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Archiv "Evaluation medizinischer Notaufnahmen" (16.04.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 15

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16. April 2010 259

M E D I Z I N

EDITORIAL

Evaluation medizinischer Notaufnahmen

Karl Werdan

Editorial zum Beitrag:

„Kennzahlen und Qualitäts - indikatoren einer

medizinischen Notaufnahme“

von Dormann et al.

auf den folgenden Seiten

– bei einer mittleren Aufenthaltsdauer von 116 Minuten – bei 0,61/min. Die dÜ war mit 0,92 am höchsten für Patienten mit Vorhofflimmern/-flattern und die dEff mit 0,85/min für Patienten mit akutem Myokardinfarkt.

Dormann und Koautoren (9) schlussfolgern aus ihrer Untersuchung, dass Kennzahlen und Qualitätsindikato- ren einer Notaufnahme transparent dargestellt und die diagnostische Übereinstimmung (dÜ) sowie die dia - gnostische Effizienz (dEff) als Parameter zur diagnose- bezogenen und abteilungsinternen Qualitätsbeurteilung herangezogen werden können. Diesen Aussagen der Autoren kann man nur voll zustimmen: Ein weiterer Schritt hinsichtlich der Offenlegung der Prozessqualität einer Notaufnahme ist damit getan.

Neue Fragen

Jede gute Untersuchung bringt üblicherweise neue Fra- gen hervor, davon ist auch die Studie von Dormann et al. (9) nicht ausgenommen:

Natürlich kann man überlegen, ob dÜ und dEff die besten Qualitätsindikatoren für die Diagnostik-Aufga- ben einer Notaufnahme sind. Eine klare Antwort gibt es auf diese Frage nicht. Eines erscheint jedoch plausibel:

Die Verknüpfung der Diagnosesicherheit und der Zeit- dauer bis zur Diagnosestellung produziert einen Mehr- wert hinsichtlich der Qualitätssicherung im Vergleich zu den Einzelparametern.

Die prospektive Validierung dieser retrospektiv ge- fundenen Indikatoren muss abgewartet werden, und na- türlich würde man sich für eine diagnostische Effizienz auch lieber einen „Prozentsatz des Optimalwertes“ an- stelle eines „min-1“-Wertes wünschen. Vielleicht kön- nen die Autoren darüber ja nachdenken.

Die Effizienz einer Notaufnahme ausschließlich an der Zahl der richtig gestellten Diagnosen und der dia - gnostischen Liegedauer zu messen, erschiene allerdings zu kurz gegriffen, und das postulieren die Autoren auch nicht: Zum einen ist es häufig nicht Aufgabe der Not- aufnahme, die definitive Diagnose zu stellen, sondern nur eine Verdachtsdiagnose mit weiterführenden dia - gnostischen und/oder therapeutischen Konsequenzen.

Zum anderen darf man nicht vergessen, dass in der Not- aufnahme auch wichtige Notfall-Therapie-Maßnahmen stattfinden sollten, wie zum Beispiel die leitlinienge- mäße Gabe eines Antibiotikums bei Sepsisverdacht in- nerhalb der ersten Stunde (10). Insofern spiegelt dEff

„nur“ die diagnostische Komponente der Notaufnah- metätigkeit wider, nicht die mindestens ebenso wichti-

D

as Konzept „Notaufnahme“ ist im Wandel. Wäh- rend die Notaufnahme früher nicht selten ein we- nig geliebtes Anhängsel der großen Fächer der Kran- kenhausmedizin war, das die Dienstärzte der Kliniken

„nebenbei“ mitzuversorgen hatten, werden heute zu- nehmend unabhängige Notaufnahme-Kliniken etabliert und deren Vorzüge gepriesen. Innerhalb dieser Band- breite gibt es alle Schattierungen (1–3). Man verwendet viel Mühe und Zeit darauf, die Vorteile des einen und die Nachteile des anderen Konzeptes aufzuzeigen, und verständlicherweise spielen häufig auch Kostenüberle- gungen bei der Wahl eines Modells eine wichtige Rolle (4, 5). Was allerdings bisher viel zu kurz gekommen ist, sind adäquate Untersuchungen, die die Struktur-, Pro- zess- und Ergebnisqualität der einzelnen Notaufnahme- modelle miteinander vergleichen (6, 7). Sowohl die prähospitale als auch die hospitale Notfallmedizin ha- ben im Hinblick auf ihre Forschungsaktivität noch er- hebliche Defizite (8). Demzufolge ist jede Form der Notfallmedizin-Forschung sehr zu begrüßen, dies gilt auch für den Beitrag von Dormann und Koautoren in dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes (9).

Schlüsselindikatoren

Dormann et al. (9) beschreiben das Spektrum von Pa- tienten, die innerhalb von zwölf Monaten in der medi- zinischen Notaufnahme einer deutschen Universitäts- klinik behandelt wurden. Mit Unterstützung der zur Verfügung stehenden Informationssysteme des Kli - nikums wird eine differenzierte und informative Aufschlüsselung der Patientendaten vorgenommen.

Schlüsselindikatoren der Analyse sind dabei die dia - gnostische Übereinstimmung (dÜ) von Aufnahmedia - gnose in der Notaufnahme und Entlassungsdiagnose aus dem Klinikum und die diagnostische Effizienz (dEff) (dEff = dÜ × 100/Aufenthaltsdauer in Minuten).

