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Archiv "Polytrauma und Schwerverletztenbehandlung" (10.02.2012)

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KLINISCHE LEITLINIE

Polytrauma und

Schwerverletztenbehandlung

Edmund A. M. Neugebauer, Christian Waydhas, Sven Lendemans, Dieter Rixen, Michaela Eikermann, Tim Pohlemann

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Die Versorgung des Schwerverletzten ist eine herausfordernde in- terdisziplinäre Aufgabe. Nachdem nur eine S1-Leitlinie der Deutschen Gesell- schaft für Unfallchirurgie (DGU) aus dem Jahr 2002 vorlag, wurde jetzt eine umfassende, evidenz- und konsensbasierte interdisziplinäre S3-Leitlinie Poly- trauma/Schwerverletzten-Behandlung mit dem Ziel entwickelt, einen Beitrag zur Optimierung der Struktur- und Prozessqualität in den Kliniken sowie in der präklinischen Versorgung zu leisten, um die Ergebnisqualität in Mortalität und Lebensqualität verbessern zu helfen.

Methode: Ein repräsentatives Leitliniengremium, bestehend aus 18 Vertretern von elf Fachgesellschaften unter Federführung der DGU und eine Koordinato- rengruppe wurde für die drei Themenbereiche Präklinik, Schockraum und erste OP-Phase gebildet. Nach Abstimmung von Schlüsselfragen sowie einer syste- matischen Literaturrecherche und -bewertung (Zeitraum 1995–2010, Deutsch und Englisch) wurden Kernaussagen mit Erläuterungstexten formuliert, die mit- tels Nominaler Gruppenprozesse (NGP) in fünf Konsensuskonferenzen und drei weiteren Delphirunden mit den Vertretern der Fachgesellschaften abgestimmt wurden.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 264 Schlüsselempfehlungen verabschiedet:

Hiervon beziehen sich auf Präklinik 66, Schockraum 102 und erste OP-Phase 96. Die weitere Subkategorisierung der Hauptkapitel erfolgte anhand organisa- torischer und anatomischer Gesichtspunkte. Präklinisch stand der Handlungs- ablauf, der bestimmten Prioritäten folgt, im Fokus. Im Schockraum war die Schaffung klarer Strukturen und Prozessabläufe wichtig, während in der ersten OP-Phase das „Damage Control“-Prinzip (Reduktion von Sekundärschäden) im Vordergrund stand.

Schlussfolgerung: Entscheidend für den Erfolg der Leitlinie wird die Implemen- tierung in der Praxis sein. Das TraumaNetzwerk DGU (http://www.dgu-trauma netzwerk.de) hat bereits entsprechende Vorgaben formuliert, durch die dies er- leichtert werden sollte.

►Zitierweise

Neugebauer EAM, Waydhas C, Lendemans S, Rixen D, Eikermann M, Pohlemann T: Clinical practice guideline: The treatment of patients with severe and multiple traumatic injuries. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(6): 102–8.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0102

U

nfälle bleiben in Deutschland die häufigste To- desursache bei über einjährigen Kindern und jungen Erwachsenen (1). Über acht Millionen Men- schen verletzten sich nach Schätzungen der Bundes- anstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (www.

baua.de) jährlich durch Unfälle (1, 2). Für deren me- dizinische Behandlung werden jährlich knapp 5 % der direkten Krankheitskosten aufgewendet, auf sie entfallen rund 13 % der jährlichen Arbeitsunfähig- keitstage bei erwerbstätigen Mitgliedern der AOK und knapp ein Viertel der verlorenen Erwerbstätig- keitsjahre in Deutschland (3).

Die Versorgung des Schwerverletzten ist eine in- terdisziplinäre Aufgabe (4). Die jetzt vorliegende in- terdisziplinäre S3-Leitlinie ist evidenz- und konsens- basiert. Ihr Ziel ist es, durch Implementierung der Empfehlungen in der klinischen und präklinischen Versorgung zur Optimierung der Struktur- und Pro- zessqualität beizutragen und dadurch die Ergebnis- qualität in Bezug auf Mortalität und Lebensqualität weiter zu verbessern. Die Empfehlungen beziehen sich auf erwachsene Patienten und sind in drei Teil- bereiche gegliedert:

präklinische Versorgung,

Schockraumversorgung und

erste Operationsphase.

