MEDIZIN
serem Beitrag nicht anders darge- stellt. Da in ECST jedoch auch bei al- lein medikamentöser Therapie jähr- lich nur rund vier bis sechs Prozent der Patienten mit hochgradigen Ka- rotisstenosen einen schweren oder tödlichen Schlaganfall erlitten, er- rechnen sich nur 300 bis 400 Patien- ten im Jahr, deren Schlaganfall durch die Operation verhütet werden kann.
Eine derart niedrige Zahl verhinder- ter Schlaganfälle sollte nicht als Ar- gument für eine generelle Zurück- haltung verwendet werden.
Zur Indikationsstellung bei asymptomatischen Stenosen:
Die in der Zuschrift von Herrn Schweiger zitierten Arbeiten mit ei- ner jährlichen Schlaganfallrate von 5 bis 15 Prozent bei nur medikamentös behandelten Patienten mit hochgra- digen Karotisstenosen haben erhebli- che methodische Mängel. In zwei Ar- beiten (5, 6) werden operativ und nicht operativ Behandelte verglichen.
Da die Operationsindikation nach klinischen Gesichtspunkten und nicht randomisiert erfolge, dürften in der nichtoperativen Gruppe Patien- ten mit schlechterem klinischen Zu- standsbild und damit erhöhtem Schlaganfallrisiko überwiegen. In ei- ner Untersuchung (7) ist das Territo- rium der Schlaganfälle nicht angege- ben, in einer anderen (8) ereigneten sich bei hochgradigen Karotissteno- sen im ersten Jahr keine Insulte. Ei- ne nachträgliche Untergruppenanaly- se von 175 ECST-Patienten mit kon- tralateralen asymptomatischen ACI- Stenosen von mehr als 70 Prozent zeigte eine jährliche Gesamtschlag- anfallrate von 1,9 Prozent und eine Rate behindernder Schlaganfälle von einem Prozent pro Jahr (9). Die Schlaganfallinzidenz nahm mit zu- nehmendem Stenosegrad zu.
Die umfangreichste Studie (10) beobachtete eine Inzidenz von Schlaganfällen mit bleibendem Defi- zit von knapp einem Prozent pro Jahr für alle Stenosegrade und von zirka 3,4 Prozent pro Jahr bei mehr als 80prozentigen Karotisstenosen. Ste- noseprogredienz war der einzig signi- fikante Prädiktor für Schlaganfälle.
Insgesamt ist somit die Prognose hochgradiger asymptomatischer Ka- rotisstenosen schlechter als die mit- telgradiger. Wir können uns daher,
DISKUSSION / FUR SIE REFERIERT
wie im Originalbeitrag diskutiert, durchaus vorstellen, daß die noch laufenden Studien eine Operations- indikation für mehr als 90prozentige Stenosen belegen. Gesichert ist dies bisher aber nicht. Die Veterans Ad- ministration Study (11) zeigte nur dann ein für die Operation positives Ergebnis, wenn TIA, Hirninfarkte und Todesfälle zusammen betrachtet wurden. Nach Abzug der TIA, die et- wa die Hälfte der neurologischen Vorkommnisse ausmachten, ergab sich kein signifikanter Unterschied.
Bei einer perioperativen Letalität/
Morbidität von 4,7 Prozent in dieser Studie bestehen daher weiterhin er- hebliche Zweifel an der Berechti- gung der Operation im asymptomati- schen Stadium.
Betroffen macht uns die Kritik, daß nicht alle Koautoren den Text des Beitrages zur Kenntnis bekom- men hätten. Das Manuskript wurde in den beteiligten Zentren zwischen Neurologen und Gefäßchirurgen ab- gestimmt. Daß dies teilweise unter- blieb, bedauern wir sehr.
P. S. In der Beschriftung der Abb. 3a muß es anstelle „ohne ipsila- teralen schweren oder ischämischen Infarkt" heißen „ohne ipsilateralen schweren oder tödlichen Infarkt".
Außerdem möchten wir auf die Unterstützung der Studie durch die DFG (Az HO 293/8-1) hinweisen.
Literatur bei den Verfassern
Für die Verfasser
Dr. med. Günter Krämer
Klinik und Poliklinik für Neurologie Klinikum der
Johannes Gutenberg Universität Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
Prof. Dr. med. Peter Marx Freie Universität Berlin Universitätsklinikum Steglitz Leiter Abteilung für Neurologie Hindenburgdamm 30
12203 Berlin
Prof. Dr. med. Otto Busse Chefarzt der Neurologischen Klinik Minden
Friedrichstraße 17 32427 Minden
Tuberkulose
des Bauchraums:
immer noch eine potentiell
tödliche Erkrankung
Schon Hippokrates hielt in sei- nen Schriften fest: Durchfallattacken einer Person mit Schwindsucht sind ein tödliches Symptom.
Eine extrapulmonale Manifesta- tion der Tuberkulose spielt bei Asyl- bewerbern und Patienten mit HIV- Infektion eine zunehmende Rolle.
Die Autoren aus Südafrika (Kap- stadt) berichten über ihre vierjähri- gen Erfahrungen bei 82 Patienten mit einer abdominellen Tuberkulose.
Dabei handelte es sich in 14 Fällen um eine intestinale Tuberkulose, in elf Fällen um eine Erkrankung der mesenterialen Lymphknoten und in 57 Fällen um eine Peritonealtuberku- lose. 51 wiesen gleichzeitig eine Lun- gentuberkulose auf, alle lebten unter sich verschlechternden sozio-ökono- mischen Bedingungen. Im Rahmen der Diagnostik erwies sich die Be- stimmung der Adenosindeaminase (ADA) mit einem Wert von über 32,2 U/1 im Aszites als wichtiger diagnosti- scher Parameter. Die Tatsache, daß sechs Patienten während des statio- nären Aufenthaltes an ihrer abdomi- nellen Tuberkulose verstarben, un- terstreicht die Bedeutung dieses auch heute noch potentiell tödlichen Krankheitsbildes, selbst wenn es frühzeitig erkannt und in einem Zen- trum mit großer Erfahrung thera- piert wird.
Lingenfelser, T. J., J. Zak, I. N. Marks, E. Stein, J. Halkett, S. K. Price: Abdomi- na! Tuberculosis: Still a Potentially Le- thal Disease. Am. J. Gastroenterol. 88 1993, 744-750
Gastrointestinal Clinic, Department of Medicine, Groote Schuur Hospital and University of Cape Town, Cape Town, Südafrika
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 17, 29. April 1994 (57) A-1229