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Wie sicher fühlen sich Mütter in der Erziehung ihrer Kinder?: zum Stand und zu Veränderungen erlebter elterlicher Kompetenz von Müttern während einer Mutter-Kind-Maßnahme

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Academic year: 2022

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Wie sicher fühlen sich Mütter in der Erziehung ihrer Kinder?

Zum Stand und zu Veränderungen erlebter elterlicher Kompetenz von Müttern während einer Mutter-Kind-Maßnahme.

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Humanbiologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Vorgelegt von Stefan Neubourg aus Lübeck

Hannover 2003

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Präsident: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann Betreuer: Prof.’in Dr. Gisela Fischer Referent: Prof. Dr. Christoph Gutenbrunner Korreferent: Prof. Dr. Wielant Machleidt Korreferent: Prof.’in Dr. Monika Bullinger

Tag der mündlichen Prüfung: 28.05.2004

Promotionsausschussmitglieder:

Prof’in Dr. Renate Wrbitzky Prof. Dr. Christoph Gutenbrunner Prof. Dr. Wielant Machleidt Prof’in Dr. Monika Bullinger

Teilergebnisse wurden mit Einverständnis von Frau Prof. Fischer in einem Beitrag anlässlich des III. Wissenschaftlichen Symposiums am 23.-24.09.2003 in Berlin in folgendem Beitrag veröffentlicht:

Neubourg, S. (2003), Gesundheitlich belastete Mütter = kranke Kinder? Ergebnisse bei Kindern in Mutter-Kind-Maßnahmen

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Wie sicher fühlen sich Mütter in der Erziehung ihrer Kinder? Zum Stand und zu Veränderungen erlebter elterlicher Kompetenz von Müttern während

einer Mutter-Kind-Maßnahme

Ohne sonstige Hilfe selbst durchgeführt und bei der Abfassung der Dissertation keine anderen als die dort angeführten Hilfsmittel benutzt habe. Ich habe bisher an keiner in- oder ausländischen Medizinischen Fakultät ein Gesuch um

Zulassung zur Promotion eingereicht noch die vorliegende oder andere Arbeit als Dissertation vorgelegt

Hannover, den

(Unterschrift)

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Inhaltsverzeichnis

Theoretischer Teil

1. Einleitung S. 1

2. Elterliche Kompetenzüberzeugung S. 2

2.1. Elterliche Kompetenzüberzeugung: Konzepte und Definitionen

S. 2 2.2. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Gesundheit von

Müttern

S. 9 2.3. Elterliche Kompetenzüberzeugung und das Verhalten von

Kindern

S. 15 2.4. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Erziehungsverhalten S. 17 2.5. Elterliche Kompetenzüberzeugung in der Erziehung als

Mediator

S. 26 2.6. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Resilienz S. 28 2.7. Zur aktuellen gesellschaftlichen Situation von Müttern und

Kindern

S. 32 2.8. Die Rehabilitation von Müttern und Kindern S. 37

3. Hypothesen S. 39

Empirischer Teil

4. Methodik S. 41

4.1. Überblick S. 41

4.2. Stichprobe S. 41

4.3. Durchführung der Erhebung S. 45

4.4. Instrumente der Erfassung S. 45

4.4.1. Der Fragebogen zur Erfassung der soziodemo- graphischen Daten und der subjektiven Belastung

S. 45 4.4.2. Der Fragebogen zur elterlichen Kompetenz S. 46 4.4.3. Der Fragebogen zur Gesundheit, Die Symptom-Check-

List SCL-90 und ihre Kurzform SCL-K-9

S. 47 4.4.4. Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und

Jugendlichen/CBCL

S. 48 4.4.5. Der Fragebogen zum Verhalten der Eltern, der Erzie-

hungsfragebogen (EFB)

S. 49

4.5. Der Untersuchungsplan S. 51

(5)

5. Darstellung der Ergebnisse (H1): Das erlebte Gefühl der Erziehungskompetenz

S. 53

5.1. Der Fragebogen zur elterlichen Kompetenz FKE S. 53

5.1.1. Auswertungsmethodik S. 53

5.1.2. Faktorenstruktur und Gütekriterien S. 54 5.1.3. Deskriptive Ergebnisse zu Beginn der Maßnahme S. 56

5.1.4. Vergleich der Antworthäufigkeiten zu Beginn der Maßnahme mit der Braunschweiger Kinder- gartenstudie

S. 58

5.1.5. Diskussion der Ergebnisse S. 61

5.2. Darstellung der Ergebnisse (H2): Unterschiede hinsichtlich der Stärke des Kompetenzgefühls aufgrund psychosozialer und soziodemographischer Daten

S. 63

5.2.1. Gesundheitlich belastete Mütter und Erziehungskom- petenz

S. 63

5.2.1.1. Auswertung der SCL-K-9 S. 63

5.2.1.2. Auswertung der SCL-90 S. 65

5.2.2. Erziehungskompetenz und Alter von Müttern S. 67 5.2.3. Erziehungskompetenz und Alter des jüngsten Kindes S. 68 5.2.4. Erziehungskompetenz und die Anzahl der Kinder S. 69 5.2.5. Erziehungskompetenz und Schulbildung von Müttern S. 70 5.2.6. Erziehungskompetenz und Familieneinkommen S. 71 5.2.7. Erziehungskompetenz und Familienstand S. 72 5.2.8. Erziehungskompetenz und Erwerbstätigkeit S. 72 5.2.9. Erziehungskompetenz und Mütter mit gesundheitlich

belasteten Kindern

S. 74 5.2.9.1. Mütter mit Schwerpunktindikationen der Kin-

der

S. 74 5.2.9.2. Deskriptive Ergebnisse der CBCL zu Beginn

der Maßnahme

S. 76 5.2.9.2. Mütter, die den Verhaltensfrageboge (CBCL)

ausgefüllt haben, im Vergleich zu anderen Müttern

S. 77

5.2.9.4. Unterscheidung der CBCL-Fälle in klinische und nicht klinische Fälle

S. 78

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5.2.10.Soziodemographische Daten der Stichprobe des For- schungsverbundes (FV) im Vergleich mit der Braun- schweiger Kindergartenstudie (BS)

S. 79

5.2.11. Diskussion der Ergebnisse S. 84

5.3. Darstellung der Ergebnisse (H3): Veränderung der Erzie- hungskompetenz bei Müttern nach einer Mutter-Kind- Maßnahme

S. 89

5.3.1. Erziehungskompetenz der Mütter nach einer Mutter-

Kind-Maßnahme

S. 89 5.3.2. Erziehungskompetenz der Mütter nach einer Mutter-

Kind-Maßnahme im Vergleich zu der Braunschweiger

Kindergartenstudie

S. 91

5.3.3. Erziehungskompetenz und die Teilnahme an Angebo- ten während der Mutter-Kind-Maßnahmen

S. 95 5.3.4. Erziehungskompetenz nach der Maßnahme und die

gesundheitliche Belastung der Frauen

S. 97 5.3.5. Erziehungskompetenz nach der Maßnahme und Mütter

mit gesundheitlich stark belasteten Kindern

S. 99 5.3.6. Erziehungskompetenz nach der Maßnahme und Bil-

dungsniveau

S. 103 5.3.7. Erziehungskompetenz nach der Maßnahme und An-

zahl der Kinder

S. 103 5.3.8. Erziehungskompetenz nach der Maßnahme und Alter

des jüngsten Kindes

S. 104 5.3.9. Erziehungskompetenz nach der Maßnahme und Erzie-

hungsverhalten

S. 104

5.3.10. Regressionsanalyse des FKE S. 105

5.3.10.1. Regressionsanalyse zu Beginn der Maßnahme in der Gesamtstichprobe

S. 106 5.3.10.2.Regressionsanalyse zu Beginn der Maßnah-

me, Teilstichprobe CBCL

S. 107 5.3.10.3. Regressionsanalyse der Effekte des FKE in

der Gesamtstichprobe

S. 109 5.3.10.3.Regressionsanalyse der Effekte des FKE,

Teilstichprobe CBCL

S. 110

5.3.11. Diskussion der Ergebnisse S. 111

(7)

6. Abschließende Diskussion

7. Zusammenfassung

S. 116

S. 122

8. Literaturverzeichnis S. 123

9. Anhang S. 134

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1. Einleitung

40-50% der Mütter, die an einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme teilnahmen, be- schrieben ihre Kinder als auffällig (Herwig 2001). Soziale und psychische Faktoren erklären neben genetischen, immunologischen und ökologischen Bedingungen verstärkt gesundheitliche Beeinträchtigungen im Kindes- und Jugendalter. Bei der Betrachtung von Kindergesundheit in der Statistik fällt auf, dass seuchenbedingte und infektiöse Er- krankungen bei Kindern und Jugendlichen, die früher Morbiditätsstatistiken anführten, in fast allen westlichen Industriegesellschaften zurückgedrängt wurden. Gleichzeitig wachsen und dominieren chronisch-degenerative Krankheiten und Beschwerden, psy- chosomatische Beeinträchtigungen und psychische Auffälligkeiten (Bauer 2001). Psy- chosoziale Störungen schwanken in den Prävalenzraten in Abhängigkeit der Erhe- bungsmethoden zwischen 13% und 49% (Collatz 1998). Das Erziehungsumfeld und das Verhalten der Eltern stehen oft im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion um mögliche Ursachen. Während Elternschaft einerseits von vielen Eltern als tief befriedi- gend, sinnspendend, manchmal auch als erheiternd beschrieben wird, versuchen ande- rerseits immer neue Erziehungsratgeber, vielen verunsicherten Eltern auf ihre Fragen Antworten zu geben. Viele Zeitungsartikel beleuchten die „Kehrseiten des Mutter- glücks“ (Zeit 12/2002) und fragen: Was ist die ideale Erziehung? (Geo 4/2002). Es hat den Anschein, als sei die Frage danach, wie Kinder „richtig“ zu erziehen sind, schwieri- ger geworden und die Eltern unsicherer.

Insbesondere Mütter sind in unserer Gesellschaft zahlreichen Belastungen ausgesetzt.