Adressaten der Leitlinie sind in erster Linie die an der Versorgung eines schwerverletzten Patienten beteiligten Ärztinnen und Ärzte sowie alle anderen an der Versor- gung beteiligten medizinische Berufsgruppen. Sie stellt somit eine wichtige Grundlage der interdisziplinären Versorgung im Rahmen des TraumaNetzwerks DGU (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie) dar (5).

Methode

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V.

(DGU) hat als federführende Fachgesellschaft die zentrale Leitlinienkoordination für diese Leitlinie an das Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM) übertragen. Die Konsensgruppe bestand aus achtzehn Vertretern von elf Fachgesellschaften (Kasten 1).

Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen existieren zu den verschiedenen Phasen der Be - handlung von polytraumatisierten Patienten häufig nur wenige Studien mit hoher Evidenz. So be -

Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) Universität Witten/Herdecke, Campus Köln-Merheim: Prof. Dr. Prof. h.c. Neugebauer, Dr. med. Eikermann

Klinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Essen: Prof. Dr. med. Wayhas, PD Dr. med. Lendemans Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg:

Prof. Dr. med. Rixen

Präsident Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Klinik für Unfall-, Hand- und

Wiederherstellungschirurgie, Kliniken und Institut für Chirurgie Universitätsklinikum des Saarlandes:

Prof. Dr. med. Pohlemann

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einflussten beispielsweise nicht vollständig kontrol- lierte Bias Quellen, die Heterogenität der unter - suchten Versorgungssysteme und die schwierigen Bedingungen in der Notfallsituation die Daten - erhebung und Studienkonzeption der ausgewerte - ten Publikationen. Es wurden vorrangig die Studien mit dem höchsten zur Verfügung stehenden Evidenz- level (LoE) für die Formulierung der Empfehlungen herangezogen. Die Methode der Literatursuche und die Suchstrategie ist im Leitlinienreport unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012–019.html dargestellt (Grafik, eKasten).

Formulierung der Empfehlung und Konsensusfindung

Die Empfehlungen sowie die Empfehlungsgrade wurden in fünf Konsensuskonferenzen verabschie- det. Es wurden drei Empfehlungsgrade („Grade of Recommendation“, GoR) unterschieden (A = starke Empfehlung, B = Empfehlung, 0 = Empfehlung of- fen). Die Formulierung der Schlüsselempfehlung lautete entsprechend „soll“, „sollte“ oder „kann“. In die Festlegung des GoR wurden neben der zugrunde- liegenden Evidenz auch Nutzen-Risiko-Abwägun- gen, Direktheit und Homogenität der Evidenz sowie klinische Expertise einbezogen (7). Die meisten Empfehlungen wurden im „starken Konsens“ (Zu- stimmung von > 95 % der Teilnehmer) verabschie- det. Insgesamt liegen aufgrund der Komplexität der Erkrankung in diesem Forschungsfeld leider nur sehr wenige randomisierte Studien (Evidenzlevel I) vor.

Die Leitlinie ist bis Dezember 2014 gültig.

Ergebnisse

Trotz qualitativ zum Teil eingeschränkter Studien - lage war es möglich, für die meisten Schlüssel - fragen eindeutige Empfehlungen (66 Präklinik, 102 Schockraum, 96 „erste OP-Phase“) für die klinische Praxis zu geben (Kasten 2).

Präklinische Versorgung

Eine möglichst schnelle und reibungslose Versor- gung der schwerverletzten Patienten beginnt unter den Bedingungen des strukturierten Rettungsdiens- tes bereits an der Unfallstelle. Der Rettungsdienst muss eng mit den weiterversorgenden Traumazen- tren zusammenarbeiten. Dazu wird bereits im Eck- punktepapier zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in Klinik und Präklinik aus dem Jahr 2008 (4) gefordert, dass eine definitive klini- sche Therapie bei wesentlichen notfallmedizinischen Krankheitsbildern wie dem Schwerverletzten inner- halb von 90 Minuten erreicht werden soll. Um dies zu ermöglichen, ist eine Zeit von 60 Minuten zwi- schen Eingang des Notrufs und Aufnahme in der Kli- nik zu erreichen. Bei der Versorgung eines schwer- verletzten Patienten handelt es sich um einen Ablauf von Handlungen, der bestimmten Prioritäten folgt.

Im präklinischen Bereich stehen nur wenige invasive Interventionsmöglichkeiten zur Verfügung, von de-

nen die wichtigsten Maßnahmen (Atemwegsmanage- ment, Sicherung der Oxygenierung, Anlage einer Thoraxdrainage, Volumentherapie, Lagerung) in Be- zug auf Indikationen und Durchführung in der Leitli- nie dargestellt sind.

