DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Aktuelle Medizin
Zur Fortbildung
Arteriitis temporalis
Horst Hielscher und Sabine Jablonka
Aus der Neurologischen Klinik und Poliklinik
(Direktor: Professor Dr. med. Hans-Joachim Lehmann) des Universitätsklinikums der
Universität Gesamthochschule Essen
Die Arteriitis temporalis ist ein relativ seltenes Krankheits- bild, das Patienten jenseits des 50. Lebensjahres betrifft.
Es handelt sich weniger um eine lokalisierte Affektion der Temporalarterien als vielmehr um einen entzündlichen, po- tentiell ubiquitären Gefäßpro- zeß im Bereich verschiedener Organe. Gemeinsamkeiten mit der Polymyalgia rheumati- ca sind nachweisbar. Entspre- chend ist die initial oft schil- lernde Allgemeinsymptomatik ein gegebenenfalls interdis- ziplinäres ärztliches Problem.
Die Bedeutung der Erkran- kung liegt im gravierenden subjektiven Beschwerdebild sowie in neurologischen und ophthalmologischen Kompli- kationen. Therapeutisch ist die Krankheit durch eine Langzeitapplikation von Korti- koiden gut angehbar.
E
ine Erkrankung wird für den unmittelbar mit einem Pa- tienten befaßten Arzt immer dann zum Problem, wenn sich einerseits gute Therapiemöglich- keiten bieten, sich das Krank- heitsbild aber andererseits zu- nächst durch die Mannigfaltigkeit unspezifischer Allgemeinsympto- me (Tabelle 1) der Diagnose ent- zieht und es bei verzögertem The- rapiebeginn zu ernsthaften irre- versiblen Komplikationen kom- men kann. Dieser Sachverhalt trifft auf die Arteriitis temporalis zu. Es erscheint daher angezeigt, erneut auf das Krankheitsbild auf- merksam zu machen, über das be- reits in früheren Jahren in dieser Zeitschrift berichtet wurde (4, 29)").Symptomatik
Maßstab für die Bedeutung der Erkrankung, welche in aller Regel Patienten befällt, die älter als 50 Jahre sind, ist nicht die Prognose quoad vitam. Verlaufsbeobach- tungen an einem größeren Kran- kengut haben nämlich gezeigt, daß die Lebenserwartung im Ver- gleich zu einem Normkollektiv gleichen Alters nicht einge- schränkt ist (7, 39). In einer Studie (6) ergab sich sogar die Kuriosität, daß die Mortalitätsrate des Patien- tenkollektivs geringer als beim Vergleichskollektiv war.
Es ist vielmehr die Gefahr einer Visusstörung bis hin zur doppel- seitigen Amaurose, welche das Krankheitsbild in das Interesse des Arztes rückt. Die Häufigkeit der Entwicklung einer Visusstö- rung wird in der Literatur mit 40 bis 60 Prozent der Fälle angege- ben (15, 39). In Kollektiven, die vorwiegend frühzeitig mit Kortiko- iden behandelte Patienten be- rücksichtigen, wird diese Kompli- kationsrate mit 7 bis 10 Prozent veranschlagt (8, 57).
Neben der Gefahr einer Erblin- dung ist die Heftigkeit der subjek- tiven Symptome in Form von boh- renden, lokalisierten oder diffu- sen Kopfschmerzen für die Be- deutung der Erkrankung aus- schlaggebend. Sie stehen für den Patienten meist ganz im Vorder- grund und sind, da sie sämtliche Bereiche des Kopfes einschließ- lich des Nasen-Rachen-Raumes und des Nackens erfassen kön- nen, schließlich Anlaß für zahl- reiche differentialdiagnostische Überlegungen (Tabelle 2), die oft genug auch im Hinblick auf die Allgemeinsymptomatik zu um- fangreichen, letzten Endes unnö- tigen Untersuchungen führen können (65).
Die in Klammer stehenden Ziffern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis des Son- derdrucks.
