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Während in Abschnitt 2.3. der Focus auf das Verhalten des Kindes und seine Auswir-kungen auf das Erleben von Elternschaft gerichtet war, konzentrieren sich andere Arbei-ten auf das VerhalArbei-ten der Eltern mit seinen positiven oder negativen Folgen hinsichtlich der Einschätzung elterlicher Kompetenz.

Unangemessenes Verhalten der Eltern kann zu Problemen im Verhalten der Kinder füh-ren und mit geringer erlebter Erziehungskompetenz einhergehen. So fühlen sich eher gewaltvoll strafend erziehende Mütter als wenig kompetent und zu nachsichtige Mütter zeigen ein ebenfalls niedriges Kompetenzgefühl (Webster-Stratton 1990). Andere

Er-gebnisse referieren, dass Mütter mit hoher Kompetenzüberzeugung über bessere Erzie-hungsfertigkeiten verfügen, so unternehmen sie eher etwas gegen Fehlverhalten der Kinder (Geller und Johnston 1995), kümmern sich weniger strafend, sondern eher an-gemessen stimulierend um die Kinder. Dabei zeigen diese Mütter aktive und direkte Eltern-Kind Interaktionen (Mash & Johnston 1983) und sind selber weniger verhal-tensauffällig (Johnston & Mash 1989).

Coleman et al. (1997) differenzieren zwischen Faktoren, die der Elternschaft vorausge-hen und Einfluss auf das Verhalten und die elterlicvorausge-hen Kognitionen haben und Faktoren, die aktuell das Verhalten und die Kognitionen beeinflussen. Zu den Faktoren, die der Elternschaft vorausgehen, zählen: das Bindungsverhalten in der Ursprungsfamilie, die sozio-ökonomischen Bedingungen in der Ursprungsfamilie, Vorbereitung in kognitiver Hinsicht auf das Verhalten von und Erfahrungen mit Kindern. Zu den aktuellen Fakto-ren werden Alter des Kindes, Temperament und Verhalten des Kindes, aktuelle sozio-ökonomische Bedingungen und aktuelle Faktoren der Eltern, wie globale Konzepte der Selbstwirksamkeit, psychische Gesundheit, Stresswahrnehmung, Wissen über kindliche Entwicklung, etc. gezählt.

Dabei wirkt der Erziehungsprozess reziprok: „ Zu der oft wiederholten Aussage `Ände-re die Kontingenzen und Du änderst das Verhalten` sollte man hinzufügen `Ände`Ände-re das Verhalten und Du änderst die Kontingenzen`“ (Bandura 1977, S.203). Verunsicherung der Eltern entsteht und verändert sich in der Erziehung nach den Gesetzen des sozialen Lernens:

1. Individuelle Lerngeschichte

Die Entwicklung von Maßstäben für Selbstverstärkung und die begleitenden kognitiven Prozesse sind ein wichtiger Punkt innerhalb der Theorie des sozialen Lernens. Erfolg und Misserfolg in der persönlichen Lerngeschichte beeinflussen besonders stark das eigene Kompetenzerleben. Dabei muss der Erfolg auch der eigenen Person und nicht der Umwelt zugeschrieben werden. Eltern gehen also schon mit einer bestimmten Kompetenzeinschätzung aus der eigenen Lerngeschichte in den Erziehungsprozess ein.

Hinsichtlich depressiver Mütter kann für das Erleben von Elternschaft die eigene

Erzie-hung eine wichtige Rolle spielen.

2. Lernen am Modell

Lernen erfolgt stellvertretend durch Beobachtung von anderen und schätzt die eigenen Fähigkeiten und Erfolgsaussichten ein im Vergleich mit dem Modell, das in einen histo-rischen und ökologischen Kontext eingebunden ist. Durch die Beobachtung von Model-len, Vergleiche mit anderen Eltern und geleiteter Partizipation erwerben Eltern neue Verhaltensmuster und neue Strategien, die sie in ihrer Kompetenzeinschätzung bestär-ken oder verunsichern können.