Notfallnarkose, Atemwegsmanagement und Beatmung beim Polytrauma/Schwerverletzten

Im Ablauf der prioritätenorientierten Versorgung steht die Sicherung der Atemwege (A-Problem) und der Atmung (B-Problem) an vorderster Stelle. Die endo tracheale Intubation und Beatmung und damit die Sicherung der Atemwege mit dem Ziel der bestmöglichen Oxygenierung und Ventilation des Patienten ist eine zentrale therapeutische Maßnah- me. Die Schlüsselempfehlungen richten sich streng nach objektivierbaren Befunden gestörter Vitalfunk- tionen. So sollen bei polytraumatisierten Patienten mit Apnoe oder Schnappatmung (Atemfrequenz < 6) präklinisch eine Notfallnarkose, eine endotracheale Intubation und eine Beatmung durchgeführt werden (GoR A).

Weitere präklinische Intubationsindikationen (GoR B) sind:

Hypoxie (SpO2 < 90 %) trotz Sauerstoffgabe und nach Ausschluss eines Spannungspneumo - thorax,

schweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT) (Glas- gow Coma Scale [GCS] < 9),

traumaassoziierte hämodynamische Instabilität (RRsys < 90 mmHg) und

schweres Thoraxtrauma mit respiratorischer In- suffizienz (Atemfrequenz > 29).

durch die Leitliniengruppen recherchierte Referenzen:

N = 18 493*

insgesamt zu screenende Referenzen:

N = 18 665*

von den Leitliniengruppen eingeschlossene und zitierte Referenzen:

N = 2 592*

zusätzliche Referenzen mittels Handsuche

der Autoren:

N = 172*

GRAFIK

Flussdiagramm zum Ablauf der Literaturrecherche.

* Aufgrund der hohen Anzahl an unterschiedlichen Kapiteln und Autorengruppen unterscheiden sich die Recherchezeiträume, und es kommt gegebenenfalls zu Überschneidungen der Referenzen.

Die jeweiligen Ein-/Ausschlusskriterien variierten je nach Kapitel und wurden gegebenenfalls im Empfehlungsgrad berücksichtigt.

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Bei der Entscheidung für oder gegen eine Intubati- on sind vor allem Erfahrung und Routinetraining aber auch Umstände an der Einsatzstelle (zum Beispiel Einklemmung, Rettungszeit), Transportart, Transport- zeit, Begleitverletzungen im Bereich der Atemwege und Intubationshindernisse mit zu berücksichtigen. In der Leitlinie wird deshalb mit einer eigenen Grad- A-Empfehlung gefordert, dass notärztliches Personal regelmäßig in der Notfallnarkose, der endotrachealen Intubation und den alternativen Methoden zur Atem- wegssicherung (Maskenbeatmung, supraglottische Atemwegshilfen, Notfallkoniotomie) zu trainieren.

Eine Intubationsindikation ohne Vorliegen von kon- kret bestehenden bedrohliche Störungen von Vital- funktionen (Wehrigkeit, Aggressivität oder Fremd-/

Selbstgefährdung) kann mehr schaden als nützen.

Volumentherapie

Bei schwer verletzten Patienten sollte eine Volumen- therapie eingeleitet werden, die bei unkontrollierba- ren Blutungen in reduzierter Form durchgeführt wer- den sollte, um den Kreislauf auf niedrig-stabilem Ni- veau zu halten und die Blutung nicht zu verstärken (GoR B). Bei hypotensiven Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma sollte eine Volumentherapie mit dem Ziel der Normotension durchgeführt werden (GoR B). Normotensive Patienten bedürfen keiner Volumentherapie, es sollten jedoch venöse Zugänge gelegt werden (GoR B). Zur Volumentherapie bei Traumapatienten sollten Kristalloide eingesetzt wer- den (GoR B). Isotone Kochsalzlösung sollte nicht verwendet werden; Ringer-Malat, alternativ Ringer- Acetat oder Ringer-Laktat, sollte bevorzugt werden (GoR B).

Thoraxverletzung

Grundlagen der Indikationsstellung zur Drainage/

Dekompression des Pleuraraums sind die Untersu- chung, die Wertung der erhobenen Befunde und die Nutzen-Risiko-Abwägung bei eingeschränkten diag- nostischen Möglichkeiten.