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 30 vom 25. Juli 1984 (33) 2235
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Arteriitistemporalis
Die Vordergründigkeit der Schmerzsymptomatik scheint aber auch für den falschen Weg im diagnostischen Denkprozeß ver- antwortlich zu sein, wie die Einwei- sungsdiagnosen von Patienten, welche in den letzten Jahren in un- serer Klinik stationär untersucht wurden, zeigen (Tabelle 3).
Beim Nachweis mehrerer Kardi- nalsymptome (Tabelle 4) ist die Diagnose unproblematisch. Dies gilt besonders für den Nachweis eines Lokalbefundes im Bereich der Temporalarterien, die dann stark geschlängelt, verdickt und oft pulslos sind. Ein so typischer Befund, wie ihn Jan van Eyck 1436 in seinem Bild "Die Madonna des Kanonikus Georg van der Paele"
eindrucksvoll darstellte, ist eine Seltenheit (Abbildung 1). Aus bio- graphischen Quellen geht hervor, wie Dequeker (16) zeigen konnte,
daß der Kanonikus wohl an einer Polymyalgia rheumatica mit Arte- riitistemporalisgelitten hatte.
Sowohl Kopfschmerzen als auch Veränderungen an den Temporal- arterien können fehlen, so daß sich das Krankheitsbild neben einzelnen oder mehreren ein-
Abbildung 1: Aus- schnitte aus Jan van Eyck's Ge- mälde "Die Ma- donna des Kano- nikus Georg van der Paele" (1436)
gangs erwähnten Allgemeinsym- ptomen durch in erster Linie neu- roophthalmologische (17, 22), sel- tener neurologische Symptome anderer Art manifestiert (12, 37, 48, 60, 66) (Tabellen 5a und b). ..,. Eine Visusstörung kann zu- nächst auch einziges klinisches Symptom der Arteriitis temporalis sein (53).
Unabhängig davon, ob die Erkran- kung zu Funktionsstörungen des zentralen oder peripheren Ner-
vensystems führt, ist die pathoge- netische Endstrecke eine lokale Ischämie auf dem Boden der ent- zündlich proliferativen Gefäßalte- ration. Daß dieser Prozeß nicht auf die das Nervensystem versorgen- den großen und mittleren Arterien beschränkt ist, zeigt über die All- gemeinsymptomatik hinaus die Mitbeteiligung weiterer Organe.
Es kann zu Nekrosen der Zunge und Kopfhaut kommen (50, 51). Koronare lnsuffizienzen, Lungen- funktionsstörungen durch Affek- tionen des Lungeninterstitiums, eine Leberbeteiligung oder die Ruptur eines Aortenaneurysmas werden beschrieben.
Um dem, wie bereits das bunte Bild des klinischen Befundmu- sters, aber auch pathologisch- anatomische Studien anzeigen, potentiellen, ubiquitären Gefäß- prozeß begrifflich gerecht zu wer- den, sind im Laufe der Zeit seit der Erstbeschreibung durch Hut-
Allgemein-Symptome:
- Diffuse Kopfschmerzen -allgemeines
Kran kheitsgefü h I - Muskelschmerzen -Schlaflosigkeit -Fieber
-Gewichtsverlust - Nachtschweiß -Geschmacks- und
Geruchsveränderungen Tabelle 1
chinson 1890 für die Bezeichnung Arteriitis temporalis verschiedene Synonyme entstanden (Tabelle 6).
