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Archiv "Alternativmedizin in der Krebsbehandlung" (20.04.1989)

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handelt. Wahrscheinlich handelt es sich bei den etwa 6 bis 10 Prozent dieser Patienten, die eine Zuord- nung zum Krankheitsbild des Mor- bus Crohn oder der Colitis ulcerosa nicht erlauben, um eine Unschärfe der zur Verfügung stehenden Dia- gnostik. Neue Befunde weisen dar- auf hin, daß genetische Unterschiede zwischen den beiden Krankheiten bestehen, so daß in der Zukunft eine schärfere Zuordnung möglich sein wird. Da die Interpretation immuno- logischer Befunde bei den verschie- denen Manifestationen der chro- nisch-entzündlichen Darmerkran- kung im Moment noch nicht möglich ist, kann eine spezifische — auf diesen Teil der Atiopathogenese gerichtete Therapie — derzeit nicht eingesetzt werden (M. Zeitz, Berlin). Bei der Analyse exogener Faktoren, welche den Krankheitsverlauf bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa beein- flussen können, ergab sich, daß das Rauchen für den Verlauf der Colitis ulcerosa günstig ist (J. Schölmerich, Freiburg). In einem zweiten Teil die- ser Sitzung wurden neue diagnosti- sche Methoden — fäkale Entzün- dungsmarker, der SeCAT-Test, Per-

meabilitätsmarker, die Darmszinti- graphie sowie die Endosonographie

— vorgestellt. Für sämtliche dieser Methoden gilt, daß sie zwar interes- sante Ansätze darstellen, ihre Be- währung in der Praxis allerdings noch aussteht.

Im letzten Abschnitt dieser Sit- zung erfolgte eine Status-quo-Be- stimmung der medikamentösen (S.

Hartmann, Tübingen) und chirurgi- schen Therapie (M Betzler, Heidel- berg) bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Bei der medikamentösen Therapie ergaben sich keine prinzi- piellen neuen Gesichtspunkte in be- zug auf neue pharmakologische Stoffgruppen. Allerdings zeichnen sich bei den bekannten therapeuti- schen Prinzipien durchaus Fort- schritte ab. Den interessantesten pharmakotherapeutischen Ansatz stellen die Leukotrienantagonisten dar, für die allerdings entsprechende prospektive klinische Studien derzeit noch fehlen. Bei der chirurgischen Therapie konnten in den letzten Jah- ren Fortschritte oder Änderungen festgestellt werden. Es gilt als allge- mein akzeptiert, daß bei der chirur- gischen Behandlung des Morbus

Crohn auf eine sparsame Resektion Wert zu legen ist. So kann bei multi- plen kurzstreckigen Stenosen ohne wirkliche entzündliche Komponente die symptomatische Behandlung in Form sogenannter Strikturoplasti- ken erfolgreich durchgeführt wer- den. Bei der Colitis ulcerosa resul- tiert der wesentliche Fortschritt in der Möglichkeit, den Patienten nach Proktokolektomie wieder zu einer normalen Darmpassage zu verhelfen und damit einen definitiven künst- lichen Ausgang zu vermeiden. Für eine gute Kontinenz wird dazu aus Dünndarm ein Ersatzreservoir (Pouch) gebildet, das an der Linea dentata im Sinne einer pouchanalen Anastomose die intestinale Konti- nuität bei erhaltenem Sphinkter wie- der herstellt. Die dadurch erreichten funktionellen Ergebnisse bestätigen den zunehmenden Einsatz dieser neuen Operationsmethode.

Professor Dr. med. Michael Betzler Chirurgische Universitätsklinik Im Neuenheimer Feld 110 6900 Heidelberg 1

Professor Senn und seinem Ab- teilungsleiter Dr. Jungt muß man danken, daß sie unter dem Titel

„Krebs und Alternativmedizin" aus- gerechnet in einem der schwierigsten Felder der Medizin, der Onkologie, ein zweites Symposium (1. siehe Jun- gi, DÄ vom 3. Januar 1986) gewagt haben, bei dem beide Seiten durch Vertreter von Rang (bis zum Präsi- denten der Internationalen Krebsge- sellschaft, Professor C. G. Schmidt/

