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Brang, P., & Streit, K. (2011). Früher geplündert, heute totholzreich: der Josenwald. In P. Brang, C. Heiri, & H. Bugmann (Eds.), Waldreservate. 50 Jahre natürliche Waldentwicklung in der Schweiz (pp. 118-129). Haupt.

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Academic year: 2022

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Brang, P.; Streit, K. 2011. Früher geplündert, heute totholzreich:

der Josenwald. In: Brang, P.; Heiri, C.; Bugmann, H. (Red.).

Waldreservate. 50 Jahre natürliche Waldentwicklung in der Schweiz. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL; Zürich, ETH Zürich. Bern, Stuttgart, Wien, Haupt. 118-129.

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6.3

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Früher geplündert, heute totholzreich: der Josenwald

Das Naturwaldreservat Josenwald liegt am son- nigen, felsigen Südhang über dem Walensee am Fusse der Churfirsten. Es ist 85,7 ha gross und um- fasst hauptsächlich Buchen-, Linden- und Eichen- wälder. Bis etwa 1956 wurde im Josenwald noch Holz genutzt. Seither hat der Holzvorrat stark zu- genommen, und bis 2008 haben sich in den Bu- chenwäldern des Josenwaldes wieder fast 100 m3 Totholz pro ha angesammelt, ein wertvolles Habi- tat für viele Kleintiere und Pilze.

Im wüchsigen Lungenkraut-Buchenwald gedeihen Buchen und Eschen. Kernfläche 9 im Josenwald.

Peter Brang und Kathrin Streit

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Das Naturwaldreservat Josenwald ist mit durch- schnittlich 81 % Hangneigung so steil, dass man an vielen Stellen zwischen den Stämmen den Walensee in der Tiefe glitzern sieht (Abb. 6.3.1).

Trotzdem lässt sich im Josenwald bequem wan- dern, verläuft doch ein Wanderweg quer durch das Reservat, von Walenstadtberg an Garadur vorbei über Au nach Quinten.

obersubalpin

subalpin

hochmontan

obermontan

untermontan

submontan

kollin

sauer basisch

dürrtrockenfeuchtnass

Aletsch- wald 57, 59

Derborence 50

National- park

69 Nationalpark

58, 59

Leihubelwald 46, 49 Leihubel-

wald 19 Sihlwald

7, 8

Tariche 12, 14 Josenwald

40

Follatères 38

St. Jean 21 Bois de

Chênes, Josenwald 15

Scatlè, Seeliwald, Bödmerenwald

57

Seeliwald 71

Pfynwald 65

Scatlè, Bödmerenwald

60

Bois de Chênes, Josenwald,

Sihlwald 9 Sihlwald, Bois de Chênes

11

Position des Reservats Josenwald im Wasserhaushalt-Basengehalt- Ökogramm.

Das Klima im Josenwald ist ausgesprochen mild.

Das Jahresmittel der Temperatur beträgt rund 8 °C und die Jahressumme des Niederschlags rund 1800 mm [1]. Geologisch ist das Gebiet aus Kalk aufgebaut. Die Hänge sind teilweise mit Mo- ränen- und Bergsturzmaterial sowie mit Geröll überlagert. Das Reservat ist im Eigentum der Orts- gemeinde Walenstadt.

Steckbrief Naturwaldreservat Josenwald

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Steckbrief Naturwaldreservat Josenwald

Abb. 6.3.1. Im Josenwald gedeihen Laubbäume in steiler Spalierlage zwischen dem Walensee und den Churfirsten.

Kanton St. Gallen Gemeinde Walenstadt

Landeskarte 1:25 000 1134 Walensee Koordinaten 737.800 / 221.800 Reservatsfläche 85,7 ha Waldfläche rund 73 ha Meereshöhe 420 bis 1100 m

0

0

0.5

0,5

1

1 Kilometer

2 Kilometer

6.3

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122 Waldreservate

nutantis-Quercetum, EK 40, Abb. 6.3.2). Auf Block- schutt unterhalb 700 m ü.M. tritt der Turinermeis- ter-Lindenwald mit Schmerwurz auf (Asperulo taurinae-Tilietum, Tamus communis-Variante, EK 25), eine Besonderheit der nordalpinen Föhntäler.

