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Harf un = Terminus.
Von Franz Praetorius.
Der arabische Ausdruck für „ Buchstaben " ist bekanntlich
Se . , . . _
^iy>' So schon bei Sibawaihi in der Uberschrift und im Texte
seines über die Buchstaben handelnden § 565. Außerdem aber hat
das arabische Wort noch zwei andere Bedeutungen auf gramma-
5 tischem Gebiete. Zunächst ist es der gewöhnliche Ausdruck für
den dritten Redeteil, die Partikel. Sodann wird es auch allgemein für „Wort" gebraucht. In dieser letzteren Bedeutung nicht selten
bei Sibawaihi (was nicht erkannt zu haben , Jahn in seiner ersten
Streitschrift, S. 18, mir mit Recht vorgeworfen hat). Später aber
o »
io veraltet v_jjS* — Wort, läßt sich indes auch dann noch gelegentlich nachweisen; vgl. ZA., Bd. 13, S. 30; Hariri's Durra (ed. Thorbecke),
S. 92, ZI. 11; S. 157, ZI. 14. — Bei den Persern noch heute Reste
o -
dieser altertümlichen Bedeutung von ö^s», s. WZKM., Bd. 13,
S. 296 f.
15 Ich halte die Bedeutung „Wort" für die ursprüngliche dieser
0 -
drei Bedeutungen. In nichtgrammatischem Sinne bedeutet ^_j_5».
„Grenze, Rand" u. ähnl. l ). Sehe ich recht, so haben die Araber o -
durch i_5_y> das auch uns noch geläufige „ terminus" der späteren
Latinität übersetzt. Terminus selbst wieder ist Übersetzung des
so aristotelischen ooog; vgl. Steinthal, Geschichte der Sprachwissen¬
schaft 2 , Bd. 1, S. 197. Aber nicht etwa durch die Griechen kann
öqog in der Bedeutung „Wort" zu den Arabern gedrungen sein;
denn bei den Griechen hat sich ooog, soviel ich sehe, nicht aus
1) So begegnete mir das Wort kürzlich im Soqotri bei D. H. Müller, Bd. 2, S. 143, ZI. 24; Jahn, Grammatik der Mehri-Sprache, S. 123.
Praetorius, -garfun = Terminus. 505
dem Bereich der Logik entfernt, es ist kein technischer Ausdruck
der Grammatik geworden. Das ist erst in der späteren Latinität
geschehen. Erst hier hat sich der Übergang in die Bedeutung
„Vokabel, Wort, Ausdruck, Terminus" vollzogen. Also auch hier
wieder eine Berührung der Grammatik der Araber mit der des 5
lateinischen Westens!
Ich denke mir nun: Da die speziellen Ausdrücke ^1 und Joü
für Nomen und Verbum vorhanden und in der Grammatik üblich
o -
waren, so beschränkte sich der Gebrauch von oy> ganz von selbst
mehr auf den dritten Redeteil, die Partikel. Freilich war für io
letztere ja auch der dem griechischen avvdeafioi entsprechende Aus¬
druck oLbljj vorhanden ; aber er hat sich in die Grammatik nie
eingebürgert, blieb vielmehr bei den Logikern; vgl. Mafätlh al-'Olüm
ed. van Vloten, S. 43, ZI. 2. — Die Bedeutung „Buchstaben* geht
m. E. noch von der allgemeinen Bedeutung „Wort" aus. Ich denke, 15
Cr-
in diesem Sinne wird als prägnanter Ausdruck zu gelten
- t So m mm O -
haben für ^Jy>, ^j** u - E*an ^-1 d. h. „Ter¬
minus des Buchstabierens*. Ich glaube nicht, daß das zutreffend
ist, was Wallin und Fleischer in dieser Zeitschrift, Bd. 9, S. 1, zur o -
Erklärung von ^if - »Buchstaben" beigebracht haben. 20
Zeitschrift der D. M. Q. Bd. LXIII. aa
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Midian und Sinai.
Von Faul Uaupt.
Midian ist nicht der Name eines arabischen Stammes, sondern
ebenso wie Jehüdä, Bekennerschaft, Konfession, 1 ein Kollektivum
mit der Bedeutung Kultgenosserischaft.' 1 Recht und Religion sind
in alter Zeit eng verbunden. 8 Die heilige Quelle von Kades (Barnea)
6 hieß Me-meribä, Rechtssachenwasser , oder 'En-miSpdt, Gerichts¬
quelle. 4 Din, was ursprünglich sumerisch ist, 5 heißt im Arabischen
nicht nur Gericht, Urteil, sondern auch Kult, Religion, so daß
Midian sehr wohl Religionsgenossenschaft bedeuten kann , und
Kühen Midian: Priester der Kultusgemeinde (Jahwes). 60 Midian
10 ist nur ein alter (halbarabischer) Name für Jehüdä, Bekennerschaft.
Es bezeichnete die edomitische 6 Sinai-Ampbiktyonie, 7 deren Haupt¬
stadt Elath am Golf von 'Akaba war. 8 Das ist die im Koran
(7, 163) erwähnte Stadt, am Meer gelegen, da sie am Sabbat
frevelten.
15 Dort war auch der alte Weise, Lokmän, zu Hause, den schon
Rüdiger 9 mit dem alttestamentlichen Bileam ben-Bg'ör zusammen¬
gestellt hat. Auch Lokmäns Vater hieß Ba'ür, und der Name
Lokmän ist nur eine arabische Übersetzung von Bileam (Ver¬
schlinger). 10 Bileam war ein Midianit, d. h. ein edomitischer Jahwe-
20 Verehrer. Statt Aram ist aber Num. 23, 7 nicht Edom zu lesen
(IN 378).* Dieses Aram ist das Gebiet südöstlich von Elath, das
im Koran (89, 6) als Iramu erscheint, und zwar in Verbindung
mit den 'Äditen. Neben lram findet sich auch im Arabischen die
Aussprache ^ram. 11 'Ad ist Kollektivum zu 'äde, Sitte, Gebrauch,
25 ein Synonym von sünne; es ist ursprünglich wohl nur eine andere
Bezeichnung der Sinai-Amphiktyonie wie Midian und JShüdä, 12
das Prototyp des späteren kahdl und 'edä. IWäwada bedeutet
sich um einen Führer scharen. 13 Hüd, der Name des Propheten,
der zu den 'Äditen gesandt wurde, ist nur eine Verkürzung von
so Jehüdä. 1*
Um den alten Kern der Bileamlegende zu verstehen , müssen
* Die Abkürzungen sind am Schlüsse des Aufsatzes auf S. 529/30 erklärt.