Eine klinische Untersuchung (mindestens die Be- stimmung der Atemfrequenz und die Auskultation der Lunge, des Thorax und der Atemfunktion) soll durch- geführt werden. Die Verdachtsdiagnose Pneumo- und/

oder Hämatothorax soll bei einseitig abgeschwächtem oder fehlendem Atemgeräusch (bei korrekter Tubus- lage) gestellt werden. Das Fehlen eines solchen Aus- kultationsbefundes, insbesondere bei Normopnoe und thorakaler Schmerzfreiheit, schließt einen größeren Pneumothorax weitgehend aus (GoR A).

Die Verdachtsdiagnose Spannungspneumothorax sollte gestellt werden bei einseitig fehlendem Atemgeräusch bei der Auskultation der Lunge (nach Kontrolle der korrekten Tubuslage) und dem zusätz- lichen Vorliegen von typischen Symptomen, ins - besondere einer schweren respiratorischen Störung oder einer oberen Einflussstauung in Kombination mit einer arteriellen Hypotension (GoR B). Ein klinisch vermuteter Spannungspneumothorax soll KASTEN 1

Leitliniengruppe

Am Konsensusprozess beteiligte Fachgesell - schaften mit ihren Delegierten und stimmberechtigte Koordinatoren der Teilbereiche

Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (federführend)

vertreten durch

– den Präsidenten Prof. Dr. med. Tim Pohlemann – den Generalsekretär Prof. Dr. med. Hartmut Siebert – Prof. Dr. med. Andreas Seekamp

– Prof. Dr. med. Klaus Michael Stürmer Koordination der Teilbereiche:

– Prof. Dr. med. Christian Waydhas – PD Dr. med. Sven Lendemans – Prof. Dr. med. Steffen Ruchholtz – Prof. Dr. med. Bertil Bouillon – Prof. Dr. med. Dieter Rixen

Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin

– Prof. Dr. med. Bernd W. Böttiger – Prof. Dr. med. Jürgen Schüttler

Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie – PD Dr. med. Thomas Bürger

Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

– Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ralf Gutwald

Deutsche Gesellschaft für Urologie – Prof. Dr. med. Markus Hohenfellner

Deutsche Gesellschaft für Viszeralchirurgie – Prof. Dr. med. Ernst Klar

Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie – Prof. Dr. med. Eckhard Rickels

Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie – Prof. Dr. med. Lothar Swoboda

Deutsche Röntgengesellschaft – Univ.-Prof. Dr. med. Thomas J. Vogl

Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie

– Dr. med. Frank Waldfahrer

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie – Prof. Dr. med. Margot Wüstner-Hofmann

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umgehend dekomprimiert werden (GoR A). Ein durch Auskultationsbefund diagnostizierter Pneumothorax sollte bei Patienten, die mit Überdruck beatmet werden, dekomprimiert werden (GoR B). Ein durch Auskultationsbefund diagnostizierter Pneumothorax sollte bei nicht beatmeten Patienten in der Regel unter engmaschiger klinischer Kontrolle beobach- tend behandelt werden (GoR B).

Bezüglich der Empfehlungen zur Erstbehandlung beim SHT, bei Wirbelsäulenverletzungen, Verletzun- gen der Extremitäten und des Beckens sei auf die Ausführungen in der Leitlinie verwiesen.

Allgemeine Empfehlungen

Neben der Behandlung des Patienten spielen in der Präklinik auch übergreifende Aspekte wie die Wahl des Zielkrankenhauses eine Rolle. Neben der Kran- kenhausstruktur können zusätzlich zu den medizini- schen Überlegungen auch organisatorische und lo- gistische Umstände die Entscheidung beeinflussen.

Untrennbar damit ist verbunden, ob es sich beim Pa- tienten überhaupt um einen Schwerverletzten han- delt (Möglichkeit der Übertriage). Ziel sollte es sein, jeden Patienten mit begründetem Verdacht bezie- hungsweise nachgewiesener schwerer Verletzung umgehend und direkt in ein zertifiziertes Traumazen- trum im TraumaNetzwerk DGU zu bringen.

Aspekte und Interventionen beziehungsweise Leitlinien müssen insgesamt in einen allgemeinen Handlungsweg eingebettet sein, der Prioritäten setzt und Handlungspfade vorgibt. Einen solchen Rahmen können Konzepte wie Prehospital Trauma Life Sup- port (PHTLS) für die Präklinik und Advanced Trau- ma Life Support (ATLS) sowie European Trauma Course (ETC) für die Klinik vorgeben.

