• Keine Ergebnisse gefunden

Bei uns erscheint in solcher Funktion das Wort „Stück"

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Bei uns erscheint in solcher Funktion das Wort „Stück""

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

267

Nocli einmal die semitisclien Zahlwörter.

Von H. Bauer.

Durch die vor kurzem erschienenen Aufsätze von Barth und

Reckendorf über die Flexion der semitischen Zahlwörter ist wiederum

eine Frage in Fluß geraten, die den Grammatikern von jeher viel

Kopfzerbrechen gemacht hat. Das veranlaßt mich, die folgenden

Zeilen, die ich gern noch eine Weüe zurückgehalten hätte, jetzt 6

schon zu veröffentlichen. Es ist dabei keineswegs meine Absicht,

in die Auseinandersetzungen der beiden genannten Forscher direkt

einzugreifen , sondern ich begnüge mich zunächst damit , meine

Theorie, die schon vor Erscheinen von Barth's erster Abhandlung

abgeschlossen war, kurz darzulegen. lo

Ich gehe mit Barth von der Überzeugung aus , daß die t-

Endung der Zahlwörter kein wirkliches, sondern ein Pseudo¬

Femininum ist, eine vorerst noch unbekannte Größe X , welche

im Laufe der Entwicklung mit der Femininendung zusammengefallen

und als solche aufgefaßt worden ist. In der Bestimmung jener 16

Größe aber scheiden sich unsere Wege.

Was mag also die umstrittene ^-Endung, wenn sie nicht von

Haus aus mit der Femininendung identisch ist, ursprünglich be¬

deuten ? Wenn wir das Verhältnis der Zahlwörter zu den gezählten

Dingen in anderen Sprachen betrachten, so finden wir vielfach ein so

drittes Element, das sich mit den alleinstehenden Zahlen zu ver¬

binden und zwischen Zahl und Gezähltes einzuschieben pflegt, das

sogenannte Numerativ. Bei uns erscheint in solcher Funktion

das Wort „Stück". Ursprünglich nur den Teil eines zerlegbaren

festen Stoffes bezeichnend, („ein Stück Holz, Fleisch, Brot, Kreide" usw.) a

wird es mit einer Art Bedeutungsverschiebung auch für das abge¬

schlossene Einzelding gegenüber dem Kollektiv- oder Gattungswort

gebraucht („drei Stück Vieh, fünf Stück Hasen" usw.). Ähnlich

verhält es sich mit Worte „Mann", welches das Numerativ für

Personen, auch Frauen, abgibt. Wir gebrauchen bekanntlich nicht so

leicht das Zahlwort allein, sondern fast immer in Verbindung mit

dem Numerativ: „Wir sind sechs Mann, wir brauchen zehn Stück*

u. dergl. Ähnliche Verhältnisse finden wir auch in anderen Sprachen.

Zeitschrift der D. M. O. Bd. LXVI. 18

(2)

268 Bauer, Noch eiwnal die »emitischen Zahlwörter,

Nach meiner Kenntnis sind, es besonders das Malayische und das

Neuchinesische, welche sich durch reichliche Verwendung der

Numerative auszeichnen. In letzterem ist das gewöhnliche Numerativ ko „Stück" beinahe schon zu einem bloßen Suffix verblaßt, daneben

& fungieren die Worte „Kopf" (bei Tieren , so bekanntlich auch räa im Neuarabischen), „Schwanz* (bei Fischen) usw. Sollte im Semitischen nicht etwas Ähnliches vorliegen, so daß z. B. *hamiä-tu eigentlich bedeutete „fünf Stück"? Es erscheint das um so wahrscheinlicher

als eine andere sprachliche Tatsache in dieselbe Richtung weist,

10 ich meine das sog. nomen unitatis, welches bekapntlich von Kollektiven vermittelst der „Femininendung' gebildet vrird (v,>J>3 „Gold*, iUPi

„Goldstück*, T'lt „Wild', riT'i: „Stück Wild'). Wie gerade die

Femininendung dazu kommen soU, aus dem Gattungsbegriff ein

Einzelding zu machen, ist völlig rätselhaft ; auch die Erklärung von

16 Brockelmann (Vgl. Grammatik 419), daß die /-Endung hier als eine

Art Deteriorativ zu betrachten sei und die „KoUektiva als Gattungs¬

begriffe dem Einzelding gegenüber als das Wertvollere, Wichtigere

erscheinen* ist wenig befriedigend. Hingegen ist alles klar, wenn

hinter der scheinbaren Femininendung sich ein Wort wie „Stück'

80 verbirgt.