In den obersten Lagen des Reservats kommt der typische Tannen-Buchenwald vor (Abieti-Fagetum typicum, EK 18).

Nutzungsgeschichte

Bereits im Jahr 1880 wurde der erste Wirtschafts- plan über die Waldungen der Ortsgemeinde Wa- lenstadt erstellt. Noch 1927 war der Josenwald sehr holzarm; in einigen Abteilungen wurden damals gemäss Wirtschaftsplan deutlich unter 100 m3 Holz pro ha kluppiert [2]. Solch tiefe Wer- te sind ohne eine intensive Holznutzung nicht denkbar. Spuren davon sind noch an zahlreichen Stockausschlägen zu erkennen (Abb. 6.3.3). Bis 1930 wurde der Wald auch mit Ziegen beweidet.

Damals wurden zudem noch Laub, Baumfrüchte, Waldgesellschaft

Laubmischwälder bedecken bis rund 1200 m ü.M.

die steilen, von Felsbänken durchzogenen Hänge über dem Nordufer des Walensees. Sie gedeihen in Südlage in einem milden Seeklima mit Föhn- einfluss, gegen Norden abgeschirmt durch die bis 2300 m hoch aufragenden Churfirsten (Abb.

6.3.1). Auf Kalkschutt haben sich unterschiedlich mächtige Böden entwickelt: In Mulden sind sie tiefgründig, nährstoffreich und feucht, an Steil- hängen und auf Kuppen flachgründig und tro- cken. Oft ist der Boden von Kalkgeröll überlagert.

An diesem Steilhang liegt der Josenwald.

Die Waldgesellschaften sind so vielfältig wie die Bodentypen. Oberhalb 600 m ü.M. kommt auf tiefgründigen Böden der typische Lungenkraut- Buchenwald (Pulmonario-Fagetum typicum, EK 9;

Titelbild Kap. 6.3), auf mittelgründigen der Berg- seggen-Buchenwald (Carici-Fagetum caricetosum montanae, EK 15) vor. Auf flachgründigen Böden, wo oft gar der nackte Fels an die Oberfläche tritt, gedeiht der Leimkraut-Eichenmischwald (Sileno

Abb. 6.3.2. Zwischen den Kalkfelsen im Leimkraut-Eichenmischwald krallen sich die Eichen im Boden fest.

Josenwald, Kernfläche 6.

(7)

Josenwald 123

der Nussbaum (Kluppschwelle 4 cm BHD), wäh- rend bei den Sträuchern die Artenzahl unverän- dert blieb (Tab. 6.3.1). Dieser Rückgang der Baum- artenzahl ist typisch für viele Reservate, denn wenn in Wäldern kein Holz geschlagen wird und grössere natürliche Störungen ausbleiben, wer- den sie insgesamt dunkler, und lichtbedürftige Arten gehen ein. In Kernfläche 11, als Beispiel des Leimkraut-Eichenmischwaldes, veränderte sich die Artengarnitur der Bäume und Sträucher hin- gegen kaum.

Die Form der Durchmesserverteilungen in den Kernflächen 9 im typischen Lungenkraut-Buchen- wald und 11 im Leimkraut-Eichenmischwald (Abb.

6.3.5) ist ähnlich. Die zweigipflige Verteilung in Kernfläche 9 zeigt aber, dass sich hier die Ober- schicht deutlich von der Unterschicht absetzt. Auf Beeren, Kräuter und Steine gesammelt. In den

1940er Jahren wurde in den schwer zugänglichen Teilen des heutigen Reservats auch geköhlert. Die Kohle trug man in Körben weg. Letztmals wurde 1956 im jetzigen Reservat Holz genutzt. Das Holz wurde gereistet oder über Holzriesen, also aus Baumstämmen gezimmerte Kanäle, in den See geführt und von dort Richtung Zürich geflösst.