3. Aktuelle Lerngeschichte

Direkte Verstärkung erfolgt im Umfeld, Reaktionen der Kinder auf das Erziehungsver-halten und Reaktionen von Personen, z.B. die eigenen Eltern, Nachbarn und Freunde, geben eine Rückmeldung über die eigene Kompetenz und bewerten die aktuelle Situati-on.

4. Emotionale Erregung

Physiologische Erregung wird attribuiert, wobei niedrige Erregung zunächst eher mit Erfolgsüberzeugungen verbunden wird und hohe Erregung eher mit Misserfolg. Insbe-sondere problematische Kinder, die Schwierigkeiten beim Schlafen oder Essen haben und viel weinen evozieren mehr Stress, der mit emotionaler Erregung einhergeht (Gel-fand, Teti, Radin Fox, 1992) und als Misserfolg attribuiert geringere Kompetenzüber-zeugungen zur Folge hat. Menschen, die sich hilflos Stressoren ausgesetzt fühlen, erle-ben auf höheren Eerle-benen subjektiven Distress, autonome Erregung, Katecholamin Sekre-tion und Aktivierung des endogenen Opioidsystems (Bandura et al. 1988)

Die Wirkung der Informationen aus den vier Lernwegen auf die Entwicklung der indi-viduellen Selbstwirksamkeit ist ultimativ abhängig davon, wie sie kognitiv gewertet werden. Wird eine Aufgabe z.B. als ausgesprochen simpel eingeschätzt, hat eine erfolg-reiche Bewältigung geringere Steigerung der eigenen Selbstwirksamkeit zur Folge, als wenn die Aufgabe eher als Herausforderung gesehen wird.

Nach Bandura (1977, 1982) verändert sich die eigene Einschätzung von

Selbstwirksam-keit durch erfolgreiche Handlungsaneignung und stellvertretende Erfahrungen, durch Beobachtung anderer und/oder Erwerb von symbolischer Informationen, z.B. Filmmate-rial. Verbale Bekräftigung oder andere soziale Einflüsse, die zur Überzeugung führen, dass jemand bestimmte Fähigkeiten besitzt und physiologische Effekte emotionaler Er-regung unterstützen den Prozess.

Aus den Ergebnissen der Arbeit von Miller (2001) geht hervor, dass Selbstwirksamkeit und Kompetenzüberzeugung eine zusätzliche Varianzaufklärung von 13% für das Er-ziehungsverhalten aufweist. Allerdings zeigen multiple Korrellationskoeffizienten auch, dass dem Kompetenzgefühl eine zusätzliche Vorhersagekraft für das Erziehungsverhal-ten zukommt und nicht die Position als einziger Prädiktor. Insbesondere Stress und De-pressive Verstimmungen leisten einen Zugewinn an Varianzaufklärung. Miller (2001) bestätigte die Hypothese, dass das Kompetenzgefühl den Zusammenhang zwischen psychischer Symptomatik und Erziehungsverhalten, sowie Verhaltensauffälligkeiten und Erziehungsverhalten mediiert.

Bei der Betrachtung der Entwicklung von Selbstwirksamkeit oder elterlichen Kompe-tenzgefühlen wurde die individuelle Lerngeschichte, eigene Kindheitserfahrungen, bzw.

die internen Repräsentationen von Bindungen untersucht. Der Prozess, durch den Bin-dungsmuster entstehen, steht im Mittelpunkt der Bindungsforschung. 1951 untersuchte der Entwicklungspsychologe Bowlby auf Anfrage der Weltgesundheitsorganisation die Folgen kindlicher Entwicklungsschäden bei fehlender mütterlicher Zuwendung. Bowlby befand sich bei diesem Forschungsbereich in der Tradition von Spitz (1946) und Har-low (1966), die bei der Beobachtung von Kindern und Tieren unter Isolationsbedingun-gen in ihren UntersuchunIsolationsbedingun-gen eher die drastischen AuswirkunIsolationsbedingun-gen von Verwahrlosung beschrieben.