Schockraumversorgung Schockraumempfehlungen zur Struktur

Die Versorgung eines schwerverletzten Patienten im Schockraum stellt aufgrund der akuten Ereignisse und der hohen Anzahl von behandelnden Ärzten aus unterschiedlichen Fachdisziplinen große Anforde- rungen an den Behandlungsprozess. Die Grundlage für eine reproduzierbare und valide Behandlung ist ein gut abgestimmtes Zusammenspiel der unter- schiedlichen medizinischen Disziplinen sowie ein Parallelisieren von Prozessen. Wichtig ist ein inter- professioneller und interdisziplinär zwischen den be- teiligten Berufsgruppen abgestimmter Schockrau- malgorithmus für jede Klinik und dass alle Beteilig- ten diesen kennen und regelmäßig trainieren.

Durch die Einführung regionalisierter Traumazen- tren mit definierten Standards in der Behandlung von Traumapatienten konnte die Rate vermeidbarer To- desfälle in den USA reduziert werden (21, 22). Um eine weitere Verbesserung und Vereinheitlichung der Polytraumaversorgung auch in Deutschland zu ge- währleisten, war es daher sinnvoll, strukturelle und personelle Voraussetzungen zu erarbeiten und wei- testgehend zu standardisieren.

Im Konsens mit allen Fachgesellschaften wird empfohlen:

Zur Polytraumaversorgung sollen feste Teams (sogenannte Schockraumteams) nach vorstruk- turierten Plänen arbeiten und/oder ein speziel- les Training absolviert haben (GoR A).

Das Basis-Schockraumteam soll aus mindes- tens drei Ärzten (zwei Chirurgen, ein Anästhe- sist) bestehen, wobei mindestens ein Anästhe- sist und ein Chirurg Facharztstandard haben sollen (GoR A).

Traumazentren sollen erweiterte Schockraum- teams vorhalten (GoR A).

Für die weitere Versorgung notwendige Ober- ärzte sollen nach ihrer Anforderung innerhalb der nächsten 20–30 Minuten anwesend sein (GoR A).

Die Größe des Schockraums sollte 25–50 m2 (pro zu behandelndem Patienten) betragen (GoR B).

Der Schockraum, die Krankenanfahrt, die ra- diologischen Abteilung und die OP-Abteilung sollten sich in dem gleichen Gebäude befinden.

Der Hubschrauberlandeplatz sollte sich auf dem Klinikgelände befinden (GoR B).

Bei folgenden Verletzungen soll das Trauma-/

Schockraumteam aktiviert werden (GoR A):

systolischer Blutdruck < 90 mmHg nach Trau-

ma,Vorliegen von penetrierenden Verletzungen der Rumpf-Hals-Region,

Schussverletzungen der Rumpf-Hals-Region,

GCS < 9 nach Trauma,

bei Atemstörungen/Intubationspflicht nach Trauma,

Frakturen von mehr als zwei proximalen Kno- chen,

instabiler Thorax/Beckenfrakturen,

Amputationsverletzung proximal der Hände/

Füße,

Querschnittsverletzung,

offene Schädelverletzungen/Verbrennungen 20 % und Grad ≥ 2b.

Bei folgenden zusätzlichen Kriterien (Unfallme- chanismen) sollte das Trauma-/Schockraumteam ak- tiviert werden (GoR B):

nach einem Sturz aus über 3 Metern Höhe

nach einem Verkehrsunfall (VU) mit Frontal- aufprall mit Intrusion mehr als 50–75 cm, einer Geschwindigkeitsveränderung von delta > 30 km/h, Fußgänger/Zweirad-Kollision, Tod eines Insassen und/oder Ejektion eines Insassen.

Da die Erkennung und Behandlung der schweren Verletzung zur Kernkompetenz der Unfallchirurgie im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie gehört, sind Ärzte dieser Fachdisziplin möglicherweise legiti- miert, die Schockraumbehandlung zu führen (9). Al- lerdings existieren auch andere funktionsfähige Kon- zepte (10–12). In der Leitlinie wurde diesem sensi- blen Gebiet an unterschiedlichen Stellen Rechnung getragen, da auch Konzepte ohne Teamleader mit ei- ner reinen multidisziplinären Teamarbeit tragfähig

(5)

sein können. Hierbei sollte jedoch klar geregelt sein, wer für welche Situation im Schockraum die Verant- wortung übernimmt, um auch für forensische Frage- stellungen gewappnet zu sein (13). Der Unfallchi- rurg kann dadurch von der Verantwortung für die Steuerung des gesamten Prozessablaufes der Schwerverletztenbehandlung bis zu seiner Rehabili- tation nicht entbunden werden.

