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März 2008 GEF C Motion 0455 Brand, Münchenbuchsee (SVP) Siegenthaler, Rüti b.Büren (SVP) Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am Lockerung der Schweigepflichten im Interesse unseres Sozialstaates Der Regierungsrat wird beauftragt

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M 196/2007 M 198/2007

GEF GEF

12. März 2008 GEF C

Motion

0455 Brand, Münchenbuchsee (SVP) Siegenthaler, Rüti b.Büren (SVP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 30.07.2007

Lockerung der Schweigepflichten im Interesse unseres Sozialstaates

Der Regierungsrat wird beauftragt,

- dem Grossen Rat eine Änderung des Sozialhilfegesetzes sowie allenfalls weiterer Gesetzesartikel (insbesondere des Datenschutzgesetzes) vorzulegen mit dem Ziel, die Schweige- und Auskunftspflicht der Personen, die sich mit dem Vollzug des So- zialhilfegesetzes befassen, zu lockern.

- dem Grossen Rat die nötigen Gesetzesänderungen vorzulegen, damit der Informa- tionsaustausch zwischen Polizei und Steuerbehörden sowie allen Amtsstellen, die sich mit der Sozialhilfe und mit der IV befassen, gewährleistet ist.

- bei den Bundesbehörden zu intervenieren, falls die eidgenössische Gesetzgebung eine Anpassung des kantonalen Rechtes verunmöglichen sollte.

Begründung

Die kürzlich aufgedeckten Fälle von Missbrauch unseres Sozialsystems zeigen deutlich, dass die heute geltenden Regeln zum Datenschutz und zur Schweigepflicht zu restriktiv sind. Der Datenschutz kann somit zum Täterschutz werden, was unter allen Umständen verhindert werden muss. Offenbar gilt diese Feststellung nicht nur im Bereich der Sozialhil- fe, sondern auch im Bereich der Invalidenversicherung.

Fachleute aus dem Sozialbereich verlangen deshalb eine Lockerung der Schweigepflicht und allenfalls eine Anpassung der Datenschutzgesetzgebung.

Unser Sozialhilfesystem soll dazu dienen, tatsächlich bedürftige Personen zu unterstützen.

Wenn es so offensichtlich missbraucht werden kann, wie die BMW-Fälle in Zürich und Bern zeigen, müssen die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden. Die Anpassung der ge- setzlichen Grundlagen dient damit vor allem auch den Interessen und der Glaubwürdigkeit unseres Sozialstaates.

Im Vergleich mit den Regelungen anderer Kantone, z.B. mit der Regelung im Kanton Basel- Stadt, ist der Artikel 8 unseres Sozialhilfegesetzes viel zu restriktiv. Im Kanton Basel Stadt (§ 28 des Sozialhilfegesetzes) besteht keine Schweigepflicht gegenüber Verwaltungs- und Gerichtsbehörden des Kantons und seiner Gemeinden, gegenüber Verwaltungen und Ge- richten des Bundes und den Verwaltungsbehörden und Gerichten anderer Kantone, wenn diese Behörden die Auskünfte für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen. Im Kanton Bern (Art. 8 SHG) sind Auskünfte an Behörden nur erlaubt, wenn die Betroffenen (also die Sozialhilfeempfänger!) ihre ausdrückliche Zustimmung erteilen oder wenn das Erfüllen der Sozialhilfeaufgaben es zwingend erfordert. Diese gesetzliche Regelung führt nun offensichtlich zu Missbräuchen.

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übernommen wird, eine Regelung, die sich offenbar bewährt und die datenschutzkonform ist.

Die Lockerung der Schweigepflicht ist nicht nur unter Sozialhilfebehörden, sondern auch im Verhältnis zu den Polizeiorganen, zu den Organen der Invalidenversicherung, zu den Steu- erbehörden sowie zu weiteren Verwaltungs- und Gerichtsbehörden zwingend nötig.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 10.09.2007

M 198/2007 GEF

Motion Fuchs, Bern (SVP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 07.08.2007

Stopp dem Sozialmissbrauch - Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden

Das Drei-Affen-Prinzip „ich sehe nichts, ich höre nichts, ich sage nichts“ scheint immer mehr zum Alltag zu werden, wenn es darum geht, Sozialhilfemissbrauch zu ahnden. Ge- handelt wird immer erst dann, wenn Politiker oder Medien einen Fall aufdecken oder wenn Kritik aus den eigenen Reihen kommt.