Widersprüchliche Rollenanforderungen und Verantwortung gegenüber Familie, Haus- halt und Beruf können in Überlastungs- und Überforderungssituationen münden (Franck 1998). Eine Beschreibung der typischen Symptomkonstellation bei Müttern stellt das

„Leitsyndrom-Indikationsmodell“ von Collatz et al. (1998) dar. Stress und depressive Verstimmungen leisten auch einen signifikanten Anteil an der Varianzaufklärung im Erziehungsverhalten (Miller 2001). Neben der Performanz von Erziehungsverhalten rückte in wissenschaftlichen Arbeiten das Erleben von Elternschaft mehr in den Mittel- punkt der Betrachtung. Kompetenzüberzeugungen sind wichtige Vermittler zwischen dem Wissen, wie in schwierigen Erziehungssituationen zu reagieren ist und dem tat- sächlichen Handeln. Der elterlichen Kompetenzüberzeugung wird eine wichtige Schlüs-

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selrolle zwischen Verhalten der Eltern und psychosozialen Risiken der Kinder zuge- schrieben (Teti & Gelfand 1991). Auch zeigen Ergebnisse, dass eine Stärkung der elter- lichen Kompetenz einhergeht mit günstigerem Erziehungsverhalten (Miller 2001).

Gesundheitliche Stärkung von Eltern, speziell Müttern, steht im Zentrum von Mutter- Kind-Einrichtungen, die nach § 111 a SGB V Leistungen zur medizinischen Rehabilita- tion nach §41 SGB V erbringen. Im Forschungsverbund Prävention und Rehabilitation für Mütter und Kinder der Medizinischen Hochschule Hannover (FV) wurden Daten zur Effektivität, zu Prozessverläufen und zur Effizienz von Mütter- und Mutter-Kind- Maßnahmen erhoben. In ersten Untersuchungen von Müttergenesungskuren wurde nachgewiesen, dass bei 62% der Mütter sehr ausgeprägte Beschwerdemuster zu Beginn einer Maßnahme festzustellen waren und sich diese Zahl nach der Intervention auf 19%

minimierte (Collatz et al.1996). Erkrankungsbilder und Multimorbidität der Mütter konnten als Leitsyndrom (Collatz et al. 1998) zusammengefasst werden. Dabei ist eine eindeutige Trennung zwischen unterschiedlichen Erschöpfungsgraden und Diagnosen von affektiven Störungen schwierig und kann kontrovers diskutiert werden. So wurde die Mutter-Kind-Interaktion erschöpfter Mütter mit den Risiken des Erziehungsverhal- tens depressiver Mütter verglichen (Herwig 2002). In einer Untersuchung von Eltern mit Kindergartenkindern zeigte sich, dass depressive und gestresste Mütter und Mütter mit „schwierigen“ Kindern ein geringes Kompetenzgefühl hinsichtlich ihrer Erziehung zeigten (Miller 2001). Die Belastung durch Erziehung ist neben finanziellen Belastun- gen und Belastungen durch zerbrechende Familienstrukturen ein wesentlicher Stressor von Müttern, die an einer Mutter-Kind-Maßnahme teilnehmen (Collatz et al. 1998, Meixner et al. 2001).

Allgemein lassen Kognitionen von Selbstwirksamkeit Aussagen zu, wie effektiv und kompetent eine Person sich in einer komplexen und schwierigen Situation verhält. Ban- dura (1982) weist Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eine zentrale Rolle in der Ausei- nandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt zu.

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Der Zusammenhang zwischen belasteten Familien als Erfahrungs- und Erziehungsum- welt und der Entwicklung psychischer Probleme der Kinder wurde in verschiedenen Forschungsansätzen untersucht. Während in psychodynamischen, lerntheoretischen und systemischen Forschungsbereichen häufig Defizite in der Lern- und Erfahrungswelt des Kindes im Mittelpunkt stehen, wird in der Forschung zur Widerstandskraft untersucht, wie unterschiedlich Individuen auf Belastungen reagieren und welche Faktoren helfen, mit kritischen Lebensereignissen umzugehen. Dieser Blickwinkel hat unter den Stich- worten "Resilienz", "Vulnerabilität" und "Protektive Faktoren" zunehmend an Bedeu- tung gewonnen. Ob und wie sich Störungen entwickeln, hängt nicht nur von den vor- handenen Risiken ab, sondern auch entscheidend von den Schutzfaktoren bei Kindern.

Einer rein pathogenetisch-kurativen Betrachtungsweise stellte Aaron Antonovsky eine salutogenetische Pespektive gegenüber und bezeichnete als Kohärenzgefühl (1979) "Ei- ne globale Orientierung, die das Ausmaß ausdrückt, in dem jemand ein durchdringen- des, überdauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass erstens die Reize aus der internalen oder externalen Umwelt im Verlauf des Lebens strukturiert, vorhersagbar und erklärbar sind, und dass einem zweitens die Ressourcen zur Verfü- gung stehen, um den von diesen Reizen ausgehenden Anforderungen gerecht zu wer- den. Und drittens, dass diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Investitionen und Engagement verdienen." (zitiert nach Margraf 1987 S.20).

Die Stärkung der Bewältigungskompetenzen dient einer Reduktion gesundheitlicher Risiken. Transaktionsanalytische Stresskonzepte berücksichtigen insbesondere die Be- deutung und Veränderung von Einstellungen im Umgang mit Erkrankungen und der Krankheitsbewältigung. Hinsichtlich der Entwicklung von Gesundheit und Krankheit bei Frauen zwischen 20-50 Jahren mit Kindern lieferten Stressoren, die dem psychoso- zialen Variablenbereich zuzuordnen sind, einen höheren Erklärungsanteil als biolo- gisch-medizinische Variablenkomplexe (Collatz 1998).

In der Evaluation präventiver und rehabilitativer Mutter-Kind-Maßnahmen wurde nach- gewiesen, dass diese Maßnahmen effektiv sind: Mütter werden gesünder (Collatz et al.

1998, Meixner et al. 2001). In der Forschungsarbeit stellte sich darüber hinaus die Fra-

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ge, ob mit der Gesundung der Mütter auch eine Stärkung der Mütter in ihrer Rolle als Erziehende einhergeht. Eine Stärkung der elterlichen Leistungs- und Handlungsfähig- keit kann als Empowerment bezeichnet werden. Das Empowerment wird durch Kompe- tenzüberzeugungen als Indikatoren in geeigneter Weise abgebildet.

In der Braunschweiger Kindergartenstudie (Miller 2001) wurden Messinstrumente zum Erziehungsverhalten und zu elterlicher Kompetenzüberzeugung evaluiert. Zusammen- hänge von Erziehung und Kompetenzüberzeugungen wurden an einer Stichprobe durch- schnittlicher Eltern von Kindergartenkindern überprüft. Die Stichprobe der vorliegen- den explorativen Studie bot die Möglichkeit vergleichend zu prüfen, ob eine Stichprobe mit klinischer Relevanz hinsichtlich erlebter Elternschaft vorliegt, welche Veränderun- gen hinsichtlich des Erlebens elterlicher Kompetenz mit der Gesundung von Müttern einhergehen und welchen Beitrag Mutter-Kind-Maßnahmen hinsichtlich Zufriedenheit und Selbstwirksamkeit in erlebter Elternschaft leisten.

Ist eine moderne Wohlstandsgesellschaft also einerseits fähig, die Gefahr von lebensbe- drohlicher Krankheit zu minimieren, andererseits aber auch in der Lage, Eltern zu stär- ken, damit durch ihre Fürsorge Kinder widerstandsfähige Hoffnungsträger einer ge- meinsamen Zukunft bleiben?

Die Fragestellung der vorliegenden Arbeit konzentriert sich auf das Erleben von Eltern- schaft bei Müttern. Wie sicher und kompetent schätzen sich Mütter als Eltern ein und werden sie im Rahmen von Mutter-Kind-Maßnahmen darin gestärkt? Wenn die Frage- stellung sich nur auf Mütter begrenzt, so sollen hiermit in keiner Weise Aussagen zum Forschungsgegenstand der Väter impliziert werden. Auch soll für Frauen mit Kindern keine wertende Aussage hinsichtlich der Rolle und der Verantwortung damit verbunden sein.

Ziel der vorliegenden explorativen Studie ist die Klärung der komplexen und interakti- ven Zusammenhänge von Erziehungskompetenz, Gesundheit von Müttern und Verhal- ten von Kindern, sowie deren Veränderung nach einer Mutter-Kind-Maßnahme.

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2. Elterliche Kompetenzüberzeugung

2.1. Elterliche Kompetenzüberzeugungen, Konzepte und Definitionen

Das Ziel vieler therapeutischer Interventionen ist es, Verhalten und Einstellungen von Eltern und Kindern zu ändern, um Krisen und Krankheiten besser zu bewältigen. Kog- nitiven Faktoren, die mit elterlichem Kompetenzerleben und Zufriedenheit assoziiert werden, wird in der aktuellen Forschung eine besondere Rolle zugeschrieben (Coleman

& Karraker 1997). Einschätzungen der elterlichen Kompetenz sind einerseits gute Prä- diktoren für das Umsetzen positiven Erziehungsverhaltens und anderseits Mediatoren zahlreicher Faktoren, die mit der Erziehungsqualität korrelieren, z.B. die psychische Symptomatik von Müttern. In Stresskonzepten, die als Forschungsansatz zur Modifika- tion von Erkrankungen dienen sollen, steht immer wieder die Selbstwirksamkeitsüber- zeugung im Mittelpunkt.

Unter Selbstwirksamkeit definierte Bandura (1982, S.122) Erwartungen in Situationen bezüglich erfolgreicher Bewältigung: „Perceived self-efficacy is concerned with judge- ments of how well one can execute courses of action required to deal with prospective situations“. Speziell im Mutter-Kind-Bereich bedeutet dies, dass sich Mütter bezüglich alltäglicher Erziehungsprobleme als genügend kompetent und selbstbewusst empfinden.

