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Archiv "Die Auflösung von Gallengangssteinen durch Spülbehandlung" (16.07.1982)

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Heft 28 vom 16. Juli 1982 Aktuelle Medizin

Die Auflösung

von Gallengangssteinen durch Spülbehandlung

Ulrich Leuschner und Heinrich Baumgärtel

Aus dem Zentrum der Inneren Medizin, Abteilung für Gastroenterologie,

der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main

Gallengangssteine können postoperativ als Residual- oder Rezidivkonkremente vor- kommen. Gelingt die mecha- nische Beseitigung über T- Drain oder nach endoskopi- scher Papillotomie nicht, so kann die chemische Auflö- sung mit Spülmedien versucht werden. Früher erfolgte sie über das T-Drain, heute bietet sich außerdem der Weg über eine endoskopisch gelegte nasobiliäre Verweilsonde an, die eine Spültherapie noch viele Jahre nach der Opera- tion ermöglicht. Die Spülbe- handlung sollte vor einer eventuellen Reoperation ein- gesetzt werden. Sie erhöht das Risiko des Rezidiveingrif- fes nicht. Die Behandlungser- folge liegen zwischen 40 und 90 Prozent. Nach neueren Un- tersuchungen handelt es sich bei etwa 40 Prozent der Rezi- divsteine nicht, wie angenom- men, um Cholesterin, sondern um Calciumbilirubinatsteine (Pigmentsteine), die gegen die sogenannten Lipidlöser resi- stent sind und damit eine entsprechende Modifizierung der Spülmedien erfordern.

An vielen tausend Patienten wurde wissenschaftlich belegt, daß Chole- sterinsteine in der Gallenblase in 60 bis 70 Prozent der Fälle medikamen- tös aufgelöst werden können. Für etwa 70 Prozent aller Patienten kommt aber nach wie vor die Chole- zystektomie in Frage, da die Steine für die konservative Therapie entwe- der zu groß oder zu alt sind oder Kontraindikationen von seiten der Leber bzw. der ableitenden Gallen- wege bestehen. Die Cholezystekto- mie beseitigt die Ursache des Chole- sterinsteinleidens (über 90 Prozent aller Gallensteine), eine Störung des Cholesterin- und Gallensäurenhaus- halts, jedoch nicht, weswegen mit Rezidivsteinen zu rechnen ist (Ta- belle 1). Rezidiv- (nach Operation neu gebildete Steine) und Residual- steine (übersehene, vor der Opera- tion aus der Gallenblase ausgewan- derte Steine) werden bei 2 bis 9 Pro- zent aller Operierten gefunden. Che- mische Analysen erlauben uns heu- te, mit hoher Wahrscheinlichkeit Re- sidualsteine (meist Cholesterinstei- ne) von Rezidivsteinen (häufig Cal- ciumbilirubinat-/Pigmentsteine) ab- zugrenzen (Tabelle 5).

Bei der Entstehung von Rezidivstei- nen könnten postoperativ weitge- stellter Choledochus, Nahtmaterial und veränderte Strömungsverhält-

nisse der Galle eine wichtigere Rolle spielen als die intrahepatische Stoff- wechselstörung. — Neben den post- operativ beobachteten Gallengangs- steinen finden wir in etwa 20 Prozent aller Patienten mit Gallenblasenstei- nen gleichzeitig Gangsteine. Über diese Gruppe soll nicht weiter be- richtet werden, sie wird operiert, die Spülbehandlung ist nur im Einzelfall angezeigt.

Der Nachteil von Residual- oder Re- zidivsteinen nach Cholezystektomie ist ihre Lage in den Gallengängen.

Hierdurch wird ihre klinische Bedeu- tung wesentlich größer als die der häufiger beobachteten Gallenbla- sensteine. Einmal können sie näm- lich zum Verschluß ableitender Gal- lenwege und zu allen daraus folgen- den Komplikationen führen, zum an- deren ist die Therapie, nämlich die Reoperation an den Gallenwegen, komplizierter, mit einer höheren Komplikations- und einer etwa 15- fach höheren Letalitätsrate verbun- den (1)*). Reoperationen sind nicht selten; in einer Zusammenstellung von 4300 Gallenwegsoperationen ei- nes ausgewählten Kollektivs wird zum Beispiel über 600 Rezidivein-

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis der Sonderdrucke.