Es scheint zum Beispiel ein offenes Geheimnis zu sein, dass viele Drogendealer finanzielle Unterstützung von der Sozialhilfe oder anderen Stellen erhalten. Sogar die Leiterin des Stadtberner Sozialdienstes, Annemarie Lanker, ihres Zeichens langjähriges SP-Mitglied, vertritt die Meinung, dass der Datenschutz gelockert werden müsse. Sie tat dies bezeich- nenderweise am Tage vor ihrer Pensionierung um nicht mehr abgestraft zu werden.

Es ist also an der Zeit, dass von politischer Seite das Ganze endlich angepackt wird und verwaltungsintern effizient zusammengearbeitet wird.

Ich beauftrage daher den Regierungsrat, die notwendigen Gesetze derart anzupassen, dass

1. bei Missbrauchsverdacht zwischen Sozialdienst und Polizei ein gegenseitiger Daten- austausch erfolgt und rechtlich ermöglicht wird

2. im Falle von missbräuchlichem Bezug von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe griffigere und einschneidendere Sanktionen möglich sind

3. die Sozialbehörden ungeachtet eines so genannt „persönlichen Vertrauensverhältnis- ses „ zu ihren Bezügern zur Strafanzeige verpflichtet werden

Ein hartes Durchgreifen gegen Sozialmissbraucher ist unabhängig von deren Nationalität ein Muss. Es ist unbestritten, dass wer unverschuldet in Not gerät, Hilfe vom Staat bekom- men soll. Drogendealer, Leute die unsere Sozialwerke missbrauchen und Kriminelle zählen aber nicht dazu.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 10.09.2007

Antwort des Regierungsrates

Die beiden Motionen betreffen das gleiche Themenfeld, weshalb sie gemeinsam beant- wortet werden können.

1. Ausganglage

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Die Sozialhilfe geniesst seit einiger Zeit eine hohe Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.

Ausgelöst durch einzelne gravierende Fälle, in denen Bezügerinnen und Bezüger von So- zialhilfe Leistungen zu Unrecht bezogen haben, ist eine Diskussion entfacht worden, wie solche Fälle verhindert werden könnten. In diesem Zusammenhang wurden auch Vermu- tungen geäussert, die gesetzlichen Bestimmungen über den Datenschutz würden verhin- dern, dass missbräuchliches Verhalten von Sozialhilfe beziehenden Personen aufgedeckt und sanktioniert werden kann.

Die gesetzlichen Bestimmungen über den Datenschutz sind eingeführt worden, um die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger vor missbräuchlicher Datenbearbeitung durch Organe des Staates zu schützen. Diesen Schutz gewährleisten heute zahlreiche gesetzli- che Bestimmungen, sowohl auf Bundes- wie auch auf Kantonsebene. Eine Lockerung dieses Schutzes bedarf deshalb einer sorgfältigen Abklärung.

2. Motion Wisler Albrecht

Bereits am 11. September 2006 hat der Grosse Rat einen Vorstoss von Frau Grossrätin Wisler Albrecht (M 115/2006) als Postulat überwiesen. Verlangt wurden darin rechtliche Grundlagen, damit die Sozialdienste unbürokratisch auf die für die Sozialhilfe relevanten Personendaten der Verwaltung zugreifen können. In der Begründung des Vorstosses hatte die Motionärin darauf hingewiesen, dass Ausführungsbestimmungen für den Datenfluss von anderen Amtsstellen zu den Sozialdiensten und von den Sozialdiensten zu anderen Verwaltungsstellen notwendig seien. Der Regierungsrat hatte sich bereit erklärt, den Vor- stoss als Postulat zu übernehmen und, unter Beizug von Vertreterinnen und Vertretern der Praxis, die Frage der Notwendigkeit klärender Bestimmungen im Bereich Datenschutz zu prüfen.

Eine Umfrage bei den Sozialdiensten hat ergeben, dass zwar nicht alle, aber doch eine grössere Zahl von Sozialdiensten im Umgang mit dem Datenschutz Probleme haben.

