Grundfragen des Mathematikunterrichts
Grundformen mathematischen Arbeitens (3) Methodische Gestaltung (1) (2019-05-20)
Maja ˇCeti´c / Kora Deweis-Weidlinger / Andreas Vohns
Sommersemester 2019
¨Ubersicht
Grundformen mathematischen Arbeitens
Im ¨Uberblick: Sachverhalte und Verfahren erarbeiten R¨uckschau: Was ist zentral?
Methodische Gestaltung
¨Uberblick
Inhalte, Themen & Ziele
Unterrichtsschritte / Artikulationen von Unterricht
Sachverhalte erarbeiten
145 Jürgen Roth • Fachdidaktische Grundlagen
Sätze Gesetze
Regeln
Beziehungen zwischen Begriffen Eigenschaften
von Begriffen Regeln für
den Umgang mit mathematischen
Objekten
Eigenschaften mathematischer
Objekte
Begründbare Aussagen
Sachverhalte?!
Sachverhalte
(Roth (2016) in Anlehnung an Vollrath und Roth, 2012, S. 246)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 4
Sachverhalte erarbeiten
146 Jürgen Roth • Fachdidaktische Grundlagen
Didaktische Aufgaben
Entdecken von Sachverhalten
Induktiv, deduktiv o. Hypothesen widerlegen Beispiel: „Quadrieren vergrößert.“
Formulieren der Sachverhalte als mathematische Aussagen Begründen der Aussagen
Logische Struktur (Voraussetzung, Behauptung) herausarbeiten
Ziele des Begründens
Wahrheit einer Aussage sichern Einsicht in den Sachverhalt vermitteln
Verstehen der Sachverhalte
Ziel: Anregen von geistigen Prozessen, die zu (neuen) mathematischen Erkenntnissen führen
Fallunter- scheidung
-1,5 -1 -0,5 0,5 1 1,5
0 5 0,5 1 1,5 2 2,5 3
x y
22 = 4 > 2 32 = 9 > 3 42 = 16 > 4
𝑎𝑎2 >𝑎𝑎
⇔ 𝑎𝑎 ∈ ℝ\[0; 1]
(Roth (2016) in Anlehnung an Vollrath und Roth, 2012, S. 248)
Beweisen, Argumentieren, Begr¨unden
É
Argumentieren Argumentieren ist charakteristisch f¨ur wissenschaftliches Arbeiten, (nicht nur aber) besonders in der Wissenschaftsdisziplin Mathematik
É
(formales Aufschreiben von) Beweisen Beweisen ist eine Form mathematischen Argumentierens und Begr¨undens (mit ganz
spezifischen Zielvorstellungen spezifischen Zielvorstellungen)
É
formal notierte, deduktive Beweisketten deduktive Beweisketten sind als (alleiniges) Vorbild Vorbild f¨ur Aktivit¨aten zum Argumentieren im MU didaktisch ambivalent didaktisch ambivalent
(Vohns, 2015, S. 123)
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Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 6
Beweisen: Perspektiven f¨ur Unterricht
Im Grunde zwei (die faktisch auf ¨Ahnliches hinauslaufen):
É
das mathematische Beweisen (als solches) zug¨anglicher machen, also den Anspruch an Beweise anders bestimmen als in der aktuellen Fachwissenschaft ¨ublich,
É
haupts¨achlich Argumentieren und Begr¨unden ansprechen, also nicht
den Anspruch auf Beweise i. e. S. erheben, diesen jedenfalls nicht in
den Vordergrund stellen.
Funktionen von Beweisen (nicht nur) im Unterricht
Verifizierung: zeigen,
dassetwas gilt Erkl¨arung: verstehen,
warumetwas gilt
Einordnung und Systematisierung: Beweise verkn¨upfen Aussagen, S¨atze miteinander, Einordnung in gr¨oßeren Rahmen
Kommunikation: ¨uber Beweise wird mathematisches Wissen und Wissen
¨uber Mathematik transportiert
Exploration und Entdeckung: Beweise verdeutlichen Bedeutung enthaltener S¨atze, Definitionen, regen neue
Begriffsbildungen, S¨atze, Beweise an
(Wittmann, 2014, S. 37)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 8
Beweisen im MU: Leitlinien
É
Beweise, die ausschließlich der Verifikation dienen, sind problematisch
É
Aktivit¨aten zur Satz- und Beweisfindung in den Unterricht integrieren, nicht nur die (formale) Beweisdarstellung
É
Betonung inhaltlicher Aspekte von Beweisen gegen¨uber
Formalisierung (
→operative Beweise, inhaltlich anschauliche Beweise)
Operativer Beweis
Die Summe der ersten
nungeraden Zahlen ergibt die
n-te Quadratzahl.(Wittmann, 1985, S. 11)
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Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 10
Argumentieren und Begr¨unden
Gem¨aß der ¨osterreichischen Standards M8 (IDM, 2007, S. 12):
Argumentieren meint die Angabe von
mathematischen Aspektenmathematischen Aspekten, die f¨ur oder gegen eine bestimmte Sichtweise oder Entscheidung sprechen. [...]
Begr¨unden meint die Angabe einer Argumentationskette, die zu
bestimmten Schlussfolgerungen / Entscheidungen f¨uhrt.
