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Archiv "Tuberkulose-Therapie: Die Vierfach-Kombination soll Routine werden" (04.05.2001)

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bwohl die Häufigkeit der Tuber- kulose in Deutschland seit Jahren sinkt (Erkrankungsrate der deut- schen Bevölkerung: 8,9/100 000; bei ausländischen Mitbürgern: 45/100 000), hat das Deutsche Zentralkomitee (DZK) zur Bekämpfung der Tu-

berkulose anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumolo- gie in Jena neue Leitlinien zur Diagnostik und Thera- pie vorgestellt. Die wichtig- ste Neuerung: Während bislang mit einer Dreifach- Therapie begonnen und nur bei sehr hohem Resi- stenzrisiko auf eine Vier- fach-Kombination zurück- gegriffen wurde, fordern die Experten nun schon in- itial die Vierfach-Therapie – und das, so Prof. Robert Loddenkemper (Lungen- klinik Heckesborn, Berlin),

„so lange, bis per Kultur ge- sichert ist, dass eine Resi- stenz nicht vorliegt“.

Die neuen Leitlinien sind nach seinen Worten

zudem umfassender als bisher und re- geln auch Sonderfälle der Tuberkulose- Infektion. Sie sind daher eher als die früheren, schon 1995 erarbeiteten Empfehlungen in der Praxis als eine Art „Handlungsleitlinie“ zu verstehen.

Erstmals umfassen die neuen Rege- lungen Indikationen für die Hospitali- sierung der Patienten. Diese ist nach Prof. Tom Schaberg (Lungenklinik Un- terstedt, Rotenburg) ratsam bei hoher Infektiosität, wenn also säurefeste Stäb-

chen nachgewiesen werden und ein aus- geprägtes Krankheitsbild besteht. Auch bei Verdacht auf eine Mehrfachresi- stenz (Alkoholkrankheit, relevante Ko- morbidität) ist eine Klinikeinweisung unerlässlich. Als weitere Indikationen

nannte Schaberg ungünstige soziale Verhältnisse, eine mangelnde Compli- ance des Patienten, schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder eine ambulant nicht abzuklärende Differenzialdiagnose.

Therapeutisch empfiehlt das DZK im Normalfall eine Vierfach-Kombina- tion der Wirkstoffe Isoniazid, Rifampi- cin, Pyrazinamid und Ethambutol für zwei Monate. Weitere vier Monate soll anschließend mit Isoniazid und Rifam-

picin behandelt werden, sodass eine Therapiedauer von sechs Monaten re- sultiert. Die Dosierungen der Medika- mente werden nicht mehr fest vor- gegeben, vielmehr hat das DZK Dosis- bereiche mit Definition von Minimal- und Maximaldosierungen für Erwachsene formuliert, bei Kindern sollte man sich an der Körperoberfläche orientieren.

In Ausnahmefällen ist aber auch noch eine Drei- fach-Kombination gerecht- fertigt. Das ist der Fall bei der Minimal-Tuberkulose, die laut Schaberg durch ei- ne wiederholte negative Mi- kroskopie gekennzeichnet ist sowie durch das Fehlen von Kavernen. Außerdem dürfen keine Resistenzrisi- ken vorliegen, die Patienten dürfen nicht vorbehandelt sein und nicht aus dem Aus- land und speziell aus Risi- koregionen stammen. Sind diese Kriterien erfüllt, so kann eine Dreifach-Therapie mit Isoniazid, Rifampicin und Pyrazinamid für zwei Monate er- folgen, gefolgt von einer viermonatigen Einnahme von Isoniazid und Rifampicin.