Dabei kann eine Person durchaus das Wissen darüber haben, wie sie beispielsweise ein wütendes Kind beruhigt, aber aufgrund von Selbstzweifeln ist sie unfähig, es auch zu tun (Bugental 1987). Viele Untersuchungen zu soziokognitiven Funktionen beschäftig- ten sich mit dem Wissen über und den Fähigkeiten, die zur Verhaltensregulation ge- braucht werden und zeigen auf, dass es nicht ausreichend ist, Verhaltensweisen zu ken- nen und über sie zu verfügen, sondern es wichtig ist, sie effektiv und konsistent unter unterschiedlichsten Bedingungen anzuwenden.

Die Qualität des Verhaltens von Müttern unter Berücksichtigung mütterlicher Depressi- on, sozialer Unterstützung und der Wahrnehmung kindlichen Temperaments ist For- schungsgegenstand vieler Arbeiten. So wurden positive Bezüge berichtet bei günstiger sozialer Unterstützung und Ehezufriedenheit und negative Zusammenhänge bei Frauen, die unter Depressionen leiden. Depressive Mütter weisen eher dysfunktionales Erzie-

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hungsverhalten auf, werden weniger einfühlsam, strafend und das Kind ablehnend be- schrieben (Gelfand & Teti 1992). Auch die Wahrnehmung des Kindes unterscheidet sich bei depressiven und nicht depressiven Frauen. Wahrnehmungsverzerrungen lassen entwicklungspsychologische Phasen störender erscheinen (Cummings & Davies 1994).

Es stellt sich die Frage, welche Mechanismen diese Zusammenhänge bei Depressiven regulieren.

Bandura beschreibt den Zusammenhang zwischen Handeln und Selbstwirksamkeit als bidirektional. Personen, die sich als selbstwirksamer erleben, haben ein stärkeres Durchhaltevermögen und persistieren bei Aufgabenstellungen während Menschen, die sich als wenig selbstwirksam beschreiben, vorzeitig aufgeben. Je stärker die Selbstwirk- samkeit eingeschätzt wird, um so höher sind die Ziele, die sich Menschen setzen und um so stärker ist ihr Durchhaltevermögen (Bandura & Wood 1989 nach Bandura 1989).

Wahrgenommene Selbstwirksamkeit bei der Erreichung ersehnter Ziele stärkt Selbst- wertgefühle und sichert Zufriedenheit ab, während das Verfehlen von Zielen enttäuscht und Depressionen evoziert (Bandura 1989). Immer wiederkehrende Gedanken der Selbstunwirksamkeit deprimieren, stressen und beeinflussen das Handeln, indem sie Funktionen einschränken (Meichenbaum 1977).

In vielen Arbeiten zum Erziehungsverhalten zeigte sich, dass die ausschließliche Be- trachtung von offenem und beobachtbarem Verhalten ergänzt werden muss um kogniti- ve und affektive Elemente des Erlebens von Elternschaft. Mit der kognitiven Wende in der Forschungsarbeit stieg die Vorhersagewahrscheinlichkeit von Erziehungsverhalten und Erklärungsmodelle verbesserten sich (Miller 2001). Selbstwirksamkeit spielte zu- nächst in der Forschung zu Mutter-Kind-Interaktionen kaum eine Rolle oder sie stand trotz der starken Zusammenhänge zum Erziehungsverhalten selten im Zentrum des wis- senschaftlichen Interesses (Coleman & Karraker 1997).

Eine Erklärung könnte sein, dass Selbstwirksamkeitstheorien aus experimentellen Stu- dien hervorgingen, die Vorhersagen nach Erfolgs- und Misserfolgsinduktion untersuch- ten. Es wurden beispielsweise Aussagen zur Einschätzung der eigenen Gedächtnisleis- tung und die Einschätzung der Schwierigkeit einer Aufgabe vor dem Hintergrund erfah-

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rener Gedächtnisleistungen untersucht. Die Probanden konnten gut differenziert werden in solche, die sich unter ihren Gedächtnismöglichkeiten einschätzten und solche, die die Aufgabenschwierigkeit und die eigenen Leistungen adäquat einschätzten (Bandura 1989). Aussagen zur Selbstwirksamkeit sind sensible Prädiktoren für die Performanz von Verhalten. Die Vorhersage bezog sich allerdings nicht nur auf das Ergebnis der Handlung, sondern auch auf den Handlungsprozess. Menschen, die sich als selbstwirk- samer einschätzen, denken und fühlen bei Anforderungen anders als Menschen, die sich als wenig selbstwirksam bezeichnen und die dadurch leichter Opfer von Stress und De- pressionen werden. Obwohl die Bedeutung von Selbstwirksamkeit für die Aufgabe Kinder zu erziehen, leicht zu erkennen ist, fehlte es zunächst an Arbeiten, die das Kon- strukt der Selbstwirksamkeit aus dem Labor in das Feld -Erziehung im häuslichen Um- feld- übertrugen und untersuchten. Hierzu bedurfte es zunächst auch der Entwicklung geeigneter Testinstrumente.

Wissenschaftliche Untersuchungen unterstützten einen engen Zusammenhang zwischen elterlichem Verhalten und das Verhalten begleitenden und/oder auch bestimmenden Kognitionen (Sigel 1985). Nach Bandura ist das Verhalten die wichtigste Informations- quelle für Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. Auch wenn noch nicht hinreichend Aus- sagen zu bestimmten Kognitionstypen im elterlichen Verhalten gemacht wurden, konnte davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um ein multidimensionales Kognitions- Modell handeln musste. Arbeiten, die elterliche Kognitionen misshandelnder Eltern untersuchten, zeigten geringere Niveaus der elterlichen Moral und der Verantwortlich- keit sowie Fehleinschätzungen kindlicher Individualität. Dabei zeigten gewaltsam stra- fende Mütter unrealistische Erwartungen an das Kind und schlechtere Problemlösefä- higkeiten, als Mütter einer Kontrollgruppe. In Befragungen wurde versucht, elterlichen Stress und elterliches Selbstbewusstsein zu erfassen. Dabei stellte sich zusammenfas- send heraus, dass elterliche Selbstachtung messbar ist und in engem Zusammenhang steht einerseits mit kindlichem Verhalten und andererseits mit elterlichen Fähigkeiten (Johnston & Mash 1989).

Weil in die Untersuchungen von Kompetenzüberzeugung der Eltern die Ergebnisse aus der Forschung zu elterlichen Attribuierungsstilen, Arbeiten zur Selbstwahrnehmung,

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Informationsverarbeitung und Untersuchungen zu den Erwartungen von Eltern eingin- gen, existierten unterschiedliche Konzepte, denen gemeinsam die Beziehung zwischen Kognitionen von Eltern und ihrem Verhalten ist. So finden sich in der Literatur wenig trennscharf Konstrukte wie Zufriedenheit mit der Elternschaft, Anforderung an Eltern- schaft, Einstellungen zur Elternschaft, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, Attributi- onsmuster, Elterliches Kompetenzgefühl, elterlicher Stress.

Testverfahren, die Selbstwirksamkeit in bestimmten Aufgabenbereichen messen, sind in der Vorhersagegenauigkeit nach Bandura (1989) generellen Maßen, z.B. globale Kon- trollüberzeugung, vorzuziehen. In der wissenschaftlichen Literatur kann unterschieden werden zwischen aufgabenspezifischer, bereichsspezifischer und generalisierter Kom- petenzüberzeugung (Coleman et al. 1997). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit steht ein bereichsspezifischer Ansatz im Mittelpunkt.

Gibaud-Wallston und Wandersman (1978) entwickelten einen Fragebogen um elterliche Selbstwirksamkeit, Parenting Sense of Competence (PSOC), zu messen. Sie unterschie- den zwischen Value-Comforting und Skill-Knowledge, die von Mash und Johnston spä- ter als die Skalen Zufriedenheit und Selbstwirksamkeit bezeichnet wurden. Gibaud- Wallston und Wandersmann fanden heraus, dass elterliches Kompetenzerleben bei Vä- tern und Müttern differierte und mit Durchsetzungskraft korreliert. Elterliches Kompe- tenzerleben unterschied sich ferner nach Störungsbildern und stand mit Wahrnehmung von Erziehungsschwierigkeiten, sozialer Unterstützung und elterlichem Wohlgefühl in engem Zusammenhang.

Eine Komponentenanalyse der Untersuchung von Mash und Johnston (1989) extrahierte aus der Untersuchung von über 500 Vätern und Müttern zwei wesentliche Faktoren für das erlebte Gefühl der elterlichen Kompetenz: Zufriedenheit und Selbstwirksamkeit.

Die Zufriedenheit hinsichtlich erlebter Elternschaft beschreibt eine affektive Dimensi- on, die elterliche Frustration, Ängstlichkeit und Motivation widerspiegelt. Selbstwirk- samkeit als instrumentelle Dimension gibt die erlebte Kompetenz und Problemlösefä- higkeiten wieder und beschreibt eine eher rationale Einschätzung der eigenen elterlichen Fähigkeiten.

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Eine Stärkung der elterlichen Leistungs- und Handlungsfähigkeit kann als Empower- ment bezeichnet werden. Scheel und Rieckmann (1998) bezeichnen als elterliches Em- powerment die Überzeugung, zum einen Fähigkeiten zu besitzen, Kinder momentan und in Zukunft erfolgreich zu erziehen und positive Veränderungen in Kindern zu be- wirken und zum anderen auch die Überzeugung bzw. den Willen, sich neue Fähigkeiten anzueignen und sich aktiv mit dem Kind zu befassen oder auch Unterstützung durch Einrichtungen der Gemeinde und Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Internal erlebter Stress und Variablen, die Aussagen zur Funktion der Familie machen, waren signifikan- te Prädiktoren von elterlichen Kompetenzüberzeugungen. Zusammenhänge zur elterli- chen Selbstwirksamkeit wurden bezüglich folgender Faktoren festgestellt:

(a) mütterliche Depression (Gelfand & Teti 1992) (b) Ehezufriedenheit (Köppe 2001)

(c) soziale Unterstützung durch Familie und Freunde ( Cummings & Davies 1994) (d) problematische Eigenschaften des Kindes (Scheel & Rieckmann 1998, Kuschel

2001)

(e) beobachtbare Erziehungsfertigkeiten (Teti & Gelfand 1991, Miller 2001)

2.2. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Gesundheit von Müttern

Eltern berichten im Vergleich zu Erwachsenen ohne Kinder über mehr Sorgen und Stress: sie sind ängstlicher, depressiver und weniger fröhlich und zufrieden (McLanahan

& Adams 1989). Stress und depressive Verstimmungen leisten einen signifikanten An- teil an der Varianzaufklärung, wenn es um Erziehungsverhalten und damit auch um das Kompetenzerleben geht. Miller (2001) berichtete negative Korrelationen zwischen Kompetenzgefühl und psychischer Symptomatik. Der Zusammenhang ist noch höher zwischen der Subskala Zufriedenheit, da mit der erlebten Zufriedenheit in der Eltern- schaft mehr affektive Anteile gemessen werden.

