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Archiv "Neue Bundesländer: Gewisse Umstände" (06.04.2001)

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egionale Morbiditäts- und Mor- talitätsunterschiede bestimmter Krankheiten, so die im Vergleich höhere Herz-Kreislauf-Sterberate in den neuen Bundesländern, dienen der Begründung für damit in Zusammen- hang gebrachte hohe Arzneikosten und für Defizite in Diagnostik und Thera- pie. Bevor man aber mithilfe von Sterbe- raten die unterschiedlichen Ausgaben für Arzneimittel wie auch die unter- schiedliche Operationsrate bei isch- ämischen Herzkrankheiten zu erklären versucht, gilt es, die Aussagefähigkeit solcher Ziffern näher zu betrachten.

Was die amtliche Todesursachensta- tistik anbetrifft, ist zunächst festzustel- len, dass die Herz-Kreislauf-Sterblich- keit im Vergleich zu den alten Bundes- ländern in den neuen Bundesländern deutlich höher ist, obgleich diese seit 1993 von Jahr zu Jahr wieder sinkt. An- schaulich geht aus dem Vergleich der Ziffern Mecklenburg-Vorpommerns 1997 mit denen Deutschlands die höhe- re Sterberate an Herz-Kreislauf-Krank- heiten hervor, die jedoch der höheren Mortalität akuter ischämischer Ereig- nisse geschuldet ist (4, 5, Tabelle 1).

War im Monika-Herzinfarktregister kein signifikanter Unterschied bei der Neuerkrankungshäufigkeit an Herzin- farkt in den beteiligten Zentren der ehe-

maligen DDR im Vergleich zu den alten Bundesländern in der Altersgruppe der 35- bis 65-Jährigen zu erkennen, so ist die Annahme erlaubt, dass auch zum gegen- wärtigen Zeitpunkt die Inzidenz ischämi-

scher Ereignisse in dieser und den fol- genden Altersgruppen nicht höher sein kann als in den alten Bundesländern, ob- gleich noch eine höhere Prävalenz der Risikofaktoren arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus in den neuen Bun- desländern vorkommen soll (2, 3).

Die Ursache für die noch bestehende unterschiedliche Mortalität akuter ischämischer Ereignisse kann zum ei- nen in der therapeutischen Behandlung gesucht werden. Hier ist die vorsta- tionäre Diagnose und Therapie isch- ämischer Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie auch das Zeitfenster zwischen Auf- treten der ersten Infarktsymptome und Beginn der adäquaten Therapie ins Licht zu rücken, lässt doch der jüngste Vergleich der Therapie des akuten Myokardinfarkts keinen signifikanten Unterschied der intrahospitalen Morta- lität in den Krankenhäusern der alten Bundesländer und der neuen Bundes- länder erkennen, obgleich eine primär-

rekanalisierende Therapie in den neuen Bundesländern weniger häufig als in den alten Bundesländern durchgeführt wird (1, 2).

Zum anderen ist, vom administrati- ven Standpunkt her betrachtet, aller- dings auch nicht zu übersehen, dass Un- terschiede beim Ausfüllen und Kodie- ren der Totenscheine bestehen. Die To- desursachenziffer unklarer Diagnosen werden in Mecklenburg-Vorpommern bei Männern und Frauen wesentlich seltener auf dem Leichenschauschein vermerkt als im Vergleich zu denjeni- gen Deutschlands (4, 5, Tabelle 2). Be- kanntlich ist in den Todesursachenzif- fern „ungenau bezeichnete und unbe- kannte Ursachen“ (ICD-9: 797–799) ein hoher Anteil Gestorbener an Herz- Kreislauf-Erkrankungen verborgen.

P O L I T I K

A

A876 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 14½½½½6. April 2001

Neue Bundesländer

Gewisse Umstände

Der Kommentar geht Morbiditäts- und Mortalitäts- unterschieden zwischen alten und neuen Bundesländern anhand der amtlichen Statistik nach.

