A 1806 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 39|
27. September 2013TYP-2-DIABETES
Blick in die Forschung
Inkretin-basierte Therapien sind praktisch ohne Hypoglykämierisiko für Patienten.
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ährend der Insulinspiegel bei gesunden Personen nach einer Mahlzeit steigt und der Glu- kagonspiegel abnimmt, fehlen beim Typ-2-Diabetiker beide Reaktionen mehr oder weniger. Tierexperimen- telle Daten sprechen dafür, dass dies auf einer direkten Interaktion zwischen Betazellen und Alphazel- len in der Bauchspeicheldrüse be- ruht, erklärte Prof. Dr. med. Juris J.Meier, Bochum. Die Alphazellen werden nur gebremst, wenn die Be- tazellen die Insulinproduktion auf einen Glukosereiz adäquat hochfah- ren. Das ist jedoch bei Diabetikern nicht der Fall, erklärte Meier.
Umgekehrt lässt sich auch die bei Diabetikern gestörte Glukagon- Gegenregulation im Falle einer Hy- poglykämie mit dieser Interaktion erklären. Normalerweise würde ei- ne Hypoglykämie dazu führen, dass die Insulinausschüttung rasch abfällt.
Dies ist für die Alphazellen neben der Hypoglykämie selbst ein wich- tiges Signal, um adäquat Glukagon zu sezernieren. Bei Typ-2-Diabeti- kern gibt es diesen raschen Abfall
nicht, da gar nicht ausreichend In- sulin produziert wird.
Inkretin-basierte Therapien wie GLP-1-Analoga und DPP-4-Inhi - bitoren wie Sitagliptin (Januvia®) weisen praktisch kein Hypoglykä- mierisiko auf, weil sie die Insulin- sekretion nur so lange supprimie- ren, wie der Blutzucker erhöht ist.
Die Glukagon-Gegenregulation wird nicht gestört. Auch um das Gehirn zu schützen, ist es wichtig, Hypo- glykämien zu vermeiden, erklärte Prof. Dr. med. Hans-Ulrich Häring, Tübingen. Denn rezidivierende Hy- poglykämien sind ein wesentlicher Grund dafür, dass der Typ-2-Diabe- tes mit einer Einschränkung der ko- gnitiven Funktion und einem um das 1,5- bis zweifache erhöhten De- menzrisiko assoziiert ist.
Demenzen bei Hypoglykämien In einer großen Kohortenstudie mit älteren Typ-2-Diabetikern konnte sogar gezeigt werden, dass das Ri- siko für eine Demenz mit der Zahl schwerer Hypoglykämien in der Anamnese steigt, und zwar bei ei-
ner Episode um 26 Prozent, bei zwei um 80 Prozent und bei drei oder mehr um 94 Prozent (JAMA 2009; 301: 1565–72).
Experimentelle Daten weisen darauf hin, dass GLP-1-Analoga und DPP-4-Inhibitoren auch kar- dioprotektive Effekte aufweisen, wie eine Reduktion der Infarktgrö- ße im Tiermodell und eine Stabili- sierung atherosklerotischer Plaques, erklärte Prof. Dr. med. Nikolaus Marx, Aachen. Auch aus klini- schen Studien kommen Hinweise darauf, dass DPP-4-Inhibitoren das Risiko für kardiovaskuläre Ereig- nisse vermindern könnten. Mit Spannung werden die Ergebnisse von großen kardiovaskulären Out- come-Studien – unter anderen die TECOS-Studie mit Sitagliptin – er- wartet, die derzeit mit mehreren Substanzen durchgeführt werden, um den kardioprotektiven Nutzen
zu bestätigen.
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Dr. med. Angelika Bischoff
MSD-Symposium „Cross-Talk Inkretine: Neues aus der Diabetesforschung“, 48. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Leipzig
Cave: Kataraktoperation unter Therapie mit Risperidon und Paliperidon – Vor den Risiken eines intraoperativen Floppy Iris Syndroms während einer Kataraktoperation bei Patienten unter Behandlung mit den Antipsychotika Risperdal Consta® (Janssen-Cilag), Generika (Risperidon) und Invega® oder Xeplion® (Paliperi- don) wird gewarnt. Deshalb sollte vor der Operation die Arzneimitteleinnah- me von Risperidon oder Paliperidon abgefragt werden. Der potenzielle Nutzen eines Absetzens von Risperi- don oder Paliperidon vor einer Kata- raktoperation ist nicht bekannt und muss gegen das Risiko einer Unter-
brechung der antipsychotischen The- rapie abgewogen werden.
Therapie der Obstipation – Der Sero- tonin-Rezeptor-Agonist Prucaloprid (Resolor®, Shire) eignet sich zur Be- handlung bei chronischer Obstipation, wenn sich keine Ursache finden lässt.
Circa 40 Prozent der Patienten mit Be- schwerden haben aktuellen Studien zu- folge eine primäre Obstipation.
Neue Kontraindikationen und Risiken zu Lariam® (Mefloquin) – Roche informiert, dass Schwarzwas- serfieber in der Anamnese und schwere Leberfunktionsstörungen als neue Kont-
raindikationen des Malariawirkstoffs Mefloquin aufgenommen worden sind.
Mefloquin kann zudem potenziell schwere neuropsychiatrische Störun- gen induzieren und sollte daher weder zur Malariaprophylaxe noch als „Stand- by“-Notfallbehandlung bei Patienten mit aktiven oder anamnestischen, psych - iatrischen Störungen angewendet wer- den. Aufgrund der langen Halbwertszeit können Nebenwirkungen mehrere Mo- nate nach Absetzen des Arzneimittels auftreten und mehrere Monate andau- ern. Bei Anzeichen neuropsychiatri- scher Reaktionen soll Mefloquin umge- hend abgesetzt und durch ein alternati- ves Arzneimittel ersetzt werden. EB