Klinische
Manifestationsformen
Die klinische Manifestation der Riesenzellarteriitis kann überge- ordnet auf vier Formen reduziert werden:
1. Die lokalisierte Arteriitis tem- poralis; 2. die Polymyalgia rheu-
Arteriitis temporalis
Differentialdiagnose unter dem Aspekt der Schmerzen:
- Migräne
- Bing-Horton-Kopfschmerz (Erythroprosopalgie) - Spannungskopfschmerz - schwere degenerative
Prozesse im Bereich der Halswirbelsäule - Trigeminusneuralgie - Kieferarthropathien - Sinusitiden
- Nasopharyngeale Tumoren - Hypophysen-Tumoren
(mit Orbita- und Kopfschmerz sowie Gesichtsfelddefekten) Tabelle 2
matica. Sie ist, wie die Uberlap- pung der Symptome und morpho- logische Studien zeigen, keine Krankheitsentität, da hier auch ohne die Symptomatik der Arterii- tis temporalis granulomatöse Ver- änderungen an den Temporalar- terien gefunden werden (21, 31);
3. die Kombination von Arteriitis temporalis und Polymyalgia rheu- matica (8, 17, 39, 40); 4. schließ- lich finden sich in manchen Fällen nur unspezifische Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Ge- wichtsverlust in Verbindung mit einer hohen Blutsenkungsge- schwindigkeit (Tabelle 7).
Zusatzdiagnostik
Pathologische Laborbefunde stüt- zen die Diagnose wesentlich, sind aber nicht obligat (Tabelle 8).
Selbst eine BSG-Beschleunigung kann einmal fehlen (9). Der Nach- weis von antinukleären Faktoren gelingt in der Regel nicht (12, 67).
Auch die Gefäß- und Kollagenkon- sumptionstests fallen meist nega- tiv aus. Dies ist um so bemerkens- werter, als eine Nähe zur Patho- morphologie und auch Ätiologie der Panarteriitis nodosa und des Lupus erythematodes visceralis zu verzeichnen ist (27, 71), bei de- nen die oben genannten immuno-
logischen Laborparameter oft po- sitiv ausfallen (1, 11, 36, 55, 63).
Pathologische Angiographiebe- funde bei Darstellung der A. caro- tis externa und ihrer Äste sind ebenso wie ein doppler-sonogra- phisch nachweisbarer Strö- mungsstillstand in der A. supra- trochlearis (28) beschrieben wor- den. Der Nachweis von Durchblu- tungsstörungen im Sehnerv kann durch eine Fluoreszenzangiogra- phie erfolgen (4).
Morphologische Befunde Letztlich wird die Diagnose durch eine Biopsie der A. temporalis ge- sichert, die in etwa 60 Prozent der Fälle einen pathologischen Be- fund erbringt (8). Dabei findet man eine Destruktion der Elastica interna und Rundzellinfiltrate in der Media, bestehend aus Lym- phozyten und Plasmazellen, häu- fig auch Eosinophilen. Vor allem aber sind Riesenzellen und fibri- noide Nekrosen in der Zellwand nachweisbar. Durch den prolifera- tiven Prozeß kommt es zur Lu- meneinengung und Thrombenbil- dung (Tabelle 9).
Zu berücksichtigen ist, daß die Gefäßveränderungen segmental begrenzt auftreten, so daß bei der Biopsie ein mindestens drei Zenti- meter langes Arterienstück exstir-
Einweisungsdiagnosen:
- Intrakranielle Raumforderung - Metastasen
im HWS-Bereich - Meningoenzephalitis - vertebro-basiläre
Insuffizienz - Visusverlust - therapieresistente
Kopfschmerzen - rezidivierende Kiefer-
höhlenentzündungen - Trigeminusneuralgie - Laryngeusneuralgie - Zoster
Tabelle 3
Kardinalsymptome:
- Schläfen- und/oder Nackenschmerz - Schmerzen in der
Schulter- und Beckenmuskulatur
- Veränderungen an den Temporal-Arterien:
Druckdolenz
starke Schlängelung Pulslosigkeit
- Claudicatio
der Kaumuskulatur - Visusstörungen
- deutliche BSG-Erhöhung Tabelle 4
piert und in Serienschnitten un- tersucht werden soll, um einen falsch negativen Histologiebefund zu vermeiden. Da die Veränderun- gen oft bilateral auftreten, sollte bei zunächst normalem Biopsie- befund immer auch eine Untersu- chung der A. temporalis der Ge- genseite erfolgen.