Im Jahr 1976 stellte die Ortsgemeinde Walen- stadt als Waldeigentümerin den Josenwald als Na- turwaldreservat zur Verfügung; sie schloss dazu mit der ETH einen Pachtvertrag mit einer Dauer von 50 Jahren ab. Einige Waldwiesen und kleinere Waldparzellen, die privaten Eigentümern gehö- ren, sind nicht Teil des Reservats.

Waldstruktur

Die meisten Bestände im Josenwald sind in der Optimalphase. Stellenweise hat ein kleinflächi- ger Zerfall eingesetzt. Die Stammzahlen lagen bei der letzten Inventur der Kernflächen zwischen 500 und 1840 pro ha, wobei sie seit 1980 deutlich abnahmen (Abb. 6.3.4). Die Grundflächen hinge- gen lagen im Jahr 2008 recht nahe beieinander, zwischen 35 und 45 m2 pro ha (Abb. 6.3.4); viele dünne Stämme können also zu ähnlich hohen Grundflächen führen wie wenige dicke. Der Ent- wicklungstrend der Grundfläche seit 1980 war un- einheitlich: Von 1980 bis 1990 nahm sie in allen sieben Kernflächen zu, danach ging sie in fünf davon zurück (Abb. 6.3.4). Der Rückgang ist auf Stürme zurückzuführen, die einige Lücken und grosse Mengen Totholz hinterlassen haben.

Die Baumartenzusammensetzung ist stark durch die Waldgesellschaft geprägt; im Lungen- kraut-Buchenwald dominiert die Buche, im Leim- kraut-Eichenmischwald die Eiche, und im Turiner- meister-Lindenwald sind Buche, Eiche und Linde mit ähnlichen Anteilen vertreten (Abb. 6.3.4).

Seit 1980 hat die konkurrenzstarke Buche in allen sechs Kernflächen, in denen ihr Grundflächenan- teil mindestens 10 % betrug, diesen um 2 bis 7 % erhöht. Bei Eiche und Linde waren die Trends im Grundflächenanteil uneinheitlich, bei den übrigen Baumarten ging der Grundflächenanteil in sechs der sieben Kernflächen um 2 bis 13 % zurück.

In der Kernfläche 9, als Beispiel des typischen Lungenkraut-Buchenwaldes, verschwanden von 1980 bis 2008 der Feldahorn, der Kirschbaum und

Abb. 6.3.3. Spuren der früheren Bewirtschaftung:

Eichen, die aus dem Stock ausgeschlagen haben.

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124 Waldreservate

lich (Abb. 6.3.5). Die wenigen dicken Bäume mit mindestens 36 cm BHD sind in Kernfläche 11 aus- schliesslich Eichen (Tab. 6.3.2). In beiden Kernflä- chen hat die Stammzahl der Unterschicht innert 27 Jahren deutlich abgenommen (Abb. 6.3.5), was auf die zunehmende Beschattung durch die Ober- schicht und den dadurch steigenden Konkurrenz- druck zurückzuführen ist.

dem produktiveren Standort im Lungenkraut-Bu- chenwald haben die Bäume auch grössere Dimen- sionen erreicht als im Leimkraut-Eichenmischwald.