In der Einschätzung oder in den Befürchtungen hinsichtlich bestimmter Situationen steuern Kompetenzüberzeugungen die erlebte Hilflosigkeit und Depressivität, bzw. um-

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gekehrt die Motivation und die Motivationsintensität (Bandura 1989). Ergebnisse einer Langzeitstudie berichten, dass je depressiver Mütter sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie ihre Kinder als schwierig beschreiben und ferner, dass Frauen umso depressiver sind, je geringer sie sich in ihrer elterlichen Selbstwirksamkeit erleben. Die Wahr- scheinlichkeit, dass eine Mutter nach 6 Monaten noch depressiv ist, steigt in Abhängig- keit zur Depressivität zu Beginn der Studie (Gross, et al 1994).

Psychische Störungen der Mütter sind ein Risikofaktor für Verhaltensauffälligkeiten von Kindern. Dabei beeinträchtigen Depressionen der Kindesmutter die Kinder sowohl direkt in der Interaktion als auch indirekt, z.B. durch die Belastung der Partnerschaft, da sie das Umfeld der Kinder labilisieren (Cummings & Davies 1994). Dass mütterliche Depressionen häufiger Untersuchungsgegenstand hinsichtlich der Auswirkungen auf Kinder sind, ist Angesichts der Tatsache, dass das Risiko, im Laufe eines Lebens an einer Depression zu erkranken zwischen 16 und 18% liegt, plausibel. Das Ersterkran- kungsalter liegt im frühen bis mittleren Erwachsenenalter (Dörner1994) und Frauen sind im Verhältnis 7:3 häufiger betroffen als Männer. Mit dem Störungsbild kovariieren niedriger sozioökonomischer Status, unzureichende Kenntnisse über Erziehungsverhal- ten und Stressoren wie gesundheitliche Beschwerden und finanzielle Probleme.

Stress dient oft als Oberbegriff für unterschiedliche Faktoren, wobei einerseits die Schwierigkeit besteht, den Begriff klar zu definieren und andererseits die unterschiedli- chen Faktoren in ihren kumulativen Effekten schwer zu isolieren sind, beispielsweise depressive Erkrankungen und Eheprobleme.

Selye (1976, in Nitsch 1981) beschreibt das „Syndrom des Krankseins“ unabhängig von der Erkrankung: Appetitverlust, schwindende Muskelkraft und Schwächung des Taten- dranges seien Hinweise im Vorfeld der akuten Erkrankung. Monokausalität von Er- krankungen, die Auffassung vor allem im 19. Jahrhundert, dass jede Krankheit eine besondere Ursache haben muss, zeigte sich rasch im Zusammenhang mit den For- schungsergebnissen in der Medizin als nicht ausreichend. Krankheiten sind vielmehr plurikausal. Die Disposition spielt insofern eine bedeutende Rolle, als dass diese den schwächsten Punkt determiniert, der bei Zutreffen verschiedener Einflussfaktoren den

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Ausbruch einer bestimmten Erkrankung zur Folge hat.

Bei der Definition von Stress hat es nicht nur in der populärwissenschaftlichen sondern auch in der wissenschaftlichen Literatur viel Verwirrung gegeben: „after 30 years, no one has formulated a definition of stress that has satiesfied even a majority of stress reseachers“ (Eisdorfer 1981, nach Webster-Stratton 1990). Dabei war und ist ein Stress- konzept sinnvoll und nützlich.

Als Stressoren werden alle endogenen und exogenen Reize bezeichnet, die in Verbin- dung mit einem stereotypen Muster biochemischer, funktioneller und struktureller Ver- änderungen und in engem Zusammenhang stehen mit der Bewältigung einer erhöhten Anforderung an die Lebenstätigkeit. Dabei kann es unerheblich sein, ob der Reiz positiv oder negativ ist. Stress ist die unspezifische Reaktion des Organismus auf jede Anforde- rung (Selye 1975, in Nitsch 1981). Stress kann nicht vermieden werden, da Leben an sich schon Anforderungen an die lebenserhaltende Energie stellt. Stress muss auch nicht immer schädlich sein, sondern kann unter bestimmten Bedingungen auch heilen (Kälte, Hitze, Bewegung etc.). Umgekehrt können Stressoren aber auch pathogene Auswirkun- gen haben und es wird in diesem Zusammenhang von Anpassungs- oder Stresskrankhei- ten gesprochen, z.B. Magen-Darm-Geschwüre oder Hypertonie.

Hinsichtlich der Entwicklung von Gesundheit und Krankheit bei Frauen zwischen 20-50 Jahren mit Kindern lieferten Stressoren, die dem psychosozialen Variablenbereich zu- zuordnen sind, einen höheren Erklärungsanteil als biologisch-medizinische Variablen- komplexe. Die Überlegungen zu einem Rollen-Überlastungsmodell (Collatz 1996) ba- sieren hierbei auf dem transaktionsanalytischen Erklärungsmodell von Lazarus und Folkman (1984). Transaktionen lassen interaktive Rückkopplungsprozesse und Rück- kopplungsschleifen zu. In einer primären Einschätzung werden die Herausforderung, in einer sekundären Einschätzung die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten abgewogen.

Von Bedeutung ist also nicht der objektive Stressor, sondern vor allem die subjektiven Bewertungsprozesse von Stressoren, deren Wahrnehmung und individuelle Verarbei- tung. Im Bemühen um Stresskontrolle kann es demnach auch nicht um bedingungslose Reduktion von Stress gehen, was bezüglich der Erziehungsbelastung unmöglich wäre.

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Hinsichtlich kognitiver Bewertungsmuster zeigten Untersuchungen von Perlin und Schooler (1978), dass insbesondere Ressourcen wie Selbstwirksamkeit oder auch ein hohes Selbstwertgefühl der Stressreduktion dienen. Gestresste Mütter wiesen eine signi- fikant niedrigere Selbstwirksamkeitsüberzeugungen auf (Miller, 2001). Diese Mütter zeigten eine bedeutend höhere psychische Symptomatik hinsichtlich Angst oder De- pression. Stresssymptome zeigten ferner den stärksten Zusammenhang zu dysfunktiona- lem Erziehungsverhalten, insbesondere zu Überreaktionen. Eltern mit verhaltensauffäl- ligen Kindern schätzten sich signifikant niedriger in ihrer Selbstwirksamkeit ein und zeigten gleichzeitig ein sehr intensives Erleben von internalem Stress, während das Fa- miliensystem weniger anpassungsfreundlich und flexibel eingeschätzt wurde. Zusätzlich zum niedrigen Kompetenzerleben unterschieden sich die erschöpften Eltern hinsichtlich Bildung und Erwerbstätigkeit (Scheel & Rieckmann 1998).

Diese Ergebnisse stützen Überlegungen, die Stress als zentrale Variable im Zusammen- hang mit Gesundheit und Erziehung ansehen. Verschiedene ungünstige Kontextfaktoren wie z.B. Arbeitslosigkeit, niedriges Einkommen oder der Mangel an sozialer Unterstüt- zung bewirken eine Erhöhung von Erziehungsstress (Webster-Stratton, 1990) und führ- ten zu der Disruptorhypothese, die davon ausgeht, dass verschiedene Stressoren (extra- familiäre, intraparentale und kindzentrierte Stressoren) auf das Familiensystem protek- tiv oder belastend einwirken und zu Bewältigungsstrategien, aber eben auch zum Zu- sammenbruch des Erziehungsprozesses führen können.

Bezüglich der unterschiedlichen Auswirkungen von psychischer Symptomatik auf das Selbstkonzept von Eltern und auf deren Verhalten sind die Untersuchungen depressiver Mütter für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse. Prozentangaben zur De- pressivität liegen in repräsentativen Stichproben bei 5-7% und Korrelationen bei r = .13 (Miller 2001). Bei einem Vergleich der Mütter, die an einer Mutter-Kind-Maßnahme teilnahmen lagen die Werte bei 51% (Herwig 2002). Erschöpfte Mütter weisen häufig depressive Symptome auf, wenn auch diskutiert wird, ob es sich um Diagnosen aus dem Bereich der affektiven Störungen handelt (Collatz 2002). Prävalenzraten für affektive Störungen in der Gesamtbevölkerung werden mit 0,4-1% angegeben (Dörner 1994).

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Ergebnisse der Untersuchungen bei depressiven Müttern zeigten, dass sich diese isoliert fühlten und durch ihre Kinder eingegrenzt. Sie beklagten ihre Bindungslosigkeit zum Kind, waren erschöpfter vom Streit der Kinder und enttäuscht über geringe soziale Un- terstützung durch Partner. Sie konnten ihre Kinder weniger akzeptieren, sich weniger um sie kümmern und sich mit ihnen beschäftigen, als es nicht depressive Mütter äußer- ten. Diese Unzufriedenheit spiegelt sich zurück in der Beziehung zum Kind und führt zu Anpassungsproblemen der Kinder (Gelfand & Teti 1992). Kinder depressiver Eltern haben ein 2-5 mal höheres Risiko für die Entwicklung eigener Psychopathologien.