Neuroopthalmologische Symptome:
- Amaurosis fugax
- Visusminderung mit und ohne Papillenödem - Amaurose
(ein- und/oder doppelseitig) - Miosis
- Ptose
- Gesichtsfelddefekte Tabelle 5a
Bei der Beurteilung des morpho- logischen Gefäßbildes sind Ein- flüsse einer der Biopsie voraus- gegangenen Kortisontherapie zu berücksichtigen, da die Infiltration der Gefäßwand durch Entzün- dungszellen unter Kortison rück- läufig ist und ganz aus dem mor- phologischen Bild verschwinden kann, während die Verdickung der Intima persistiert (14).
Autopsiebefunde haben ergeben, daß häufig auch die Vertebralarte- rien von entzündlichen Infiltratio- nen betroffen sind, was die Beob- achtung von Hirnstamminfarkten Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 30 vom 25. Juli 1984 (37) 2237
Arteriitis temporalis
im Rahmen der Arteriitis tempora- lis erklärt. Auch die Arterien des Nackens und die proximalen Äste der Aorta können befallen sein (35, 40).
Neurologische Symptome:
- Periphere Facialis-Parese - sensoneurale
Hörstörungen - Vertigo
- vertebro-basiläre Insuffizienz
- neurologische Symptome bei Hirninfarkt
- epileptische Anfälle - Mononeuritis
und Polyneuritis - Polyradiculitis
- Carpaltunnel-Syndrom - Depression
- hirnorganisches Psychosyndrom Tabelle 5b
Ob die granulomatöse Riesenzell- arteriitis des Gehirns qualitativ von der Arteriitis temporalis zu trennen ist, wird in der Literatur kontrovers gesehen (59).
Therapie
Wie bei einer Reihe von Erkran- kungen, bei denen ätiologisch Au- toimmunprozesse diskutiert wer- den, haben sich auch bei der The- rapie der Arteriitis temporalis Kor- tikoide als Mittel der Wahl erwie- sen. Kopfschmerzen und Muskel- schmerzen verschwinden inner- halb weniger Tage. Eine Visusstö- rung kann, wie eingangs erwähnt, meist verhindert werden (6, 8). Die Besserung einer bereits eingetre- tenen Amaurose wird in aller Re- gel trotz hoher Dosierung von Kortikoiden nicht mehr erreicht (27). Andere Symptome, insbe- sondere eine Ophthalmoplegie, sind dagegen unter Therapie gut rückbildungsfähig (17).
Hinsichtlich der Dosierung wer- den als Initialdosis 40 bis 80 Milli- gramm Kortison oder die entspre- chende Äquivalenzdosis eines
Kortokoidpräparates empfohlen (27, 51, 53). Richtunggebend für die Dauer der initialen Dosierung ist der klinische Verlauf.
In der Regel kann nach Ablauf ei- ner Woche eine langsame Reduk- tion um 5 Milligramm wöchentlich bis auf eine Erhaltungsdosis von 15 Milligramm täglich eingeleitet werden (7). Bei einem Hinweis auf die Beteiligung von großen Gefä- ßen am Entzündungsprozeß ist die hohe Dosierung mindestens einen Monat lang aufrechtzuer- halten (39).
Hinsichtlich der Gesamtdauer ei- ner Kortikoidtherapie liegen ver- schiedene Empfehlungen vor (Ta- belle 10). Der Therapieerfolg ist durch die Beobachtung des klini- schen Befundes und von Labor- befunden wie Blutsenkungs- geschwindigkeit, Hämoglobin- konzentration und Alpha II-Kon- zentration in der Serum-Elektro- phorese zu kontrollieren. Die Nor- malisierung der Blutsenkungs- geschwindigkeit ist anzustreben.
