Hans Walser, [20161017]
Reflexion an Kugel Idee und Anregung: W. K., F.
1 Worum geht es?
Im Innenhof eines Wiener Hotels sind reflektierende Kugeln aufgehängt (Abb. 1).
Abb. 1: Reflektierende Kugeln
Die Abbildung 2 zeigt das Spiegelbild des Innenhofes auf der Kugel in der Bildmitte der Abbildung 1.
Abb. 2: Spiegelbild des Innenhofes
Welchen Anteil des Innenhofes sehen wir im Spiegelbild?
2 Analyse
Wir schneiden die Kugel mit der Ebene durch einen beliebigen Raumpunkt P, den Ku- gelmittelpunkt M und den Okularpunkt O (Abb. 3).
Abb. 3: Ebener Schnitt M
P
O
Q
Die Konstruktion des Reflexionspunktes Q auf der Kugeloberfläche ist ein Thema für sich. Ich habe mit einer Einschiebe-Lösung gearbeitet.
Die Abbildung 4 zeigt in grau den nicht einsehbaren Raum. Dies ist ein Kegelstumpf.
Abb. 4: Nicht einsehbarer Raum
Der Reflexionspunkt liegt auf einer Kugelkalotte (rot), welche den Kegelstumpf oben abschließt.
M
P
O Q
Allerdings sehen wir vom Okularpunkt O aus das Spiegelbild des Rumpunktes P eher auf einer Kreisscheibe, welche die Kugelkalotte unten abschließt (Punkt R). Das Spie- gelbild des einsehbaren Raumes ist also auf dieser Kreisscheibe sichtbar (Abb. 5).
Abb. 5: Kreisförmiger Bildschirm
3 Der Trick von Newton
Wenn wir die Kugel verkleinern, wird auch der nicht einsehbare Raum kleiner. Aller- dings wird dann auch die Kreisscheibe kleiner. Wir sehen mehr von der Welt auf einem kleineren Bildschirm.
Aber wir können ja den Bildschirm als Artefakt entsprechend vergrößern. Dies ist der Trick von Newton: Wir lassen den Kugelradius r gegen null gehen und vergrößern den kleiner werdenden Bildschirm mit dem Faktor 1/r. Damit bleibt er in handlicher Größe.
Der nicht einsehbare Raum geht bei diesem Verfahren auch gegen null. Das war ja der Sinn der Übung.
Im Grenzfall haben wir das ganze Universum auf einer Kreisscheibe. Die Kugelkalotte wird zur Halbkugel, die Kreisscheibe zu einer Großkreisscheibe.
M
P
O
R Q
4 Beispiele
4.1 Würfel und Würfelgitter
Wir setzen die infinitesimal kleine reflektierende Kugel in die Würfelmitte. Der Oku- larpunkt O sei senkrecht oberhalb. In der Abbildung 6 sind je vier parallele Würfelkan- ten in gleicher Farbe gezeichnet.
Abb. 6: Bild des Würfels
Die Abbildung 7 zeigt die Situation mit einem 3×3×3-Würfelgitter.
Abb. 7: Würfelgitter
4.2 Kartografie
Wir denken uns die Erdkugel transparent mit unserer infinitesimal kleinen reflektieren- den Kugel im Erdmittelpunkt. Der Okularpunkt sei im Nordpol oder irgendwo auf der oberen Erdachse. Dann sehen wir die Erde im Spiegel gemäß Abbildung 8. Bei dieser Spiegelprojektion wird doppelt gespiegelt: Zunächst sehen wir die Erde von innen spie- gelbildlich, und dann wir an der infinitesimalen Kugel ein zweites Mal gespiegelt. Da- her entspricht die Orientierung der Karte unseren Gewohnheiten, der Sicht von außen.
Abb. 8: Spiegelbild der Erdkugel
Diese Erdkugeldarstellung ist ein so genannte Azimutalkarte und flächenverhältnistreu (Azimuthal Equal Area). Die Flächenverhältnisse sind auf der Karte gleich groß wie in Wirklichkeit.
Wir sehen die ganze Erdkugel. Am äußersten Rand ist die Antarktis erkennbar.
Die Abbildung 9 zeigt die Situation mit dem Okularpunkt im Punkt mit den geografi- schen Koordinaten (0°N / 0°E).
Die Lage der beiden Pole ist symmetrisch.
Abb. 9: Okular bei (0°N / 0°E)
Die Abbildung 10 schließlich zeigt die Situation mit dem Okular in Feldmeilen.
Abb. 10: Okular in Feldmeilen
5 Formeln
Der Raumpunkt P habe die kartesischen Koordinaten (x, y, z). Die infinitesimal kleine reflektierende Kugel sei im Koordinatenursprung und der Okularpunkt auf der positiven z-Achse.
Für die Bildschirm-Kreisscheibe verwenden wir die kartesischen Koordinaten
( )
ξ,η . In dieser Disposition gelten die Abbildungsgleichungen:ξ
(
x,y,z)
= xsin12arccos z
x2+y2+z2
⎛
⎝⎜
⎞
⎠⎟
⎛
⎝⎜ ⎞
⎠⎟ x2+y2
η
(
x,y,z)
= ysin1
2arccos z
x2+y2+z2
⎛
⎝⎜
⎞
⎠⎟
⎛
⎝⎜ ⎞
⎠⎟ x2+y2
(1)
Websites
Kartenprojektionen (17.10.2016):
http://swai.ethz.ch/swaie/MapProjector/MapProjector.de.html