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Archiv "Insulin glargin – das erste lang wirkende Insulinanalogon: Schlusswort" (18.06.2004)

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Schlusswort

Die Einführung neuer Medikamente scheint in Deutschland stets eine kriti- sche und leider oft polemische Diskussi- on auszulösen. Dies ist akzeptabel, solan- ge die gemeinsame Grundlage einer evi- denzbasierten Medizin beachtet wird.

Mein Ziel war, die breite Leserschaft des Deutschen Ärzteblatts und weniger die kleine Gruppe der Diabetologen mit dem neuen Insulinpräparat bekannt zu machen und vor allem die ersten Erfah- rungen in der Praxis sowie die aktuell verfügbaren Studiendaten kritisch dar- zustellen. Herr Nogalski betont die Not- wendigkeit eines differenzierten Einsat- zes von Insulin Glargin bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes mellitus. Seine Argu- mente sind richtig, aber eher theoreti- scher Natur. Eine strenge Differenzie- rung beider Diabeteshauptformen ist bei Erwachsenen in der Praxis oft nicht mög- lich. Seit der Einführung der Immundia- gnostik wissen wir, dass sich der Typ-1- Diabetes häufiger als bislang vermutet erst im Erwachsenenalter manifestiert und dann meist milder verläuft. In der United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) wiesen immerhin 21 bis 34 Prozent der klinisch als Typ-2-Diabeti- ker eingestuften Patienten im Alter zwi- schen 25 und 34 Jahren Antikörper gegen eines oder mehrere Inselzellantigene auf und zeichneten sich durch die rasche Entwicklung einer Insulinbedürftigkeit aus. Bei den Patienten mit einem Manife- stationsalter zwischen 55 und 64 Jahren traf dies noch bei 4 bis 7 Prozent zu (4).

Somit ist eine sichere Differenzialdia- gnose bei vielen Erwachsenen mit Dia- betes nur bedingt möglich und meist ohne größere klinische Relevanz. Die Aussage, dass sich mit den bisheri- gen NPH-Insulinen die physiologischen Schwankungen des basalen Insulinbe- darfs besonders gut imitieren lassen, ist nicht belegt. NPH-Insuline haben im Ge- gensatz zu Insulin Glargin einen deutli- chen Wirkgipfel zwei bis sechs Stunden nach der Injektion, und die verfügbaren und zitierten Vergleichsstudien zeigen, dass die abendliche Gabe von Insulin Glargin im Vergleich zu NPH-Insulin das nächtliche Hypoglykämierisiko re- duziert und die Nüchternblutglucose- werte besser senkt. Daraus ist zu folgern, dass Insulin Glargin gerade auch bei Pa-

tienten mit morgendlichem Blutzucker- anstieg indiziert ist. Beim Typ-2-Diabetes ist die basale Insulinsekretion meist er- höht, im Vordergrund steht die Insulinre- sistenz. Studiendaten und praktische Er- fahrung lehren, dass bei diesen Patienten meist eine abendliche NPH-Insulingabe ausreicht, um die gewünschte Absen- kung der nächtlichen und morgendlichen Hyperglykämie und damit eine Reduzie- rung der Glucosetoxizität zu erreichen.

Die erwähnten Vergleichsstudien bei Typ-2-Diabetes unterstützen die in mei- nem Beitrag gemachte Aussage. Herr Chantelau bezieht sich auf die Nennung der Hypoglykämierate der UKPDS. Der Autor hat hier keinen statistischen Vergleich der Hypoglykämierate in der Anwendungsbeobachtung (AWB) mit der UKPDS angestellt, was in der Tat un- zulässig wäre, sondern nutzt die UKPDS- Daten als realistische Vergleichsgröße, um die Einordnung des Hypoglykämieri- sikos nach Umstellung auf Insulin Glar- gin zu erleichtern. Herr Herrmann unter- stellt, dass Anwendungsbeobachtungen grundsätzlich einseitig seien, weil sie vom Hersteller finanziert werden. Dabei kommt offensichtlich ein grundsätzliches Missverständnis von beziehungsweise Misstrauen gegen AWB zum Ausdruck, das die dahinter steckende Rationale ig- noriert.AWB sind vom Gesetzgeber vor- geschrieben, um nach der Marktein- führung eines neuen Medikaments die Erfahrungen in der Praxis zu dokumen- tieren. Der Hersteller ist verpflichtet, eventuelle Sicherheitsprobleme beim Einsatz eines neuen Medikaments in der Praxis der Zulassungsstelle mitzuteilen.

