4'.l2 SticLfil, Niichtraij zu der Ahh. üher w.iutiiUMcle kuf. lll/uitiKi/el.
neu dem Worte dann wieder in dem von Wriglit lierausgegebenen
Maria-Büchlein und der Chronik des Dionysius; eingebürgert hat
sich das Wort jedoch nicht. Daher ist man auf den irrigen Gedan¬
ken gekommen, indem noch die Stellen aus der Chronik übersehen
worden, das Wort als „Klein- oder Zärtlichkeitswort" zu fassen,
während es gerade im Gegentbeile ein Wort der Verehrung ist,
das ausschliesslich von Gott oder Christus gebraucht wird. Mit
Ignorirung des Ursprungswoites i^ai will nun der Urheber jener
unrichtigen Auffassung dieselbe festhalten, indem er meint (G. g.
A. N. 46 S. 1831), „dass man auch in der gemeinen deutschen
Rede wohl vom „lieben Gotte" spricht". Wir überlassen getrost die Entscheidung den Sachkennern.
Frankfurt a. M. 2.5. Nov. 1866.
Nachtrag zu der Abhandlung über neuentdeckte kulische
Bleisiegel.
Von Dr. Stickel.
Als ich vor .lahresfrist in der Abhandlung über neu entdeckte
kufische Bleisiegel (Bd. XX dsr. Ztsebr.) die Hoffnung aussprach,
dass bei Hamadan, dem Fundorte der beschriebenen Stücke, wohl
auch nocb andere Denkmäler dieser .-Vit an das Licht kommen
könnten, hätte icb nicht erwartet, scbon jetzt, wenn auch in ande¬
rer Weise, meine Vermuthung erfüllt zu sehen. Es soUte sich
auch hier die fast wundersame Wahrnehmung bestätigen, dass sobald
sich die Forschung auf gewisse bis dahin vernachlässigte und im
Dunkeln liegende wissenschaftliche Gegenstände richtet, diese auch,
als ob ein Bann gelöst wäre, nun plötzlich zu Tage treten und
olt an Orten, wo man sich dessen am wenigsten versehen hatte.
So ist nur bald nach dem Erscheinen jenes Aufsatzes von Hrn.
Karabacek in Wien folgende briefiichi; Mittbeilung zugegangen, die
eine dankenswerthe fjrweiterung unserer .Kenntniss von dem bereg¬
ten Gegcn.stand bietet. Derselbe schreibt:
„Im vorletzten Hefte der D. M. G. hatten Sic bei Gelegenheit
der Beschreibung mehrerer an das Grossbrzgl. orient. Münzcabinet
zu Jena übermiitelter kustischer Bleisiegel S. 373 beispielsweise
erwähnt, dass der Seldschuqen-Sultän Ghajath-ed-din Kaichosrü im
Jahre 1241 n. Chr., als cr um die Hand einer Verwandten des
byzantinischen Kaisers warb , ein mit goldener Bulle versehenes
Schreiben nach Konstantinoiiel sandte. Es gewährt mir ein beson¬
deres Vergnügen, Ihnen eine Bleibulle des genannten Sultän's als
geringen Nachtrag zu Ihrer — Arbeit - mitzutheilen. Die Auf¬
schrift, welche auch auf einem zweiten noch in meiuer Sammlung
Stickel, Nachtrag m der Abk. über iieitentdeckte kuf. Bleisiegel. 493
befindlichen gleichen Stücke durch die Ausbreitung des Stempels
über den Schrötling leider unvollständig ist, lautet:
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[ LjtXJI i^L-jc
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Obwohl das Stück rücksichtlich der Legende ganz den Charak¬
ter der Geldprägen trägt, so weicht die Vorstellung der Rückseite
von der sonst gewöhnlichen symbolischen Darstellung der Sonne
im Rücken des Löwen auf den Silbermünzen dieses Sultän's
gänzlich ab, und verleiht dadurch dem Siegel ein erhöhtes Interesse.
Wenn — wie Abü-l-faradsch , Hist. Dyn. p. 319 berichtet — jene
Darstellung auf den Münzen eine Huldigung Kaichosrü II für seine
geliebte Gattin, die georgische Prinzessin, sein sollte, weil der Löwe
als Zeichen der Stärke den Sultän und die Sonne als Sinnbild der
Schönheit die Sultänin bedeute, beide zusammen aber auch die
glückliche Constellation andeuteten, in welcher der Sultän geboren
sei (was jedoch keineswegs mit den Berichten der Geschichte über¬
einstimmt): so bleibt die völlig neue Erscheinung von zwei mit
dem Rücken einander zugekehrten und aufsteigenden Löwen unter
dem Bilde der Sonne — wie das Siegel sie bietet — auffällig.
