Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 1–2⏐⏐5. Januar 2009 A1
S E I T E E I N S
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ird 2009 das Jahr der Firmenpleiten? Das Jahr der (womöglich klar im Amt bestätigten) Bun- deskanzlerin? Oder gar das Jahr des Machtwechsels? Die abgelaufenen zwölf Monate jedenfalls standen – dazu hätte es der Wahl zum Wort des Jahres nicht mehr bedurft – im Zeichen der Finanzkrise. Die hat sich längst zu einer Wirtschaftskrise ausgewachsen, sodass 2009 auch das Gesundheitswesen nicht mehr ungeschoren bleiben wird.Gleichwohl ist für 2008 Positives zu bilanzieren. Vor ei- nem Jahr hätte wohl kein Experte darauf gewettet, dass 2008 die Weichen für mehr Honorar in der ambulanten Versorgung und für mehr Geld in den Krankenhäusern gestellt werden würden. Das bleibt auch dann ein bemer- kenswerter Erfolg, wenn man weiß, dass längst nicht alle Vertragsärzte und auch nicht alle Krankenhäuser auf der Gewinnerseite stehen. Was mit dem Krankenhausfinan- zierungsgesetz nach langem Ringen tatsächlich be- schlossen wurde, wird in diesem Heft erläutert.
Mittelfristig von nicht zu unterschätzender Bedeu- tung ist, dass die strikte Bindung der kassenärztlichen Gesamtvergütung und der Klinikbudgets an die Ent- wicklung der Grundlohnsumme gekappt wurde. Damit ist zumindest die Chance gegeben, dass sich die Mittel- ausstattung im Gesundheitswesen an dem Kriterium orientiert, das allein ausschlaggebend sein muss: am medizinischen Bedarf. Wäre da nicht die gesundheits- politische Generallinie der vergangenen Jahre, gäbe es Grund aufzuatmen. So aber wird weiterhin die notwen- dige, ausreichende und zweckmäßige Gesundheitsver- sorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit dem Blick auf das Finanzierbare definiert – wissenschaftliche Begründungen sind immer zur Hand.
Ärztinnen und Ärzte müssen deshalb auch 2009 immer wieder deutlich machen, wo die gewährten medizini- schen Leistungen hinter den medizinisch notwendigen und gebotenen zurückbleiben. Hier sieht auch das Deut- sche Ärzteblatt für sich eine wichtige Aufgabe – gerade weil die politisch Verantwortlichen in ihrer Mehrzahl diese unbequeme Rationierungsdiskussion immer noch nicht zulassen wollen.
Wenn Banken und Großunternehmen mit Zehntau- senden Arbeitsplätzen ins Taumeln geraten, springt der
Staat (mit dem Geld des Steuerzahlers) in die Bresche.
Im Gesundheitswesen muss man den Staat nicht mehr rufen. Er ist längst da. Er, und nicht mehr die Selbstver- waltung der einzelnen Krankenkasse, bestimmt den bundeseinheitlichen Beitragssatz und damit die Geld- summe, die für die medizinische Versorgung zur Verfü- gung steht. Die GKV ist seit dem 1. Januar noch politi- sierter geworden, noch abhängiger von den Launen und Kompromissen der Tagespolitik als bisher, wie die Dis- kussion über eine Erhöhung des Bundeszuschusses bei gleichzeitiger Beitragssatzsenkung vor Augen führt.
Ärztinnen und Ärzte können jedoch nicht darauf set- zen, dass der Staat für sie bereitsteht, wenn ihre Praxen oder ihre Arbeitgeber in Existenzgefahr geraten. Sie müssen selbst in die Hand nehmen, worüber hoch be- zahlte Banker so gern gesprochen haben, bevor sie dar- an so grandios scheiterten: das Risikomanagement. Ein erster Schritt besteht darin, sich über mögliche Risiken klar zu werden. Niedergelassene Ärzte beispielsweise sollten nicht davor zurückschrecken, das Kleingedruck- te in den vielen schönen Verträgen zu lesen, die ihnen jetzt offeriert werden. Denn darin steht, welche Ver- pflichtungen sie übernehmen sollen. Schließlich kann eine Lehre aus der Krise schon jetzt gezogen werden:
Wer Hochglanzprospekten mit schönen Versprechun- gen und eloquenten Verkäufern blind vertraut, kann ein böses Erwachen erleben.
ZUM NEUEN JAHR
Lehren aus der Krise
Heinz Stüwe
Heinz Stüwe Chefredakteur