Nur von den Kompetenzen und weniger von den Defiziten ausgehend, hieß als Grund-annahme für Bowlby, dass aus der sicheren Bindung zwischen Mutter und Kind eine integre Persönlichkeit entsteht, die verantwortungsvolle Lebensplanung treibt. Diese Person ist in der Lage, Verantwortung für die Konsequenzen ihres Handelns zu über-nehmen und dabei Motive und Interessen nahestehender Menschen zu berücksichtigen.

"Mit fatalistischer Gleichgültigkeit lässt man zu, dass schlechte Eltern die Kinder ver-nachlässigen und sie somit wieder zu schlechten Eltern erziehen" stellte Bowlby fest (Grossmann 1989, S. 220). Kritiker einer solchen Position bezweifeln, dass die Ursa-chen von Fehlentwicklungen ausschließlich in der Kindheit liegen. Entbehrte Erfahrun-gen können mit geeigneten Partnern nachgeholt und Entwicklungsschäden repariert werden.

Immerhin gilt eine altersgemäße Entwicklung und Versorgung als guter Prädiktor für spätere Gesundheit und extreme Fälle von Isolation und Vernachlässigung in früher Kindheit stellen einen gewichtigen Risikofaktor dar. Die Bedeutung pathogener Erzie-hungseinflüsse auf die Gesundheit des Kindes gilt als hinreichend abgesichert (Esser 1995).

Welche Folgen haben aber subtilere, alltägliche Vernachlässigung, die von Lorenz (1990) in Anlehnung an Spitz als "Familienhospitalismus" bezeichnet werden? Ains-worth (1978) untersuchte die Qualität von Beziehungen auf der Verhaltensebene. Dabei werden individuelle Unterschiede in der Qualität der Beziehungen zwischen Mutter und Kind festgestellt. Zu einer harmonischen Bindungsbeziehung kommt es unter der Vor-aussetzung, dass Mutter und Kind bindungsfähig sind. Die Folge ist eine optimale Ent-wicklung des Kindes und die große Wahrscheinlichkeit und Erwartung hinsichtlich ge-ringerer Reibungsverluste in der weiteren leistungsorientierten Sozialisation. Es wurden Skalen mütterlicher Feinfühligkeit bei Säuglingen entwickelt. Entsprechend der Bin-dungsqualität, die aufgrund der Bindungsfähigkeit von Mutter und Kind entstanden ist, konnte das Verhalten von jungen Kindern auf das Verlassen der Mutter in einer unbe-kannten Situation in drei Gruppen unterschieden werden (Ainsworth 1969). Junge Kin-der (12 - 18 Monate) reagierten entsprechend ihrer sicheren, unsicheren oKin-der unsicher-ambivalenten Bindung auf das Verlassen der Mutter mit einer Trauerreaktion, Teil-nahmslosigkeit und Verzweiflung, Misstrauen und Wut. Darüber hinaus werden Merk-male von Desorganisation und Desorientierung aufgrund ungelöster traumatischer Er-fahrung beobachtet und in allen drei Bindungsarten unterschieden.

Das Spielverhalten der nach ihrer Bindung unterschiedenen Kinder, zeigte bei Kindern mit einer guten Bindung deutlich mehr empathisches Verhalten, mehr emotionale Kommunikation im Spiel und die Spieldauer ist insgesamt länger (Walter 1969, nach Örter 1987). Eltern mit sicherer Bindung zeigen mehr intuitives Verständnis bei Ent-wicklungsaufgaben, wie etwa der wachsenden Autonomie des 2-3 jährigen Kindes. Eine sichere Bindung zeigt sich ferner als zeitlich stabil bei 80 bis 85% der Mütter (Gross-mann 1989).