A.

LAaabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

79. Jahrgang Heft 28 vom 16. Juli 1982

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T- Drain

Papilla Vateri

A B

T-Drain mit eingelegter Sonde

Nasobiliäre Verweilsonde

zu Magen, Ösophagus, Nase

griffe, darunter sogar Sechsteingrif- fe, berichtet (2). Nachoperationen sollen im Durchschnitt in 6 Prozent aller Cholezystektomien erforderlich sein (Tabellen 1 und 2).

0 Behandlungsmöglichkeiten

In den letzten Jahren wurden drei weitere Therapieverfahren zur Ent- fernung von Gallengangssteinen entwickelt.

a) Die Steinextraktion über das postoperativ verbliebene T-Drain (Burhenne-Technik),

b) die Steinextraktion nach endo- skopischer Papillotomie,

c) die Spülbehandlung über T-Drain oder nasobiliäre Verweilsonde (Tabelle 2).

Die Steinextraktion über das post- operativ verbliebene T-Drain (Bur- henne-Technik) gelingt in etwa 80 bis 90 Prozent. Liegt die Operation längere Zeit zurück und ist das T- Drain bereits entfernt, so können Gallengangssteine nach endoskopi- scher Spaltung der Vaterschen Pa- pille (EPT) entweder spontan in den Darm abgehen oder mit Hilfe eines ebenfalls endoskopisch eingeführ- ten Drahtkörbchens (Dormiakörb- chen) extrahiert werden. Auf diese Art lassen sich etwa 80 bis 85 Pro- zent aller Gallengangssteine entfer- nen. Die Komplikations- und Letali- tätsrate der EPT ist niedriger als die erneuter chirurgischer Eingriffe, Langzeitbeobachtungen nach EPT liegen allerdings noch nicht vor.

Die Spülbehandlung mit gallenstein- auflösenden Medien ist immer dann angezeigt,

()

wenn die Extraktion über ein lie- gendes T-Drain nicht gelang, C) wenn bei entfernter T-Drainage trotz technisch ausreichender EPT, trotz mehrtägigen Abwartens und ei- nes anschließenden Extraktionsver- suchs mit dem Dormia-Körbchen der Stein nicht zu entfernen war, C) wenn die EPT nicht durchführbar ist oder vom Patienten abgelehnt wird und

C) wenn intrahepatische, mecha- nisch nicht zu beseitigende Steine vorliegen.

49 Zugang zum Gallenwegssystem

Damit die Spülmedien an den Stein herangebracht werden können, müssen Zugänge zum Gallenwegs- system bestehen.

Intrahepatische Gallengänge

Abbildung 1 a: Postoperative Spülbehandlung über T-Drain. Nur der distale Stein wird ausreichend umspült — Abbildung 1 b: Die Umspülung kann durch Einlegen eines Katheters in das T-Drain verbessert werden — Abbildung 1 c: Bei der nasobiliären Sonde ist die Umspülung proximaler und distaler Steine besser als bei der Behandlung über T-Drain

(3)

T

-

Drain: Am

einfachsten erfolgt die Spülbehandlung postoperativ bei liegender T-Drainage (Abbildung 1 a). Der Nachteil dieses Vorgehens wird bei proximal liegendem Gallen- stein deutlich, da ein sehr großer Teil des Spülmediums über den di- stalen Schenkel des T-Drain in den Darm abfließen kann. Die Nebenwir- kungen der Behandlung können dann den Nutzen übertreffen. Ge- lingt es, durch den oberen Schenkel des T-Drains einen Kunststoffkathe- ter einzuführen, so läßt sich die Um- spülung des Steines verbessern (Ab- bildung 1 b).

Nasobiliäre Verweilsonde nach EPT:

Liegt die Cholezystektomie bereits mehrere Jahre zurück, so kann nach endoskopischer Spaltung der Papil- la Vateri ein Kunststoffkatheter durch das Duodenoskop in den Duc- tus choledochus eingeführt werden.

Durch Zurückziehen des Gerätes und gleichzeitiges Vorschieben des Katheters gelingt es, die Katheter- spitze an die Hepatikusgabel zu pla- zieren. Das orale Ende wird durch die Nase des Patienten gezogen und mit einem Pflaster an der Stirn fixiert (Abbildung 2).