Argumentieren und Begr¨unden: Allgemeinbildung (?)
F¨ahigkeit und Bereitschaft, nicht bloß Behauptungen aufzustellen, sondern
É
Argumente und Begr¨undungen anzugeben
É
auf Argumente und Begr¨undungen anderer einzugehen, diese auf Stimmigkeit zu ¨uberpr¨ufen
É
Argumentationsketten in einzelnen Schritten n¨aher zu erl¨autern
als (auch) im Sinne der Lebensvorbereitung wichtige Kompetenzen (Peschek & Vohns, 2012)
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Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 12
Argumentieren und Begr¨unden: M8 Charakteristische T¨atigkeiten:
Charakteristische T¨atigkeiten: (IDM, 2007)
É
Nennung von mathematischen Argumenten, die f¨ur oder gegen die Verwendung eines bestimmten mathematischen Begriffs, Verfahrens, Modells oder einer Darstellung(sform) sprechen
É
Entscheidungen f¨ur bzw. gegen die Verwendung eines
mathematischen Begriffs, Verfahrens oder Modells argumentativ belegen (nicht: mit außermathematischen Argumenten)
É
Vermutungen mit mathematischen Mitteln begr¨unden
É
Mathematische Zusammenh¨ange (Formeln, S¨atze) herleiten oder beweisen
É
Zutreffende und unzutreffende mathematische Argumentationen bzw. Begr¨undungen erkennen, mit mathematischen Mitteln
begr¨unden, warum ein Argument bzw. eine Begr¨undung zutreffend
bzw. unzutreffend ist
Argumentieren und Begr¨unden: M8
Beispiele Gegeben ist die folgende Wertetabelle:
x f(x)
-2 2 -1 0 0 -2 1 -5 2 -8 3 -11
Es kann sich dabei um keine lineare Funktion handeln,
weil die Funktionswerte immer kleiner werden, □ was bei einer linearen Funktion nicht sein darf
weil bei einer linearen Funktion der Funktionswert □ an der Stelle 0 ebenfalls 0 sein muss
weil die Funktionswerte nicht gleichmäßig kleiner □ werden, obwohl die Argumente gleichmäßig wachsen
weil es nur einige wenige Wertepaare gibt, also gar keine □ Funktion vorliegt
Kreuze zutreffende Argumente an!
Zeige geometrisch mit Hilfe von Flächen, dass für alle a, b > 0 gilt:
(a + b)2 > a2 + b2 Quelle: Peschek und Vohns (2012, S. 111,109)
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Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 14
Verfahren: Beispiele
É Schriftliche Addition, Subtraktion, Multiplikation (Standard)
É mehrstelliger nat¨urlicher Zahlen
É von Dezimalzahlen É Schriftliche Division (Standard)
É nat¨urlicher Zahlen, einstelliger Divisor
É nat¨urlicher Zahlen, mehrstelliger Divisor
É von Dezimalzahlen
É Konstruktion einer parallelen Gerade durch einen vorgegebenen Punkt
É mit Zirkel und Lineal
É mit dem Geodreieck
É L¨osen linearer Gleichungen / Gleichungssysteme É L¨osen quadratischer Gleichungen
É mit quadratischer Erg¨anzung
É mit L¨osungsformel(n)
É Umwandlung zwischen Parameter- und parameterfreien Geradengleichungen É Differenzieren und Integrieren unter Anwendung von Regeln
É Kurvendiskussion, Mini-Max-Aufgaben, ...
→Mathematikunterricht wird gepr¨agt (dominiert) von Verfahren
Verfahren: Standards M8 Handlungsbereich
” Rechnen, Operieren“
Handlungsbereich
” Rechnen, Operieren“
IDM (2007, S. 11)
” Rechnen im engeren Sinn meint die Durchf¨uhrung elementarer
Rechenoperationen mit konkreten Zahlen, Rechnen in einem weiteren Sinn meint die regelhafte Umformung symbolisch dargestellter
mathematischer Sachverhalte.
Operieren meint allgemeiner und umfassender die Planung sowie die korrekte, sinnvolle und effiziente Durchf¨uhrung von Rechen- oder
Konstruktionsabl¨aufen und schließt z. B. geometrisches Konstruieren oder auch das Arbeiten mit bzw. in Tabellen und Grafiken mit ein.
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Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 16
Rechnen, Operieren: M8
Beispiele
Familie Winter besucht ein Restaurant. Sie hat für dieses Restaurant einen Gutschein in der Höhe von 10 Euro. Die Höhe der Gesamtrechnung ergibt sich aus folgender Rechnung:
2 10,50 + 8,70 + 12,80 + 4 2,50 – 10 = Ermittle die Höhe der Gesamtrechnung!
Der Body-Maß-Index (BMI) kann nach folgender Formel berechnet werden:
l2
BMI m m … Körpermasse (in kg); l … Körpergröße (in m) Welchen Body-Maß-Index hat eine Person mit einer Körpermasse von 71 kg und einer Körpergröße von 1,68 m?
Aufgabe 5 (H2-I2-K1)
Ist der Wert 4 eine Lösung der Gleichung 5(x–1) = x + 15?