Kinder mit einer sicheren Bindung weisen ein höheres Selbstbild auf, als Kinder mit unsicherer Bindung. Negative Beurteilungen durch Eltern werden vom Kind internali-siert und über sich selbst geäußert. Diese Selbstabwertungen ernten u. U. eher Zuwen-dung und können damit noch verstärkt werden (Bem 1972). Das "sichere" Kind emp-findet sich als tüchtiger und liebenswerter. Es erlebt die Bindungsperson als verfügbar, ansprechbar und hilfsbereit. Systematische Zusammenhänge können von Kindern in sicherer Bindung besser erkannt werden und Lernerfahrung, wie sie zum Erwerb von erlernter Hilflosigkeit nötig sind, sind deutlich geringer (Langer et al. 1973, in Ullrich de Muynck und Ullrich 1976). Warm wertschätzendes, wenig lenkendes, stimulierendes Verhalten der Eltern steht mit mehr Spontaneität und Selbstständigkeit in Zusammen-hang. Ein positives Selbstwertgefühl ist für die Entwicklung von Freundschaften im Kindesalter wichtig. Im Kindergarten haben Kinder mit einer sicheren Bindung mehr Freunde und Kinder mit unsicher-ambivalenter Bindung im Schulalter deutlich mehr Konflikte mit Gleichaltrigen.

Die von den Kindeseltern als Kind selbst erfahrene Bindung wurde versucht, über ein Interview zu erfassen (Grossmann 1994). Das Adult-Attachment-Interview (AAI) ist ein strukturiertes Interview. Eltern mit unsicherer Bindung äußerten Erfahrungen mit Freunden in der Pubertät oder Ehepartnern, die ihr Selbstbild verbesserten. Eltern mit unsicherer Bindung schienen abgeschnittener von ihrer Kindheit und eigener Bindungs-erfahrung. Eltern mit sicherer eigener Bindungserfahrung waren hingegen positiver und reflexiver hinsichtlich ihrer Autobiographie.

Kritische Haltungen zur Bindungsforschung beklagen die isolierte Betrachtung der

Mut-ter-Kind Dyade in der Eingrenzung auf die Mutter. In der Forschungstradition von Spitz, Harlow und Bowlby stehen Bindungserfahrung, bzw. Defizite an zentraler Stelle und leicht wird wertend eine Schuld, bzw. Rollenzuweisung formuliert i.S., die Mutter gehört zum Kind, bzw. das Kind braucht die Mutter. Die Betrachtung der Mutter-Kind Dyade, bzw. die Betrachtung der Bindung von erster Bindungsperson und Kind, bedarf zweifellos einer Beachtung der sozialen Situation von Müttern in der heutigen Zeit.

Kann eine Person (zumeist die Kindsmutter, selten, wenn auch mit steigender Tendenz, der Kindesvater) überhaupt selbstwirksames Verhalten erfahren vor dem Hintergrund zunehmender Komplexität des Alltags, den Lebensbereichen der einzelnen Familien-mitglieder mit ihren unterschiedlichen Rhythmen, bzw. den Folgen von immer mehr

"Einelternfamilien" und deren spezifischen Problemen? "Ein aufeinander abgestimmter Alltag als Familie ist unter diesen Bedingungen eine `voraussetzungsvolle Leistung`, die einen Jongleur der Terminpläne, einen Familienkoordinator verlangt. Es sind in der Regel die Frauen, die diese Leistung unter erheblichem psychischen und physischen Aufwand erbringen." (E. Beck-Gernsheim in „Für eine soziale Öffnung der Bindungs-forschung“, Grossmann 1997).