Zwillingsstudien und Untersuchungen an Adoptivkindern weisen auf ein genetisches Risiko hin. Biologische Modellannahmen zur Entstehung depressiver Erkrankungen können aber nur einen Teil der Varianz zwischen depressiven Eltern und Anpassungs- störungen von Kindern erklären (Cummings & Davies 1994).

Das Erleben der Kinder von depressiven und nicht depressiven Mütter wird unterschied- lich referiert. Während bei der Einschätzung ihrer 6-8 Wochen alten Kinder depressive Mütter ihre Kinder als schwieriger einschätzen als nicht depressive Mütter (Hopkins et al. 1987), beschreiben sich in einer anderen Studie mit 2-5 jährigen Kindern (Kochanska et al. 1987) beide Gruppen als gleich glücklich. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass Mütter mit geringen bis sehr starken depressiven und ängstlichen Symptomen oder einer Stresssymptomatik ihre Kinder hinsichtlich externalisierender und internalisierender Störungen als verhaltensauffälliger beschreiben (Köppe 2001). Diskutiert wird, dass elterliche Kompetenzeinschätzungen auch vom Verhalten der Kinder abhängig ist und dieses wiederum in engem Zusammenhang mit dem Entwicklungsalter zu betrachten ist.

Wahrgenommene Selbstwirksamkeit und depressive Stimmung stehen in einer bidirek- tionalen Verbindung. Dabei können zwei Prozesse angenommen werden, die das Urteil bezüglich erlebter Selbstwirksamkeit beeinflussen. Analog der Bahnungstheorie der Gefühle (affective-priming theorie von Bower 1983) werden Erfolg und Misserfolg im Gedächtnis gespeichert und mit einem Gefühl verbunden. Diese affektive Speicherung beeinflusst den Urteilsprozess. Gute Stimmungen aktivieren erfolgsverbundene Erinne- rungsspuren, während negative Stimmungen Erinnerungen an Misserfolge aktivieren.

Streuung von Aktivität über emotionale Knotenpunkte aktiviert stimmungskongruente

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Erinnerungen. In Experimenten wurde nachgewiesen, dass Induktion von positiver Stimmung mit höherer Einschätzung der erlebten Selbstwirksamkeit einhergeht, wäh- rend Induktion von schlechter Stimmung Selbstwirksamkeit verringert. Es wird ange- nommen, dass Stimmungen induzierende Erlebnisse das Urteil des Selbstwirksamkeits- erlebens mehr über affektive und weniger über kognitive Bahnungen beeinflusst (Ban- dura 1989). Depressionen werden von Erinnerungen an Misserfolg und geringer Selbstwirksamkeit begleitet, welche wiederum assoziiert sind mit Erinnerungen an defi- zitäre Handlungen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit einer gesundheitlichen Belastung am Beispiel von depressiven Müttern sehr häufig eine negative Einschätzung der elterli- chen Kompetenz einhergeht. Dieser Prozess ist reziprok und stellt ein Entwicklungsrisi- ko für Kinder dar.

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2.3. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Verhalten von Kindern

In der Arbeit mit schwer erziehbaren oder verhaltensauffälligen Kindern und ihren Fa- milien wird oft deutlich, dass das Umfeld der Kinder durch unterschiedliche Stressoren belastet ist (Webster-Stratton 1990). Alle wichtigen psychologischen Theorien zur Ent- wicklung von Verhaltensstörungen gehen davon aus, dass dem familiären Umfeld und insbesondere den Eltern eine wichtige Schlüsselposition zukommt. Allerdings steht auch das Verhalten der Kinder in einer wichtigen Wechselwirkung mit dem Verhalten der Eltern. In einer Untersuchung an jungen Eltern von Schneewind (1995) ergaben sich positive Korrelationen in der Höhe von r = .60 zwischen dem Grad, in dem die drei Monate alten Kinder sich von den jungen Eltern beruhigen ließen und der Zufriedenheit der Eltern nach neun Monaten. Die Wahrnehmung der eigenen Kompetenz ist demnach vom Erziehungsresultat beeinflusst, bzw. von dem, was als solches von Eltern attribu- iert wird.

18% der Kinder im Kindergartenalter zeigen behandlungsbedürftige emotionale und Verhaltensstörungen (Kuschel 2001). Das Verhalten des Kindes lässt sich nicht nur aus dem Verhalten der Kindeseltern erklären, sondern bedarf auch einer Analyse dessen, was das Kind mitbringt, der erblichen Disposition, des Charakters oder Temperamentes, und auch situativer Bedingungen. Temperamentsunterschiede von Kindern, die als

„schwierig“ erlebt werden, lieferten sehr gute Vorhersagen wie gestresst sich Eltern erleben (Gelfand & Teti 1992). In klinischen Studien zeigte sich, dass Eltern von Kin- dern mit Verhaltensauffälligkeiten im Unterschied zu Eltern mit „normalen“ Kindern die eigenen Fähigkeiten als geringer einschätzten. So haben Mütter von sogenannten

„Schreibabys“ das Gefühl weniger kompetent zu sein (Cutrona & Troutman 1986). El- tern älterer hyperaktiver Kinder beschreiben geringere Selbstüberzeugungen, als Eltern deren hyperaktive Kinder jünger sind (Mash & Johnston 1983a), wobei insgesamt die Zusammenhänge zwischen Kompetenzüberzeugung und Verhaltensauffälligkeiten bei den Müttern stärker sind als bei den Vätern. Mütter von Kindern mit Verhaltensauffäl- ligkeiten fühlen sich grundsätzlich weniger kompetent und sind unzufriedener als Müt- ter, deren Kinder altersgemäßes Verhalten zeigen (Miller 2001).

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Bei sogenannten „einfachen“ Kindern konnten für depressive und nicht depressive Müt- ter gleiche Vorhersagen hinsichtlich des Stressniveaus der Eltern gemacht werden und dieses war bei beiden Gruppen eher niedrig. Allerdings war der elterliche Stress bei depressiven Müttern vergleichsweise deutlich höher, wenn ein schwieriges Kind auf eine depressive Mutter traf. Der Faktor „schwieriges Kind“ war der stärkste Prädiktor für elterlichen Stress und konnte sogar psychsoziale Prädiktoren wie Ehezufriedenheit, soziale Unterstützung und Erziehungskompetenz zurückdrängen (Gelfand & Teti 1992).

Ergebnisse aus Längsschnittstudien (Gross 1994) bestätigten, dass das Temperament von Kindern die mütterliche Selbstwirksamkeitsüberzeugung beeinflusst. Es ist davon auszugehen, dass verhaltensauffällige Kinder eine „schwierige Aufgabe“ darstellen und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Misserfolge in der Erziehung kumulieren, die wiederum die elterliche Kompetenz beeinflussen. Mütter schwieriger Kinder aber auch viele andere Mütter sind sich unsicher, ob ihr Erziehungsverhalten richtig und förderlich ist. Untersuchungen weisen darauf hin, dass das Verhalten der Kinder einen Teil dessen ausmacht, was Eltern als Stress erleben. Geringe Korrelationen zwischen dem Thera- peutenurteil und dem Elternurteil hinsichtlich der Ernsthaftigkeit der Störung des Kin- des zeigen aber auch, dass der Stressor „schwieriges Kind“ im ungünstigen Fall auf El- tern mit ungünstigen Stressverarbeitungsstrategien und geringer familiärer Unterstüt- zung trifft (Scheel & Rieckmann 1998).

Das Verhalten von Kindern und die Einschätzung der Eltern hinsichtlich der erlebten Elternschaft sind wechselseitig voneinander abhängig. Ergebnisse der Braunschweiger Kindergartenstudie (Miller 2001) weisen niedriges elterliches Kompetenzerleben bei internal und external auffälligen Kindern nach. Unterschiede hinsichtlich niedriger Kor- rellationen und geringerer Effektstärken bei internalisierenden Störungen konnten da- hingehend interpretiert werden, dass externalisierende Störungsbilder häufiger mit Er- ziehungsfehlern in Verbindung gebracht und zudem eher störend bemerkt werden.

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Die Zufriedenheit der Mütter mit auffälligen Kindern ist deutlich geringer als ihre Ein- schätzung hinsichtlich der empfundenen Selbstwirksamkeit. Johnston und Mash (1989) stellten fest, dass der affektive Anteil an Kompetenzüberzeugungen, die Zufriedenheit mit der Elternrolle, sensibler auf Verhaltensauffälligkeiten reagiert, als es die rationale Bewertung der Selbstwirksamkeit tut.

Einschätzungen der kindlichen Verhaltensauffälligkeiten durch Eltern sind normaler- weise relativ zuverlässig, allerdings berichten Ergebnisse einiger Studien, dass depres- sive Mütter mehr Verhaltensauffälligkeiten berichten als nicht depressive. Depressive Verstimmungen gehen einher mit Urteilsverzerrungen. Diese Verzerrungen werden nicht von repräsentativen Stichproben berichtet (Sawyer, Streiner und Baghurst 1998).

Mash und Johnston (1983a,b) berücksichtigten wie bereits erwähnt das Entwicklungsal- ter der Kinder bei der Betrachtung elterlicher Kompetenzeinschätzung. Die Ergebnisse bei Eltern mit älteren und jüngeren hyperaktiven Kinder konnten bei einer Untersu- chung an 4-9 jährigen Kindern nicht repliziert werden. Die Autoren stellten fest, dass das Alter der Kinder nur über größere Entwicklungsschritte und Alterskohorten Aus- wirkungen auf die Kompetenzeinschätzung hat, bzw. dass elterliche Selbstwirksamkeit relativ robust bei einer schmalen Altersvarianz in der Stichprobe ist.

2.4. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Erziehungsverhalten

Während in Abschnitt 2.3. der Focus auf das Verhalten des Kindes und seine Auswir- kungen auf das Erleben von Elternschaft gerichtet war, konzentrieren sich andere Arbei- ten auf das Verhalten der Eltern mit seinen positiven oder negativen Folgen hinsichtlich der Einschätzung elterlicher Kompetenz.

