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Archiv "Psychologische Psychotherapeuten: Die Skepsis überwiegt" (20.02.2004)

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ontrovers war die Diskussion auf dem Podium nicht. Denn die Vor- sitzenden der Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten und des Deutschen Psychotherapeutenverban- des (DPTV) wurden in ihren Forde- rungen von den Gesundheitspolitikern weitgehend bestätigt. „Es wäre sinnvoll, wenn mehr Vertreter der Selbstverwal- tung auf dem Podium säßen“, mahnte denn auch Birgitt Bender, Bündnis 90/

Die Grünen, Sprecherin im Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung des Bundestages. In einigen Punkten wäre eine verteidigende Ausführung der ärztlichen Selbstverwaltung not- wendig gewesen.

Die beiden Berufsverbände, die nach eigenen Angaben rund 7 500 Psycholo- gische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vertreten, hatten im Rahmen des

„5. Psychotherapeutentages“ in Berlin (5. bis 7. Februar) zu einer Podiumsdis- kussion eingeladen. Der 6. Psychothera- peutentag 2005 soll von der kürzlich in Berlin gegründeten Bundespsycho- therapeutenkammer durchgeführt wer- den, die die Interessen aller Psychologi- schen Psychotherapeuten vertritt.

Gleichstellung gefordert

Die Psychotherapeuten streben vor al- lem eine Gleichstellung mit den Ärzten an. „Wir fordern eine Änderung im Bundesmantelvertrag, um auch über- weisen und einweisen zu können“, er- klärte DPTV-Präsident Dr. Hans Na- dolny, „wir wollen eine Ablösung der Hilfsberufekonstruktion.“ In bestimm- ten akuten Fällen sei es notwendig, Pati- enten „ohne Umweg“ über einen Fach- arzt beispielsweise in eine psychosoma- tische oder psychiatrische Fachklinik

einweisen zu können. „Stellen Sie sich vor, Sie haben einen akut suizidalen Pa- tienten in der Praxis und müssen ihn wieder wegschicken mit der Auflage, ei- nen Facharzt aufzusuchen“, skizzierte der Präsident der Bundespsychothera- peutenkammer, Detlev Kommer, ge- genüber dem DÄ eine für ihn nicht ak-

zeptable Situation. Der einzige Vertre- ter der Selbstverwaltung auf dem Podi- um, Thomas Ballast, Leiter der Abtei- lung für Vertrags- und Versorgungsma- nagement beim Bundesverband der An- gestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK), gab sich zuversichtlich, dass es „auf die- se Entwicklung hinauslaufen“ werde.

Doch sollten die Psychotherapeuten diesen Punkt seiner Ansicht nach nicht allzu vehement einfordern, da dies „zu viele Empfindlichkeiten bei den Vertre- tern der Kassenärzte auslösen würde“.

Diese Behauptung löste zwar Erheite- rung im Publikum aus, war jedoch wenig konstruktiv.

Unsicherheit besteht bei den Psycho- logischen Psychotherapeuten zurzeit darüber, ob die so genannte Quittungs- regelung über das zweite Quartal hinaus verlängert wird. Da Psychotherapeuten nicht überweisen dürfen, stellen sie Pati- enten eine Quittung über die Zahlung der Praxisgebühr aus, die diese beim nächsten Arztbesuch im selben Quartal vorlegen, um nicht erneut zehn Euro zu bezahlen. Unerwartet hatte das Bundes- schiedsamt am 8. Dezember 2003 ent- schieden, dass Patienten, die im gleichen Quartal einen Arzt und einen Psycholo- gischen Psychotherapeuten aufsuchen, jeweils zehn Euro zahlen sollten („20er- Regelung“). Nach Interventionen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Psychotherapeutenverbände wurde die 20er-Regelung jedoch wieder bis zum 30. Juni dieses Jahres ausgesetzt.

„Diese Regelung ist diskriminierend“, kritisierte Hans-Jochen Weidhaas, Bun- desvorsitzender der Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten. Auch der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung,

Dr. Klaus Theo Schröder, hofft, dass die derzeitige Regelung weitergeführt wird.