Schwierigkeiten bereitet die Anwendung der verschiedenen nebeneinander geltenden Da- tenschutzbestimmungen. Vorgesehen ist deshalb einerseits eine Verbesserung der Infor- mation der betroffenen Amtsstellen, andererseits eine Klärung der Frage, ob gesetzliche Lücken bestehen und allenfalls wie diese geschlossen werden könnten.

3. Gesetzliche Grundlagen

Die Behörden von Kanton und Gemeinden des Kantons Bern müssen bei der Beschaffung und Weitergabe von Personendaten regelmässig verschiedene, nebeneinander geltende, gesetzliche Regelungen beachten.

− Nach Artikel 10 des kantonalen Datenschutzgesetzes vom 19. Februar 1986 (KDSG) werden Personendaten einer anderen Behörde bekannt gegeben, wenn (a) die verant- wortliche Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgabe gesetzlich dazu verpflichtet oder ermäch- tigt ist oder (b) die Behörde, die Personendaten verlangt, nachweist, dass sie zu deren Bearbeitung gesetzlich befugt ist und keine Geheimhaltungspflicht entgegensteht oder (c) trotz Unvereinbarkeit der Zwecke die betroffene Person ausdrücklich zugestimmt hat oder es in ihrem Interesse liegt.

− Das KDSG findet allerdings u.a. keine Anwendung auf hängige Verwaltungsverfahren (Art. 4 Abs. 2 Bst. c KDSG). Die Beschaffung von Daten durch die Sozialdienste findet in der Regel im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens betreffend die Gewährung von Sozialhilfe statt. Soweit es zur Abklärung der Anspruchsberechtigung der Gesuchsteller bzw. der Subsidiarität gegenüber anderen Leistungspflichtigen erforderlich ist, müssen Auskünfte bei Dritten eingeholt werden. Nach Artikel 50 Absatz 1 des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe vom 11. Juni 2001 (Sozialhilfegesetz, SHG) veranlasst der Sozialdienst die zur Abklärung des Gesuchs erforderlichen Vorkehren. Gestützt auf Ar- tikel 18 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) stellt er den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bestimmt Art und Umfang der Er- mittlungen. Als Beweismittel können im Verwaltungsverfahren u.a. Amtsberichte und Auskünfte Dritter herangezogen werden (Art. 19 Abs. 1 VRPG). In Verwaltungsverfah-

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ren haben die Sozialdienste somit eine gesetzliche Grundlage, um bei anderen Behör- den Daten zu verlangen. Im Rahmen der laufenden Revision des KDSG ist allerdings geplant, auch erstinstanzliche Verwaltungsverfahren neu der Geltung des KDSG zu un- terstellen. Da das VRPG – soweit hier von Bedeutung – jedoch unverändert bleibt, wird sich an den Möglichkeiten der Sozialdienste zur Beweiserhebung dadurch nichts än- dern.

− Zu beachten sind zudem die Vorschriften über das Amtsgeheimnis. Nach Artikel 58 Absatz 1 des Personalgesetzes vom 16. September 2004, das in Verbindung mit Artikel 32 des Gemeindegesetzes vom 16. März 1998 auch für das Personal der Gemeinden und damit für die Sozialdienste gilt, soweit die Gemeinden keine eigene Regelung er- lassen haben, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtet, über Angelegenhei- ten zu schweigen, die ihnen in ihrer dienstlichen Stellung zur Kenntnis gelangen und die ihrer Natur nach oder nach besonderer Vorschrift geheim zu halten sind. Welche Tatsachen dem Amtsgeheimnis unterstehen, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.

− Mit einzubeziehen sind sodann die verschiedenen spezialgesetzlichen Geheimhal- tungspflichten. Das SHG enthält in Artikel 8 eine Bestimmung zur Schweigepflicht. Da- nach haben Personen, die sich mit dem Vollzug des Gesetzes befassen, über Angele- genheiten, die ihnen dabei zur Kenntnis gelangen und die ihrer Natur nach oder ge- mäss besonderer Vorschrift geheim zu halten sind, zu schweigen (Absatz 1). Mitteilun- gen an Behörden oder an bestimmte Privatpersonen sind ihnen erlaubt, wenn die Be- troffenen hierzu ihre ausdrückliche Zustimmung erteilen oder wenn das Erfüllen der So- zialhilfeaufgaben es zwingend erfordert (Absatz 2). Besondere Mitteilungspflichten und Mitteilungsrechte gemäss besonderer Gesetzgebung bleiben vorbehalten (Absatz 3).