Essen als Zuhörer) zu Wort kamen

„Alternativmedizin" ist ein korrekter Ausdruck. Die — auch in St. Gallen —

häufig gebrauchten Termini „Schul- medizin" oder „Außenseitermedi- zin" sollten als wechselseitig a priori herabsetzend vermieden und durch die vielleicht weniger griffigen „na- turwissenschaftlich begründet" oder

„orthodox" und: „naturwissenschaft- lich nicht begründet" beziehungswei- se „nicht orthodox" ersetzt werden, wie der Referent schon vor zwei Jah- ren in Innsbruck empfahl (Kongreß- band Resch-Verlag Innsbruck,

1988). Zwei Hauptthemen be- herrschten das von einer Parallelver- anstaltung für Krankenpfleger(in-

nen) getragene Thema: 1. Anthropo- sophische Methoden, 2. biologisch- immunologische Tumortherapie.

1. Anthroposophische Methoden

Gallmeier/Nürnberg stellte in den Mittelpunkt seines Referates das Postulat einer realistischen und rationellen Behandlung, anderer- seits den Bezug zum Kranken in sei- ner Gesamtheit (siehe auch Editorial

„Holismus", DÄ vom 20. Juni 1986).

Die Naturwissenschaft bildet die Grundlagen der Tumortherapie, aber sie genügt für sich allein nicht.

Renner/Nürnberg sprach im gleichen Sinn über die „therapeutische Lük- ke", die nach der Primärversorgung und mit dieser die Prognose verbes- sernden Maßnahmen,,wie Vaccinen, Pflanzen- und Organextrakten, syn- thetisch-pharmakologischen Sub- stanzen besteht.

Alternativmedizin

in der Krebsbehandlung

2. Internationales Symposium in St. Gallen, Februar 1989

A-1138 (74) Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989

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Auch im Rahmen dieses Sympo- siums kam es zu der üblichen Dis- kussion, ob der Nachweis positiver Wirkungen durch randomisierte Stu- dien erbracht werden muß oder ob

„persönliche Erfahrung" genügt.

Die Oberschwester Agnes Glaus/

St. Gallen hat dazu eine Umfrage bei Pflegepersonal von Tumorstationen in Deutschland und in der Schweiz mit einer Rücklaufquote von 44 be- ziehungsweise 34 Prozent durchge- führt. Je nach Tumorart werden 35 bis 72 Prozent im Falle einer eigenen Erkrankung die konventionellen Me- thoden bevorzugen, 2 bis 15 Prozent alternative Verfahren allein, 13 bis 91 Prozent eine Kombination, 16 bis 50 Prozent auf beide verzichten. Mit zunehmender Erfahrung nimmt nach Glaus die Neigung zu alternati- ven Behandlungen allein ab.

Zu ähnlichen Ergebnissen kam Obrist/Basel an 161 onkologischen Kranken, von denen 80 Prozent die

„Schulmedizin" für gut hielten, 56 Prozent allerdings eine ausreichende psychologische Führung vermißten.

Bemängelt wurden „Übertechnisie- rung" und enge „Spezialisierung".

Von der Alternativmedizin wurde ei- ne Ergänzung, keine Heilung erwar- tet.

Heusser aus der Lukasklinik in Arlesheim stellte die Steinerschen Vorstellungen von „Körper", „Le- ben", "Seele", „Geist" in den Vor- dergrund. Diese vier sind das Funda- ment der Anthroposophie. Er wand- te sich (nicht „uneigennützig") gegen jeden Rigorismus oder Purismus im Wirkungsnachweis von „Iscador"®.

Diesem Präparat galten viele der nachfolgenden Referate.

RiUreau-Gayon (Strassbourg) betonte die ganz verschiedene Zu- sammensetzung von Züchtung zu Züchtung, von Jahr zu Jahr — ver- bunden mit unserer Unkenntnis über die Relation der Grundkomponen- ten Proteine, Lektine, Viscotoxine und anderer. HauserlBern von der Schweizer Krebsliga betonte, daß es bis heute keine positiven Nachweise für eine Wirkung der Mistelextrakte nach wissenschaftlichen Kriterien gebe. Sie werden von ihren Promoto- ren vorzugsweise eingesetzt: bei er- höhtem Krebsrisiko, postoperativ als adjuvante Therapie, lindernd bei in-

operablen Tumoren oder Rezidiven.