Auch unter Kortison kann es zum
Synonyme
Krankheitsbezeichnungen - Arteriitis temporalis - Riesenzellarteriitis - granulomatöse Arteriitis - Arteriitis cranialis - polymyalgische Arteriitis - Arteriitis
des älteren Menschen Tabelle 6
Klinische Manifestation der Riesenzellarteriitis:
(nach Malmvall et al. 1980) 1. Lokalisierte
Arteriitis temporalis 2. Polymyalgia rheumatica 3. Kombination von 1 und 2 4. Ausschließlich
Allgemein-Symptome (Fieber, Abgeschlagen- heit, Gewichtsverlust) Tabelle 7
Pathologische Laborbefunde - Deutliche
BSG-Beschleunigung - Anämie
(hypochrom, evtl. normochrom) - leichte Leukozytose - u2-Glubulinerhöhung i. S.
- (C-reaktives Protein) - (alkalische
Phosphatase-Erhöhung) Tabelle 8
Morphologische Biopsie-Befunde:
(nach Hamilton et al 1971) 1. Zelltypen des entzündlich
proliferativen Prozesses:
Lymphozyten, Plasma- zellen, Makrophagen, Eosinophile und andere polymorph- kernige Leukozyten 2. Beteiligung aller
Gefäßwandschichten an der Infiltration 3. Intimaproliferation 4. Destruktion
des Elastica interna 5. Riesenzellen 6. fibrinoide Nekrosen 7. Thrombosen Tabelle 9
Aufflackern der Vaskulitis kom- men, was zu einer höheren Dosie- rung zwingt.
Ist die Reduktion der Kortisondo- sis wegen Nebenwirkungen erfor- derlich oder treten unter der The- rapie Rezidive auf, wird zusätzlich die Gabe des in der Lepra-Thera- pie verwendeten Dapson empfoh- len (18).
Die früher angewendeten Salyci- late, Butazolidine, Sulfonamide und Chloroquin (Resochin®) wer- den heute nicht mehr verabreicht (14). Eine Kombination von Korti- koiden mit Azathioprin (Imurek®) wird nur in der deutschsprachigen
Arteriitis temporalis BEKANNTMACHUNG DER BÄK
Empfehlungen
für die Therapiedauer mit Kortison:
- Einige Monate bis Jahre (Mumenthaler 1977) - 1 bis 2 Jahre
(Dünker und Ebel 1982) - 1 Jahr und länger
(Bengtsson und Malmvall 1981)
- 2 Jahre
(Fauchald et al. 1972;
Huston und Hunder 1980) - 5 Jahre
(Coomes et al. 1976) - Dauertherapie
(Beevers et al. 1973) Tabelle 10
Klinische
Diagnosekriterien:
(nach Bengtsson und Malmvall 1981)
1. Schmerzen und Steifig- keitsgefühl im Bereich proximaler Muskelgrup- pen ohne Hinweis auf ei- ne Arteriitis
2. erhöhte BSG
3. Keine klinischen oder la- bortechnischen Hinweise auf Malignom, rheumati- sche Arthritis, systemi- schen Lupus erythemato- des oder Periarteriitis no- dosa
4. Schnelle Besserung der Symptomatik unter Korti- koid-Therapie
Tabelle 11
Literatur empfohlen (47, 62, 68) und ist in komplizierten Fällen ei- ner Arteriitis temporalis unter Um- ständen in Betracht zu ziehen.
Die früher auch unter therapeuti- schen Aspekten durchgeführte ein- oder doppelseitige- Exstirpa- tion der A. temporalis bringt zwar die Kopfschmerzen zum Ver- schwinden, kann aber der Gene- ralisierungstendenz der Vaskulitis entsprechend die Komplikationen nicht verhindern und ist deshalb
kein Ersatz für eine Kortikoid- therapie.
Die Therapie ist auf jeden Fall nicht erst nach Vorliegen des end- gültigen histologischen Befundes zu beginnen, sondern hat einzu- setzen, sobald die Erfüllung von klinischen Kriterien erkannt ist, welche sich mit zunehmender Er- fahrung mit dem früher wenig be- kannten, allerdings auch seltenen Krankheitsbild herauskristallisiert haben (Tabelle 11).
Herrn Professor Eberhard Bay zum 75. Geburtstag gewidmet.