Nehmen wir also an, daß das Protosemitische ein Numerativ

besessen habe, mit dessen Hilfe zugleich die Einzelnomina gebildet

wurden, und setzen wir vermutungsweise *tau als den Lautwert

dieses fraglichen Elementes, so ergeben sich zwei Möglichkeiten der

«6 Zählungsweise , die wir am Ausdruck für „5 Stück Vieh* veran¬

schaulichen wollen:

L kamis-tau baqar — fünf-Stück Vieh

oder II. fyimiS baqar-tau = fünf Vieh-Stück.

Wie man sieht, liegen in diesem doppelten Normalschema

»0 bereits alle Keime für die spätere Syntax der Zahlwörter vor. Den

Gang der Entwicklung können wir uns so denken, daß das Numerativ

zunächst zu tu^) oder ta abgeschwächt wurde und so mit der

Femininendung (Nom. tu, Acc. ta) äußerlich zusammenfiel :

I. ^amii-tu baqar. II. JiamiS baqar-tu.

86 War dieser Prozeß einmal vollzogen, so lag es sehr nahe, die

Zählungsweise für nomina unitatis (Schema II) auch auf die ihnen

formell gleichen /-Feminina und schließlich auf die Feminina über¬

haupt zu übertragen, so daß Schema I nur noch für die Maskulina

vorbehalten blieb.

40 Das Ergebnis dieser Entwicklung lag wohl bei der Ausbildung

1) Es Uefie sich denken, daß dieses tu nnr in Verbindung mit dem Ge¬

zahlten gekttrzt, bei alleinstehendem Zahlwort aber als Länge (tü) beibehalten worden wäre. Auf diese Weise wttrde sich gut äthiop. Jfames-tü (eigentlich

„rdnf Stück*) erklären, falla dessen Länge ursprünglich sein sollte, wie Barth annimmt.

(3)

Bauer, Noch einmal die »emitischen Zahlwörter. 269

der verschiedenen Pluralbezeichnnngen schon abgeschlossen vor und

wurde festgehalten, wie auch im übrigen die Ausgestaltung dieser

letzteren vor sich gehen mochte. Von den Wandlungen der Folgezeit

war die wichtigste die (nach Barth nur teilweise vollzogene) üm-

deutung des Zahlwortes in ein Substantivum , welches als status 5

constructus mit dem Genetiv des Gezählten verbunden wird. Betreffs

der .Einzelheiten dieses Vorganges in den verschiedenen Sprachen

vergleiche man die Ausführungen von Barth a. a. 0.

Eine kurze Betrachtung verdienen noch die Zahlwörter von

13—19. Alleinstehend hatten dieselben ursprünglich wohl die lo

beiden folgenden gleichwertigen Formen i):

I» *^miä tau 'aiar = 5 Stück -f 10.

II». *hamiS 'a^ar tau = 5 -f 10 Stück.

Vielleicht wurde das Numerativ in der Fuge zwischen den

Einern und der Zehn zu ta abgeschliffen (*^a'miS-ta-'a^ar) und blieb is

in dieser geschützten Stellung auch nach Ausbildung der Kasus¬

endungen unverändert erhalten. Unter solcher Voraussetzung, die

auch an den entsprechenden aramäischen Formen eine Stütze hat,

ließe sich der rätselhafte Akkusativ dieser Zahlen im Arabischen

einfach als Angleichung an dieses ta verstehen. Derselbe Vorgang so

könnte sich dann in mechanischer Weise auch auf die gezählten

Gegenstände selbst erstreckt haben, so daß wir in deren Akkusativ

kein j ,' ,,^»" zu sehen brauchten. Im übrigen war die Verbindung

von Zahl und Gezähltem bei 13—19 dieselbe wie bei 3—9, d. h.

Schema I*, wo die Einer die Femininendung tragen gilt für 25

Maskulina, Schema II» für Feminina.