Quelle: Schneider (2012, S. 65,66)
Verfahren: Bedeutung
É Elementare
Rechentechniken haben unmittelbare Alltagsrelevanz ( ” B¨urgerliches Rechnen“), aber: h¨andische Durchf¨uhrung dort nicht zwingend
É
Operieren innermathematisch bedeutsam
” beim F¨uhren von [...]
Argumentation(skett)en [...], bei der Generierung von neuem mathematischem Wissen sowie bei [...] L¨osungen von
mathematischen Problemen“ (Schneider, 2012, S. 61) Gefahr im Unterricht:
Gefahr im Unterricht:
¨Uberbetonung des Operativen (Vollrath, 1987, S. 376)
Einf¨uhrungsphasen werden reduziert, Begr¨undungen spielen eine untergeordnete Rolle; Begrifflichkeit tritt in den Hintergrund; Routine
¨uberwiegt gegen¨uber dem Einfall; K¨onnen wird h¨oher bewertet als Wissen, Beherrschen geht ¨uber Verstehen.
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 18
Verfahren erarbeiten Zur Erinnerung:
Zur Erinnerung: Wir hatten unterschieden zwischen
É
instrumental understanding:
” rules without reason“: Ausreichende F¨ahigkeit, Verfahren anzuwenden, Regeln ohne
Begr¨undungen/Verkn¨upfungen, isolierte
” Werkzeugkiste“.
É
relational understanding: ”” knowing both what to do and why“:
Verstehen i. e. S., Verfahren anwenden und begr¨unden k¨onnen, sie mit anderem, mathematischem und außermathematischem Wissen in Verbindung setzen k¨onnen.
Eine popul¨are subjektive Theorie von (angehenden) Lehrpersonen lautet ( ” ¨Ubungsideologie“, Malle, 1993, S. 32):
Bei schwachen Lernenden ist nur instrumentelles Lernen als Ziel realistisch und dies wird durch wiederholte ¨Ubung der
Routineverfahren am Besten sicher gestellt.
Verfahren erarbeiten
Problematisierung der ” ¨Ubungsideologie“
Problematisierung der ” ¨Ubungsideologie“
É
” Laura war zwar in Mathe immer schlecht, kann zum Beispiel keine Textaufgabe l¨osen. Aber im letzten Grundschuljahr wurden die schriftlichen Rechenverfahren so lange ge¨ubt, bis wirklich jeder es konnte und sogar Laura eine 3 in Mathe bekam.“
É
” Mit Luca ¨uben wir an den Hausaufgaben jeden Tag mindestens zwei Stunden, manchmal kann er es auch ein bisschen, aber so richtig kapiert er es nie. Zum Gl¨uck fragt ihn in Klasse 6 keiner mehr, ob 123 456 gr¨oßer ist oder 8 944, das w¨usste er n¨amlich nicht.“
(Prediger, Freesemann, Moser Opitz & Hußmann, 2013)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 20
Verfahren erarbeiten Problematisierung der
” ¨Ubungsideologie“
Problematisierung der
” ¨Ubungsideologie“
É
Wie soll etwa Laura jemals entscheiden, wie sie komplexere Aufgaben mathematisiert, wenn sie schon in den Klassen 1 bis 3 nicht wusste, welche mathematischen Operationen zu welchen lebensweltlichen Situationen geh¨orten?
É
Wie soll Jonas jemals verst¨andig mit Dezimalzahlen umgehen, wenn er schon f¨ur nat¨urliche Zahlen die Bedeutung der Stellenwerte nicht erfasst hat?
(Prediger et al., 2013)
Verfahren erarbeiten Problematisierung der
” ¨Ubungsideologie“
Problematisierung der
” ¨Ubungsideologie“
Risikofaktoren der Rechenschw¨ache (Arbeitsgruppe
” Dyskalkulie“ der Schulpsychologie-Bildungsberatung, 2006, S. 8):
Auf der schulischen Ebene ist der wichtigste Risikofaktor ein Unterricht, der zu fr¨uh (und ohne Verst¨andnis hergestellt zu haben) zum ¨Uben und
Automatisieren fortschreitet. Damit in Zusammenhang steht, wenn
Lehrern die F¨ahigkeit zu individueller Einsch¨atzung der Rechenf¨ahigkeiten der Sch¨uler abgeht und sie didaktisch linear vorgehen.
Auf der famili¨aren Ebene sind [...] w¨ahrend der Schulzeit das ungewollte Verwirren der Kinder durch
” alternative“ (aber mathematisch falsche)
Rechenmodelle und vereinfachende Tricks als Risikofaktoren zu benennen.
Außerdem kommt hier das forcierte ¨Uben (im Sinne von Auswendiglernen) als Risiko f¨ur die Entwicklung sekund¨arer Symptome zum Tragen.
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Grundformen Sachverhalte & Verfahren 2019S 22
Verfahren erarbeiten Quintessenz
Quintessenz
É
F¨ur grundlegende (Rechen-)Verfahren ist ein Primat des relationalen Verstehen auch und gerade f¨ur schw¨achere Lernende unumgehbar, da sich Unverstandenes im Laufe der Schulzeit immer weiter anh¨auft und selbst instrumentelles Verstehen immer unwahrscheinlicher macht.