Erste OP-Phase

Nach der Datenlage des TraumaRegisters DGU wei- sen mehr als 65 % aller Schwerverletzten Extremitä- tenverletzungen und/oder Beckenverletzungen (AIS,

„Abbreviated Injury Scale“) auf. Trotzdem gibt es konträre operative Versorgungsstrategien bei Femur- schaftfrakturen im Rahmen eines Polytraumas (14).

So werden nach Analysen des TraumaRegisters DGU Femurschaftfrakturen bei polytraumatisierten Pa- tienten in Deutschland in einigen Kliniken primär mit einem Fixateur externe, in anderen Kliniken mit einem Marknagel und schließlich in vielen Kliniken in jedem erdenklichen Verhältnis mal mit Fixateur und mal mit Marknagel versorgt (14).

Ziel dieses Leitlinienteilabschnittes war es, einen Überblick über die zugrundeliegende Evidenz unter- schiedlicher Versorgungsstrategien in der ersten operativen Phase nach Polytrauma zu erstellen und hieraus entweder klinische Behandlungskorridore abzuleiten oder aber die Notwendigkeit von wissen- schaftlicher Überprüfung zu dokumentieren.

Im Rahmen der Frakturversorgung wurde zu- nächst von einer geschlossenen Fraktur ohne Gefäß- beteiligung und ohne Kompartmentsyndrom ausge- gangen. Diese gelten als Notfallindikation zur Ope- ration und bedingen eine abweichende Versorgungs- strategie. Bei manchen komplexen Verletzungsmus- tern muss berücksichtigt werden, dass eine primär definitive Versorgung nur dann zu erwägen ist, wenn

eine sorgfältige Planung (gegebenenfalls auf der Basis einer 3-D-Computertomographie) durchgeführt wurde,

die erwartete Operationszeit nicht zu lange sein wird,

ein erfahrener Operateur anwesend ist und

ein geeignetes Implantat im Hause vorrätig ist.

Bei der Formulierung der Leitlinie wurde von ei- nem sonst kreislaufstabilen Patienten mit zusätzli- chen Verletzungen der Extremitäten ausgegangen.

Das Vorgehen bei einer Mehrfachverletzung mit kar- diopulmonaler, metabolischer oder koagulatorischer

„Instabilität“ kann sich hiervon deutlich unterschei- den. Bezüglich der Risikobeurteilung des Polytrau- matisierten zur Entscheidungshilfe der Versorgungs- strategie sei auf die einschlägige Literatur verwiesen (14–20). „Damage Control“ ist dabei eine Strategie zur Versorgung von Schwerverletzten mit dem Ziel, Sekundärschäden zu minimieren und das Outcome der Patienten zu maximieren. Im Bereich der Frak- turversorgung wird hierbei zum Beispiel auf die pri- mär definitive Osteosynthese verzichtet und stattdes- KASTEN 2

Gliederung der Leitlinie in drei Themenbereiche sowie anatomische und

organisatorische Kapitel

Präklinik

– Einleitung

– Atemwegsmanagement, Beatmung und Notfallnarkose

– Volumentherapie – Thorax

– Schädel-Hirn-Trauma – Wirbelsäule – Extremitäten – Urogenitaltrakt – Transport und Zielklinik

– Massenanfall von Verletzten (MANV)

Schockraum

– Einleitung

– personelle und apparative Voraussetzungen – Kriterien Schockraumaktivierung

– Thorax – Abdomen

– Schädel-Hirn-Trauma – Becken

– Urogenitaltrakt – Wirbelsäule – Extremitäten – Hand – Fuß

– Unterkiefer und Mittelgesicht – Hals

– Reanimation – Gerinnungssystem

– interventionelle Blutungskontrolle

Erste OP-Phase – Einleitung – Thorax – Zwerchfell – Abdomen

– Schädel-Hirn-Trauma – Urogenitaltrakt – Wirbelsäule – obere Extremität – Hand

– untere Extremität – Fuß

– Unterkiefer und Mittelgesicht – Hals

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sen eine temporäre Stabilisierung mittels Fixateur externe durchgeführt. In einer randomisiert kontrol- lierten Studie (RCT) konnte gezeigt werden, dass sich hierdurch die postoperative inflammatorische Reaktion in Form der IL-6-Ausschüttung signifikant vermindert (OR = 0,21; 95-%-Konfidenzintervall:

0,133–0,32; p < 0,0001) (17). Durch den schonende- ren Eingriff und die kürzere Operationszeit soll die zusätzliche Traumabelastung im Sinne des Sekun- därschadens möglichst gering gehalten werden. Des- halb müssen

die individuellen biologischen Voraussetzungen (zum Beispiel das Alter),

die Gesamtverletzungsschwere,

schwere Zusatzverletzungen (zum Beispiel ein schweres SHT),

die notwendige Operationszeit,

kompensierte Störungen der Vitalparameter (Borderlinepatienten) und

der physiologische Zustand des Patienten wie Metabolik, Gerinnung, Temperatur

mit in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Umsetzung in die Versorgung

Entscheidend für den Erfolg der Leitlinie wird die Implementierung in der Praxis sein. Das Trauma- Netzwerk DGU (http://www.dgu-traumanetzwerk.

de) hat bereits entsprechende Vorgaben formuliert, durch die die Implementierung sicher erleichtert wird. Hierzu gehören unter anderem:

Die Einführung einheitlicher personeller, struk- tureller und organisatorischer Voraussetzungen (zum Beispiel Schockraumausstattung),

die Formulierung von standardisierten Behand- lungsabläufen und Verlegungskriterien für die Frühphase der Schwerverletztenversorgung auf Basis der S3-Leitlinie sowie

die Teilnahme an internen und externen qualitäts- sichernden Maßnahmen und Erfassung der aktu - ellen Versorgungszahlen und -abläufe auf Basis des TraumaRegisters und der Vorgaben des TraumaNetzwerks zur Förderung von Qualität und Behandlungssicherheit (www.traumaregister.de, www.traumentzwerk-dgu.de) und weiterer Pro- gramme.

Danksagung

Die Erstellung einer so umfangreichen Leitlinie war nur möglich durch die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten. Hierfür möchten wir allen herz- lich danken.

Ein besonderer Dank gilt den Koordinatoren der einzelnen Teilbereiche. Neben den Autoren dieses Artikels sind dies vor allem Prof. Ruchholz (Marburg) und Prof. Bouillon (Köln, Witten/Herdecke).

Für die Koordination und praktische Umsetzung durch das Institut für For- schung in der Operativen Medizin (IFOM) der Universität Witten/Herdecke dan- ken wir besonders Frau Dipl. Ges.-Ök. Walgenbach und Herrn Dipl. Ges.-Ök.

Mosch sowie Herrn Dr. Schenkel (Unfallchirurgische Klinik Köln-Merheim) und Frau Prof. Kopp (AWMF).

Eine ganz ausgezeichnete Unterstützung im Gesamtprozess haben wir durch den Generalsekretär der DGU Prof. Siebert erhalten.

Dank gilt den Autoren und Teilnehmern der beteiligten Fachgesellschaften am Konsensusverfahren für ihre ausschließlich ehrenamtliche Arbeit.

Interessenkonflikt

Prof. Waydhas erhielt Beraterhonorare von Bayer Vital GmbH, Hutchinson Technologies, Astra Zeneca, Reisekostenerstattung und Vortragshonorare von Bayer Vital GmbH, Medi GmbH, Astra Zeneca, Hutchinson und Sanofi sowie Honorare für die Durchführung klinischer Studien auf ein Drittmittelkonto von Astra Zeneca, Novo Nordisk, Lilly, u. a.

PD Lendemans erhielt Beraterhonorare von Medtronik.

Prof. Neugebauer erhielt Beraterhonorare von BioMet und Pfizer, Gutachter - honorare von Javelin Pharma, Teilnahmegebührenerstattung für Kongresse von MSD und Grünenthal sowie Reisekostenerstattungen und Vortragshono - rare von MSD, Grünenthal und BioMet.

Die anderen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 16. 1. 2012, angenommen: 16. 1. 2012

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. Prof. h. c. Edmund Neugebauer

Leiter der Lenkungsgruppe für die S3-Leitlinie Polytrauma Lehrstuhl für Chirurgische Forschung

Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) Universität Witten/Herdecke

Ostmerheimerstraße 200 51109 Köln

edmund.neugebauer@uni-wh.de

SUMMARY

Clinical Practice Guideline: The Treatment of Patients With Severe and Multiple Traumatic Injuries

Background: The care of severely and multiply injured patients is an in- terdisciplinary challenge. The only existing German-language guideline up to now has been the S1-guideline issued in 2002 by the German Society for Trauma Surgery (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, DGU). In this article, we present a new, comprehensive, evidence and consensus based S3-guideline for the treatment of severely and multi- ply injured patients in the pre-hospital and early in-hospital phases which has been developed with the aim of structural and procedural quality optimization. Its implementation should lower these patients’ mortality and improve their quality of life.