Unangemessenes Verhalten der Eltern kann zu Problemen im Verhalten der Kinder füh- ren und mit geringer erlebter Erziehungskompetenz einhergehen. So fühlen sich eher gewaltvoll strafend erziehende Mütter als wenig kompetent und zu nachsichtige Mütter zeigen ein ebenfalls niedriges Kompetenzgefühl (Webster-Stratton 1990). Andere Er-

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gebnisse referieren, dass Mütter mit hoher Kompetenzüberzeugung über bessere Erzie- hungsfertigkeiten verfügen, so unternehmen sie eher etwas gegen Fehlverhalten der Kinder (Geller und Johnston 1995), kümmern sich weniger strafend, sondern eher an- gemessen stimulierend um die Kinder. Dabei zeigen diese Mütter aktive und direkte Eltern-Kind Interaktionen (Mash & Johnston 1983) und sind selber weniger verhal- tensauffällig (Johnston & Mash 1989).

Coleman et al. (1997) differenzieren zwischen Faktoren, die der Elternschaft vorausge- hen und Einfluss auf das Verhalten und die elterlichen Kognitionen haben und Faktoren, die aktuell das Verhalten und die Kognitionen beeinflussen. Zu den Faktoren, die der Elternschaft vorausgehen, zählen: das Bindungsverhalten in der Ursprungsfamilie, die sozio-ökonomischen Bedingungen in der Ursprungsfamilie, Vorbereitung in kognitiver Hinsicht auf das Verhalten von und Erfahrungen mit Kindern. Zu den aktuellen Fakto- ren werden Alter des Kindes, Temperament und Verhalten des Kindes, aktuelle sozio- ökonomische Bedingungen und aktuelle Faktoren der Eltern, wie globale Konzepte der Selbstwirksamkeit, psychische Gesundheit, Stresswahrnehmung, Wissen über kindliche Entwicklung, etc. gezählt.

Dabei wirkt der Erziehungsprozess reziprok: „ Zu der oft wiederholten Aussage `Ände- re die Kontingenzen und Du änderst das Verhalten` sollte man hinzufügen `Ändere das Verhalten und Du änderst die Kontingenzen`“ (Bandura 1977, S.203). Verunsicherung der Eltern entsteht und verändert sich in der Erziehung nach den Gesetzen des sozialen Lernens:

1. Individuelle Lerngeschichte

Die Entwicklung von Maßstäben für Selbstverstärkung und die begleitenden kognitiven Prozesse sind ein wichtiger Punkt innerhalb der Theorie des sozialen Lernens. Erfolg und Misserfolg in der persönlichen Lerngeschichte beeinflussen besonders stark das eigene Kompetenzerleben. Dabei muss der Erfolg auch der eigenen Person und nicht der Umwelt zugeschrieben werden. Eltern gehen also schon mit einer bestimmten Kompetenzeinschätzung aus der eigenen Lerngeschichte in den Erziehungsprozess ein.

Hinsichtlich depressiver Mütter kann für das Erleben von Elternschaft die eigene Erzie-

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hung eine wichtige Rolle spielen.

2. Lernen am Modell

Lernen erfolgt stellvertretend durch Beobachtung von anderen und schätzt die eigenen Fähigkeiten und Erfolgsaussichten ein im Vergleich mit dem Modell, das in einen histo- rischen und ökologischen Kontext eingebunden ist. Durch die Beobachtung von Model- len, Vergleiche mit anderen Eltern und geleiteter Partizipation erwerben Eltern neue Verhaltensmuster und neue Strategien, die sie in ihrer Kompetenzeinschätzung bestär- ken oder verunsichern können.

3. Aktuelle Lerngeschichte

Direkte Verstärkung erfolgt im Umfeld, Reaktionen der Kinder auf das Erziehungsver- halten und Reaktionen von Personen, z.B. die eigenen Eltern, Nachbarn und Freunde, geben eine Rückmeldung über die eigene Kompetenz und bewerten die aktuelle Situati- on.

4. Emotionale Erregung

Physiologische Erregung wird attribuiert, wobei niedrige Erregung zunächst eher mit Erfolgsüberzeugungen verbunden wird und hohe Erregung eher mit Misserfolg. Insbe- sondere problematische Kinder, die Schwierigkeiten beim Schlafen oder Essen haben und viel weinen evozieren mehr Stress, der mit emotionaler Erregung einhergeht (Gel- fand, Teti, Radin Fox, 1992) und als Misserfolg attribuiert geringere Kompetenzüber- zeugungen zur Folge hat. Menschen, die sich hilflos Stressoren ausgesetzt fühlen, erle- ben auf höheren Ebenen subjektiven Distress, autonome Erregung, Katecholamin Sekre- tion und Aktivierung des endogenen Opioidsystems (Bandura et al. 1988)

Die Wirkung der Informationen aus den vier Lernwegen auf die Entwicklung der indi- viduellen Selbstwirksamkeit ist ultimativ abhängig davon, wie sie kognitiv gewertet werden. Wird eine Aufgabe z.B. als ausgesprochen simpel eingeschätzt, hat eine erfolg- reiche Bewältigung geringere Steigerung der eigenen Selbstwirksamkeit zur Folge, als wenn die Aufgabe eher als Herausforderung gesehen wird.

Nach Bandura (1977, 1982) verändert sich die eigene Einschätzung von Selbstwirksam-

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keit durch erfolgreiche Handlungsaneignung und stellvertretende Erfahrungen, durch Beobachtung anderer und/oder Erwerb von symbolischer Informationen, z.B. Filmmate- rial. Verbale Bekräftigung oder andere soziale Einflüsse, die zur Überzeugung führen, dass jemand bestimmte Fähigkeiten besitzt und physiologische Effekte emotionaler Er- regung unterstützen den Prozess.

Aus den Ergebnissen der Arbeit von Miller (2001) geht hervor, dass Selbstwirksamkeit und Kompetenzüberzeugung eine zusätzliche Varianzaufklärung von 13% für das Er- ziehungsverhalten aufweist. Allerdings zeigen multiple Korrellationskoeffizienten auch, dass dem Kompetenzgefühl eine zusätzliche Vorhersagekraft für das Erziehungsverhal- ten zukommt und nicht die Position als einziger Prädiktor. Insbesondere Stress und De- pressive Verstimmungen leisten einen Zugewinn an Varianzaufklärung. Miller (2001) bestätigte die Hypothese, dass das Kompetenzgefühl den Zusammenhang zwischen psychischer Symptomatik und Erziehungsverhalten, sowie Verhaltensauffälligkeiten und Erziehungsverhalten mediiert.

Bei der Betrachtung der Entwicklung von Selbstwirksamkeit oder elterlichen Kompe- tenzgefühlen wurde die individuelle Lerngeschichte, eigene Kindheitserfahrungen, bzw.

die internen Repräsentationen von Bindungen untersucht. Der Prozess, durch den Bin- dungsmuster entstehen, steht im Mittelpunkt der Bindungsforschung. 1951 untersuchte der Entwicklungspsychologe Bowlby auf Anfrage der Weltgesundheitsorganisation die Folgen kindlicher Entwicklungsschäden bei fehlender mütterlicher Zuwendung. Bowlby befand sich bei diesem Forschungsbereich in der Tradition von Spitz (1946) und Har- low (1966), die bei der Beobachtung von Kindern und Tieren unter Isolationsbedingun- gen in ihren Untersuchungen eher die drastischen Auswirkungen von Verwahrlosung beschrieben.

Nur von den Kompetenzen und weniger von den Defiziten ausgehend, hieß als Grund- annahme für Bowlby, dass aus der sicheren Bindung zwischen Mutter und Kind eine integre Persönlichkeit entsteht, die verantwortungsvolle Lebensplanung treibt. Diese Person ist in der Lage, Verantwortung für die Konsequenzen ihres Handelns zu über- nehmen und dabei Motive und Interessen nahestehender Menschen zu berücksichtigen.

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"Mit fatalistischer Gleichgültigkeit lässt man zu, dass schlechte Eltern die Kinder ver- nachlässigen und sie somit wieder zu schlechten Eltern erziehen" stellte Bowlby fest (Grossmann 1989, S. 220). Kritiker einer solchen Position bezweifeln, dass die Ursa- chen von Fehlentwicklungen ausschließlich in der Kindheit liegen. Entbehrte Erfahrun- gen können mit geeigneten Partnern nachgeholt und Entwicklungsschäden repariert werden.

Immerhin gilt eine altersgemäße Entwicklung und Versorgung als guter Prädiktor für spätere Gesundheit und extreme Fälle von Isolation und Vernachlässigung in früher Kindheit stellen einen gewichtigen Risikofaktor dar. Die Bedeutung pathogener Erzie- hungseinflüsse auf die Gesundheit des Kindes gilt als hinreichend abgesichert (Esser 1995).

Welche Folgen haben aber subtilere, alltägliche Vernachlässigung, die von Lorenz (1990) in Anlehnung an Spitz als "Familienhospitalismus" bezeichnet werden? Ains- worth (1978) untersuchte die Qualität von Beziehungen auf der Verhaltensebene. Dabei werden individuelle Unterschiede in der Qualität der Beziehungen zwischen Mutter und Kind festgestellt. Zu einer harmonischen Bindungsbeziehung kommt es unter der Vor- aussetzung, dass Mutter und Kind bindungsfähig sind. Die Folge ist eine optimale Ent- wicklung des Kindes und die große Wahrscheinlichkeit und Erwartung hinsichtlich ge- ringerer Reibungsverluste in der weiteren leistungsorientierten Sozialisation. Es wurden Skalen mütterlicher Feinfühligkeit bei Säuglingen entwickelt. Entsprechend der Bin- dungsqualität, die aufgrund der Bindungsfähigkeit von Mutter und Kind entstanden ist, konnte das Verhalten von jungen Kindern auf das Verlassen der Mutter in einer unbe- kannten Situation in drei Gruppen unterschieden werden (Ainsworth 1969). Junge Kin- der (12 - 18 Monate) reagierten entsprechend ihrer sicheren, unsicheren oder unsicher- ambivalenten Bindung auf das Verlassen der Mutter mit einer Trauerreaktion, Teil- nahmslosigkeit und Verzweiflung, Misstrauen und Wut. Darüber hinaus werden Merk- male von Desorganisation und Desorientierung aufgrund ungelöster traumatischer Er- fahrung beobachtet und in allen drei Bindungsarten unterschieden.