É
Nicht jedes Verfahren, das im Mathematikunterricht thematisiert wird, ist ein so grundlegendes Verfahren, dass dessen h¨andische
Beherrschung das Ziel einer Automatisierung rechtfertigt,
insbesondere dort, wo die Ausf¨uhrung der Verfahren zunehmend an Technologie delegierbar ist.
É
Relationales Verstehen von Mathematik braucht auch Wissen ¨uber
Begriffe und Sachverhalte und es muss als hoch problematisch gelten,
wenn die einzige eingenst¨andige Aktivit¨at der Lernenden im Training
von Verfahren besteht.
Fragen zur Wiederholung/als Pr¨ufungsvorbereitung
P Was versteht man unter einem mathematischen Begriff? Welche Arten von Begriffen lassen sich unterscheiden?
K Entlang welcher Stufen entwickelt sich das langfristige Verst¨andnis von mathematischen Begriffen?
P Was sind
”mathematische Sachverhalte“ und was geh¨ort neben dem Begr¨unden/
Beweisen zur unterrichtlichen Erarbeitung mathematischer Sachverhalte?
K Wieso und inwiefern geht es beim Argumentieren und Begr¨unden einerseits um mehr, andererseits um weniger als um
”Beweisen“?
P In welche Schritte kann man mathematische Modellierungsprozesse untergliedern und welche Aktivit¨aten fallen in diese Schritte?
K Was sind
”gute“ Modellierungsaufgaben und welche Ziele werden mit ihnen im Sachrechnen verfolgt?
P Was versteht man unter
”Probleml¨osen im Mathematikunterricht“ und wieso ist es eine wichtige
”Grundform mathematischen Arbeitens“?
K Wieso und inwiefern geht es beim Erarbeiten von mathematischen Verfahren um mehr als die Erkl¨arung und das ¨Uben der Beherrschung ihrer Ausf¨uhrung?
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung ¨Uberblick 2019S 24
3. Leitfrage
É
Woran kann ich mich bei der Planung und Durchf¨uhrung von Unterricht orientieren?
Dritter Teilaspekt Dritter Teilaspekt:
Worauf ist bei der methodischen Gestaltung von Unterricht
besonders zu achten?
Drei ” Unterrichtsmodelle“
Modell 1: Unterrichtsmodell nach R. Glaser Modell 1: Unterrichtsmodell nach R. Glaser (zitiert nach Wittmann, 1981, S. 12)
Worauf ist bei der methodischen Gestaltung von Unterricht besonders zu achten?
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung ¨Uberblick 2019S 26
Drei ” Unterrichtsmodelle“
Modell 2: Zwei
” didaktische Dreiecke“
Modell 2: Zwei
” didaktische Dreiecke“
(p¨adagogisches Allgemeingut modulo Vohns ca. 2004)
Sache
Lehrer Schüler
Ziele
Inhalte Methoden
Durchführung / Beobachtung Vorbereitung / Planung
Ein viertes
” Unterrichtsmodell“
Constructive Alignment nach John Biggs
1. Lernziele
Was sind die Studierenden nach dem Besuch der LV in der Lage zu tun?
3. Lehr- und Lernmethoden Welche Lehr- und
Lernmethoden führen zum Erreichen der angestrebten Lernergebnisse?
CA Kompetenzorientierung!
2. Prüfungsmethoden Passung zu den Lernzielen
Quelle: BWB.002
”Einf¨uhrung in p¨ad. Forschung“ (M¨uller, Kucher)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 28
Inhalte: Formulierung von Themen
Braun, Buckenmaier, Kalbreyer und Lettow (1978, S. 44):
Unter derThematik einer Unterrichtsstunded¨urfen und wollen wir nicht den Ausschnitt aus einer Fachwissenschaft verstehen. Die fachwissenschaftliche Orientierung und Auseinandersetzung ist eine wesentliche Voraussetzung f¨ur den Unterricht planender Lehrer, nicht aber das Kernst¨uck seiner stofflichen Planung.
[...]
Das Kernst¨uck aller ¨Uberlegungen zum Stoff wird jedoch durch die Frage gebildet:
Was hat ein Sch¨uler optimal zu lernen, so daß er mit dem Gelernten (im Sinne gesellschaftlicher ¨Ubereink¨unfte = Richtlinien) etwas anfangen kann? Damit ist gleich die Frage nach dem Wie und Wozu gestellt, ohne die ein Stoff f¨ur den Unterricht sinnlos w¨are.
Klafki (1976, S. 52)
Indem ein”Inhalt“ [...] unter einer p¨adagogischen Zielvorstellung, einer als p¨adagogisch relevant erachteten Fragestellung f¨ur die Behandlung im Unterricht ausgew¨ahlt wird, wird er zum”Thema“.
Formulierung von Themen
Beispiele f¨ur die Formulierung von Themen f¨ur das Fach Mathematik Beispiele f¨ur die Formulierung von Themen f¨ur das Fach Mathematik
É
Einf¨uhrung des Primzahlbegriffs
É
Erste Erfahrungen im Umgang mit dem Zirkel
É
Konstruktion von Normalen mit Zirkel und Lineal
É
Berechnung des Fl¨acheninhalts von Rechtecken
É
¨Uben des
” kleinen 1
×1“
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 30
Lernziele
Drei Definitionen nach Hilbert Meyer (2007):
Definition 1: Ein Lernziel ist die sprachlich artikulierte Vorstellung ¨uber ein gew¨unschtes Lernergebnis.