Der Vorteil dieses Weges liegt in der guten Umspülung sowohl proximal als auch distal von der Katheterspit- ze gelegener Steine und der Mög- lichkeit einer Spülbehandlung selbst nach Jahre zurückliegender Chole- zystektomie (Abbildung 1 c).

Nasobiliäre Verweilsonde ohne EPT:

Der gleiche Weg kann auch ohne vorangegangene EPT beschritten werden, so daß die Spülbehandlung selbst dann durchführbar ist, wenn die EPT abgelehnt wird oder wenn sie nicht durchführbar ist.

Ob die intakte Papille wegen ihrer das Spülmedium retinierenden Wir- kung für die Steinauflösung günsti- ger ist als die endoskopisch gespal- tene, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen. Eigene Beobachtungen spre- chen eher dagegen.

Eine Spülbehandlung nach perkuta- ner transhepatischer Cholangiogra- phie (PTC) ist zu riskant, da sich das

Spülmedium hinter dem Konkre- ment stauen und dadurch zu Kom- plikationen führen kann. Natürlich kann eine Stauung auch nach trans- papillärer Spülung eintreten, doch ist der Abfluß hier selbst nach Stein- einklemmung in gewissem Umfang noch garantiert, da das Medium durch schmale Spalten zwischen Stein, Katheter und Choledochus- wand durchtreten kann.

Um auch bei der transpapillären Spülung einen Stau rechtzeitig zu erkennen, sollte der Infusionsdruck durch ein einfaches Manometer ge- messen werden.

Ein guter Hinweis auf einen Spülmit- telstau ist der Oberbauchschmerz.

Der Schmerz läßt bei Unterbrechung der Infusion wieder nach.

Therapie

Die Infusion der Spülmedien in das Gallengangssystem erfolgt kontinu- ierlich über Perfusor oder Infusoma- ten. Die Flußgeschwindigkeiten hän- gen von der Wahl des Spülmediums ab. Angaben hierzu finden sich in den Tabellen. Der Infusionsdruck sollte bei 10 bis 20 cm H 2O liegen. Er darf 30 bis 35 cm H 2O nicht überstei- gen. Das Spülmedium muß ungehin- dert in den Darm abfließen können, was röntgenologisch zu kontrollie- ren ist. Kurzfristige Unterbrechun- gen der Therapie sind möglich. Bei kooperativen Patienten kann die Be- handlung zeitweilig sogar ambulant durchgeführt werden, nachdem der Patient in den Gebrauch des Perfu- sors eingewiesen worden ist. Bei Pa- tienten mit Caroli-Syndrom hat die Abbildung 2: Das Ende der Sonde liegt im Ductus choledochus, die Spitze befindet sich bereits im rechten Ductus hepaticus. Nach Applikation eines Röntgenkontrast- mittels erkennt man ein großes nicht schattengebendes Konkrement

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Abbildung 3 a: Cholesterinstein mit radiärer Anordnung der Cholesterinkristalle. Im Zentrum erkennt man einen kleinen Pigmentkern. Gallenblasenstein — Abbildung 3 b: Sogenannte

„schwarze Pigmentsteine" mit charakteristischer Maulbeer- form. In Europa selten, meist in der Gallenblase gelegen — Abbildung 3 c: Calciumbilirubinatstein mit typischer, geschich- teter Innenstruktur aus dem Ductus choledochus

Abbildungen 4 a bis c: An einem gemischten Cholesterinkon- krement wird die Wirkung von alternierend eingesetztem GMOC und BA-EDTA demonstriert — 4 a) Die Oberfläche besteht überwiegend aus Cholesterin — 4 b) Nach Behandlung mit GMOC wird Cholesterin gelöst, die Oberfläche bilden jetzt Pigmente — 4 c) Nach 30 bis 40 Stunden sind nur noch Pigment- reste vorhanden, der größte Teil wurde in BA-EDTA gelöst

(5)

Abbildungen 5 a bis c: Zwei Cholesterinsteine eines Patienten werden jeweils links mit Capmul 8210, rechts alternierend mit GMOC und BA-EDTA behandelt. Nach etwa 80 Stunden ist der GMOC/BA-EDTA behandelte Stein fast völlig verschwunden, in Capmul ist ein Restkonkrement vorhanden. Die schnellere Auf- lösung wird u. a. auf die pigmentlösende BA-EDTA-Lösung zurückgeführt

Abbildungen 6 a bis c: Zwei Calciumbilirubinatsteine werden jeweils mit dem in den USA entwickelten Capmul 8210 (Gly- cero-1-monooctanoat) (linke Bildteile) und alternierend mit GMOC und BA-EDTA (rechte Bildteile) behandelt. Nach 30 bis 40 Stunden ist der mit GMOC/BA-EDTA behandelte Stein schol- lig zerfallen, dagegen ist in Capmul zu dieser Zeit noch kaum eine .Änderung eingetreten.