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Das Spielverhalten der nach ihrer Bindung unterschiedenen Kinder, zeigte bei Kindern mit einer guten Bindung deutlich mehr empathisches Verhalten, mehr emotionale Kommunikation im Spiel und die Spieldauer ist insgesamt länger (Walter 1969, nach Örter 1987). Eltern mit sicherer Bindung zeigen mehr intuitives Verständnis bei Ent- wicklungsaufgaben, wie etwa der wachsenden Autonomie des 2-3 jährigen Kindes. Eine sichere Bindung zeigt sich ferner als zeitlich stabil bei 80 bis 85% der Mütter (Gross- mann 1989).

Kinder mit einer sicheren Bindung weisen ein höheres Selbstbild auf, als Kinder mit unsicherer Bindung. Negative Beurteilungen durch Eltern werden vom Kind internali- siert und über sich selbst geäußert. Diese Selbstabwertungen ernten u. U. eher Zuwen- dung und können damit noch verstärkt werden (Bem 1972). Das "sichere" Kind emp- findet sich als tüchtiger und liebenswerter. Es erlebt die Bindungsperson als verfügbar, ansprechbar und hilfsbereit. Systematische Zusammenhänge können von Kindern in sicherer Bindung besser erkannt werden und Lernerfahrung, wie sie zum Erwerb von erlernter Hilflosigkeit nötig sind, sind deutlich geringer (Langer et al. 1973, in Ullrich de Muynck und Ullrich 1976). Warm wertschätzendes, wenig lenkendes, stimulierendes Verhalten der Eltern steht mit mehr Spontaneität und Selbstständigkeit in Zusammen- hang. Ein positives Selbstwertgefühl ist für die Entwicklung von Freundschaften im Kindesalter wichtig. Im Kindergarten haben Kinder mit einer sicheren Bindung mehr Freunde und Kinder mit unsicher-ambivalenter Bindung im Schulalter deutlich mehr Konflikte mit Gleichaltrigen.

Die von den Kindeseltern als Kind selbst erfahrene Bindung wurde versucht, über ein Interview zu erfassen (Grossmann 1994). Das Adult-Attachment-Interview (AAI) ist ein strukturiertes Interview. Eltern mit unsicherer Bindung äußerten Erfahrungen mit Freunden in der Pubertät oder Ehepartnern, die ihr Selbstbild verbesserten. Eltern mit unsicherer Bindung schienen abgeschnittener von ihrer Kindheit und eigener Bindungs- erfahrung. Eltern mit sicherer eigener Bindungserfahrung waren hingegen positiver und reflexiver hinsichtlich ihrer Autobiographie.

Kritische Haltungen zur Bindungsforschung beklagen die isolierte Betrachtung der Mut-

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ter-Kind Dyade in der Eingrenzung auf die Mutter. In der Forschungstradition von Spitz, Harlow und Bowlby stehen Bindungserfahrung, bzw. Defizite an zentraler Stelle und leicht wird wertend eine Schuld, bzw. Rollenzuweisung formuliert i.S., die Mutter gehört zum Kind, bzw. das Kind braucht die Mutter. Die Betrachtung der Mutter-Kind Dyade, bzw. die Betrachtung der Bindung von erster Bindungsperson und Kind, bedarf zweifellos einer Beachtung der sozialen Situation von Müttern in der heutigen Zeit.

Kann eine Person (zumeist die Kindsmutter, selten, wenn auch mit steigender Tendenz, der Kindesvater) überhaupt selbstwirksames Verhalten erfahren vor dem Hintergrund zunehmender Komplexität des Alltags, den Lebensbereichen der einzelnen Familien- mitglieder mit ihren unterschiedlichen Rhythmen, bzw. den Folgen von immer mehr

"Einelternfamilien" und deren spezifischen Problemen? "Ein aufeinander abgestimmter Alltag als Familie ist unter diesen Bedingungen eine `voraussetzungsvolle Leistung`, die einen Jongleur der Terminpläne, einen Familienkoordinator verlangt. Es sind in der Regel die Frauen, die diese Leistung unter erheblichem psychischen und physischen Aufwand erbringen." (E. Beck-Gernsheim in „Für eine soziale Öffnung der Bindungs- forschung“, Grossmann 1997).

Andere Impulse in der Betrachtung von Erziehungsverhalten gingen von behavioristi- schen Grundlagen aus. Seligman (1975) entwickelte die Theorie der erlernten Hilflosig- keit und unterstrich, dass Erfahrungen des Kindes mit kontingenter Stimulation das Kind befähigen, der Welt mit der Überzeugung zu begegnen, dass sie gestaltbar ist. Ex- perimente mit Tieren, die nicht mehr flüchteten bei aversiven Reizen, da sie vorher ge- lernt hatten, dass ihr Fluchtverhalten keinen Einfluss hat auf schmerzhafte Erfahrungen, boten ein Erklärungsmodell. Die Versuchstiere blieben in einem Käfigbereich und hiel- ten den Schmerz aus, obwohl sie durch Flucht diese aversive Situation hätten vermeiden können. Bezogen auf das Mutter-Kind Verhalten bedeutet das Paradigma der erlernten Hilflosigkeit umgekehrt, dem Kind Selbstwirksamkeit zu vermitteln: Das kindliche Verhalten bewirkt eine Reaktion der Umwelt. Nach Peterander (1997) kommen dabei Verhaltensweisen wie sensibel reagieren, loben, positives und negatives Feedback, ein affektiv positives Klima schaffen, Reziprozität in der Interaktion, Kontingenz, keine ironischen und zynischen Äußerungen, klare Grenzen setzen, sich in spielerische positi- ve Interaktionszyklen verwickeln lassen, notwendige Hilfestellungen geben, zu eigenen

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Lösungen ermutigen und genügend Zeit zum eigenen Finden von Lösungen geben, eine wichtige Funktion zu.

Möglichkeiten, diese Verhaltensfertigkeiten in einer Maßnahme zu erwerben, werden ambulant in unterschiedlichen Elterntrainings angeboten. So bietet z.B. die Christoph- Dornier-Stiftung in Braunschweig Elterntrainings zu sogenannter „positiver Erziehung“

an. Grundlage des Angebotes ist ein Gruppentraining (Positive Parenting Program = Triple P), dass in zwölfjähriger Forschung an der Universität von Queensland, Austra- lien, entwickelt wurde (Sanders 1996) und sich durch seine wissenschaftliche Absiche- rung von vielen anderen Angeboten unterscheidet.

Sanders erläutert Familieninterventionen als hilfreich bei psychopathologischer Ent- wicklung der Kinder, da sie die Eltern wieder in eine aktive, selbstwirksame Position bringen. Darüber hinaus zeigte sich der Nutzen dieser Interventionen auch bei sonst altersgemäß entwickelten Kindern mit Erziehungsproblemen hinsichtlich Ein- und Durchschlafproblemen oder Essstörungen.

Der Ansatz für ein Familientraining entwickelte sich aus der Erkenntnis, dass eine Dys- funktion der Familie ein Risikofaktor für psychische Probleme in der Kindheit darstellt.

Es fand sich allerdings wenig Übereinstimmung zwischen spezifischen Verhaltensmus- tern in der Familie und spezifischen Störungsbildern (Sanders 1996). Außerordentlichen Nutzen zeigten Untersuchungen zu Familieninterventionen hinsichtlich Kindern aus zerrütteten Familien, Kindern aus Scheidungskrisen, Kindern aus Stieffamilien, bei ängstlichen Kindern und Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten wie Nägelkauen und Daumenlutschen. Es zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen den trainierten Eltern mit neuen Erziehungsstrategien und der Verhaltensänderung der Kinder (Köppe 2001).

Die Erziehungstrainings nach Sanders (Sanders 1996) zielen darauf, das Elternverhalten zu beeinflussen, schließen andererseits aber nicht aus, dass andere Familienbereiche berührt werden, wie Paarzufriedenheit der Eltern, Einfluss anderer Familienangehöriger oder Arbeitsteilung der Beziehungspersonen. Ziele eines Trainings sind natürlich auch Einflüsse auf das Verhalten der Bezugspersonen sich selbst gegenüber, insbesondere

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hinsichtlich der eigenen Selbstwahrnehmung der Kindesmutter, bzw. des Kindesvaters, und eine Stärkung der elterlichen Kompetenz.

M. R. Sanders unterscheidet fünf unterschiedliche Interventionsniveaus in Abhängigkeit von Art und Schweregrad des Problems. Dabei wird über das Training der Eltern ver- sucht, Verhaltensmuster der Familie zu beeinflussen mit dem Ziel, das Verhalten des Kindes zu ändern. Die Beziehung zu Gesundheitsproblemen von Kindern beschreibt Sanders am Beispiel von Schmerzmanagement (Sanders 1997). Bei 10 - 15% Grund- schulkindern treten wiederkehrende Bauchschmerzen auf (Recurrent abdominal pain RAP). Ein organischer Befund lässt sich nur bei 5-10% dieser Kinder feststellen. Ängst- lichkeit der Kindeseltern gehen mit der ungenauen Klärung der Ursache und hoher Fre- quenz von Arztbesuchen einher. In der Folge fühlen sich die Eltern noch hilfloser und wenig selbstwirksam. Zwei Möglichkeiten wurden als Ursache für das Schmerzverhal- ten untersucht. Einerseits wurden familiäre Konflikte, z.B. Paarprobleme, als Stress- quelle für die Entwicklung von RAP angenommen. Allerdings zeigten Ergebnisse, dass sich Eheprobleme bei den Eltern von Kindern mit RAP kaum unterschieden von ande- ren Eltern. Signifikante Unterschiede wurden allerdings bei Werten der Eltern von RAP Kindern bezüglich Depression, Angst und Somatisierung festgestellt. Es wurde ange- nommen, dass das Krankheitsverhalten der Kinder durch das Elternverhalten beeinflusst würde. Dies gelänge über die Vorbildfunktion und verstärkende Zuwendung bei einer Erkrankung des Kindes in Verbindung mit Entkräftung von Bewältigungsstrategien, die aktiv von den Kindern unternommen werden. Unterstützt wird diese Annahme durch Ergebnisse, die zeigen, dass sich Symptome hinsichtlich RAP bei kontingentem Verhal- ten reduzieren. Mütter von Kindern mit RAP zeigen höhere positive Zuwendung bei einem kranken Kind, als Mütter, deren Kinder keine wiederkehrenden Bauchschmerzen hatten. Bewusstes Ignorieren als Intervention wurde bei beiden Gruppen nur bedingt akzeptiert.