Definition 2: Ein Lernziel ist die sprachlich artikulierte Vorstellung ¨uber die durch Unterricht angestrebte beobachtbare
Verhaltens¨anderung eines Lernenden.
Definition 3: Ein Lernziel ist die sprachlich artikulierte Vorstellung ¨uber den gew¨unschten Aufbau einer Verhaltensdisposition eines
Lernenden.
Beispiel, Definition 2 (Edelmann & M¨oller, 1976, S. 17):
Ein Lernziel besteht [...] aus zwei Teilen, dem Inhaltsteil und dem Verhaltensteil! [...] Das mit Inhalts- und Verhaltensteil vollst¨andig beschriebene Lernziel [...] w¨are dann: Das Lied:
” Der Baggerf¨uhrer
Willibald“ auf Orff-Instrumenten spielen k¨onnen.“
Formulierung von Lernzielen
Hilfen f¨ur die Formulierung von Lernzielen Hilfen f¨ur die Formulierung von Lernzielen
1. Gib an,f¨ur wenf¨ur wen die Lernziele bestimmt sind.
(Die Sch¨ulerinnen und Sch¨uler...)
2. Formuliere die Lernziele alsSollSoll-Forderungen.
(Die Sch¨ulerinnen und Sch¨uler sollen...) 3. Ber¨ucksichtige denInhaltsteilInhaltsteil des Lernziels.
(Die Sch¨ulerinnen und Sch¨uler sollen die Teilbarkeitsregel f¨ur die Zahl 2...) 4. Ber¨ucksichtige denVerhaltensteilVerhaltensteil des Lernziels.
(Die SuS sollen die Teilbarkeitsregel f¨ur die Zahl 2 erkl¨aren k¨onnen.)
(1): No na (2): kann man auch weglassen (Kompetenzformulierungen) (3) No na (4) Verb ganz entscheidend
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 32
Operationalisierung von Lernzielen
...”die Angabe der Messoperation, mit der ein beobachtbares Element einer gew¨unschten Verhaltensdisposition kontrolliert werden kann.“(Meyer, 2007, S. 5) Vier Bedingungen an Lernzielangaben
Vier Bedingungen an Lernzielangaben(Mager (1977), zit. n. Zech, 2002) 1. Die Beschreibung des Lernziels alsEndverhaltendes Lernenden;
2. dieeindeutige Beschreibungdes Endverhaltens;
3. die genaue Angabe derVorraussetzungen und Bedingungendes Endverhaltens;
4. dieAngabe eines Beurteilungsmaßstabesf¨ur die G¨ute des Endverhaltens.
Zech (2002, S. 81):
Sicherlich ist esf¨ur Unterrichtszweckemeist nicht erforderlich, die
Lernzieloperationalisierung so weit zu treiben. Jedoch sollten m¨oglichst die Bedingungen 1 und 2 eingehalten werden.
Beispiel
1. Die Beschreibung des Lernziels alsEndverhaltendes Lernenden;
Die SuS sollen die L¨osung von quadratischen Gleichungen beherrschen.
2. dieeindeutige Beschreibungdes Endverhaltens;
Die SuS sollen quadratische Gleichungenauf die Normalform x2+px+q=0bringen und mit Hilfe der L¨osungsformel x1,2=−p2±
rp2
4 −q l¨osen k¨onnen.
3. die genaue Angabe derVorraussetzungen und Bedingungendes Endverhaltens;
Die SuS sollen quadratische Gleichungenmit einfachen Br¨uchen als
Koeffizientenauf die Normalform x2+px+q=0bringen und mit Hilfe der L¨osungsformel x1,2=−p2±
rp2
4 −qohne Benutzung der Formelsammlung l¨osen k¨onnen.
4. dieAngabe eines Beurteilungsmaßstabesf¨ur die G¨ute des Endverhaltens.
Die SuS sollensechs von acht Aufgaben zuquadratischen Gleichungen mit einfachen Br¨uchen als Koeffizienten [...] l¨osen k¨onnen.
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 34
Operationalisierung von Lernzielen: Verben
Die entscheidende Rolle f¨ur den operationalen Charakter spielt das Verb.
Hierzu ist v. a. der Gebrauch von Verben wichtig, die nicht nur die Qualit¨at des Endverhaltens umschreiben, sondern auch eine konkrete T¨atigkeit ausdr¨ucken.
Verben in vagen, impliziten Lernzielformulierungen:
Verben in vagen, impliziten Lernzielformulierungen:
wissen, kennen, erkennen, verstehen, begreifen, Eindruck gewinnen, anwenden, einsehen, zu w¨urdigen wissen, beherrschen
Verben in expliziten, operationalisierten Lernzielformulierungen:
Verben in expliziten, operationalisierten Lernzielformulierungen:
benennen, beschreiben, aufstellen, unterscheiden, benutzen, l¨osen, illustrieren, angeben, formulieren, aufz¨ahlen, aufschreiben, berechnen
Beispiel:
Beispiel:
die Lernenden kennen die binomischen Formeln VS
die Lernenden sollen 1., 2. und 3. binomische Formel benennen und zur Faktorisierung vorgegebener Terme benutzen k¨onnen
Lernziele: Taxonomien
Taxonomien kognitive Lernergebnisse
Quelle: BWB.002
”Einf¨uhrung in p¨ad. Forschung“ (M¨uller, Kucher)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 36
Lernziele: Taxonomien
Bei der Lernzielformulierung sollen Verben verwendet werden, die vom Intensitätsniveau ausgehend auf die eigenen Lernenden zugeschnitten sind. Im Falle von Parallelklassen sollten diese Abhängig von jeder Klasse formuliert werden.