Bei der Baumartenzusammensetzung sind die Un- terschiede sehr deutlich: In der Unterschicht von Kernfläche 9 ist die insgesamt dominante Buche gut vertreten, in der Unterschicht von Kernfläche 11 fehlt die dominante Eiche hingegen fast gänz-

andere Baumarten Mehlbeere Feldahorn Esche Bergulme Linde Eiche Buche

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Stammzahl [N/ha]

Jahr und Kernfläche (Waldgesellschaft)

0 10 20 30 40 50 60

Grundfläche [m2/ha]

1980 1990 6 (40)

2008 1980 1990 11 (40)

2008 1980 1990 1 (40)

2008 1980 1990 3 (25)

2008 1980 1990 4 (25)

2008 1980 1990 9 (9)

2008 1980 1990 8 (9)

2008

Jahr und Kernfläche (Waldgesellschaft) 1980 1990

6 (40)

2008 1980 1990 11 (40)

2008 1980 1990 1 (40)

2008 1980 1990 3 (25)

2008 1980 1990 4 (25)

2008 1980 1990 9 (9)

2008 1980 1990 8 (9)

2008

Abb. 6.3.4. Entwicklung der Stammzahl und Grundfläche im Reservat Josenwald von 1980 bis 2008 nach Baumar- ten. Daten von sieben Kernflächen (Kernflächengrösse variiert zwischen 0,25 und 0,60 ha). Die Zahlen in Klammern bezeichnen die Waldgesellschaft nach Ellenberg und Klötzli [6].

(9)

Josenwald 125

Tab. 6.3.1. Stammzahlentwicklung [N/ha] von 1980 bis 2008. Daten der Kernflächen 9 (Lungenkraut-Buchenwald;

0,60 ha) und 11 (Leimkraut-Eichenmischwald; 0,26 ha).

Kernfläche 9 Kernfläche 11

Baumart 1980 1990 2008 1980 1990 2008

Buche 403 348 304 – – –

Eiche 5 5 3 797 755 603

Linde 234 155 100 1023 840 646

Bergulme 224 130 75 253 144 93

Esche 84 70 25 233 272 241

Feldahorn 8 – – 292 229 148

Mehlbeere – – – 136 132 62

Andere Laubbäume

Kirschbaum 3 – – 8 8 8

Holzbirne – – – 16 19 23

Nussbaum 2 – – 4 4 4

Stechpalme 5 5 10 – – –

Bergahorn 2 2 2 – – –

Nadelbäume

Gemeiner Wacholder – – – 8 – –

Sträucher

Gemeiner Weissdorn – – 2 121 97 74

Efeu 20 22 17 35 58 39

Hasel 20 3 2 8 8 4

Purgier-Kreuzdorn – – – 12 8 4

Pfaffenhütchen – – – – – 4

Roter Hartriegel 2 – – – – –

Total 1011 740 540 2944 2575 1953

Tab. 6.3.2. Baumartenanteile an der Stammzahl im Josenwald im Jahr 2008, aufgeschlüsselt nach «dünnen» und

«dicken» Bäumen. Daten der Kernflächen 9 (Lungenkraut-Buchenwald; 0,60 ha) und 11 (Leimkraut-Eichenmisch- wald; 0,26 ha).

Kernfläche 9 Kernfläche 11

Baumart Dünne Bäume BHD 4,0–35,9 cm

Dicke Bäume BHD ≥ 36,0 cm

Dünne Bäume BHD 4,0–35,9 cm

Dicke Bäume BHD ≥ 36,0 cm

Buche 56,4 % 62,4 % – –

Eiche – 1,8 % 32,4 % 100,0 %

Linde 22,3 % 13,8 % 35,6 % –

Bergulme 17,8 % 8,3 % 5,2 % –

Bergahorn – 0,9 % – –

Esche 0,5 % 12,8 % 13,3 % –

Feldahorn – – 8,2 % –

Mehlbeere – – 3,4 % –

Andere Laubbäume 3,0 % – 1,9 % –

Total 100,0 % 100,0 % 100,0 % 100,0 %

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126 Waldreservate

633 (± 61) pro ha tiefer als im Linden-Eichenwald mit 876 (± 57; Mittelwert [± Standardfehler]). Die Grundflächen waren mit 33 m2 pro ha in beiden Straten gleich hoch, sie liegen etwas unter den in den Kernflächen festgestellten Grundflächen. Der Holzvorrat lag im Buchenwald mit 253 (± 21) m3 pro ha leicht (aber nicht signifikant) höher als im Linden-Eichenwald mit 235 (± 26) m3 pro ha. Auch wenn die verwendeten Tarife unterschiedlich sind, ist klar, dass der Vorrat gegenüber 1880, als er noch deutlich unter 100 m3 pro ha, und 1947, Bei der im Jahr 2008 im ganzen Josenwald durchge-