Ich wage hier noch keine Deutung, erlaube mir aber als fast gleich¬
zeitige Beispiele einer ähnlichen Darstellung auf jene Münzen des
mit den Seldschuqen in freundschaftlichem Verkehr gestandenen
König Leo II von Kilikien oder Armenien hinzuweisen, welche ana¬
log mit dem Bleisiegel — unter einem Kreuze , als dem christ¬
lichen Symbol — zwei von einander abgewandte aufsteigende Löwen
zeigen."
Ich kann die Richtigkeit der Angaben des Hrn. Karabacek
bestätigen, da mir das eine Stück, welches derselbe mit dankens¬
wertber Liberalität dem hiesigen Grossbrzgl. or. Münzcabinet verehrt
hat, im Originale, und das andere in wohlgelungener photographi¬
scher Abbildung vorliegt. Die äussere Gestahung anlangend, ent¬
spricht es den in meiner frühem Abhandlung bescbriebenen vorerst
darin, dass aucb hier durch den Metallkörper eine Oeffnung für
einen Fadendurchzug vorhanden ist, die den Gebrauch als Bulle
beweist; dann durch die gleichen P]inkerbungen beim Ausgange der
Oeffnungen. Nur aber mit dem einen, unter No. 9. früher vor¬
geführten Siegel ist ihm die Beprägung beider Seiten gemeinsam.
War ich bei jenem Stücke des hamadaner Fundes einzig durch den
Schriftcharakter der ganz fragmentarischen Legenden und das Rei¬
terbild auf der Rückseite darauf geführt worden , dasselbe von den
Seldschuqen herzuleiten, so wird das nun durch dieses sicher selbi¬
ger Dynastie gehörige Siegel noch weiter bestätigt. Denn wir haben
hier eben so wie dort, ausser der zweiseitigen Beprägung, auf der
Rückseite auch ein Bild, uud noch zieht sich um die Legende der
494 Stickel, Nachtrag zu der Abh. über neuentdeckte kuf. Bleisiegel.
Vorderseite bei beiden Stüclcen eine geperlte Einfassung. Im Uebri¬
gen kann es bei der Zuweisung jener No. 9. an die Seldschuqen
Persiens auch jetzt noch bewenden, während die Exemplare des
Hrn. Karabacek dem Seldschuqen-Sultane Kleinasiens zugehören.
Ich glaube noch bestimmter, sofern die Münzlegenden einen Schluss
gestatten , unter den mehreren Prägestätten dieses Fürsten , Iconium
(Qoniah) , als den Ort bezeichnen zu können, von welchem diese hier
neu auftauchenden zwei Siegel stammen. Denn wenn es an und für
sich schon wahrscheinlich ist, dass die Erlasse, denen die Bullen
angefügt waren, von der Residenz Kai Chosru's ausgingen, welche
Iconium war, so zeugt hierfür noch die Graphik, der Schriftductus.
Mir liegt eine beträchtliche Zahl Münzen dieses Fürsten vor. Denen
von Siwas und Iconium ist zwar das Bild des Löwen, aber in nach
rechts schreitender Stellung, mit dem vollen Sonnengesicht über
dem Rücken, gemeinsam, die Schrift dagegen hat einen verschie¬
denen Charakter; auf den Prägen von Siwas, der zweiten Haupt¬
stadt des Reichs, mehr einen gedrungenen, scharfkantigen, lapidari-
schen; auf denen von Iconium einen schlankeren, rundlichen, flies¬
senden, ganz so wie auf dem vorliegenden Siegel. — Wenn unsere
beiden Exemplare also in Kleinasien ihren Ursprung hatten, so
sind sie auf einem weiten Umwege bis zu uns gelangt. Denn wie
Hr. Karabacek berichtet, erhielt sie der frühere Besitzer, Hr. General-
Consul Huber in Kairo, von einem italienischen Reisenden, der
sie aus Khorsabad, dem bekannten Dorfe bei Mossul, mitgebracht
hatte, wo sie mit anderen, auch antiken Münzen gefunden wurden.