´ Tabelle 11C´

Herz-Kreislauf-Krankheiten

Sterbeziffern 1997 je 10 000 der Altersklassen der Diagnosegruppe „Krankheiten des Kreislauf- systems“ (ICD-9: 390–459), „ischämische Herzkrankheiten“ (ICD-9: 410–414) und aller übrigen Krankheiten des Kreislaufsystems (ICD-9: 390–405, 415–459) in Deutschland und Mecklen- burg-Vorpommern (4, 5)

Männer Frauen

390–459 410–414 390–405, 390–459 410–414 390–405

415–459 415–459

Deutschland

45–65 29,5 16,6 12,9 10,2 4,3 5,9

65–75 138,8 76,4 62,4 71,9 32,7 39,2

über 75 517,0 255,3 315,7 511,8 191,2 320,6

Mecklenburg-Vorpommern

45–65 34,6 21,1 13,5 12,1 5,7 6,4

65–75 143,9 83,7 60,2 80,3 42,7 37,6

über 75 665,9 367,0 298,0 570,8 278,2 292,6

´ Tabelle 21C´

Ungenaue/unbekannte Ursachen

Sterbeziffern je 10 000 der Altersklassen der Diagnosegruppe „Ungenau bezeichnete und unbe- kannte Ursachen“ (ICD-9: 797–799) in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern 1997 (4, 5)

Männer Frauen

55–65 65–75 über 75 55–65 65–75 über 75

Deutschland

3,9 5,6 19,3 1,3 2,9 21,8

Mecklenburg-Vorpommern

1,5 0,5 1,7 0,5 1,2 0,9

(2)

Wiederum ist auch nicht auszu- schließen, dass in einer größeren Zahl unklarer Todesfälle die Diagnose

„Herz-Kreislauf-Erkrankung“ in die Todesursachenstatistik eingeht (6).

Schlussfolgernd kann angenommen werden, dass der in der Todesursachen- statistik sichtbare Unterschied der Herz-Kreislauf-Mortalität zwischen den alten und den neuen Bundesländern in dem Maße nicht mehr besteht.

Zweifelsfrei sind noch Unterschiede hinsichtlich der Mortalität akuter isch- ämischer Ereignisse festzustellen. In den neuen Bundesländern, so auch in Mecklenburg-Vorpommern, ist diese derzeit noch höher als in den alten. Hier jedoch ist die Herz-Kreislauf-Sterbera- te mutmaßlich höher als in der Todesur- sachenstatistik ausgewiesen.

Unter Berücksichtigung der dargeleg- ten möglichen Ursachen unterschiedli- cher Todesursachenziffern in den neuen im Vergleich zu den alten Bundeslän- dern bedarf die hergestellte Beziehung zwischen Arzneimittelausgaben, sowie zwischen Defiziten in Diagnostik und Therapie und der Herz-Kreislauf-Ster- berate allerdings einer kritischen Be- trachtung. Folgerungen ergeben sich un- ter anderem hinsichtlich der weiteren vorstationären therapeutischen Strate- gie ischämischer Herz-Kreislauf-Erkran- kungen. Ebenso sollte die Genauigkeit der Todesursachendiagnose verbessert werden, damit amtliche Todesursachen- ziffern vergleichbar sind.

Literatur

1. Barth W et al.: Coronary heart disease mortality, morbidity and case fatality in five east and west german cities (1985–1989). J Clin Epidemiol 1996; 49:

1277–1284.

2. Fischer F et al.: Vergleich des akuten Myokardinfark- tes 1996–1998 zwischen den alten und neuen Bun- desländern. DMW 2000; 125: 1181–1185.

3. Gesundheitszustand und ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung im Ost-West-Vergleich.

Studie des Zentralinstituts für kassenärztliche Versor- gung in der Bundesrepublik Deutschland. Köln 2000.

4. Statistisches Bundesamt 1997, Gesundheitswesen, Fachserie 12, Reihe 4, Todesursachen in Deutschland.

5. Statistische Berichte Mecklenburg-Vorpommern 1997, Statistisches Landesamt Schwerin.

6. Mangelhafte Statistik über Todesursachen. Dt Ärztebl 1995; 92: A-188 [Heft 4].

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Alfred Schubert

Facharzt für Hygiene und Epidemiologie Mecklenburger Allee 22

17235 Neustrelitz

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 14½½½½6. April 2001 AA877

Gesundheit von Frauen (I)

Der „kleine“

Unterschied...