Methods: The guideline was developed by a panel consisting of 18 de- legates from 11 specialty societies under the lead of the DGU, with de- signated coordinators for each of three phases of treatment: the pre- hospital phase, the emergency-room phase, and the emergency surge- ry phase. The key questions to be answered were determined by vote, and then the relevant literature (in English and German, 1995–2010) was systematically searched and evaluated. Key recommendations with explanatory texts were formulated and agreed upon in a nominal group process (NGP) with five consensus conferences and three further Delphi rounds.

Results: 264 recommendations were issued: 66 for the pre-hospital phase, 102 for the emergency-room phase, and 96 for the emergency surgery phase. The three phases were subcategorized according to or- ganizational and anatomical considerations. Topics of major emphasis were, in the pre-hospital phase, the establishment and implementation of correct priorities for treatment; in the emergency-room phase, the creation of clear structures and processes; and, in the emergency sur- gery phase, the avoidance of secondary injury (i.e., the principle of da- mage control).

Conclusion: This guideline can only improve outcomes if it is implemen- ted in routine practice. Aside from the guideline itself, the DGU trauma network (http://www.dgu-traumanetzwerk.de) has issued a set of di- rections as an aid to its implementation.

Zitierweise

Neugebauer EAM, Wayhas C, Lendemans S, Rixen D, Eikermann M, Pohlemann T: Clinical practice guideline: The treatment of patients with severe and multiple traumatic injuries. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(6): 102–8.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0102

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit0612

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de eKasten:

www.aerzteblatt.de/12m0102

(8)

KLINISCHE LEITLINIE

Polytrauma und

Schwerverletztenbehandlung

Edmund A. M. Neugebauer, Christian Waydhas, Sven Lendemans, Dieter Rixen, Michaela Eikermann, Tim Pohlemann

eKASTEN

Methode

Das Leitlinienvorhaben wurde erstmals im Dezember 2004 und erneut im Mai 2009 angemeldet. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V.

hat als federführende Fachgesellschaft die zentrale Leitlinienkoordination für diese Leitlinie an das Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM) übertragen. Die Konsensgruppe der S3-Leitlinie bestand aus achtzehn Vertretern von elf Fachgesellschaften (Kasten 1). Für jeden der ge- nannten Themenbereiche wurden verantwortliche Koordinatoren benannt. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen existieren zu den ver- schiedenen Phasen der Behandlung von polytraumatisierten Patienten häufig nur wenige Studien mit hoher Evidenz. So beeinflussten beispielsweise nicht vollständig kontrollierte Bias Quellen, die Heterogenität der untersuchten Versorgungssysteme und die schwierigen Bedingungen in der Notfall- situation die Datenerhebung und Studienkonzeption der ausgewerteten Publikationen. Die Auswahl und Bewertung der in die Leitlinie eingeschlosse- nen Literatur erfolgte durch die Autoren der jeweiligen Einzelkapitel nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin. Als Grundlage der Evidenz - darlegung für die Empfehlungen wurden die Evidenzklassifizierungen des Oxford Centre of Evidence-based Medicine (CEBM) in der Version von März 2009 verwendet (6). Es wurden vorrangig die Studien mit dem höchsten zur Verfügung stehenden Evidenzlevel (LoE) für die Formulierung der Empfehlungen herangezogen. Nach der Formulierung von Schlüsselfragen für die systematische Literaturrecherche und -bewertung erfolgen die Literaturrecherche in der Datenbank Medline (via PubMed) mittels medizinischer Schlagworte (Medical Subject Headings/MeSH) zum Teil ergänzt durch eine Freitextsuche. Zusätzliche Recherchen wurden in der Cochrane Library (Central) durchgeführt. Als Publikationszeitraum wurde 1995–2010 festgelegt, als Publikationssprachen Deutsch und Englisch. Die Methode der Literatursuche und die Suchstrategie ist im Leitlinienreport unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012–019.html dargestellt (Grafik). Die beteiligten Fachgesellschaften benannten jeweils mindestens einen Delegierten, welcher als Vertreter der jeweiligen Fachgesellschaft bei der Erstellung der Leitlinie mitwirkte. Jede Fachgesellschaft hatte eine Stimme im Konsensusverfahren.

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