Ich kann micb der Vermuthung nicht cntschlagen, dass der¬
gleichen orientalische Siegel oder Bullen aus alter Zeit noch an
manchen Orten in Europa verborgen ruhen. In den Archiven der
Staaten, wie Spanien, Italien, Frankreich u. a. , welche mit dem
Oriente in mannichfacbem politischem oder merkantilem Verkehre
gewesen sind, können die darauf bezüglichen Documente nicht völlig
verschwunden sein; gelänge es, dergleichen alte Siegel in grösserer
Zahl an das Licht zu ziehen, so würde ein neuer Wissenschafts¬
zweig entstehen, welcher, wie die von uns behandelten StUcke erwei¬
sen, nach verschiedenen Richtungen hin eine ergiebige Ausbeute
gewähren würde. —
Wie wunderbar! Kaum habe ich vor wenigen Tagen die vor¬
stehenden Zeilen niedergeschrieben, da erhalte ich von Hrn. D.
Mordtmann die Nachricht, dass Hr. Reichsrath Subhi Bey in Kon¬
stantinopel eine Sammlung von ca. 500 — sage fünfhundert —
byzantinischen Bleisiegeln erhalten hat, welche kürzlich dort gefun¬
den worden sind. Hoffentlich werden wir nicht allzulange auf eine
nähere Auskunft darüber und ob auch muhammedanische darunter
befindlich sind, zu warten haben, da unser gelehrter und thätiger
Herr College mit der Untersuchung betraut ist.
Jena.
495
MiscellcD zur Topographie des alten Jerusalems. II.
Von
Kirchenrath Dr. Hitzig.
Wir Icennen die Lage des Teiches, welchen Josephus (im
Accus.) Amygdalon nennt (Jüd. Kr. V, 4, 11.): es ist der Patriar¬
chenteich, der Teich Hiskia's; aber was besagt sein Name Amygda¬
lon? Einer Mandel ähnelt seine Gestalt nicht; und wofern dort,
was man nicht weiss, Mandelbäume standen, so würde der Genitiv:
'AfivySaXüv oder 'AftvySaXijg das Richtige sein. Zu ihm herüber
blickten aus nächster Nähe südlich die drei Thürme der Königs¬
burg; aus ihm ohne Zweifel holte man in den Hippikos das Wasser
(a. a. 0. 7, 3.): er wird wohl D"biJ73fj~ r«??.^ oder biJtt.-t — ge¬
heissen haben; und Josephus hat wie auch anderwärts Anklang
an das Griechische beliebt. Freilich sprach man zu jener Zeit in
Palästina nicht mehr althebräisch, sondern einen syr. Dialekt. In¬
zwischen wird eig avvSsOfiov aSixiag Apg. 8, 23. wohl i;:« IfflpV
gelautet haben (vgl. Jes. 54, 8. qsp qjttca); auch snsn b"i Marc.
8, 10., zum Thurme Nbiaa gehörig, ist noch hebräisch; und ein
ähnlicher Fall wird unmittelbar folgen. Es scheint: wie die alte
Schrift sich auf den Münzen erhielt, so fristete die heilige Sprache
sich in einzelnen Formeln, und blieb für öffentliche Namengebung
neben dem Vulgär-Idiom im Gebrauche.
Dieses Namens Bedeutung verschlägt übrigens nichts; dagegen
auf die Meinung von xolvfißrj&ga JExQOvd-iov kurz vorher kann
etwas ankommen. Es ist der jetzt sogenannte Bethesda beim so¬
genannten Stephanstbor; aber dass er ein „Siicrlingsteicb" sei, will nicht einleuchten. Es gibt eine Stadt der Vögel, eine der Habichte,
eine Insel der Habichte (Strab. 758. 817. 773.), ein Wasser isgä-
xwv Jos. 19, 46., eine Stadt t<-)ies; überall, wie recht, steht der
Genitiv in der Mehrzahl: soll da unser Teicb nach irgend einem
einzelnen Sperling benannt sein? ^xQovx^iov bedeutet Seifen¬
kraut, wie es der Walker zum Reinigen wollener Kleider brauchte,
z. B. die shagarat el duweideh (s. Zschokke, Beitr. zur Topogr. der
westl Jordansau S. 16.); und nun stand gerade in dieser Gegend,
im Nordosten der Stadt das Denkmal des Walkers (Joseph, a. a. 0.
4, 2.). Dass hier am Teiche selbst solche Seifepfianzen wuchsen,
dünkt unwahrscheinlich. Der Teich biess vermuthlicb n'-iän nsna,
indem n-'-ia , Reinigung, Läuterung (Ez. 20, 37.), auch
Reinigungsmittel, Potascbe bedeutet; und Josephus hat über¬
setzt, so gut er konnte.
Diess ist also der Teich, an welchem der Walker die wollenen
Obergewänder reinigte; somit aber liegt auch dort im Nordosten
das Walkerfeld, und der „Bethesda" oder auch „Schafteich" ist und '^loiht der obere Teich Jes. 7, 3., welcher aus dem obern Ausbruche