„Die 20er-Regelung war von nieman- dem gewollt“, sagte er. Dieser Aussage schlossen sich die Gesundheitspolitiker einvernehmlich an.

Skeptisch zeigten sich die beiden Psy- chotherapeutenverbände im Hinblick auf die Umsetzung eines für sie wichtigen Urteils des Bundessozialgerichts. Dieses hatte am 28. Januar zugunsten der Psy- chotherapeuten entschieden, dass deren Leistungen ab 2000 zu einem besseren Punktwert vergütet werden müssen. Zur Umsetzung des Urteils muss ein Be- schluss des Bewertungsausschusses (vom P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 820. Februar 2004 AA471

Psychologische Psychotherapeuten

Die Skepsis überwiegt

Die Psychotherapeuten fordern das Recht zur

Überweisung, Regelungen zur Praxisgebühr analog zu den Ärzten und die Umsetzung des Bundessozialgerichtsurteils.

Oben: Fordert Änderun- gen im Bundesmantelver- trag, Dr. Hans Nadolny (links), daneben: Horst Schmidbauer, SPD Rechts: „Diskriminierend“

findet Hans-Jochen Weid- haas (rechts) die Regelun- gen zur Praxisgebühr. Ne- ben ihm: Thomas Ballast,

VdAK Fotos:Angelika Nierobisch,DPTV

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eit Jahren stellt die Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) ihren 30 Mitgliedsstaaten Handlungsempfehlun- gen mit gesundheitspolitischem Bezug zur Verfügung. „OECD Health Data“

heißt eines dieser Arbeitspapiere, das eine ausführliche Sammlung an ver- gleichbaren Statistiken zur Gesundheit und zum Gesundheitswesen in den In- dustrieländern enthält. „Health at a Glance“, eine weitere, regelmäßig durch- geführte Studie der Organisation, lie- fert den Mitgliedsstaaten einen Über- blick über die neuesten vergleichbaren Daten und Trends (siehe DÄ, Heft 45/2003). Um der gewachsenen Bedeu- tung von Gesundheit Rechnung zu tra- gen, startete die Organisation 2001 eine ihrer bislang umfassendsten Studien:

das „OECD Health Project“. Noch in diesem Frühjahr sollen die Ergebnisse der Untersuchung den Gesundheitsmi- nistern der Mitgliedsstaaten in Paris vorgestellt werden.

Der Ausgaben Herr werden

„Gesundheit wird immer wichtiger, sei es in ökonomischer oder medizinischer Hinsicht“, so die stellvertretende Gene- ralsekretärin der OECD, Berglind Ás- geirsdóttir. Auf dem gemeinsamen Kon- gress von OECD und dem Bundesmini- sterium für Gesundheit und Soziale Si- cherung (BMGS) in Berlin nannte Ás- geirsdóttir mehrere Beweggründe für das dreijährige Projekt: Die Lebenser- wartung der Menschen steige, die Chan- cen auf gleichen Zugang zur Medizin würden immer geringer und die Ausga- ben der OECD-Länder für Gesundheit seien in den vergangenen Jahren konti-

nuierlich gestiegen. Allein in den Jahren 2000 bis 2001 sei es zu einem Anstieg von durchschnittlich vier Prozent ge- kommen, während das Bruttoinlands- produkt (BIP) je Jahr lediglich um 2,3 Prozent gewachsen sei. Diese Lücke ha- be zu einem Anstieg der Gesundheits- ausgaben von fünf Prozent des BIP 1970 auf 8,4 Prozent des BIP im Jahr 2001 ge- führt. „Mit dem OECD Health Project sollen Entscheidungsträger dabei unter- stützt werden, evidenzbasierte Politik zu entwickeln, die die Leistungen der Ge- sundheitssysteme optimieren“, erläuter- te die Generalsekretärin das Ziel des Projekts. Um eine möglichst breit gefä- cherte Analyse zu ermöglichen, arbeiten verschiedene Direktionen der OECD an dem Projekt, so unter anderem die Direktionen Gesundheit, Wirtschaft so- wie Wissenschaft und Industrie.

BMGS-Staatssekretär Dr. rer. pol.

