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Bildungssystem spiegelt Ungleichheit | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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26 Die Volkswirtscha   7 / 2018

Das schweizerische Bildungssystem wird inter- national gelobt. Dabei geht meist vergessen: In der Schweiz gibt es rund 600 000 Erwachsene ohne Abschluss auf Sekundarstufe II. Für diese Menschen, die weder über einen Lehrabschluss noch über ein Maturitätszeugnis verfügen, ist es sehr schwer, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integ- rieren und zu halten. Bei schlechter Wirtschafts- lage sind sie rasch von Arbeitslosigkeit bedroht.

Hinzu kommt: Für eine betroff ene Person, die arbeitet und Kinder betreut, ist es nicht leicht, sich ein Berufsdiplom zu verschaff en. Denn eine Ausbildung verlangt viel Zeit, Flexibilität, Geld und die Unterstützung des Partners. Nicht zuletzt, da die Kinder betreut werden müssen.

Oft mangelt es an Vereinbarungsmassnahmen.

Frauen sind stärker betroff en als Männer, da sie häufi ger die tägliche Verantwortung für die Kin- der wahrnehmen, Teilzeit arbeiten, tiefere Ein- kommen und weniger Zugang zu Weiterbildung haben. Gerade bei der Weiterbildung erhalten sie vielfach weniger Unterstützung vom Arbeitgeber als die Männer, wie ein Bericht des Bundesamtes für Statistik (BFS) aus dem Jahr 2014 zeigt.

Mühe bekunden auch Personen mit Migrations- hintergrund: Sie absolvieren im Durchschnitt weniger häufi g eine Weiterbildung und beset- zen tiefer qualifi zierte Stellen als Schweizer.

Besonders benachteiligt sind Flüchtlinge, die oft keine Landessprache sprechen. Da bei ihnen der Zugang zu Bildung vom Aufenthaltsstatus abhängt, fi nden sie kaum einen Praktikums- platz oder eine Lehrstelle – was sich direkt auf den Abschluss auf Sekundarstufe II auswirkt.

Allgemein gilt: Wer aus einer tieferen Gesell- schaftsschicht stammt, ist weniger gut ge- stellt – sowohl in der Bildung wie im Arbeits- markt. Das Ausbildungssystem reproduziert somit die soziale Ungleichheit. In der Tat neh- men die Betroff enen weniger oft höher oder weiter qualifi zierende Ausbildungen in Angriff .

Fünf Tage Bildung pro Jahr

Wenn wir das Prinzip der Gerechtigkeit respek- tieren wollen, müssen wir für alle Kategorien und für alle Altersklassen der gesamten hier le- benden Bevölkerung einen Zugang zu Grund- und Weiterbildung bieten. Für schwach qualifi - zierte Arbeitnehmende sowie für Menschen mit Migrationshintergrund und aus benachteilig- ten Schichten sind zielgerichtete Massnahmen zu entwickeln.

Beispielsweise müssen Arbeitgeber die Bildung ihres Personals zeitlich und fi nanziell vermehrt unterstützen. Massnahmen zur besseren Ver- einbarkeit des Berufs- und des Familienlebens mit der Bildung sind zu stärken durch mehr ausserschulische Betreuung der Kinder, mehr Lohnausgleich sowie eine Flexibilisierung und Modularisierung der Ausbildung. Einzufüh- ren ist ein Recht auf fünf Tage Bildung pro Jahr sowie auf eine Standortbestimmung alle fünf Jahre für über 40-Jährige. Schliesslich soll die Arbeitslosenversicherung vermehrt neue Aus- bildungen und Umschulungen fi nanzieren.

Laura Perret ist stellvertretende Sekretariatsleiterin und Leiterin Bildungspolitik beim Schweizerischen Gewerkscha sbund, Bern STANDPUNKT VON LAURA PERRET

Über eine halbe Million Menschen in der Schweiz verfügen lediglich über einen obligatorischen Schulabschluss. Ihnen bietet das Bildungssystem o mals keine echten Chancen.

Bildungssystem spiegelt Ungleichheit

BILDUNG

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