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Lage Therapie

Gallen gänge

Gallen blase

Extr. T-Drain EPT Spülung Re-Op

medikamentös Steintyp

Pigment Cholesterin

nach medikamen- Cholesterin töser Therapie

Erfolg Komplikationen/

Letalität

80-95% 5%/0%

85% 5-6%/1%

70% häufig / (leicht)?

87-92% 10%/4-8%

60-70% 0%

nach Op Operation

Steintyp Erfolg

über 95%

Komplikationen/

Letalität

2%/0,5%

mit dem Alter zunehmend

Rezidive, Residualsteine

2-10%

Medikamentös Cholit-Ursan®, Ursofalk®

Cholesterin 60-70% 0% etwa 20%

Tabelle 1: Behandlung von Gallenblasensteinen

Tabelle 2: Behandlung von Rezidiv-/Residualsteinen

Behandlung in jedem Fall stationär zu erfolgen. Regelmäßige Kontrollen der BSG, Leukozyten, Transamina- sen und Elektrolyte sind erforder- lich.

Das wichtigste Gebot für Arzt und Patienten heißt Geduld! Die Steine sind in Wochen, Monaten und Jah- ren entstanden, zwei bis acht Wo- chen bis zur Auflösung dürften da- nach nicht zu lang sein. Der Patient muß vor Therapiebeginn über Ne- benwirkungen und Erfolgschancen aufgeklärt werden. Wie im Fall der medikamentösen Auflösung von Gallenblasensteinen werden hier und bei der Auswahl der Patienten die meisten Fehler gemacht.

Spülmedien

Die Zusammensetzung der Spülme- dien muß sich nach der Steinzusam- mensetzung richten. Das wurde bis- her zu wenig beachtet. Eine Über- sicht über früher verwendete chemi-

sche Verfahren und Behandlungs- methoden findet sich in Tabelle 3.

Unter der Annahme, daß es sich bei Gallengangssteinen genau wie bei Gallenblasensteinen ganz überwie- gend um Cholesterinsteine handelt, wurde die Spülbehandlung in den letzten Jahren mit wässrigen Gallen- salzlösungen durchgeführt. Gallen- salze haben auch bei der oralen Applikation gezeigt, daß sie Chole- sterinsteine aufzulösen vermögen (Tabelle 4). Aufgrund neuester Un- tersuchungen muß man aber anneh- men, daß es sich bei Rezidivsteinen nach Cholezystektomie in etwa 40 Prozent um Calciumbilirubinatstei- ne (Pigment-Steine) handelt. Neben Kalziumpigmenten enthalten sie Cholesterin, anorganische Kalzium- salze, Mucopolysaccharide, Protei- ne und Schwermetalle (Tabelle 5) (Abbildung 3a bis 3c). Pigmentsteine sind sowohl gegen Gallensalzlösun- gen als auch gegen das in den USA entwickelte Capmul 8210 (Glycero- 1-monooctanoat), das wesentlich bessere cholesterinlösende Eigen-

schaften besitzt als Gallensalze (3), sowie gegen das in Erprobung be- findliche Propylenglycol resistent (Tabelle 6). Pigmente sind in Lipidlö- sern unlöslich. Damit war der Ein- satz von Lipidlösern für viele Patien- ten wertlos.

Um dem hohen Anteil von Calcium- bilirubinat- oder von pigmenthalti- gen Cholesterinsteinen in den Gal- lenwegen gerecht zu werden, haben wir die Spülmedien modifiziert und den Therapieplan geändert. GMOC basiert auf Capmul 8210 (Tabelle 6).