Wir haben bis jetzt mit dem Numerativ als mit einer unbe¬

kannten oder vielmehr willkürlich angenommenen Größe gerechnet.

Es kommt in der Tat für unsere Rechnung nicht darauf an, ob

wir seinen realen Wert bestimmen, d. h. seine Grundbedeutung in so

den Einzelsprachen noch nachweisen können oder nicht. Man denke

doch nur an die zahlreichen Nominalsuffixe (besonders Abstrakt¬

endungen) in unserer Sprache, die auch einmal eine selbständige

Bedeutung als Substantiva hatten, heute aber als solche gänzlich

verschollen sind und nur noch als Bildungselemente (-heit, -schaft, ss

-tum usw.) fortleben. Dasselbe könnte ja auch mit unserem semi¬

tischen Numerativ der Fall sein. Wenn wir also noch einen Schritt

weiter gehen und jenes. Numerativ zu identifizieren suchen, so ist

das eine Vermutung zweiter Ordnung, von deren Richtigkeit oder

Wahrscheinlichkeit unsere obigen Ausführungen nicht notwendig 40

berührt zu werden brauchen. Ich wage also die Frage zur Er¬

wägung zu stellen, ob wir nicht als Prototyp des semitischen

1) Die abweichende äthiopische Zählungsweise, nach welcher die Zehn vorausgeht und die Einer mit oder ohne „und' folgen ist obne Zweifel eine Neubildung.

18»

(4)

270 Bauer, Noch einmal die semitischen Zahlwörter.

Numerativs ein protosemitisches *tau^) .Zeichen" annehmen dürfen,

das im phönikischen Alphabet und im Hebräischen als das bekannte

in vorliegt, im Arabischen aber in der Umbildung s.\jj, nach den

Wörterbüchern .ein den Eameelen eingebranntes Zeichen in Kreuzes-

6 form* (Lisän 18, 114 unten; Tag 20, 54). Die ursprünglichere

G

Form ^ dagegen hat im Arabischen tatsächlich die Bedeutung von

.Einzelding", zahlreiche Beispiele dafür in den Wörterbüchern

a. a. 0. Der merkwürdige Bedeutungsübergang von .Zeichen" zu

.Einzelding, Stück" erscheint unschwer verständlich, wenn wir be-

10 denken, daß die hauptsächlichsten Objekte, welche Hirtenvölker zu

zählen haben, eben ihre Herden sind oder vielmehr die einzelnen

Tiere derselben. Wenn wir nun gesehen haben, wie andere Sprachen

die Tiere nach Köpfen oder Schwänzen zählen, könnten da nicht

die Semiten als zweckmäßigeres und bezeichnenderes Numerativ, das

15 Eigentumszeichen gewählt haben, das ja beim Auszählen in erster

Linie in Betracht kommt?

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß ich die

Theorie von Barth, wonach die Femininendung des Zahlwortes

ursprünglich mit dem tü in äthiop. we'Stü und bab. äü'atü identisch

»0 sein und determinierende Kraft besitzen soll, nicht annehmen kann.

Wohl aber ließe sich denken, daß wir auch in den genannten

Pronominibus das Numerativ .Stück, Individuum" zu erblicken haben.

Wie äthiop. sälas-tü ursprünglich .drei Stück' bedeutete, so wäre

voe'S-tü (aus huwa-tü y kü'atü^)) eigentlich ,er-|- Stück", desgleichen 25 zen-tü .dieser + Stück". Genau der gleiche Fall liegt ja im Neu-

chinesischen (Kiian-chua) vor : san-ko „drei" (eigentlich .drei Stück'), ce-ko .dieser' (eigentlich .dieser + Stück').

1) So erklärt sich dann vielleicht das uralte *tau'äm .Zwilling' als der .Gezeichnete*. Han denke an die Geburt der Zwillinge Perez und Serach,

t

Genes. 38, 27 ff. .fibereinstimmen* wäre dann natürlich, wenn es überhaupt f

mit zusammenhängt, eine denominative Rückbildung.

2) Die Femininendung t% wäre demnach durch einfache Angleichung an

•Ai'o entstanden : *hi'a-tü > *hi'ati > je'etl. Desgleichen bab. *il'atü y il'ati.