Zu beachten ist, dass Absatz 2 von Artikel 8 SHG nicht die Bekanntgabe generell, son- dern die Mitteilung an Behörden und an bestimmte Privatpersonen regelt. Unter Mittei- lung ist das ungefragte Aktivwerden einer Behörde zu verstehen (sog. Spontanaus- kunft). Im SHG nicht geregelt sind aber spezialgesetzlich vorgesehene Datenbekannt- gaben sowie Datenbekanntgaben auf Anfrage einer Behörde (Amtshilfe). Die Amtshilfe wird vorab durch Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b KDSG geregelt. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sind neben den in Artikel 8 Absatz 2 SHG geregelten Mitteilungen – im Rahmen der Voraussetzungen des KDSG – auch amtshilfeweise Antworten erlaubt.

Die Schweigepflicht der Sozialdienste kommt somit dann nicht zur Anwendung, wenn die Betroffenen ihre Einwilligung zur Datenweitergabe erteilen, wenn ein gesetzlich besonders geregeltes Mitteilungsrecht oder gar eine Mitteilungspflicht besteht, wenn das Erfüllen der Sozialhilfeaufgaben es zwingend erfordert oder wenn bei Anfragen einer andern Behörde die Voraussetzungen der Amtshilfe erfüllt sind.

Die in Artikel 8 SHG verankerte Schweigepflicht ist somit stark zu relativieren. Sie verhin- dert in der Regel nicht, dass die Sozialdienste die erforderlichen Auskünfte erteilen bzw.

einholen können. Ebenso wenig verhindert sie die Durchführung von Strafuntersuchungen durch die Strafverfolgungsbehörden im Fall des Verdachts auf strafbare Handlungen.

4. Grundsätzliche Stellungnahme zu den Vorstössen

Der Regierungsrat hat bereits zum Vorstoss Wisler Albrecht erklärt, dass er zu einer Über- prüfung der gesetzlichen Bestimmungen über den Datenschutz in der Sozialhilfe bereit ist.

Deshalb verschliesst er sich auch einer Überweisung der beiden vorliegenden Vorstösse nicht. Die Anliegen der Motionäre können jedoch nicht ohne eine gründliche Prüfung der geltenden Grundlagen und der Auswirkungen einer eventuellen Änderung auf andere Re- gelungsbereiche umgesetzt werden. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Durchfüh- rung einer Verwaltungsaufgabe gegen das Interesse der betroffenen Personen an der Ge- heimhaltung der sie betreffenden Daten abzuwägen.

Aus diesen Gründen beantragt der Regierungsrat, die beiden Vorstösse (mit Ausnahme von Ziffer 1 der Motion Fuchs, die als Motion angenommen werden kann) als Postulat zu überweisen.

5. Zu den Vorstössen im Einzelnen 5.1 Zur Motion Brand

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Ziffern (Lemmata) 1 und 2:

Wie oben bereits ausgeführt, gilt die Schweigepflicht der Sozialdienste bereits heute nicht absolut, sondern es muss im Einzelfall jeweils festgestellt werden, ob die Weitergabe von Personendaten unter Berücksichtigung aller relevanten gesetzlichen Bestimmungen zu- lässig ist. Da die gesetzliche Regelung bezüglich Datenschutz im Sozialhilfegesetz aber tatsächlich wenig transparent scheint, ist der Regierungsrat bereit zu prüfen, ob und wie die gesetzlichen Regelungen des Datenschutzes im Bereich Sozialhilfe angepasst werden sollen.