Durch Zusatz von Emulgatoren wur- de eine bessere Verteilung dieses öligen Spülmediums im wäßrigen Milieu der Galle und damit eine bes- sere Benetzbarkeit des an seiner Oberfläche Lipidstrukturen besit- zenden Steines bewirkt. Durch die bessere Emuligierbarkeit von GMOC gegenüber Capmul 8210 kann das in den Darm abgeflossene Spülme- dium durch Pankreasenzyme leich- ter abgebaut werden, was einen günstigen Einfluß auf die beobach-

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Jahr Substanzen Steintyp Erfolg Nebenwirkungen

Schmerzen, Cholangitis Pankreatitis

umständliche Handhabe 30-100%

Cholesterin Äther

Glycerin

Cholesterin Pigment 1938 Austreibung:

Nitroglycerin Atropin

Magnesiumsulfat Olivenöl

Koliken 80%

1939 Äther-Alkohol Cholesterin 9 wie bei Äther

Leberzellnekrosen blutende Duodenalulcera Cholesterin

1947 Chloroform erste erfolgreiche Choledochostomie 1889

Heparinlösung Cholesterin (Erfolg von den meisten Autoren

nicht bestätigt)

1975 72%

Ab 1891

Tabelle 3: Chemische Behandlungsversuche bei Gallengangssteinen

teten Diarrhöen haben dürfte. Ob GMOC durch Propylenglycol, dem man eine bessere Lösungskapazität nachsagt, ersetzt wird, bleibt abzu- warten.

Bei BA-EDTA handelt es sich um ei- ne wäßrige Lösung, die Pigment- Calciumverbindungen auflöst (Ta- belle 6). Die tägliche Dosis des Che- latbildners EDTA-Na2 liegt unter der für Schwermetallvergiftungen i. v.

verabreichten Menge.

Da sich bei Gallengangssteinen, im Gegensatz zu den meisten Gallen- blasensteinen, vor Therapiebeginn röntgenologisch nicht unterschei- den läßt, ob es sich um Cholesterin- oder Pigmentsteine handelt, haben wir den Therapieplan dahingehend geändert, daß wir den Cholesterinlö- ser GMOC (künftig vielleicht Propy- lenglycol) alternierend mit dem

„Pigmentlöser" BA-EDTA infundie- ren. Auf diese Art erfassen wir Cholesterin- und Pigmentanteile. In- vitro-Versuche haben uns dement-

sprechend auch gezeigt, daß sich Cholesterinsteine mit der alternie- renden Therapie schneller auflösen lassen als mit der Monotherapie 'mit Capmul 8210 (4) und daß auch die Auflösung von Calciumbilirubinat- steinen möglich ist (Abbildungen 4 a bis 4 c, 5 a bis 5 c, 6 a bis 6 c).

Therapieerfolge und Nebenwirkungen

Mit Gallensalzlösungen werden The- rapieerfolge bei 40 bis 70 Prozent aller behandelten Patienten angege- ben. Genaue Angaben über Stein- größe und -zahl sind schwer zu fin- den, so daß Vergleiche mit neueren Untersuchungen unvollständig blei- ben. Die Nebenwirkungen beim Ein- satz von Gallensalzlösungen in Form profuser Durchfälle waren er- heblich und zwangen nicht selten zum Abbruch der Behandlung. Die Gabe von 4 x 3 g Cholestyramin kann die gallensalzinduzierten Durchfälle vermindern.

Therapieerfolge mit Capmul 8210 sind gut dokumentiert, die Anzahl der behandelten Patienten ist aller- dings noch klein. Der Therapieerfolg liegt hier zwischen 40 und 90 Pro- zent. Die alternierende Therapie mit GMOC und BA-EDTA wurde außer in unserer Klinik bisher noch nicht ein- gesetzt. Bei 30 Patienten konnten wir einen Behandlungserfolg in 75 Prozent beobachten (5). Vergleicht man Steinzahl und -größe unserer mit denen capmulbehandelter Pa- tienten, so haben wir die meisten, vor allem aber auch die größten Stei- ne aufgelöst.

Dieses Ergebnis führen wir auf die pigmentlösende Eigenschaft unse- rer Spülmedien zurück. Die durch- schnittliche Behandlungszeit betrug 20 Tage, was der Behandlungszeit aller anderen Spülbehandlungen entspricht.