(5)

271

Zu den ägyptischen Mastabagräbem.

Von S. KFanss.

Das Mastabagrab gehört, wie erst jüngst ausgeführt worden i),

zu den bezeichnendsten Schöpfungen der ägyptischen Baukunst. Sein

Wesen ist der Mastaba-Kern, d. i. der freistehende, niedrige, recht¬

eckige Bau, der den eigentlichen, senkrechten Grabschacht bedeckt.

Das Wort und ein entsprechend modifizierter Begriff kommen 6

auch in rabbinischen Schriften der ersten christlichen Jahrhunderte

vor. Denn rmuow, Nn-iaiUOW der Rabbinen deckt sich

entschiedeti mit jbcs^j» der Syrer und juWi/i der Araber 2), und

es ist nur zu bedauern, daß der Ursprung all dieser Wörter nicht

feststeht«). Das rabbinische NmaOM usw. bedeutet eine Bank oder lo

Estrade, die in dem bekannten talmudischen Wörterbuche 'Arukh

des R. Natan aus Rom traditionell wie folgt definiert werden : „Ein

etwa eine Elle breiter und 24—25 Handbreiten hoher Platz, wie

man ihn vor allen Geschäftsläden zu errichten pflegt; und zwar

sind müON und lSU''D'npi< (== yQäßarov) gleich; und manchmal ib

richtet man sie zu einem Sitze für Menschen her"*). Der Begriff

„steinerne Bank" haftet dem Worte mtJON unzweifelhaft an"*), und

zwischen ihm und rmüCtt besteht kein Unterschied. Wenn wir

nun diesem Worte in Bezug auf Grabanlagen begegnen, so bezeichnet

es für uns die bekannten Bankgräber, die in Palästina so 20

häufig sind«).

Eine Vorschrift in dem von Begräbnis und Trauer handelnden

talmudischen Traktat Semachoth (c. 13)') scheint dieses von

1) G. Roeder in ZDMG. 65. 771—780.

2) S. mein Wörterbucli „Griech. u. L»t. Lehnwörter im Talmud" usw., 8. 345; vgl. S. 118.

3) Siegm. Fraenkel, Die aram. Fremdwörter im Arabischen, S. 21 f.

4) Aruch completum, ed. Kohut 1, 167.

5) Folgt aus der Stelle Ü^IW» "'2Sbm mUDN b. 8abb. 7».

6) Benzinger, Archäologie, 1. Aufl., S. 225.

7) Dieser Traktat ist zwar nachtalmndisch , enthält aber recht alte, über¬

aus wertvolle Traditionen. Der Tezt ist oft verderbt, und wir miissen still¬

schweigend nach einigen rezipierten Verbesserungen ubersetzen.

2 3

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In der vom Senat der Universität Wien eingesetzten Berufungskommission für die Besetzung einer Professur für &#34;Spätantike und Frühchristliche Archäologie&#34; wurde

Ergebnis der Wahl eines oder einer Vorsitzenden sowie eines Stellvertreters oder einer Stellvertreterin der Berufungskommission „Theoretische

Diese Verordnung regelt die Anerkennung von im Rahmen des Bachelorstudiums Internationale Betriebswirtschaft (Curriculum 2008) erbrachten Studienleistungen für

Die Palette ist breit: Sie reicht aus asiatischer Sicht vom klassischen öffentlichen Recht über moderne Fragen des Investitionsrechts und WTO, Luft- und Seerecht

(geringfügige) Änderung des Curriculums für das Erweiterungscurriculum Japanische Kultur veröffentlicht am 20.06.2008 im Mitteilungsblatt der Universität Wien, 33.

Wenn Studierende Lehrveranstaltungen aus verschiedenen Studienprogrammleitungen absolvieren, erhalten sie pro Studienprogrammleitung die dort jeweils vorgesehene

Rechtsgrundlagen für diesen Beschluss sind das Universitätsgesetz 2002 1 und der Studienrechtliche Teil der Satzung der Universität Wien 2 in der jeweils geltenden

Ergebnis der Wahl einer oder eines Vorsitzenden des Senats und zwei stellvertretenden