Wie die Lungentuberkulose sollte auch die extrapulmonale Tuberkulose behandelt werden, die Regel ist auch in einem solchen Fall eine Vierfach-Thera- pie, erklärte der Mediziner. Eine Aus- nahme sei die tuberkulöse Meningitis, die wegen der schlechteren Penetranz der Medikamente über die Blut-Hirn- Schranke initial eine zweimonatige P O L I T I K

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A1164 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 18½½4. Mai 2001

Tuberkulose-Therapie

Die Vierfach-Kombination soll Routine werden

Die Inzidenz der Tuberkulose ist in Deutschland seit Jahren rückläufig, bakterielle Resistenzen aber nehmen zu. Aus diesem Grund wurden neue Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung der

Infektionskrankheit im Kindes- und Erwachsenenalter formuliert.

Medizinreport

Etwa zwei Prozent der Proben aus dem ambulanten und acht Prozent aus dem stationären Bereich sind Tuberkulose-positiv.

Foto: Verband der Diagnostica-Industrie e.V.

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Vierfach-Behandlung erfordert, der sich eine zehnmonatige Therapie mit Iso- niazid plus Rifampicin anschließt.

Ist eine bakterielle Resistenz gesi- chert oder kommt es zu einer Un- verträglichkeit, so muss nach Schaberg das Therapieregime umgestellt werden.

Kann beispielsweise kein Isoniazid ge- geben werden, so sollte für zwei Mo- nate mit Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol und Streptomycin behan- delt werden; die Folgetherapie sollte dann jedoch auf neun bis zwölf Monate ausgedehnt werden.

Kann dagegen Rifampicin nicht ein- gesetzt werden, so sind initial Isoniazid, Pyrazinamid, Ethambutol und Strep- tomycin indiziert und anschließend für zwölf bis 18 Monate Isoniazid plus Ethambutol. Bestehen Gegenanzeigen für Pyrazinamid, ist die Gabe von Iso- niazid, Rifampicin und Ethambutol und gegebenenfalls auch Streptomycin und weitere neun Monate Isoniazid und Rifampicin indiziert.

Die in den Leitlinien festgeschriebe- ne Standardtherapie ist laut Schaberg auch für Schwangere und Stillende gül- tig. Hinweise für erhöhte Risiken in der Gravidität oder während der Laktation gibt es, anders als bei den Reservemedi- kamenten, für die empfohlenen Wirk- stoffe nicht.

Resistenzen betreffen vor allem ausländische Mitbürger

Eine besondere Situation liegt bei der Tuberkulose bei HIV-Infizierten vor.

Denn unter Rifampicin können, so Schaberg, wegen nicht überschaubarer Arzneimittel-Interaktionen keine nicht- nukleosidischen Reverse-Transkripta- se-Inhibitoren (NNRTI) und keine Pro- teaseinhibitoren eingesetzt werden.

Während der Behandlung mit Rifampicin sollte deshalb mit anderen antiviralen Substanzen behandelt wer- den – oder es sollte alternativ Rifabutin verordnet werden. Dann können zwar ebenfalls keine NNRTI gegeben werden, eine Therapie mit Protease-Inhibitoren ist jedoch möglich. Kann auf NNRTI nicht verzichtet werden, so muss die Tu- berkulose mit Isoniazid, Pyrazinamid, Ethambutol und Streptomycin thera- piert werden.

Bei etwa zwei Drittel der Lungentu- berkulosen liegt die offene Krankheits- form vor, in rund 16 Prozent der Fälle handelt es sich um eine extrapulmonale Tuberkulose. Die tuberkulöse Meningi- tis, die vor allem im Kindesalter ge- fürchtet ist, wird nach Konietzko nur noch sehr selten gesehen. Nach seinen Angaben sind die Erkrankungszahlen bei Kindern inzwischen sehr niedrig.

Einen ersten Erkrankungsgipfel sieht man im jungen Erwachsenenalter bei den etwa 20- bis 30-Jährigen, einen zweiten Altersgipfel gibt es zwischen dem 65. und 75. Lebensjahr.

Der erste Altersgipfel betrifft dabei vor allem die in Deutschland lebende ausländische Bevölkerung – Menschen aus Osteuropa, dem Kaukasus, Af- ghanistan und dem Irak, die um Asyl nachsuchen. Der zweite Gipfel betrifft das höhere Lebensalter, wobei ver- mutlich weniger Neuinfektionen als mehr Reaktivierungen früherer Infek- tionen die Ursache der Erkrankung darstellen.