Wie bei Gallensalzlösungen treten auch bei Capmul 8210, GMOC und BA-EDTA Durchfälle, Brechreiz und

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(8)

Steintyp Häufigkeit Lage Charakterisierung

sehr selten (Ätiologie völlig unbekannt) Calciumcarbonat

-phosphatstein Cholesterinstein (Cholesterinstein)

über 90%

aller Steine

Gallenblase, selten Gallengänge

hart, rund, mit zunehmendem Alter polygonal

„Schwarzer Stein" etwa 6% Gallenblase, sehr hart, klein

(Pigmentstein) aller Steine selten Gallengänge zackig oder maulbeerförmig

Calciumbili- nach Op Gallengänge, erdig, groß, tonnenförmig

rubinatstein 40-50% aller selten Gallenblase in bis zu 40%

(Pigmentstein) Gallengangssteine Nahtmaterial enthaltend

Kompositions- Gallengänge, zusammengesetzt aus

stein Gallenblase Cholesterin-Kern und

Pigmentschale

Fettsäuren- selten Gallengänge

stein

Cholesterin- nach eigener steine Rezeptur, Herdern

Apotheke, Freiburg i. Br.*) 6 ml/h

GMOC modifiziertes Capmul 8210

pigment- haltige Chole- sterinsteine Calciumbiliru- binatsteine BA-EDTA Gallensalze, 20-30 ml/h

Na-EDTA

dto.*) Präparat(ion) Zusammensetzung Infusions- Geeignet Hersteller

geschwindigkeit

Capmul 8210 Glycero-mono- octanoat

Cholesterin- steine

Capitol City Prod.

Comp., Columbus, Ohio, USA 6 ml/h

*) Testsubstanz im Handel nicht erhältlich

Extrahepatische Steine Intrahepatische Steine

Na-Cholatlösung: 4,3% Na-Chenodesoxycholatlösung: 0,34%

Druck: 10-20 cm H 20 Druck: 10-20 cm H 20

Geschwindigkeit: 30 ml/h Geschwindigkeit: 30 ml/h

Tabelle 4: Gallensalzlösungen zur Spülbehandlung von Gallengangssteinen

Tabelle 5: Klassifizierung von Gallensteinen (Europa, USA)

Tabelle 6: Neue Spülmedien für die Behandlung von Gallengangssteinen

(9)

Übelkeit auf, die aber weniger stark ausgeprägt sind als bei Gallensalzlö- sungen. Vor allem scheint das für die beiden zuletzt genannten Spül- medien zuzutreffen, wenn diese Pa- rameter auch schwer vergleichbar sind. Bei profusen Durchfällen muß auf Elektrolytverschiebungen ge- achtet werden. Elektrolytverluste mußten wir bei 30 Patienten zweimal ausgleichen. Gegen Brechreiz hilft z. B. Metoclopramid (Paspertin®), ge- gen Oberbauchbeschwerden helfen Spasmolytica, die Durchfälle können zum Beispiel mit Reasec® behandelt werden. Meist ist jedoch keine adju- vante Therapie erforderlich.

0 Standortbestimmung

Unseres Erachtens sollte die Spül- behandlung dann eingesetzt wer- den, wenn die Extraktion durch das T-Drain oder die endoskopische Steinextraktion nach Papillotomie nicht gelingt oder durchführbar ist.

Der Therapieerfolg rechtfertigt den Einsatz von Spülmedien vor einer Reoperation. Die Spülbehandlung erhöht das Risiko für eine eventuell erforderlich werdende Reoperation nicht, wenn sie sorgfältig durchge- führt wird. Die Spülbehandlung steht also zwischen Endoskopie und Operation.

Die zur Verfügung stehenden Spül- medien sind keine Wunderwaffen.

Die Zusammensetzung von GMOC und BA-EDTA sowie der Therapie- plan berücksichtigen zwar die Tatsa- che, daß es sich bei einem erhebli- chen Teil von Gallengangssteinen um Calciumbilirubinatsteine han- delt, doch gibt es auch für die Wirk- samkeit dieser Spülsubstanzen er- hebliche Grenzen:

0

Die anatomischen Verhältnisse in den Gallenwegen,

C) anorganische Kalksalze,

C) organische Substanzen im Stein- gefüge.

Die anatomischen Verhältnisse stel- len ein unüberwindbares Hindernis für jede Spülbehandlung dar. Inkar-

zerierte oder in Aussackungen lie- gende Steine werden vom Spülme- dium oft überhaupt nicht erreicht.