Die standardmäßigen Ergebnisse dieser Studie sind mit denen aus der Literatur vergleichbar und sollen hier nur kurz angesprochen werden: In zwölf Monaten wur- den 6 683 Patienten behandelt, davon 64,6 % stationär weiterversorgt, inklusive der 14 % auf der Intensivstati- on. Vergleichbar mit Literaturdaten waren auch Krank- heitsspektrum, Tages- und Wochenrhythmik sowie die diagnosebezogene Aufenthaltsdauer. Spannend und in- novativ sind vor allem die Ergebnisse für die von den Autoren neu kreierten Qualitätsindikatoren: die dia - gnostische Übereinstimmung (dÜ) lag für das Gesamt- kollektiv bei 0,71 und die diagnostische Effizienz (dEff)

Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin III Universitätsklinikum Halle (Saale) der

Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg:

Prof. Dr. med. Werdan

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ge therapeutische. Aber was könnte die Notfallmedizi- ner abhalten der diagnostischen Effizienz dEff die krankheitsspezifische therapeutische Effizienz tEff zur Seite zu stellen? Das Tor ist geöffnet. Hier wäre der an- zustrebende Weg aber sicherlich ein koordiniertes und standardisiertes Vorgehen gemeinsam mit den zuständi- gen Fachgesellschaften. Dies erscheint besonders wich- tig.

Ein Schritt nach vorn

Dormann und Koautoren haben einen wichtigen Schritt hinsichtlich der Prozessqualitäts-Dokumentation der Notfallmedizin nach vorne getan. Sie haben praktikable Qualitätsindikatoren retrospektiv erarbeitet und vorge- schlagen, die die Arbeit auf einer Notaufnahme trans- parenter und damit vergleichbarer machen können, und das ist wichtig. Insofern darf man Dormann und Koau- toren zu ihrer Arbeit gratulieren und den Autoren eine lebhafte Leserdiskussion und einen regen Gedanken- austausch mit den Kolleginnen und Kollegen und den Fachgesellschaften wünschen.

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne des International Com- mittee of Medical Journal Editors besteht.

LITERATUR

1. Hogan B, Brachmann M: SWOT-Analyse einer zentralen Notaufnah- me mit Analyse der Erfolgspotentiale. Notfall Rettungsmed 2009;

12: 256–60.

2. Pietsch C, Bernhard M, Gries A: Die Interdisziplinäre Notfallaufnah- me in Deutschland – eine Herausforderung für die Zukunft. Inten- siv- und Notfallbehandlung 2010; 35(1): 3–15.

3. Zimmermann H, Exadaktylos A, Brodmann M: Die interdisziplinäre Notfallstation. In: Madler C, Jauch K-W, Werdan K, Siegrist J, Pajonk F-G (eds.): Akutmedizin – die ersten 24 Stunden. Das NAW-Buch.

München: Elsevier Urban & Fischer 2009; 115–31.

4. Fleischmann T, Walter B: Interdisziplinäre Notaufnahmen in Deutschland: Eine Anlaufstelle für alle Notfälle. Dtsch Arztebl 2007;

104: A 3164–6.

5. Stürmer KM: Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesell- schaft für Chirurgie (DGCH) und der Deutschen Gesellschaft für In- nere Medizin (DGIM). Zur Problematik zentraler Notaufnahmen. Med Klinik 2007;102: 180–1.

6. Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte (agswn), Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Bundesärzte- kammer (BÄK), Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND), Deutsche Gesellschaft für Anästhe- siologie und Intensivmedizin (DGAI), Deutsche Gesellschaft für Chir - urgie (DGCH), Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU): Eckpunk- tepapier zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in Klinik und Präklinik. Notfall Rettungsmed 2008; 11: 421–2.

7. Metzner J: Krankenhausplanung für die Notfallbehandlung in Hes- sen. Notfall Rettungsmed 2009; 10: 437–40.

8. Wenzel V, Böttinger BW, Spöhr F: Wissenschaft in der Notfallmedi- zin. In: Madler C, Jauch K-W, Werdan K, Siegrist J, Pajonk F-G (eds.): Akutmedizin – die ersten 24 Stunden. Das NAW-Buch. Mün- chen: Elsevier Urban & Fischer 2009; Kap. 105, 1–12 online.

9. Dormann H, Diesch K, Ganslandt T, Hahn EG: Numerical parameters and quality indicators in a medical emergency department [Kenn- zahlen und Qualitätsindikatoren einer medizinischen Notaufnahme.]

Dtsch Arztebl Int 2010; 107(15): 261–7

10. Müller-Werdan U, Wilhelm J, Hettwer S, Nuding S, Ebelt H, Werdan K: Spezielle Aspekte beim Sepsispatienten. Initiale Phase in der Notaufnahme, Lebensalter, Geschlecht. Internist 2009; 50:

828–40.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Karl Werdan

Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin III Universitätsklinikum Halle (Saale) der

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Ernst-Grube-Straße 40, 06120 Halle (Saale) E-Mail: karl.werdan@medizin.uni-halle.de The Evaluation of Emergency Admissions

Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(15): 259–60 DOI: 10.3238/arztebl.2010.0259

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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