Es ist nicht nötig, für jeden noch so kleinen Lernschritt ein Ziel zu formulieren. Für jede Unterrichtsphase, besonders als Junglehrer!, schon…. In der Regel reichen für eine Unterrichtsstunde 4 - 5 Feinziele, die aber durch Teilziele (pro Unterrichtsphase) unterstützt werden.
Liste von Verben für die Lernzielformulierung
1. Kenntnisse/ Wissen – etwas auswendig können / Reproduktion des Gelernten, methodisches Wissen, abstraktes Wissen:
wiedergeben, reproduzieren, aufzählen, nennen, auswendig können, aufschreiben, messen, darstellen, zeigen …
2. Verstehen / Umformung des Gelernten (übersetzen, interpretieren):
erklären, beschreiben, erläutern, zusammenfassen, verstehen, deuten interpretieren, nachschlagen, verdeutlichen, übersetzen, begründen … 3. Anwenden / Gelerntes auf neue Situationen übertragen:
ableiten, vergleichen, unterscheiden, übertragen, bestimmen, zuordnen (einordnen), berechnen, (ausführen), erstellen, entwickeln, abschätzen, … 4. Analyse / Zerlegen von Inhalten: Analyse von Elementen, Analyse von
Beziehungen, Analyse von Ordnungsgesichtspunkten
analysieren, gliedern, zerlegen, entwerfen, kombinieren, beschreiben (richtig und vollständig), entnehmen, untersuchen, nachweisen, ableiten, aufdecken, zuordnen, trennen, identifizieren, gegenüberstellen, vergleichen,
5. Synthese / die Kombination von Elementen und Beziehungen zu neuen Inhalten: Individuelle Kommunikation, Erstellen eines Plans, Erstellen eines Systems abstrakter Beziehungen
Entwerfen, entwickeln, verfassen, kombinieren, konstruieren, vorschlagen, planen, erarbeiten, aufbauen, definieren, aufstellen, formulieren, anordnen, …
6. Bewertung / Gesamtheit von Vergleichs-, Kontroll- und Bewertungsoperationen: Bewertung nach innerer Evidenz (logische/schlüssige Kriterien), Bewertung nach äußerer Evidenz (tatsachengetreue Kriterien),
Bewerten, (be)messen, entscheiden, auswählen, beurteilen, Schlüsse ziehen, …
Literatur
Neue Didaktik 2/2010
Lernziele und deren Bedeutung im Unterricht Ioana velica
22/24
Quelle: Velica (2010, S. 22)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
18
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 37
Lernziele: Taxonomien
Bei der Lernzielformulierung sollen Verben verwendet werden, die vom Intensitätsniveau ausgehend auf die eigenen Lernenden zugeschnitten sind. Im Falle von Parallelklassen sollten diese Abhängig von jeder Klasse formuliert werden.
Es ist nicht nötig, für jeden noch so kleinen Lernschritt ein Ziel zu formulieren. Für jede Unterrichtsphase, besonders als Junglehrer!, schon…. In der Regel reichen für eine Unterrichtsstunde 4 - 5 Feinziele, die aber durch Teilziele (pro Unterrichtsphase) unterstützt werden.
Liste von Verben für die Lernzielformulierung
1. Kenntnisse/ Wissen – etwas auswendig können / Reproduktion des Gelernten, methodisches Wissen, abstraktes Wissen:
wiedergeben, reproduzieren, aufzählen, nennen, auswendig können, aufschreiben, messen, darstellen, zeigen …
2. Verstehen / Umformung des Gelernten (übersetzen, interpretieren):
erklären, beschreiben, erläutern, zusammenfassen, verstehen, deuten interpretieren, nachschlagen, verdeutlichen, übersetzen, begründen … 3. Anwenden / Gelerntes auf neue Situationen übertragen:
ableiten, vergleichen, unterscheiden, übertragen, bestimmen, zuordnen (einordnen), berechnen, (ausführen), erstellen, entwickeln, abschätzen, … 4. Analyse / Zerlegen von Inhalten: Analyse von Elementen, Analyse von
Beziehungen, Analyse von Ordnungsgesichtspunkten
analysieren, gliedern, zerlegen, entwerfen, kombinieren, beschreiben (richtig und vollständig), entnehmen, untersuchen, nachweisen, ableiten, aufdecken, zuordnen, trennen, identifizieren, gegenüberstellen, vergleichen,
5. Synthese / die Kombination von Elementen und Beziehungen zu neuen Inhalten: Individuelle Kommunikation, Erstellen eines Plans, Erstellen eines Systems abstrakter Beziehungen
Entwerfen, entwickeln, verfassen, kombinieren, konstruieren, vorschlagen, planen, erarbeiten, aufbauen, definieren, aufstellen, formulieren, anordnen, …
6. Bewertung / Gesamtheit von Vergleichs-, Kontroll- und Bewertungsoperationen: Bewertung nach innerer Evidenz (logische/schlüssige Kriterien), Bewertung nach äußerer Evidenz (tatsachengetreue Kriterien),
Bewerten, (be)messen, entscheiden, auswählen, beurteilen, Schlüsse ziehen, …
Literatur
1. Bausch, B.-D. / Christ, H. / Krumm, H.-J. (Hrsg.) [1986] Lehrperspektive, Methodik und Methoden. Günter-Narr-Verlag, Tübingen.
