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Archiv "Knollenblätterpilz- Vergiftung: Ergänzungen" (06.07.1989)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

ISKUSSION

Ergänzungen

Neben konservativen Therapie- maßnahmen wie Magenspülung, Flüssigkeits- und Elektrolytaus- gleich, Hämodialyse und Hämoper- fusion, forcierte Diurese sowie Ver- suche weiterer symptomatischer Therapiemaßnahmen (Silibinin, Thioctsäure, Heparin) bedarf der Einsatz der orthotopen Lebertrans- plantation unter modernen thera- peutischen Gesichtspunkten unbe- dingt der Erwähnung.

Bei Auftreten eines Coma hepa- ticum sollte die Methode der Leber- transplantation einer frühzeitigen in- terdisziplinären Diskussion zwischen Internisten, Intensivmediziner und Transplantationschirurgen zugeführt werden. Unter zunehmendem Ko- magrad II—III, sonographischer Ver- kleinerung der Lebergröße und Auf- treten von Gerinnungsstörungen vor Ausbildung einer Verbrauchskoagu- lopathie sind die Chancen einer re- stitutio ad integrum durch Leber- transplantation günstig.

C. E. Broelsch, Chicago, berich- tet über 58 Prozent Einjahresüber- lebensraten bei Transplantationen unter akutem Leberversagen. Dem gegenüber stehen Letalitätsraten bei ausschließlich intensivmedizinischer Therapie, die zwischen 70 und 90 Prozent betragen.

Die Entscheidung zur Leber- transplantation beim akuten Leber- versagen muß also frühzeitig gestellt und konsequent verfolgt werden, da nach persistierendem Komagrad IV apallische Syndrome beschrieben wurden, die sich auch nach erfolgrei- cher Lebertransplantation mit kom- pletter Restitution der Leberfunk- tion nicht mehr zurückbildeten.

Dr. med. D. Theuer

Internist und Gastroenterologe Herbststraße 15

7100 Heilbronn

Schlußwort

Die Ausführungen des Kollegen Theuer habe ich mit großem Interes- se gelesen. Ich stimme mit ihm völlig darüber ein, daß bei der Knollen- blätterpilz-Vergiftung als ultima ra- tio in der Therapie eine Lebertrans- plantation indiziert sein kann Ich habe mich bei meiner Darstellung auf das Wesentliche und Gesicherte beschränken müssen.

Meines Wissens wurden bisher in der Bundesrepublik Deutschland keine Patienten mit Knollenblätter- pilz-Vergiftung lebertransplantiert.

Bisher ist ein solches Vorgehen nur aus Frankreich und den USA be- kannt geworden. Die Schwierigkeit bei einem solchen Unternehmen be- steht einerseits in der Zeitpunkt- wahl, andererseits in der kurzen Zeit, die zum Ausfindigmachen ei- ner Spenderleber verbleibt. Damit ist von entscheidender Bedeutung, frühzeitig prognostische Parameter zu kennen, die darauf hinweisen, daß ein Überleben der Knollenblätter- pilz-Vergiftung nicht möglich ist. Bei der Zeitpunktwahl erscheint bedeu- tend, daß man möglichst frühzeitig transplantiert, da zu diesem Zeit- punkt der Patient noch operationsfä- hig ist und noch keinen irreversiblen zerebralen Schaden davongetragen hat. Dies bedeutet, daß der Patient die Komastufe III der hepatischen Enzephalopathie nicht überschritten haben darf. Andererseits sind Fälle bekannt geworden, bei denen dieser Schweregrad der hepatischen Enze- phalopathie reversibel war, womit das psychologische Dilemma für die betreuenden Ärzte aufgezeigt ist.

Wie ich in meiner Arbeit in der Zeitschrift Leber-Magen-Darm 3/87, Seite 173 bis 197 aufgezeigt habe, gibt es vier Verlaufsformen der Knollenblätterpilz-Vergiftung. Die erste milde Verlaufsform besteht in

einer schweren Gastroenteritis ohne meßbare Beteiligung der Leber am Vergiftungsgeschehen. Die zweite mittelschwere Verlaufsform weist neben der Gastroenteritis einen mä- ßigen Anstieg der Transaminasen auf, ohne daß es zu Störungen der plasmatischen Gerinnung kommt Die dritte schwere Verlaufsform, die jedoch noch überlebt wird, zeigt Transaminasen im Bereich über 1000 U/L und eine Gerinnungsstö- rung, die sich mit einer Gerinnungs- therapie beheben läßt.

Die tödliche Verlaufsform muß von dieser schweren Verlaufsform nun streng zu unterscheiden sein, will man frühzeitig den Ausgang der Vergiftung absehen. Annäherungs- weise ist uns dies gelungen. Die vier- te Gruppe mit tödlichem Verlauf un- terschied sich von der Gruppe mit schwerem Verlauf durch eine man- gelhafte Erholung der plasmatischen Gerinnung, einen fortgesetzten Bili- rubin- und Kreatininanstieg, und zwar schon vor Eintritt der hepati- schen Enzephalopathie. Ganz beson- ders hervorzuheben ist das Verhal- ten der plasmatischen Gerinnungs- faktoren. Eine Thromboplastin-Zeit, die zwei Tage nach Giftaufnahme unter 20 Prozent liegt und die bis zum Ende des dritten Tages nicht deutlich angehoben werden kann, ist prognostisch ungünstig.

Nach diesen Kriterien wurde auf meine Beratung hin in Portland, Oregon, USA, im Oktober vorigen Jahres eine fünfköpfige Familie be- handelt. Bei vier Patienten waren die prognostischen Kriterien schlecht, alle vier wurden lebertransplantiert und zwar im Komagrad II bezie- hungsweise III. Alle Patienten — auch der fünfte, der nach diesen Kri- terien eine gute Prognose hatte — ha- ben überlebt. In diesem Fall hatten die Ärzte bei uns im Giftnotruf Mün- chen angerufen.

Literatur beim Verfasser Prof. Dr. med. Thomas Zilker Toxikologische Abteilung der II. Medizinischen Klinik rechts der Isar der

Technischen Universität München Ismaninger Straße 22

8000 München 80

Knollenblätterpilz- Vergiftung

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. Thomas Zilker und Mitarbeiter in Heft 38/1988

A-2010 (56) Dt. Ärztebl. 86, Heft 27, 6. Juli 1989

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