Dies ist dadurch sichergestellt, dass Ab- schlussberichte von AWB dem BfArM vorzulegen sind. Selbstverständlich sind AWB reine Beobachtungsstudien mit einer Reihe von Limitationen, die auch klar genannt wurden.Sie sind aber für die Patientensicherheit unverzichtbar und liefern auch dem Arzt wertvolle Informa- tionen. Die Ergebnisse solcher Analysen werden in Deutschland unterschätzt und leider oft zu Unrecht in Misskredit ge- bracht. Ein Beleg dafür ist, dass das briti- sche National Institute of Clinical Excel- lence (NICE) die Ergebnisse dieser AWB in ihre Bewertung von Insulin Glargin einbezogen hat. Dieser Bericht kam zu einem positiven Votum und emp- fahl eine Zulassung und Kostenerstat-

tung (3). Der Artikel wurde sinnvoller- weise um die Ergebnisse der bisherigen randomisierten kontrollierten klinischen Studien ergänzt, um über die AWB hi- naus das derzeit erkennbare Profil des neuen und innovativen Langzeitinsulins zu beschreiben. Natürlich kann in einer solchen Übersicht nicht jeder Aspekt der Insulintherapie angesprochen werden.

Der Autor ging außerdem davon aus, dass die Grundlagen der Insulintherapie jedem Arzt geläufig sind. Selbstverständ- lich ist richtig, dass nicht jeder Typ-1-Dia- betiker mit einer einmaligen täglichen Injektion von Insulin Glargin auskommt (rund 20 Prozent benötigen eine zweima- lige Gabe). Aber für diejenigen Patien- ten, die mit einer einmaligen Gabe gut eingestellt sind, bedeutet dies eine Er- leichterung. Schließlich wurde eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass das Haupt- indikationsgebiet von Insulin Glargin beim Typ-1-Diabetes und weniger beim Typ-2-Diabetes liegt.Allerdings scheinen nach klinischen Erfahrungen auch ältere, pflegebedürftige Patienten von diesem neuen Insulin besonders zu profitieren.

Es war nicht meine Absicht, andere Insu- line abzuwerten, sondern es ging darum, eine der wenigen wirklichen Innovatio- nen in der Insulintherapie der letzten 20 Jahre umfassend darzustellen. Selbstver- ständlich muss die Insulintherapie auf die Wünsche, Bedürfnisse und Möglichkei- ten des Patienten zugeschnitten sein. Die derzeit gültigen Prinzipien und Empfeh- lungen für eine maßgeschneiderte Insu- lintherapie werden in den evidenzbasier- ten Leitlinien der Deutschen Diabetes- Gesellschaft ausführlich behandelt (1, 2).

Literatur

1. Dreyer M, Berger M, Kiess W, et. al.: Therapie des Diabe- tes mellitus Typ 1. Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinie DDG. Diab Stoffw 2003; 12 (Suppl. 2): 49–66.

2. Häring H-U, Joost H-G, Laube H et al.: Antihyperglykämi- sche Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. Evidenzbasier- te Diabetes-Leitlinie DDG. Diab Stoffw. 2003; 12 (Suppl.

2): 13–31.

3. National Institute of Clinical Excellence. Guidance on the use of long-acting insulin analogues for the treatment of diabetes – insulin glargine. Appraisal Guidance No. 53, 2002. www.nice-org.uk.

4. Turner R, Stratton I, Horton V et al.: UKPDS 25: autoanti- bodies to islet-cell cytoplasm and glutamic acid decar- boxylase for prediction of insulin requirement in type 2 diabetes. Lancet 1997; 350: 1288–1293

Prof. Dr. med. Hans Hauner

Else-Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin der TU München, Klinikum rechts der Isar

Ismaninger Straße 22, 81675 München M E D I Z I N

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A1828 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2518. Juni 2004

Referenzen

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