2. Bausch, B.-D./ Christ, H./ Krumm, H.-J. (Hrsg.) [1995]: Handbuch Fremdsprachenunterricht, Francke Verlag Tübingen und Basel, 3. Auflage.
Lernziele und deren Bedeutung im Unterricht Ioana velica
Quelle: Velica (2010, S. 22)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 38
¨Ubungsphase: Punktabfrage (mit einem Schuss ” Ich-Du-Wir“) Einzelarbeit
Einzelarbeit 5 Minuten
É
Aus f¨unf Zielen je zwei am besten, je zwei am schlechtesten gelungene Ziele finden.
Partnerarbeit
Partnerarbeit 15 Minuten
É
Aus zehn Zielen je drei am besten, je drei am schlechtesten gelungene Ziele finden.
É
F¨ur schlecht gelungene Ziele Kritik / Verbesserungsvorschl¨age notieren.
Vierer-Gruppen-Arbeit (bitte wenden)
Vierer-Gruppen-Arbeit (bitte wenden) 10 Minuten
É
Aus zehn Zielen je zwei am Besten, je zwei am schlechtesten gelungene Ziele finden.
É
Auf das Plakat vorne Punkte f¨ur diese Ziele kleben.
Bitte Murmellautst¨arke einhalten!
Bitte Murmellautst¨arke einhalten!
Operationalisierung von Lernzielen: Ambivalenzen
É
Mangelnde Operationalisierung f¨uhrt zu Intransparenz der Leistungserwartungen und kann zu unfokussiertem
Unterrichtshandeln und Willk¨ur in der Leistungsfeststellung und -beurteilung f¨uhren
É
Mittel- und l¨angerfristig zu erwerbende
Verhaltensdispositionen( ” Prozessziele“) lassen sich nicht gut operationalisieren, da Fortschritte im unmittelbar beobachtbaren Verhalten im Rahmen einer
Unterrichtseinheit notwendig begrenzt bleiben
É
Kognitive Lernziele lassen sich leichter operationalisieren als affektive oder personal-soziale (
→Dimensionierung von Lernzielen)
É
¨Ubertrieben detaillierte Operationalisierung kann daher zur
Atomisierung von Lerninhalten, kleinschrittigem Unterricht und einer behaviouristischen Grundorientierung samt Verk¨urzung auf
” instrumentelles Verstehen“ f¨uhren
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 40
Dimensionierung von Lernzielen
...traditionell in Anlehnung an Pestalozzi ( ” Kopf, Herz & Hand“) in
É
kognitive Lernziele kognitive Lernziele
Denken, Wissen, Probleml¨osen, Kenntnisse und intellektuelle F¨ahigkeiten
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affektive Lernziele affektive Lernziele
Ver¨anderung von Interessenlagen; Bereitschaft entwickeln, etwas zu tun oder zu denken; Entwicklung dauerhafter Werthaltungen
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psychomotorische Lernziele psychomotorische Lernziele
manipulative und motorische Fertigkeiten
(Meyer, 2007, S. 6)
Dimensionierung von Lernzielen ...in Anlehnung an die
” erste Welle“ der Kompetenzorientierung/
Schl¨usselqualifikationen (Mertens, 1974, Roth, 1971)
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sach- und fachbezogene Ziele sach- und fachbezogene Ziele
kognitives Wissen, fachlich und fach¨ubergreifend, Vernetzung von Wissen
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Methodenziele Methodenziele
Nutzung von Unterrichts- und Lernmethoden, Entwicklung von Arbeitstechniken, bewusste Nutzung von Lernstrategien
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sozial-kommunikative Ziele sozial-kommunikative Ziele
vern¨unftige Kooperation mit Mitlernenden, Teamarbeitsf¨ahigkeit, R¨ucksichtnahme auf leistungsschw¨achere, Konfliktmanagment
É
Ziele zur F¨orderung von Selbstkompetenz Ziele zur F¨orderung von Selbstkompetenz
Entwicklung von Selbstwirksamkeits¨uberzeugungen, Pers¨onlichkeitsentwicklung
(Meyer, 2007, S. 8f.)
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Inhalte, Themen & Ziele 2019S 42
Dimensionierung von Lernzielen
...in der Klagenfurter Mathematikdidaktik konsensuell in:
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kognitive Ziele kognitive Ziele
(math. Wissen, K¨onnen, F¨ahigkeiten, Kompetenzen)
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affektive Ziele affektive Ziele
(Interesse, Freude, Motivation, Bedeutung, ...)