Verhaltenstherapeutische Ansätze, wie z.B. das Elterntraining Triple-P von M.R. San- ders bieten im Vergleich zu Ansätzen aus der humanistischen Richtung sehr lösungsori- entierte Trainingsangebote. Am Beispiel des Triple-P-Programms konnte aufgezeigt werden, dass die Teilnahme auch mit Verbesserungen der Befindlichkeiten der Eltern

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einhergehen, wenn auch Veränderungen der Depressivität nicht nachzuweisen waren (Köppe 2001) und Veränderungen der erlebten elterlichen Kompetenz nicht referiert wurden. Dabei ist das Ausmaß therapeutischer Interventionen abhängig von Schwere und Chronizität des Problems. Indikationen und Interventionsangebote müssen aufein- ander abgestimmt werden. Ergebnisse zeigen (Sanders & McFarland 1993), dass die Interventionsquantität nicht ausschlaggebend ist. So stellt sich kein Effektunterschied zwischen einer Gruppe mit "normalem" Familieninterventionsangebot und einer Gruppe mit gesteigertem Angebot heraus: viel hilft nicht viel.

Aus Untersuchungen zur Trainingsmethoden und Selbstwirksamkeit wurde nachgewie- sen, dass die Generalisierung von trainierten Techniken besser bei Probanden gelingt, die sich als selbstwirksamer einschätzen (Bandura 1982), als es bei Probanden gelang, die sich als eher gering selbstwirksam einschätzten. Eine Steigerung der elterlichen Kompetenzüberzeugungen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Veränderungen und An- regungen zum Erziehungsverhalten auch umgesetzt werden.

2.5. Elterliche Kompetenzüberzeugungen als Mediator

Der Kompetenzüberzeugung wird eine Vermittlerrolle zwischen Wissen und Perfor- manz, zwischen dem Verständnis eines Erziehungsproblems und dem tatsächlichen Handeln zugesprochen (Scheel & Rieckmann 1998). Über die Verbindung zwischen Erziehungsverhalten und Kompetenzüberzeugung hinaus wurde die Funktion der Kom- petenzüberzeugungen bezüglich einer Vermittlerrolle zwischen Verhaltensauffälligkei- ten der Kinder und psychosozialen Faktoren diskutiert.

Untersuchungen weisen nach, dass Kompetenzüberzeugungen zwischen psychischer Symptomatik und Erziehungsverhalten sowie zwischen Verhaltensauffälligkeiten und dem Erziehungsverhalten vermitteln können (Miller 2001, Teti & Gelfand 1992). Die psychische Symptomatik leistet allerdings eine zusätzliche Varianzaufklärung an der abhängigen Variablen Erziehungsverhalten und beeinflusst nicht nur über die Kompe- tenzüberzeugung das Erziehungsverhalten. Den Kompetenzüberzeugungen wird eine

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partielle Mediation zugesprochen. Gross et al. (1994) analysieren in einem Strukturglei- chungsmodell, dass Verhaltensauffälligkeiten der Kinder zu niedriger Selbstwirksam- keitsüberzeugung der Mütter führen, die wiederum Einfluss auf die mütterliche Depres- sivität haben.

Miller (2001) beschreibt einen Teufelskreislauf, bei dem der Einstieg einer Familie sehr unterschiedlich sein kann:

Der Einstieg könnte auch bei bestimmten ungünstigen Kombinationen erfolgen, etwa wenn ein „schwieriges Kind“ auf eine Mutter trifft, die schon zu Beginn der Eltern- schaft wenig Selbstvertrauen hat. Andererseits kann dieses Modell auch auf verschiede- ne Ausstiegsmöglichkeiten hinweisen. So könnte sich beispielsweise durch das Ent- wicklungsalter problematisches Verhalten verändern, wie zum Beispiel Ein- und Durch- schlafstörungen oder Wutanfälle und sich dadurch das Kompetenzgefühl der Eltern steigern.

Mögliche Ausstiegsvarianten aus dem o.g. Teufelskreislauf bei Erziehungsproblemen könnten auch in einer veränderten Bewertung des Verhaltens der Kinder liegen. Unter- suchungen zu Elterntrainings wiesen nach, dass sich das Befinden der Eltern nach dem

Verhaltens- auffälligkeiten (d.

Kindes)

niedriges Kompetenzgefühl

niedrige

Kompetenzeinschätzung

Ungünstiges Erziehungsverhalten

Depressionen Teufelskreis bei Erziehungsproblemen (Miller, 2001)

Abbildung 1: Teufelskreis bei Erziehungsproblemen (vgl. Miller 2001)

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Training verbesserte (Sanders & McFarland 2000), auch wenn sich die depressive Sym- ptomatik nicht in signifikanter Weise reduzierte.

Untersuchungen von Mash und Johnston (1983b) berichten, dass in einer unstrukturier- ten Spielsituation das Verhalten der Mutter nur durch das Verhalten der Kinder vorher- gesagt werden konnte. In Situationen mit einer schwierigen Aufgabenstellung leisteten Kompetenzüberzeugungen allerdings einen signifikanten Beitrag als Prädiktor. Neuere Ergebnisse bestätigten die besondere Bedeutung von Kompetenzüberzeugungen im Umgang mit Problemverhalten bei Kindern (Miller 2001), auch wenn Kompetenzüber- zeugungen nur einen zusätzlichen Vorhersagebeitrag leisten und nicht als einziger Prä- diktor für das Verhalten der Eltern in Betracht gezogen werden können.

2.6. Elterliche Kompetenzüberzeugung und Resilienz

Im Mittelpunkt der Resilienzforschung steht die Frage, welche Variablen die Bewälti- gung von schwierigen Lebensumständen positiv beeinflussen, bzw. welche Prädiktoren die Widerstandsfähigkeit erhöhen, wenn Risiken unter schwerer anhaltender Belastung oder hinsichtlich Erholung nach belastenden Lebensereignissen kumulieren?

Widerstandsfähigkeit, Strapazierfähigkeit oder Resistenz drücken ungenau aus, was die Englischen Begriffe resilience/resiliency nach dem Oxford Dictionary meinen: "the qua- lity or property of quickly recovering the original shape or condition after being pulled, pressed, crushed, etc". Dabei ist mit dem Begriff der Resilienz eine überdauernde Be- wältigung, also keine Coping-Strategie gemeint. Der Begriff der Resilienz dient dazu, die bio-psychosoziale Gesundheit einer Person trotz hohen Störungsrisikos zu beschrei- ben. Definitionsprobleme ergeben sich aus dem Problem, Widerstandsfähigkeit allein durch das Ausbleiben störender Verhaltensmuster zu erkennen und internale Prozesse eventuell zu unterschätzen.

Als Ergebnis dieses Forschungsfeldes wurden personale und soziale Ressourcen, die

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eine protektive Funktion in der Entwicklung haben, extrahiert (Antonovsky 1987).

Wichtig ist eine stabile emotionale Beziehung zu mindestens einem Elternteil oder einer anderen Versorgungsperson. Darüber hinaus wirken soziale Unterstützung innerhalb und außerhalb der Familie, z.B. durch Verwandte, Nachbarn, Lehrer und Gleichaltrige, protektiv. Förderlich ist ein emotional warmes, offenes, strukturierendes und normori- entiertes Erziehungsklima mit sozialen Modellen, die zu konstruktivem Bewältigungs- verhalten ermutigen z.B. Eltern, Geschwister, Lehrer, Pfarrer. Auch dosierte soziale Verantwortlichkeit und Leistungsanforderung, z.B. Sorge für andere Verwandte oder Pflichten in der Schule haben protektive Funktion. Kognitive Kompetenzen, z.B. min- destens ein durchschnittliches Intelligenzniveau. kommunikative Fertigkeiten, realisti- sche Zukunftsplanung und Temperamentseigenschaften begünstigen eine effektive Be- wältigung. Auch die Erfahrung von Sinn, Struktur und Bedeutung in der Entwicklung z.B. der religiöser Glaube oder eine Ideologie sind Ressourcen, die Personen wider- standfähiger machen können

Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit begünstigt internale Kontrollüberzeugung, Selbstvertrauen und das aktive Bemühen um eine angemessene Problembewältigung.

Starke Selbstwirksamkeitsüberzeugungen beeinflussen soziokognitive Funktionen in unterschiedlichen Aufgabenfeldern (Bandura 1989). So werden Menschen, die sich ih- rer Fähigkeiten bewusst sind, schwierige Aufgaben eher als Herausforderung einschät- zen. Sie setzen sich herausfordernde Ziele und weisen ein starkes Durchhaltevermögen auf. Die kognitiven Prozesse sind durch aktive Informationsverarbeitung gekennzeich- net und Selbstwirksamkeit erhöht die Auftretenswahrscheinlichkeit von hocheffizienten analytischen Denkstrategien in komplexen Entscheidungssituationen (Bandura 1989).

In Längsschnittstudien mit 505 Personen einer Inselpopulation auf Kauai untersuchten E. E. Werner und R.S. Smith die Entwicklung von Kindern ab ihrer Geburt im Jahre 1955 mit perinatalen Risiken bis zum mittleren Erwachsenenalter vor dem Hintergrund biologischer und psychosozialer Risiken (E. E. Werner, J.M. Biermann und F.E. French 1971, E. E. Werner, R. S. Smith 1977, E. E. Werner, R. S. Smith 1982, E. E. Werner, R.

S. Smith 1992).

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