Foto: Scheerbarth, Lübeck
PASSION
Zu dem Artikel von Dr. med.
Christian Floto „Aufbruch zu Neuem: Passion und Tanz"
(Heft 8/1985, Seite 511 ff.) und dem Leserbrief „Blasphe- mie", von Frau Dr. med. I.
Schütz, Heft 15/1985, Seite 1050:
„Zur Ehre Gottes"
Die dümmste Äußerung, die Günter Jena unterge- kommen ist, war die, daß ihm jemand die Noten hin- gehalten und gesagt hat:
„Hier steht aber von Bach nicht, daß das ein Ballett
war." Günter Jena hätte gern die Bibel dazugehal- ten . . . : „Hier ist das Mat- thäus-Evangelium, da steht nicht, daß das ein Musik- drama ist."
Daß die Bibel nicht „kom- poniert" sondern „ge- schrieben" worden ist, d. h. keine Noten-, sondern eine Schriftensammlung ist, weiß jeder Halb- und Viertelgebildete. Im Mat- thäus-Evangelium steht geschrieben: „Jesus sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen in der Schrift:
,Der Stein, den die Bauleu- te verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden.
Von dem ,Herrn' ist das ge- schehen ... Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen er aber fällt, den wird er zer- malmen." „In der Schrift",
d. h. im Alten Testament — hier Jes. 28,16: „Darum spricht Gott der Herr: Sie- he, ich lege in Zion einen Grundstein... einen kost- baren Eckstein ... ". Pe- trus, der Apostel der Ju- den, hat in seinem Brief an die „bekehrten Heiden" in Rom (!) geschrieben (1.
Petr. 2,6): „Darum steht in der Schrift: Siehe da, ich lege einen auserwählten Eckstein in Zion "
Und Paulus, der Apostel der Heiden, hat geschrie- ben: „... erbaut auf den Grund(stein) der Apostel und Propheten, da Jesus
Die Matthäus- Passion als Ballett Christus der Eckstein ist."
Paulus nennt den Heiden, die ja „die Schrift" nicht kennen, den Namen Jesus Christus! Beide Apostel — Petrus und Paulus — haben auf „die Schrift" hingewie- sen.
Symbole sind keine „Zei- chen" — sondern „Sinnbil- der". Das Kreuz als Symbol des christlichen Glaubens, wie es die Kirche (Roms!) segnet und konsekriert, gehört in die frühchrist- liche Zeit — ins 1. Jahrhun- dert n. Chr. Das „Zeichen"
der Erlösung ist der „ge- kreuzigte Jesus von Naza- reth" — für alle Zeiten!
und alles durch ihn versöhnet würde zu ihm selbst, es sei auf Erden oder im Himmel. Damit, daß er Friede macht durch das Blut an seinem Kreuz
durch sich selbst" (Kol.
1,20).
Bach hat seine Werke aus- schließlich „zur Ehre Got- tes" komponiert; Soli Deo Gloria — Gott allein die Eh- re! Von einer „Verherrli- chung Jesu Christi" steht nichts im Neuen Testa- ment — jedenfalls nicht in der Übersetzung Dr. Martin
Luthers ...
Dr. med. Gisela Winkler Richard-Dehmel-Straße 5 2000 Hamburg 55
Greuel
In Heft 8 ... steht neben manchem, das man gerne liest, auch anderes, das ei- nen Christen und Arzt em- pören muß. Ich wünsche mir zumindest beides zu sein — bei klarem Wissen um meine Unvollkommen- heit. Übel geworden ist es mir in besonderer Weise bei dem, was ... fast vier Seiten lang mit sechs Pho- tographien bedacht wurde
. Matthäus-Passion als Ballett: ... ". Darüber kann man kurz sagen, daß solcher Greuel weder ge- tan noch geduldet werden darf.
Das Foto und die zugehöri- ge Erklärung auf Seite 455 läßt den dringenden Ver- dacht aufkommen, daß wir erst mit Fragestellung und Konjunktiv und dann spä- ter mit Behauptungen An- griffe auf christliche und ärztliche Ethik über uns er- gehen lassen sollen.
Gerne möchte ich mich in meinen Befürchtungen ge- täuscht haben und in Zu- kunft mit Interesse, viel- leicht sogar wieder mit Freude, „Ärztliche Mittei- lungen" lesen, die als Un- tertitel gleich unter dem Namen DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT angekündigt werden.
Dr. H. E. Berger Hauptstraße 15 2223 Wolmersdorf
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BRIEFE AN DIE REDAKTION
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 27 vom 3. Juli 1985 (11) 1995