Die Resistenzlage ist nach Konietz- ko etwas günstiger als noch vor einigen Jahren befürchtet. Relevant sind vor al- lem Mehrfachresistenzen, ihre Häufig- keit liegt in gut organisierten Gesund- heitssystemen zwischen ein und zwei Prozent. In Deutschland wurde in einer Studie des DZK in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut und den Gesundheitsämtern ein geringer An- stieg der Resistenzen von 1,2 auf 1,4 Prozentpunkte ermittelt – wobei in er- ster Linie ausländische Mitbürger be- troffen sind. Bei Patienten, die aus dem Ausland stammen, ist nach Konietzko deshalb bei entsprechender Symptoma- tik besonderes Augenmerk auf die Möglichkeit einer Tuberkulose zu legen, und es ist auch eher mit einer bakteriel- len Resistenz zu rechnen.

Unterschätzt wird nach Ansicht des Mediziners häufig die Mortalität. „Die Ansicht, man versterbe heutzutage nicht mehr an einer Tuberkulose, ist eindeutig falsch“, so Konietzko. Im- merhin kommt es jährlich hierzulande nach wie vor zu rund 500 Todesfällen durch die Tuberkulose und das ohne Berücksichtigung der posttuberkulö- sen Spätfolgen. Auch die Mortalität aber zeigt seit Jahren einen rückläufi- gen Trend. Christine Vetter

Einen neuen Ansatz in der Grundla- genforschung von Lernen und Ge- dächtnis haben Wissenschaftler des Un- ternehmens Hoffmann-La Roche in der April-Ausgabe der Fachzeitschrift Neuron veröffentlicht: Zur Analyse der molekularen, zellulären und verhal- tensspezifischen Aspekte einer einfa- chen Form von assoziativem Lernen und Gedächtnis diente den Wissen- schaftlern der Wurm Caenorhabditis elegans (C. elegans) als Modellorganis- mus. Die Neuronen von C. elegans und des Menschen weisen zum Teil die glei- chen molekularen Komponenten mit ähnlichen Funktionen auf wie zum Bei- spiel Rezeptoren, Transmitter, Ionen- kanäle oder Enzyme.

Die Forscher haben mithilfe von C.

elegans zeigen können, dass eine Form von assoziativem Lernen Kalzium-ab- hängig ist und dabei der so genannte funktionale Neuronen-spezifische Kal- ziumsensor 1 (NCS-1) eine Rolle spielt.

Zudem fanden sie heraus, dass transge- ne Würmer, die den Kalziumsensor NCS-1 vermehrt tragen, schneller ler- nen, einen besseren Leistungsgrad und ein längeres Gedächtnis hatten. Da der Kalziumsensor NCS-1 durch die Evolu- tion weitgehend erhalten blieb und bei Mensch und C. elegans zu 75 Prozent identisch ist, geht man davon aus, dass seine Rolle in Bezug auf den Lern- und Gedächtnisprozess bei beiden Spezies ähnlich ist. Dies bedeutet, dass C. ele- gans für die Validierung von Angriffs- punkten (Targets), die auf eine Verbes- serung oder Hemmung kognitiver Funktionen in höheren Spezies abzie- len, gut geeignet ist.

Als erster eukaryoter mehrzelliger Organismus wurde sein Genom 1998 entschlüsselt. Es enthält 19 000 Gene – etwa halb so viele wie der Mensch. Der erwachsene Zwitterorganismus besteht aus 959 somatischen Zellen; sein Ner- vensystem aus 302 Neuronen. Er ist be- stens geeignet, um grundlegende Mecha- nismen wie die Apoptose, Zellzyklus, Differenzierung, Krebsentstehung und Kommunikation zu untersuchen. EB P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 18½½4. Mai 2001 AA1165

Kognition: Wie ein

Wurm Lernprozesse

verstehen hilft

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