Anorganische, perlmuttartige, harte Kalksalze lassen sich auch in BA- EDTA nicht auflösen. In Calciumbili- rubinatsteinen scheinen sie glück- licherweise nur in geringen Mengen vorzukommen, in alten, meist aus der Gallenblase ausgewanderten Cholesterinsteinen aber häufiger.

Über die in Calciumbilirubinat-, sel- tener in Cholesterinsteinen vorkom- menden organischen Verbindungen (Mucopolysaccharide, Proteine) wis- sen wir wenig. Sie scheinen Bilirubi- nat u. a. Substanzen im Steingefüge zu ummauern und zu vernetzen und somit die Auflösung zumindest zu verzögern, wenn nicht sogar zu ver- hindern. In vitro ist uns der Abbau organischer Matrix im Stein bereits gelungen, wir hoffen, daß wir glei- che Ergebnisse auch in vivo erzielen werden.

Über die Spülbehandlung von Gal- lengangssteinen liegen nur wenig Berichte vor, weshalb eine zuverläs- sige Beurteilung noch aussteht. Vor- beugen ist auch hier besser als be- handeln. Da uns chemische Analy- sen von Gallengangssteinen gezeigt haben, daß echte Rezidivsteine in Form von Pigmentsteinen wesent- lich häufiger aufzutreten scheinen als bisher vermutet, wird sich Vor- beugen allerdings nicht auf die in- traoperative Gallenwegsdiagnostik, mit der ja nur Residualsteine ausge- schlossen werden sollen, beschrän- ken können. Ziel muß es sein, Medi- kamente zu finden, die postoperativ verabreicht die Entwicklung von Calciumbilirubinatsteinen verhin- dern.

Literatur beim Sonderdruck

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. med. Ulrich Leuschner Dipl.-Chem. Heinrich Baumgärtel Klinikum der Johann-Wolfgang- Goethe-U niversität

Zentrum der Inneren Medizin Abteilung für Gastroenterologie Theodor-Stern-Kai 7

6000 Frankfurt am Main 70

Intravenöse Beta-Blockade bei Koronarleiden

Betarezeptoren-Blocker werden bei Koronarleiden in zunehmenden Ma- ße eingesetzt; es besteht jedoch im- mer noch eine Kontroverse hinsicht- lich der hämodynamischen Rele- vanz der ergänzenden pharmakolo- gischen Eigenschaften, daß heißt der Kardioselektivität und der spezi- fischen sympathikomimetischen Wirksamkeit.

Aus diesem Grund verglichen die Autoren in einer Studie bei 24 Pa- tienten mit Koronarleiden die Wir- kung von vier intravenösen Beta- Ad reno-Rezepto ren-Antagon isten mit unterschiedlichen ergänzenden Eigenschaften auf die linke Kam- merfunktion. Alle vier Präparate —es handelte sich um Propranolol, Prac- tolol, Oxprenolol und Metoprolol- wirkten depressorisch auf das Ver- hältnis zwischen dem linken Kam- merfülldruck und dem Herzminuten- volumen im Ruhezustand des Pa- tienten sowie während der Übung auf dem Fahrradergometer. Die Arz- neimittel Practolol und Oxprenolol jedoch, die eine spezifische sympa- thikomimetische Wirksamkeit auf- weisen, führten zu einer beträchtlich größeren Minderung der Funktion der linken Kammer als es mit den Pharmaka Propranolol oder Meto- prolol der Fall war. Die Kardioselek- tivität, eine Eigenschaft von Practo- lol und Metoprolol, ergab keinen be- merkenswerten hämodynamischen Vorteil.

So kommen die Verfasser dieser Vergleichsstudie zu dem Schluß, daß intravenös gegebene Betarezep- toren-Blocker mit spezifischer sym- pathikomimetischer Wirksamkeit bei Patienten mit Koronarleiden einen günstigeren Effekt auf die Erhaltung der Herzfunktion haben als Präpara- te ohne diese Eigenschaft. Lng Taylor, S. H.; Sile, B.; Lee, P. S.: Intravenous Beta-Blockade in Coronary Heart Disease: Is Card ioselectivity or Intrinsic Sympathomime- tic Activity Hemodynamically Useful? The New England Journal of Medicine 306 (1982) 631-635, Dr. Taylor at the Department of Medi- cal Cardiology, Leeds General Infirmary, Great George St., Leeds LS1 3EX, Großbritannien

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