Andere Impulse in der Betrachtung von Erziehungsverhalten gingen von behavioristi-schen Grundlagen aus. Seligman (1975) entwickelte die Theorie der erlernten Hilflosig-keit und unterstrich, dass Erfahrungen des Kindes mit kontingenter Stimulation das Kind befähigen, der Welt mit der Überzeugung zu begegnen, dass sie gestaltbar ist. Ex-perimente mit Tieren, die nicht mehr flüchteten bei aversiven Reizen, da sie vorher ge-lernt hatten, dass ihr Fluchtverhalten keinen Einfluss hat auf schmerzhafte Erfahrungen, boten ein Erklärungsmodell. Die Versuchstiere blieben in einem Käfigbereich und hiel-ten den Schmerz aus, obwohl sie durch Flucht diese aversive Situation häthiel-ten vermeiden können. Bezogen auf das Mutter-Kind Verhalten bedeutet das Paradigma der erlernten Hilflosigkeit umgekehrt, dem Kind Selbstwirksamkeit zu vermitteln: Das kindliche Verhalten bewirkt eine Reaktion der Umwelt. Nach Peterander (1997) kommen dabei Verhaltensweisen wie sensibel reagieren, loben, positives und negatives Feedback, ein affektiv positives Klima schaffen, Reziprozität in der Interaktion, Kontingenz, keine ironischen und zynischen Äußerungen, klare Grenzen setzen, sich in spielerische positi-ve Interaktionszyklen positi-verwickeln lassen, notwendige Hilfestellungen geben, zu eigenen

Lösungen ermutigen und genügend Zeit zum eigenen Finden von Lösungen geben, eine wichtige Funktion zu.

Möglichkeiten, diese Verhaltensfertigkeiten in einer Maßnahme zu erwerben, werden ambulant in unterschiedlichen Elterntrainings angeboten. So bietet z.B. die Christoph-Dornier-Stiftung in Braunschweig Elterntrainings zu sogenannter „positiver Erziehung“

an. Grundlage des Angebotes ist ein Gruppentraining (Positive Parenting Program = Triple P), dass in zwölfjähriger Forschung an der Universität von Queensland, Austra-lien, entwickelt wurde (Sanders 1996) und sich durch seine wissenschaftliche Absiche-rung von vielen anderen Angeboten unterscheidet.

Sanders erläutert Familieninterventionen als hilfreich bei psychopathologischer Ent-wicklung der Kinder, da sie die Eltern wieder in eine aktive, selbstwirksame Position bringen. Darüber hinaus zeigte sich der Nutzen dieser Interventionen auch bei sonst altersgemäß entwickelten Kindern mit Erziehungsproblemen hinsichtlich Ein- und Durchschlafproblemen oder Essstörungen.

Der Ansatz für ein Familientraining entwickelte sich aus der Erkenntnis, dass eine Dys-funktion der Familie ein Risikofaktor für psychische Probleme in der Kindheit darstellt.

Es fand sich allerdings wenig Übereinstimmung zwischen spezifischen Verhaltensmus-tern in der Familie und spezifischen Störungsbildern (Sanders 1996). Außerordentlichen Nutzen zeigten Untersuchungen zu Familieninterventionen hinsichtlich Kindern aus zerrütteten Familien, Kindern aus Scheidungskrisen, Kindern aus Stieffamilien, bei ängstlichen Kindern und Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten wie Nägelkauen und Daumenlutschen. Es zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen den trainierten Eltern mit neuen Erziehungsstrategien und der Verhaltensänderung der Kinder (Köppe 2001).

Die Erziehungstrainings nach Sanders (Sanders 1996) zielen darauf, das Elternverhalten zu beeinflussen, schließen andererseits aber nicht aus, dass andere Familienbereiche berührt werden, wie Paarzufriedenheit der Eltern, Einfluss anderer Familienangehöriger oder Arbeitsteilung der Beziehungspersonen. Ziele eines Trainings sind natürlich auch Einflüsse auf das Verhalten der Bezugspersonen sich selbst gegenüber, insbesondere

hinsichtlich der eigenen Selbstwahrnehmung der Kindesmutter, bzw. des Kindesvaters, und eine Stärkung der elterlichen Kompetenz.