Ziffer (Lemma) 3:

Der Motionär fordert eine Intervention bei den Bundesbehörden, falls die eidgenössische Gesetzgebung eine Anpassung des kantonalen Rechts verunmöglichen sollte. Der Daten- schutz im Sozialversicherungsbereich ist zwar bundesrechtlich geregelt. Der Regierungs- rat ist aber bereit, auch diesen Bereich in die Überprüfung mit einzubeziehen und den Vor- stoss deshalb auch in diesem Punkt als Postulat anzunehmen.

5.2 Zur Motion Fuchs Ziffer 1:

Der Motionär beantragt gesetzliche Änderungen mit dem Ziel, bei Missbrauchsverdacht zwischen Sozialdienst und Polizei einen gegenseitigen Datenaustausch zu ermöglichen.

Wenn ein Strafverfahren formell eröffnet wird, können die Strafverfolgungsbehörden ge- mäss Artikel 102 Absatz 1 Ziffer 8 StrV schriftliche Auskünfte bei andern Behörden einho- len. Auch die Sozialdienste müssen somit den Strafverfolgungsbehörden die erforderlichen Auskünfte erteilen. Artikel 50 Absatz 4 des Polizeigesetzes vom 8. Juni 1997 (PolG) er- mächtigt alle Behörden, also auch die Sozialhilfebehörden, der Polizei im Hinblick auf die Erfüllung polizeilicher Aufgaben Personendaten zu melden. Vorbehalten bleiben die be- sonderen Geheimhaltungspflichten. Solche bestehen heute aber für Sozialhilfebehörden nicht mehr. Mit dem SHG wurde die im früheren Fürsorgegesetz bestehende besondere Geheimhaltungspflicht aufgehoben.

Die heutige gesetzliche Grundlage im Strafprozessbereich wird jedoch in absehbarer Zeit abgelöst werden. Die eidgenössischen Räte haben am 5. Oktober 2007 die neue Schwei- zerische Strafprozessordnung verabschiedet. Dieses Bundesgesetz, das auf den 1. Janu- ar 2010 in Kraft gesetzt werden dürfte, enthält ebenfalls Bestimmungen über die Geheim- haltung, über die Mitteilung an andere Behörden und über die Datenbearbeitung. So sieht Artikel 75 Absatz 2 vor, dass die Strafbehörden die Sozial- und Vormundschaftsbehörde über eingeleitete Strafverfahren sowie über Strafentscheide informieren, wenn dies zum Schutz einer beschuldigten oder geschädigten Person oder ihrer Angehörigen erforderlich ist. Zudem können Bund und Kantone gemäss Absatz 4 die Strafbehörden zu weitern Mit- teilungen an Behörden verpflichten oder berechtigen. Im Rahmen der Justizreform 2 wird gegenwärtig ein kantonales Einführungsgesetz zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, zur Schweizerischen Strafprozessordnung und zur Schweizerischen Jugendstrafprozess- ordnung (EG ZSJ) vorbereitet. Im Entwurf ist vorgesehen, die Strafbehörden zu ermächti- gen, andere Behörden über ein Strafverfahren zu informieren, soweit diese zur Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe auf die Information angewiesen sind und das Interesse an der Information gegenüber den Persönlichkeitsrechten der Parteien überwiegt.

Die strafrechtliche Verfolgung von Missbräuchen soll durch die datenschutzrechtliche Be- stimmungen nicht verhindert werden. Der Regierungsrat ist bereit, den ersten Punkt des Vorstosses als Postulat anzunehmen

Ziffer 2:

Der Motionär möchte im Falle von missbräuchlichem Bezug von Leistungen der Sozialhilfe oder der Sozialversicherungen griffigere und einschneidendere Sanktionen ermöglichen.

Die bestehenden gesetzlichen Grundlagen bieten eine ausreichende Handhabe, um den rechtswidrigen Bezug von Leistungen der Sozialhilfe konsequent zu sanktionieren und auch strafrechtlich zu verfolgen. Die wirtschaftliche Hilfe wird bei Pflichtverletzungen oder bei selbstverschuldeter Bedürftigkeit gekürzt (Art. 36 Abs. 1 SHG). Wenn das Subsidiari-