Erstmals widmete sich ein internationaler Spitzen- kongress dem Thema

„Women’s Mental Health“.

2 000 Experten diskutierten vom 27. bis 31. März in Berlin.

G

erade bei psychischen Erkran- kungen, die bisher als „ge- schlechtsneutral“ galten, beste- hen erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Frauen leiden etwa doppelt so häufig an psychosomati- schen Erkrankungen und affektiven Störungen als Männer; dreimal mehr an Depressionen. 95 Prozent aller Patien- ten mit Essstörungen und 70 Prozent aller Medikamentenabhängigen sind weiblich. Dennoch wird der Krank- heitswert von Stimmungsstörungen bei Frauen oft nicht anerkannt. Psychische und psychiatrische Erkrankungen wer- den seltener fachärztlich behandelt.

Und selbst dann bestehen bei Diagno- stik und Therapie noch Defizite.

Erstmals widmete sich jetzt ein Welt- kongress (First World Congress on Women’s Mental Health) frauenspezifi- schen Aspekten in der Psychiatrie und Psychologie. Mehr als tausend Kliniker und Forscher aus 55 Ländern beschäf- tigten sich Ende März in Berlin mit der Psyche der Frau und ihren Besonderhei- ten. Zahlreiche Studien der letzten Jah- re untersuchen biologische Unterschie- de beziehungsweise hormonelle Wir- kungen und Interaktionen. Noch weit- gehend unerforscht sind die Einflüsse sozialer Faktoren. „Doppelbelastung, mangelndes Selbstwertgefühl und auch Gewalterfahrungen von Frauen müssen stärker in den Blick genommen und bei Diagnose und Therapiekonzepten be- rücksichtigt werden“, sagte Bundesge- sundheitsministerin Ulla Schmidt zur Eröffnung des Kongresses.

Sie will auf der Leitungsebene des Bundesgesundheitsministeriums ein Referat für frauenspezifische Gesund- heitspolitik einrichten. „Wir können mit der frauenspezifischen Versor- gungsqualität noch nicht zufrieden sein“, betonte die Ministerin. Um diese zu verbessern, setze sie auf eine intensi- vere Zusammenarbeit aller Beteiligten im Gesundheitswesen und die Vernet- zung von ambulanten und stationären Leistungsträgern. Ferner sollen in der Aus- und Fortbildung von Ärzten sowie in der Forschung zukünftig geschlechts- spezifische Aspekte stärker berücksich- tigt werden.

Neben psychosozialen Faktoren und einem höheren „seelischen Druck“, beispielsweise durch die Doppelbela- stung durch Beruf und Familie, gelten Hormonschwankungen als Hauptursa- che für das höhere Erkrankungsrisiko von Frauen. Eine wesentliche Rolle scheint dabei das Östrogen zu spielen.

Dieses besitzt eine antidepressive Wir- kung, da es den Abbau von Serotonin hemmt. Fällt der Östrogenspiegel ab, treten gehäuft psychische Störungen auf, beispielsweise in der prämenstruel- len Phase, im Wochenbett oder im Kli- makterium. Während einer Schwanger- schaft, wenn der Östrogenspiegel steigt, ist das Erkrankungsrisiko dagegen wie- derum geringer.

Schutz durch Östrogene

Die protektive Wirkung des Östrogens zeigt sich auch bei schizophrenen Erkrankungen: „Frauen erkranken im Mittel drei bis fünf Jahre später an Schi- zophrenie als Männer“, berichtete Prof.

Dr. Anita Riecher-Rössler von der Psychiatrischen Universitätsklinik Ba- sel (Schweiz) und Präsidentin der Deutschsprachigen Gesellschaft für die psychische Gesundheit von Frauen. Zu- dem verliefe die Schizophrenie bei jün- geren Frauen günstiger als bei älteren, was ebenfalls auf den höheren Östro- genspiegel zurückgeführt wird. Dies eröffne neue therapeutische Möglich- keiten. Interventionsstudien hätten er- geben, dass eine Östrogensubstitution bei postmenopausalen schizophrenen Frauen sinnvoll ist, erklärte Riecher- Rössler. Ferner scheint der Einsatz von

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