führten Stichprobeninventur wurden zwei Straten gebildet, um Probeflächen in Buchenwaldgesell- schaften und solche in Linden- und Eichenwald- gesellschaften getrennt auswerten zu können (letztere konnten wegen zu geringer Stichproben- anzahl nicht separat ausgewertet werden [3]). Die Buche ist die häufigste Baumart im Reservat. Es folgen Linde, Esche und Eiche. Die Stammzahlen der lebenden Bäume (Kluppschwelle 7 cm) wa- ren im Stratum Buchenwald mit durchschnittlich

Abb. 6.3.5. Durchmesserverteilung im Reservat Josenwald 1980 und 2008 nach Baumarten. Daten der Kern- flächen 9 (EK 9; 0,60 ha) und 11 (EK 40; 0,26 ha). Darstellung in 4 cm BHD-Klassen (Achsenbeschriftung bezeichnet Klassenmitte). Beachte: Die Skalen der Achsen sind in Kernfläche 9 und 11 unterschiedlich.

400 350 300 250 200 150 100 50 0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 6

10 14 18 22 26 30 34 38 42 46 50 54 58

Kernfläche 9 1980 ≥60 2008

BHD [cm]

Kernfläche 11 1980 2008

BHD [cm]

Buche Eiche Linde Esche Bergulme Feldahorn Mehlbeere andere Baumarten

1200 1000 800 600 400 200 0 0 200 400 600 800 1000 1200 6

10 14 18 22 26 30 34 38 42

Stammzahl [N/ha] Stammzahl [N/ha]

Stammzahl [N/ha] Stammzahl [N/ha]

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Josenwald 127

bis 310 m3 pro ha), bei einem Mittelwert von 113 m3 pro ha [5].

Allerdings ist ein grosser Teil des Totholzes im Josenwald relativ frisch; stark zersetztes Totholz ist noch selten. Dies zeigt, dass grosse Totholz- mengen erst in den letzten Jahrzehnten entstan- den sind. Hauptverursacher dürfte dabei Wind- wurf sein, was die bei der Stichprobeninventur gezählten 73 Wurzelteller pro ha belegen [3]. Ei- nen Beitrag dürften aber auch Hangbewegungen leisten, welche viele Bäume ins Rutschen und zum Kippen bringen.

Vom Totholzreichtum profitieren Pilze und insbesondere Insekten, welche auf diesen Le- bensraum angewiesen sind: So wurde die seltene Käferart Alpenbock (Abb. 3.8) im Josenwald nach- gewiesen.

Neben dem Totholz wurden im Josenwald auch Habitatstrukturen erfasst: Merkmale von Bäumen, die auf wertvolle Lebensräume für Tiere hinwei- sen. Am häufigsten waren neben den bereits er- wähnten Wurzeltellern Höhlen mit Mulm (10 [± 2]

pro ha), gefolgt von Löchern am Stamm (8 [± 2]

als er bei etwa 113 m3 pro ha lag, markant zuge- nommen hat. Der Josenwald war also 1880 trotz seiner Lage am Steilhang regelrecht geplündert – wie viele Schweizer Wälder in dieser Zeit. Totholz dürfte er fast keines enthalten haben; es wurde gesammelt und landete in den Öfen.

Totholz und Habitatstrukturen

Im Reservat Josenwald standen 2008 im Buchen- wald pro ha 5 (± 1) m3 Totholz, im Linden-Eichen- wald 7,4 (± 1,7) m3. Viel mehr Totholz lag am Boden (Abb. 6.3.6): Das mittlere Volumen des liegenden Totholzes betrug im Buchenwald 93 (± 16) m3 pro ha, im Linden-Eichenwald 55 (± 10) m3 pro ha [3].