Unter vielen Mitteilungen war eine von Salzer und Hellan besonders ein- drucksvoll, die mit intrapleuraler Gabe von Iscador® (3 bis 5 mg: 1- bis 2mal wöchentlich in 5prozentiger Lösung) 92 Prozent der Pleurakarzi- nosen „trocken" bekamen — mehr als zum Beispiel mit Adriblastin®. Gün- stige Erfahrungen machte unter an- deren SchupplilBasel bei operierten Melanomen mit Iscador pini mit Quecksilberzusatz und zum Teil gleichzeitiger Gabe von BCG: In der Iscadorgruppe lebten im Juli 1988 noch 79 Prozent, in der (nicht rando- misierten!) Kontrollgruppe 63 Pro- zent (n = 90 bzw. 100). Eine Eini- gung über Homogenität, Wirksam- keit und Nachweismethoden kam aus der Sicht des Referenten nicht zustande.

2. Biologisch-immuno- logische Tumortherapie

Das zweite große Thema galt der nach Nagel schon recht alten An- wendung biologischer Substanzen

(allein oder zusätzlich). Hier sind durch „biological response modi- fiers", besonders durch die von Koehler und Milstein entdeckten mo- noklonalen Antikörper (siehe DÄ vom 12. November 1981) Erfolge er- zielt worden. Besonders die verschie- denen Zytokine schließen eine Deka- de mit rund 30 Zytostatika und immer neuen Kombinationen ab, die freilich bei den heute gentechnisch verfügba- ren Interleukinen (nach de Weck/Bern 8 bis 9) noch einer weiteren Aufar- beitung bedürfen. Monoklonale An- tikörper können, wie wir früher hier bereits betonten, für sich allein ein- gesetzt werden oder als Träger von Radionukliden, zytotoxischen Sub- stanzen wie Diphtherietoxin oder Zytostatika (Dippold/Mainz).

Wie Schumacher/Stuttgart und andere betonten, sind Peptide aus dem Thymus (mit 600 bis 3000 Dal- ton) nicht so wirksam wie die Thy- mustransplantation oder die Zugabe von Zellen aus dem Thymusepithel.

Nach Huber/Innsbruck ist rekombi- niertes alpha-Interferon aussichts- reich bei Haarzelleukämien, teilwei- se auch bei Nierentumoren, nicht ganz so sicher bei der chronischen

myeloischen Leukämie. Dies ist be- sonders wichtig im Hinblick auf die hohe Toxizität verschiedener Zytokine. Der Tumor-Nekrosefaktor (TNF) hat in manchen Indikationen enttäuscht (< 10 Prozent Remissio- nen nach Hemnann/Mainz). Dage- gen verkürzt der Proliferations-Rei- fungsfaktor aus dem Knochenmark (GM-CSF) nicht nur die zytostatisch bedingte Leukozytopenie und damit die Gefährdung der Kranken, son- dern wirkt auch (direkt oder indi- rekt?) synergistisch auf den Tumor.

Einen wesentlichen Fortschritt ge- genüber der sonst bei Wiederholung unvermeidlichen allergischen Reak- tion bilden die weit besser verträg- lichen und seit kurzem verfügbaren monoklonalen Antikörper vom Men- schen statt, wie bisher, von der Maus (Dippold/Mainz).

Als Resümee aus diesem inter- essanten Symposium ergibt sich in der Sicht des Referenten:

0 Die Steinerschen Mistelex- trakte gehören höchstens bei ganz bestimmten Indikationen (zum Bei- spiel maligner Pleuraerguß?) ins Re- pertoire des Tumortherapeuten. In Homogenität und Wirksamkeit ein- zelner Bestandteile ist noch Wesent- liches zu leisten. Beispiele einer möglichen tumorhemmenden Wir- kung wurden vorgestellt; doch fehlen noch weithin die (umstrittenen) ran- domisierten klinischen Nachweise gemäß international akzeptablen wissenschaftlichen Grundregeln.

fp

Während die zytostatische Chemotherapie mit ihren rund 30 Substanzen und immer neuen Kom- binationen und Sequenzen in den lezten Jahren „auf der Stelle trat", sind ihr in den körpereigenen und gentechnologisch in großer Reinheit und Menge herzustellenden Zytoki- nen zusätzliche Möglichkeiten an die Seite gegeben, die bisher chemo-re- sistente Behandlungsindikationen durch ein teilweise biologisch orien- tiertes Konzept ablösen.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. R. Gross Herbert-Lewin-Straße 5

5000 Köln 41

Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989 (77) A-1141

Referenzen

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