über nachzudenken, wie wir diese Zielsetzung der EG-Kommission im Grundsatz auch in der Bundes- republik Deutschland verwirkli- chen können.

Ich bin mir darüber im klaren, daß dies auf allen Seiten und bei allen Gruppen Kompromißbereitschaft voraussetzt. Diese Kompromißbe- reitschaft brauchen wir dringend.

Nur mit ihr können wir die Be- schlüsse in richtige Bahnen lenken.

Nichts wäre auf der anderen Seite verhängnisvoller, als von vornher- ein kategorische Positionen einzu- nehmen und damit jede Fortent- wicklung in jene Richtung mög- lich zu machen, die die deutsche Ärzteschaft mit ihren Beschlüssen zur Förderung der allgemeinärztli- chen Versorgung anläßlich des 84.

Deutschen Ärztetages 1981 in Trier eingeschlagen hat.

Der Akademie für Allgemeinmedi- zin lag in ihrer Sitzung am 5. März 1983 die Stellungnahme des Vor- standes der Bundesärztekammer zur EG-Allgemeinarzt-Richtlinie noch nicht vor, so daß ein Votum der Akademie noch aussteht. Es wird eine vordringliche Aufgabe der neugewählten Akademie sein, sich mit diesem EG-Entwurf aus- einanderzusetzen und ihre Mei- nung zu artikulieren.

Die jährliche Berichterstattung über die Weiterentwicklung der allgemeinärztlichen Versorgung mag als eine langweilige Pflicht- übung, die kurzfristig zu erwarten- den Erfolge mögen als dürftig und unsere steten Mahnungen als lä- stig erscheinen. Aber man darf das Ganze nicht aus den Augen ver- lieren.

Der Allgemeinarzt, der Hausarzt, ist Teil der deutschen Ärzteschaft, die Allgemeinmedizin ist Rückbe- sinnung auf einen wesentlichen Teil ärztlicher Versorgung, ohne den spezialisierte Versorgung zu einer riskanten Einseitigkeit der Medizin an sich werden würde.

Das Problem der Allgemeinmedi- zin ist keine Bagatelle, sondern ei- ne schwerwiegende Erkrankung, deren Behandlung eine lebens- wichtige Aufgabe für die gesamte Ärzteschaft darstellt. Verschlep- pen wir diese Erkrankung nicht weiter — wir als Ärzte wissen, wo- hin das führt.

(Referat auf dem 86. Deutschen Ärztetag in Kassel, 12. Mai 1983)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Helmuth Klotz Vizepräsident der Bundesärztekammer und Vorsitzender der Deutschen Akademie für

Allgemeinmedizin Bismarckstraße 11 6100 Darmstadt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 59 Ausgabe A

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