Diese Werte sind viel höher als der Durch- schnittswert des Schweizer Waldes mit 21,5 m3 pro ha [4]. Das Totholzvolumen im Josenwald ist ähnlich gross wie in Laub-Urwäldern mit ständi- gem Eichenanteil in den Westkarpaten mit 70 bis 120 m3 pro ha [5]. In reinen Buchen-Urwäldern der Westkarpaten streuen die Werte stärker (50

Abb. 6.3.6. Der Josenwald ist reich an stehendem, aber insbesondere auch an liegendem Totholz.

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128 Waldreservate

[5] Korpel’ Š. 1997. Totholz in Naturwäldern und Konse- quenzen für Naturschutz und Forstwirtschaft. Forst Holz 52: 619–624.

[6] ellenberg H.; Klötzli F. 1972. Waldgesellschaften und Waldstandorte der Schweiz. Mitt. Eidgenöss.

Forsch.anst. Wald Schnee Landsch. 48: 587–930.

pro ha; Abb. 6.3.7), Dürrständern ab 36 cm BHD (6 [± 2] pro ha) und Kronentotholz (5 [± 2] pro ha).

Der grosse Totholzvorrat und die zahlreichen Habitatstrukturen sind eine gute Voraussetzung für zahlreiche Organismen, die auf solche Habi- tate angewiesen sind (Kap. 3). Im Jahr 2010 hat ein Forschungsprojekt der WSL begonnen, in wel- chem untersucht wird, ob sich die Insektenvielfalt in Reservaten und in bewirtschafteten Wäldern unterscheidet. Eines der 15 Untersuchungsgebiete ist der Josenwald.

Literatur

[1] ScHwarb M.; Frei c.; ScHär c.; Daly c. 2001. Mittle- re jährliche Niederschlagshöhen im europäischen Alpen raum 1971–1990. Tafel 2.6 in: BWG: Hydrolo- gischer Atlas der Schweiz, Bern.

[2] rötHeli e. 2007. Naturwaldreservat Josenwald. Ver- gleich zwischen der heutigen Bestandesstruktur und historischen Bestandesbeschreibungen. Semes- terarbeit im Bereich Wald- und Landschaft. D-UWIS, ETH Zürich, 25 S.

[3] teMperli c.; Streit K.; robin V.; brang p. 2008. Stan- dardauswertung der Stichprobeninventur in Natur- waldreservaten. Das Beispiel Josenwald. [published online November 2008] Available from World Wide Web <http://www.wsl.ch/publikationen/pdf/9118.

pdf>. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL, 46 S.

[4] bränDli U.-b.; abegg M.; DUc p.; ginzler c. 2010. Bio- logische Vielfalt. In: bränDli U.-b. (Red.). Schweize- risches Landesforstinventar. Ergebnisse der dritten Erhebung 2004–2006. Birmensdorf, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Bern, Bundesamt für Umwelt BAFU. 187–228.

Abb. 6.3.7. Frisch gezimmerte Spechthöhlen an einer Eiche. Solche Habitatstrukturen werden in den Inven- turen seit 2007 erfasst, entweder als «Loch im Stamm»

oder, wenn Mulm vorhanden ist, als «Höhle mit Mulm».

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Josenwald 129

Datengrundlage

Nach der Gründung des Reservats im Jahre 1976 wurden 15 Abteilungen und 12 Kernflächen ein- gerichtet und 1980 erstmals aufgenommen. 1990 und 2008 wurden die Aufnahmen auf sieben Kernflächen wiederholt, fünf weitere Kernflächen wurden 2008 aufgegeben. Hingegen wurden im Jahr 2008 zusätzlich 87 Stichproben nach einer neu entwickelten Methode aufgenommen (Kap. 5).

Der Josenwald wurde vom Kanton St. Gallen pflanzensoziologisch kartiert.

Referenzen

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