M. R. Sanders unterscheidet fünf unterschiedliche Interventionsniveaus in Abhängigkeit von Art und Schweregrad des Problems. Dabei wird über das Training der Eltern ver-sucht, Verhaltensmuster der Familie zu beeinflussen mit dem Ziel, das Verhalten des Kindes zu ändern. Die Beziehung zu Gesundheitsproblemen von Kindern beschreibt Sanders am Beispiel von Schmerzmanagement (Sanders 1997). Bei 10 - 15% Grund-schulkindern treten wiederkehrende Bauchschmerzen auf (Recurrent abdominal pain RAP). Ein organischer Befund lässt sich nur bei 5-10% dieser Kinder feststellen. Ängst-lichkeit der Kindeseltern gehen mit der ungenauen Klärung der Ursache und hoher Fre-quenz von Arztbesuchen einher. In der Folge fühlen sich die Eltern noch hilfloser und wenig selbstwirksam. Zwei Möglichkeiten wurden als Ursache für das Schmerzverhal-ten untersucht. Einerseits wurden familiäre Konflikte, z.B. Paarprobleme, als Stress-quelle für die Entwicklung von RAP angenommen. Allerdings zeigten Ergebnisse, dass sich Eheprobleme bei den Eltern von Kindern mit RAP kaum unterschieden von ande-ren Eltern. Signifikante Unterschiede wurden allerdings bei Werten der Eltern von RAP Kindern bezüglich Depression, Angst und Somatisierung festgestellt. Es wurde ange-nommen, dass das Krankheitsverhalten der Kinder durch das Elternverhalten beeinflusst würde. Dies gelänge über die Vorbildfunktion und verstärkende Zuwendung bei einer Erkrankung des Kindes in Verbindung mit Entkräftung von Bewältigungsstrategien, die aktiv von den Kindern unternommen werden. Unterstützt wird diese Annahme durch Ergebnisse, die zeigen, dass sich Symptome hinsichtlich RAP bei kontingentem Verhal-ten reduzieren. Mütter von Kindern mit RAP zeigen höhere positive Zuwendung bei einem kranken Kind, als Mütter, deren Kinder keine wiederkehrenden Bauchschmerzen hatten. Bewusstes Ignorieren als Intervention wurde bei beiden Gruppen nur bedingt akzeptiert.

Verhaltenstherapeutische Ansätze, wie z.B. das Elterntraining Triple-P von M.R. San-ders bieten im Vergleich zu Ansätzen aus der humanistischen Richtung sehr lösungsori-entierte Trainingsangebote. Am Beispiel des Triple-P-Programms konnte aufgezeigt werden, dass die Teilnahme auch mit Verbesserungen der Befindlichkeiten der Eltern

einhergehen, wenn auch Veränderungen der Depressivität nicht nachzuweisen waren (Köppe 2001) und Veränderungen der erlebten elterlichen Kompetenz nicht referiert wurden. Dabei ist das Ausmaß therapeutischer Interventionen abhängig von Schwere und Chronizität des Problems. Indikationen und Interventionsangebote müssen aufein-ander abgestimmt werden. Ergebnisse zeigen (Saufein-anders & McFarland 1993), dass die Interventionsquantität nicht ausschlaggebend ist. So stellt sich kein Effektunterschied zwischen einer Gruppe mit "normalem" Familieninterventionsangebot und einer Gruppe mit gesteigertem Angebot heraus: viel hilft nicht viel.

Aus Untersuchungen zur Trainingsmethoden und Selbstwirksamkeit wurde nachgewie-sen, dass die Generalisierung von trainierten Techniken besser bei Probanden gelingt, die sich als selbstwirksamer einschätzen (Bandura 1982), als es bei Probanden gelang, die sich als eher gering selbstwirksam einschätzten. Eine Steigerung der elterlichen Kompetenzüberzeugungen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Veränderungen und An-regungen zum Erziehungsverhalten auch umgesetzt werden.