Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 14|
8. April 2011 A 769 tersloh. Spätestens seit den umfang-reichen Recherchen der Kollegin Angela Grütter 1994/1995 war in- des das wiederholte, öffentliche Eintreten des überzeugten Rassen- hygienikers Simon für die „Aus- merze der Minderwertigen“ auch der DGPN bekannt. Bedauerlicher- weise gibt es weiterhin nicht nur die
„Hermann-Simon-Straße“ in Gü- tersloh, sondern auch das nach ihm benannte Rehabilitationsinstitut (!) der Warsteiner Psychiatrie.
Prof. Dr. Dr. Theo R. Payk, 53177 Bonn
Parallelen bei der PID
. . . Die Greuel der nationalsozialis- tischen Verbrechen sollen nicht durch einen Vergleich relativiert werden beziehungsweise die die PID befürwortenden Reprodukti- onsmediziner auch keinesfalls mit den Tätern oder vielen Mitläufern der damaligen Zeit in einen Tropf geworfen werden oder pauschal sol- cher Verbrechen verdächtigt wer- den.
Dennoch lohnt ein Vergleich, um Parallelen und frühe Fehlentwick- lungen zu erkennen beziehungswei-
se kritisch zu hinterfragen. Es geht bei der PID nun einmal um die Aus- merzung von kranken und behin- derten Kindern, mag man diese
„Diagnostik“, deren „Therapie“ in der Abtötung besagter Embryonen besteht, noch so schönreden . . . Man mag die Ängste der Eltern vor kranken oder behinderten Kindern und die Vermeidung von Leid von erkrankten Kindern vorschieben, die sicherlich bedacht werden kön- nen (auch wenn betroffene Kinder ihr „Leid“ oft ganz anders beurtei- len als ihre Eltern). Aber die Folge der PID ist dennoch eine Früheu - thanasie und Ausmerzung der Er- krankten und Behinderten. Man kann den Beginn der Entstehung menschlichen Lebens einfach auf einen späteren Entwicklungszeit- punkt nach der Befruchtung datie- ren – aber auf welchen eigentlich?
Auf die zwölfte SSW? Auf die Ge- burt? Auf das Erreichen staatsbür- gerlicher oder personaler Eigen- schaften, wie Singer postuliert, Ei- genschaften, die aber Kranke, Be- hinderte und alte Menschen auch nach der Geburt oft nicht (mehr) er- füllen können? Warum soll ein
Kind mit einer genetischen Erkran- kung wie Mukoviszidose etc. heute gar nicht mehr geboren werden dür- fen, obwohl sich die Prognosen sol- cher und weiterer Erkrankungen so verbessert haben? . . .
Eines muss bei Zulassung der PID klar sein: Der Schutz menschlichen Lebens, welches nicht die zurzeit aktuellen Kriterien von „gesund“
und „erwünscht“ erfüllt, wird dann noch einmal löchriger und eine Ab- wärtsspirale fortgesetzt, deren trau- rige Auswirkungen aus dem Aus- land bekannt sind (wo durch die PID Menschen ausselektioniert werden, die womöglich Brustkrebs irgendwann bekommen könnten, das falsche Geschlecht aufweisen oder aber nicht die gewünschten Er- satzteile für ein bereits geborenes Kind aufweisen . . .)
Ihr Artikel ändert mit dem nachden- kenswerten Satz „Ein Gemeinwe- sen ist dann am stärksten, wenn es vom Schwächsten her denkt“. Mö- ge dies auch für Kinder in ihrem frühesten Entwicklungsstadium vor ihrer Geburt gelten, die in der Tat Schwächsten und Wehrlosesten . . .
Dr. med. Michael Kiworr, 68199 Mannheim
OPHTH ALMO C HIRURGIE
Eine Reihe von Au- genmuskeleingriffen – wie die Strabis- muschirurgie – kann minimalinvasiv durchgeführt wer- den (DÄ 4/2011:
„Die Miniaturisierung schreitet voran“
von Ronald D. Gerste).
Ein Meilenstein
Die „minimally invasive strabismus surgery“ (MISS), auch als Knopf- lochchirurgie bezeichnet, beschreibt Kollege Gerste anschaulich. Er möchte wohl den erfahrenen Au- genmuskelchirurgen ermuntern, auf diese Technik umzusteigen.
Einige Aussagen in dem Bericht möchte ich etwas anders beleuchten.
Es ist nicht so, dass beim heutigen Stand der alten Technik die Binde- hauthämatome fast ein Kennzei- chen der Schieloperationen sind.
Bei MISS auftretende Blutungen sind nicht seltener und auch nicht häufiger als bei den traditionellen Verfahren, sofern ein geübter Ope- rateur schonend am Werke ist. Die Muskelklemme müsste zumindest bei den Eingriffen an den recti doch schon lange unbenutzt geblieben sein. Die Webnahttechnik dazu (nach de Decker) ist fast 30 Jahre bekannt.
Zur Operation nach MISS sind Pa- tienten jeder Altersgruppe uneinge- schränkt geeignet. Also vom ersten Lebensjahr bis ins hohe Alter. Ich selbst habe den Eindruck, dass sich Patienten jenseits des 40. Lebens- jahres besonders gut mit der Schlüssellochtechnik operieren las- sen. Zu viel Tenongewebe bei klei- nen Kindern ist kein Hindernis. Es dauert halt einige Minuten länger, freie Sicht durch die Schlüssellö- cher zu bekommen und dabei die kleinen Gefäße zu schonen. Binde- hautrisse treten auch bei noch so al-
ten Patienten nur bei falscher (zu grober) Technik auf.
Entgegen der Aussage vom Kolle- gen Gerste besteht keine Kontrain- dikation für die MISS bei früheren Schieloperationen. Auch Mojon sieht gerade hier zwingende Grün- de, die MISS-Technik bei Revisio- nen zu wählen.
Ob nun üblicher, aber zeitgemäßer Türflügelschnitt oder die neue MISS-Technik, Augenmuskelopera- tionen waren und sind eigentlich immer ambulant durchzuführende Tätigkeiten.
MISS kann am Operationsmikroskop oder mit einer sehr guten individuell angepassten Lupenbrille durchge- führt werden, vorausgesetzt, die Nahsehschärfe des Operateurs liegt bei mindestens 1,20. Die Vergröße- rung sollte dann etwa vierfach sein.
Wäre die generelle Anwendung von MISS ein Meilenstein in der Au- genmuskelchirurgie? Ja!
Dr. med. Uwe Wulff, 12353 Berlin
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E g – m m d d Die Miniaturisierun