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soziale Ziele soziale Ziele
(Kooperation, Verantwortungsbewusstsein, Disziplin, ...)
Dimensionierung von Lernzielen
...nach Ausmaß der erwarteten Verhaltensver¨anderung
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Produkt-/Zustandsziele Produkt-/Zustandsziele
sich in einem bestimmten kognitiven, affektiven oder sozialen Zustand befinden, ¨uber entsprechende kognitive, affektive oder soziale F¨ahigkeiten/Kompetenzen verf¨ugen
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Prozessziele Prozessziele
einen bestimmten Prozess in bestimmter Qualit¨at durchlaufen Prozessziele sind nur bedingt operationalisierbar und geben kein
” Endverhalten“, sondern ein Verhalten
w¨ahrenddes Unterrichts oder eine l¨angerfristige
Entwicklungsperspektivef¨ur den weiteren Unterricht an.
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Unterrichtsschritte 2019S 44
Methodische Gestaltung: ¨Ubersicht
Unterrichtsschritte / Artikulation von Unterricht
Lernende sollen gesetzte Lernziele effektiv und vollst¨andig erreichen.
Man wird jedoch nicht versuchen, alle Lernziele auf einmal zu vermitteln, sondern den Lernprozess in einzelne Schritte zu unterteilen, ihn zu
artikulieren
artikulieren.
Ein bekanntes Schema stammt von H. Roth (1957/1983, S. 223ff):
Motivation Schwierigkeiten
↓L¨osung
↓Tun und Ausf¨uhren
↓Behalten und ¨Uben
↓Bereitstellung und ¨Ubertragung
↓Gute Erl¨auterung auf Youtube (Prof. Dr. N. Huppertz): https://goo.gl/8SNiSB
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Unterrichtsschritte 2019S 46
Unterrichtsschritte / Artikulation von Unterricht
Motivation: Ein Lernprozess wird angestoßen. Eine Aufgabe wird gestellt. Ein Lernmotiv wird entdeckt.
Schwierigkeiten: Die Lehrperson entdeckt die Schwierigkeiten der Aufgabe f¨ur den Lernenden bzw. die kurzschl¨ussige oder leichtfertige L¨osung des/der Lernenden.
L¨osung: Die Lehrperson zeigt den L¨osungsweg oder l¨asst ihn finden.
Tun und Ausf¨uhrens: Die Lehrperson l¨asst die neue Leistungsform durchf¨uhren und ausgestalten.
Behaltens und ¨Uben: Die Lehrperson sucht die neue Verhaltens- und Leistungsform durch Variation der Anwendungsbeispiele einzupr¨agen und einzu¨uben. Automatisierung des Gelernten.
Bereitstellen und ¨Ubertragung: Die einge¨ubte Verhaltens- oder Leistungsform bew¨ahrt sich in der ¨Ubertragung auf das Leben oder nicht. Die Lehrperson ist erst zufrieden, wenn das Gelernte [...] zum freien Gebrauch im Leben zur Verf¨ugung steht (→Kompetenzen).
Nach: Roth (1957/1983, S. 223ff)
Unterrichtsschritte / Artikulation von Unterricht Ein etwas vereinfachtes Artikulationsschema ist:
Hinf¨uhrung: In dieser Phase des Unt. wird zum Thema hingef¨uhrt.
Erarbeitung: In dieser Phase des Unt. werden neue Lerninhalte erarbeitet.
Sicherung: In dieser Phase des Unt. werden die neu gelernten Inhalte gesichert.
Vertiefung: In dieser Phase des Unt. wird das neu Gelernte auf neue Situationen angewandt.
H¨aufig reichen 45 Minuten nicht aus, um alle vier Phasen zu durchlaufen.
Es kann jedoch nach jeder Phase abgebrochen werden und die verbleibenden Phasen k¨onnen auch in der darauffolgenden Unterrichtsstunde stattfinden.
Grundfragen des Mathematikunterrichts
Methodische Gestaltung Unterrichtsschritte 2019S 48
Unterrichtsschritte / Artikulation von Unterricht
Eine ” moderne“ Variante (Barzel, Holz¨apfel, Leuders & Streit, 2011, S. 81):
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Der motivierende Einstieg,
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das eher divergente Erkunden, Entdecken und Erfinden,
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das konvergente Systematisieren und Absichern,
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das ¨Uben, Vertiefen und Wiederholen und
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das Anwenden, ¨Uberpr¨ufen und Diagnostizieren von F¨ahigkeiten.
Weitere Artikulationsschemata Weitere Artikulationsschemata
Mathematik nach Volker Hole - Problemstellung
- Problemlösung (Erarbeitung) - Problemdurchdringung - Problemanwendung - Kontrolle
Mathematik nach Fries Rosenberger 1. Stufe der Problemgewinnung
a) Problemgrund b) Problemfindung c) Problemerkenntnis 2. Stufe der Problemlösung
a) Überlegungen b) Planung c) Durchführung d) Diskussion
Drefenstedt/ Neuner (DDR) 1. Einführung in die Arbeit am
Neuen Stoff
2. Arbeit am Neuen Stoff 3. F estigen und Anwenden 4. Sy stematisieren
5. W iederholen
6. Kontr olle und Beurteilen
ellens und des
Grundfragen des Mathematikunterrichts
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