Klaus Theo Schröder unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der OECD. Auch wenn teilweise der Vergleich aufgrund der unterschiedli- chen Gesundheitssysteme schwer falle, halte das BMGS den internationalen Austausch für hilfreich und notwendig.

„Gesundheitssysteme ohne internatio- nale Perspektive sind nicht denkbar“, sagte der Staatssekretär. Bei der aktuel- len Gesundheitsreform habe sich das Ministerium an den Vorgaben der OECD orientiert. So stünden das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin, die im Gesetz verankerten Vorgaben integrierter Versorgung oder die Öffnung der Apotheken für den Online-Versand im Zeichen der Forde- rung der OECD nach mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit.

Differenzierter betrachtete Prof. Dr.

rer. pol. Jürgen Wasem den Nutzen der Handlungsempfehlungen der OECD.

Nach Ansicht des Inhabers des Lehr- stuhls für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen gibt es zwei Arten, von internationalen Syste- men zu lernen: einmal das „learning about“ und das „learning from“. Bis- lang hätten die Handlungsempfehlun- gen zwar dazu beigetragen, etwas über die anderen Systeme zu lernen, jedoch wenig dazu, daraus etwas für das eigene System zu ziehen. „Vielleicht hilft das OECD-Gesundheits-Projekt in diesem Punkt weiter.“ Martina Merten P O L I T I K

A

A472 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 820. Februar 2004

Systemvergleiche

Blick über den Tellerrand

Noch in diesem Frühjahr stellt die OECD eine ihrer bislang umfassendsten Analysen der Gesundheitssysteme vor.

16. Februar 2000) von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen neu berechnet werden (siehe Meldung in DÄ, Heft 7/2004). „Das Kasseler Urteil bietet viele Spielräume“, betonte Weid- haas. Er glaubt, dass die Angelegenheit

„am Ende beim Schiedsamt landet“. Un- terstützt wird er in seiner Skepsis von Horst Schmidbauer, SPD, Mitglied im Gesundheitsausschuss.Er befürchtet,dass

„neue Rechenmodelle des Bewertungs- ausschusses wieder Jahre nach sich zie- hen werden“, bevor das Urteil umge- setzt wird. Aus der Sicht Schmidbauers ist die Eingliederung der Psychologi- schen Psychotherapeuten in die Organe und Gremien der Selbstverwaltung nicht gelungen: „Aus der gewünschten Integra- tion ist eine Unterordnung geworden.“

Damit traf er den Nerv des Publikums.

Mit dem Tagungsmotto „Impulse für eine moderne Gesundheitsversorgung“

wollten die Psychotherapeuten vor allem verdeutlichen, welchen Beitrag sie – unabhängig von der Richtlinien- psychotherapie – in Prävention, Rehabi- litation und der Versorgung chronisch Kranker leisten können. „Die Psycho- therapeuten müssen in die Disease-Man- agement-Programme mit einbezogen werden“, mahnte CDU-Gesundheitsex- perte Dr. Hans-Georg Faust. Und auch der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Dr. Dieter Thomae, bezeichnete die Psychotherapeuten als „prädesti- niert, in der Integrierten Versorgung mitzuwirken“. Beide Politiker verdeut- lichten auch, dass es in der Eigenverant- wortung der niedergelassenen Psycho- therapeuten liege, „ihre Chance zu ergreifen“ und mit Kliniken und Versor- gungsnetzen zusammenzuarbeiten.

Staatssekretär Schröder sicherte die Beteiligung der Psychotherapeuten an der Gesundheitskarte zu, die 2006 ein- geführt werden soll. Im Gesundheitssy- stemmodernisierungsgesetz war deren Teilhabe nicht eindeutig herausgestellt worden. Doch: „Für die Psychothera- peuten gelten die gleichen Rahmenbe- dingungen wie für die Ärzte.“

Die Stimmung auf der Veranstaltung war offensichtlich: Die Psychologischen Psychotherapeuten haben nicht mehr viel Vertrauen in die ärztliche Selbstver- waltung – die Skepsis selbst an der Um- setzung von höchstgerichtlich erstritte- nen Urteilen überwiegt. Petra Bühring

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