Literaturauswahl
Beevers, D. G.; Harpur, J. E.; Turk, K. A. D.:
Giant cell arteritis — the need for prolonged treatment. J. Chron. Dis. 26 (1973) 571-584 — Bengtsson, B. A.; Malmvall, B. E.: Prognosis of giant cell arteritis: Including temporal arteritis and polymyalgia rheumatica. Acta Med.
Scand. 209 (1981) 337-345 — Bengtsson, B. A.;
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Tumulty, P. A.: Giant cell arteritis: Including temporal arteritis and polymyalgia rheumatica.
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Porter, K. A.; Barkley, H.: Giant-Gell (Tempo- ral) arteritis. J. Path. 67 (1954) 507-519 — Hiel- scher, H.: Beteiligung des zentralen Nervensy- stems bei Kollagenosen. Therapiewoche 33 (1983) 3085-3096 — Horton, B. T.; Magath, T.
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Temporal arteritis. Ann. Int. med. 88 (1978) 162-167 — Mumenthaler, M.: Riesenzellarterii- tis (Arteriitis cranialis, Polymyalgia rheumati- ca). Verh. dtsch. Ges. innere Med. (1977) 765-773 — Rasenack, U.: Polymyalgia rheuma- tica. Dtsch. Ärztebl. 76, Heft 40 (1979) 2561-2564
Das vollständige Literaturver- zeichnis befindet sich im Sonder- druck, zu beziehen über die Ver- fasser.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Horst Hielscher Neurologische Klinik und Poliklinik am
Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55
4300 Essen
DIE ARZNEIMITTELKOMMISSION DER DEUTSCHEN ÄRZTESCHAFT INFORMIERT:
BGA ordnet Ruhen der Zulassung für Rheuma- mittel „Flosin" an
Mit Bescheid vom 6. Juli 1984 hat das Bundesgesundheitsamt (BGA) in Berlin für vier indoprofenhaltige Rheumamittel (Flosin Tabletten, Flo- sin 200 Trockensubstanz + Lösungs- mittel, Flosin 400 i. m. Trockensub- stanz + Lösungsmittel, Flosin 400 i. v. Trockensubstanz + Lösungsmit- tel) mit Zustimmung des pharmazeu- tischen Unternehmers der Firma Farmitalia Carlo Erba GmbH, das Ru- hen der Zulassung angeordnet.
• Die Maßnahme ergeht mit soforti- ger Wirkung und ist zunächst auf den 31. Oktober 1984 befristet. Sie be- deutet, daß die Arzneimittel vorläufig in der Bundesrepublik Deutschland nicht weiter abgegeben werden dür- fen. Die italienische Zulassungsbe- hörde sowie die Behörden der ande- ren EG-Staaten und die Fachkreise sind vorab informiert worden. Die Fir- ma hat zugesagt, Ärzte, Apotheker und sonstige Fachkreise unverzüg- lich durch sogenannte Rote-Hand- Briefe zu unterrichten.
Die Anordnung des Bundesgesund- heitsamtes beruht auf neuen Versu- chen an Ratten. Diese lassen den Verdacht auf eine mögliche krebser- regende Wirkung von Indoprofen aufkommen, der bisher nicht in hin- reichender Weise ausgeräumt ist.
Die Zwischenauswertung dieser Tier- versuche, die die Firma in den USA hat durchführen lassen, ist in den letzten Tagen abgeschlossen wor- den. Die Ergebnisse dieser Tierver- suche sind allerdings nicht ohne wei- tere Untersuchungen auf den Men- schen zu übertragen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß eine wei- tere Untersuchung der Tiere und ei- ne gründliche Auswertung der Er- gebnisse den Verdacht ausräumen können. Eine endgültige Entschei- dung wird in engem Kontakt mit der italienischen Gesundheitsbehörde getroffen werden.
Das Ruhen der Zulassung muß nach den Bestimmungen des Arzneimittel- gesetzes befristet werden; diese Frist dient der Aufklärung, um eine abschließende Entscheidung zu er- möglichen. Zum Schutz der Patien- ten ist vorsorglich bereits jetzt eine Sofortmaßnahme geboten. ❑
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