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tätsprinzip verletzt wird, kann die Sozialhilfe auch eingestellt werden. Darüber hinaus be- steht für unrechtmässig bezogene Leistungen und bei in grober Weise selbst verschulde- ter Bedürftigkeit eine Pflicht zur Rückerstattung (Art. 40, Abs. 4 und 5 SHG). Diese Rück- erstattungspflichten gehen weiter als die allgemeine Rückerstattungspflicht bei wesentli- cher Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gemäss Artikel 40 Absatz 1 SHG. Wer Leis- tungen durch unrichtige oder unvollständige Angaben oder durch Verschweigung von Tat- sachen erwirkt, wird mit Busse bestraft (Art. 85 SHG). Sofern die Tat arglistig begangen wird und die Voraussetzungen des Tatbestands des Betrugs gegeben sind, kann die Handlung mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Der Regierungsrat hält zwar die bestehenden Möglichkeiten, Sanktionen zu ergreifen, grundsätzlich für ausreichend. Ungenügend sind aber teilweise die Ressourcen, um die Kontrollen wirksam durchzuführen. Deshalb ist der Fallbelastung der einzelnen Sozialar- beitenden Beachtung zu schenken. Zudem wird im Rahmen von Pilotversuchen geprüft, wie die Kontrolltätigkeit u.a. durch die Möglichkeit des Einsatzes von Sozialinspektoren verbessert werden kann.

Im vorliegenden Motionstext werden neben Sanktionen im Bereich der Sozialhilfe auch Sanktionen im Bereich der Sozialversicherungen angesprochen. Die Sozialversicherungen sind jedoch bundesrechtlich geregelt. Der Kanton ist nicht zuständig, im Bereich der ver- schiedenen Sozialversicherungszweige gesetzgeberisch tätig zu werden.

Der Regierungsrat ist aus diesen Gründen bereit, das Anliegen des Motionärs im erwähn- ten Rahmen zu prüfen. Er beantragt, Ziffer 2 der Motion als Postulat anzunehmen.

Ziffer 3:

Der Motionär fordert, dass die Sozialbehörden zur Strafanzeige verpflichtet werden, unge- achtet eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zu ihren Klientinnen und Klienten.

Er nimmt damit auf Artikel 8 Absatz 4 SHG Bezug, der die mit dem Vollzug des SHG be- fassten Personen von der Mitteilungspflicht an die Untersuchungsbehörde gemäss Artikel 201 StrV ausnimmt. Diese Mitteilungspflicht betrifft die Behörden und die Beamtenschaft des Kantons und der Gemeinden, wenn ihnen in ihrer amtlichen Stellung konkrete Ver- dachtsgründe für ein von Amtes wegen zu verfolgendes Verbrechen bekannt werden. Die Befreiung von der Mitteilungspflicht soll es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozial- dienste ermöglichen, auf eine Anzeige zu verzichten, wenn dadurch das Ziel der Sozialhil- fe, insbesondere die Integration der betroffenen Personen, ansonsten in Frage gestellt würde. Die Befreiung von der Anzeigepflicht ist jedoch nicht in erster Linie auf Fälle des Sozialhilfemissbrauchs, sondern auf andere von Amtes wegen zu verfolgende Verbrechen ausgerichtet. Auch weitere unterstützende Dienste, wie Vormundschaftsbehörden, Schu- len, Erziehungsberatungsstellen und in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis ste- hende Gesundheitsfachpersonen sind von der Anzeigepflicht befreit. Die Befreiung wurde hier deshalb vorgesehen, weil es sich in der Praxis gezeigt hat, dass eine Anzeigepflicht dazu führen kann, dass den Opfern und ihrem Umfeld der Zugang zu einer sie unterstüt- zenden Stelle genommen wird. Zu denken ist etwa an die Misshandlung von Kindern.

Die Sozialdienste haben aber bereits heute die Möglichkeit, Strafanzeige einzureichen und sie machen davon auch regelmässig Gebrauch, wenn nicht besondere Gründe dagegen sprechen.

Der Regierungsrat ist bereit, die Einführung einer auf Fälle des Sozialhilfemissbrauchs beschränkten Anzeigepflicht zu prüfen.

Anträge:

Motion Brand: Annahme als Postulat

Motion Fuchs: Ziffer 1 Annahme als Postulat Ziffer 2: Annahme als Postulat Ziffer 3: Annahme als Postulat An den Grossen Rat

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