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Archiv "„Gesundheitsreform“: Zimmermann" (30.10.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

B

undesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) hat bereits eine dritte Reform- stufe zur Strukturreform im Ge- sundheitswesen spätestens für 1995 angekündigt, dabei ist das von ihm angestoßene und von der SPD in entscheidenden Pas- sagen geprägte „Gesundheits- Strukturgesetz 1993" noch nicht in trockenen Tüchern. Was den forschen CSU-Gesundheitspoli- tiker als Dauerreformator gerie- ren läßt, darüber kann nur spe- kuliert werden.

Entweder ist der Bundesmi- nister der Überzeugung, die an- gestrebte Kostendämpfung und mittelfristige Beitragsstabilität seien auch durch noch so drako- nische und interventionistisch wirkende gesetzliche Maßnah- men — wie Umverteilung, Budge- tierung, Deckelung, Vorgabe von Richtgrößen bei der Arznei- mittelverordnung, Preisstopps und Preissenkungen — kaum oder nur für immer kürzere Zeiträume zu erreichen.

Oder aber, der Minister will sich als reformatorischer Dauer- streckenläufer bewähren, der Spaß am Umgestalten und am Strukturvernichten hat. Wieder- holt hat Seehofer denn auch ver-

„Gesundheitsreform"

Zimmermann

kündet, die „Krankenversiche- rung 2000" müsse neu „gezim- mert" werden. Andererseits hat Seehofer den Ehrgeiz, zu einer dritten Reformstufe „durchzu- starten", zumal bereits 1988 und zu Beginn dieser Legislaturperi- ode verkündet wurde, die Blüm- Reform müsse durch eine Re- form der Organisations- und Kassenstrukturen ergänzt wer- den, um vor allem die Wettbe- werbs- und Chancengleichheit der Krankenkassen und der Ver- sicherten auf der Beitragsseite und beim Kassenwahlrecht zu erreichen. Zumindest will „Zim- mermann" Seehofer die dritte Reformstufe noch in diesem Jahrzehnt auf den Weg bringen und zu Beginn des Jahres 2000 Gesetzesrealität werden lassen.

Kürzlich erklärte Seehofer in Bonn: Der Sachverständigen- rat für die Konzertierte Aktion soll 1994 ein Gutachten vorle- gen, in welchem der Leistungs- katalog der gesetzlichen Kran-

kenversicherung auf obsolet ge- wordene, unwirtschaftliche und in die Eigeninitiative zurückver- lagerbare Leistungen durchge- mustert und Ausgrenzungvor- schläge entwickelt werden sol- len. Es genüge nicht, daß jetzt die eine und morgen die andere Bagatelle ausgegrenzt wird. See- hofer verlangt dagegen eine

„Rundumerneuerung" der Kran- kenversicherung.

Welche versicherungsfrem- den und daher ausgrenzbaren Leistungen die GKV zur Zeit belasten, hat der Hartmannbund jetzt in Baden-Baden genannt:

versicherungsfremde Leistun- gen, wie Sterbegeld, Schwanger- schaftsabbrüche, Sterilisationen, Mutterschaftsleistungen (4,9 Milliarden DM); Kuren (2,9 Milliarden DM); Folgekosten der familienbezogenen Leistun- gen in der GKV (1,2 Milliarden DM) und Mehrwertsteuer auf Arzneimitteln (1,6 Milliarden DM p.a.). Zudem brächten die Förderung und Erweiterung des Kostenerstattungssystems (statt der herkömmlichen Sachlei- stung) und eine Neubestimmung des Kreises der Versicherten ge- wiß ebenfalls milliardenträchti- ge Entlastungseffekte. HC

enn ich morgen krank werde, bekomme ich nicht mehr das, was ich von der Medizin erwarte, weil die Kassen das nicht mehr be- zahlen können und Minister Seehofer das auch nicht mehr mitmachen will, und weil die Pharmaindustrie langsam sauer wird — die Ärzte sind es schon.

— Sauer macht krank, wie jeder Arzt weiß, wissen sollte.

Was, wenn nun alle sauer werden oder schon einige krank geworden sind? Da kann der Pa- tient doch nicht hintenanstehen.

Ich jedenfalls halte mich gar nicht erst mit dem Sauerwerden auf, sondern werde lieber gleich krank vor lauter Angst, daß ich morgen erkranken und es nicht mehr gewährleistet sein könnte, daß ich gesund gemacht werde, weil alles zu teuer geworden ist.

Kranksein

Machen

Mythen malade?

Angst macht nämlich auch krank.

Ich erinnere mich dunkel an meine Kindheit und verspüre Lust auf eine Machtprobe: Das wollen wir doch einmal sehen, ob ich nicht all das bekomme, was heute in der Medizin mach- bar ist. Ich werde nur das Beste verlangen, schließlich zahle ich nun schon zig Jahre meinen Bei- trag und habe ein Recht auf all das, und überhaupt! Wenn ich nicht gesund gemacht werden kann, sind die das schuld, die

Politiker, Minister Seehofer, die Pharmaindustrie, die Apotheker

— auch die Ärzte — Halt! Mit denen will ich mich nicht anle- gen. Manchen von denen geht es zwar verdammt gut, aber mein Arzt ist da die Ausnahme, der macht so etwas nicht, ist immer nett zu mir, und überhaupt. — Was habe ich eigentlich? Bin ich krank oder nicht, oder bilde ich mir eins von beiden ein? Wenn ich mir das ganze Theater näher betrachte, könnte ich auf den Gedanken kommen, daß ich ein Mensch mit einem göttlichen Potential für Gesundheit bin.

Da lasse ich mir nicht reinpfu- schen. Ich tanze einfach ver- gnügt aus der Reihe. Gesund- heit fängt im Kopf an, sagt mein Vater (86 Jahre). Mythen träu- feln unbemerkt in tiefere Schich- ten, unkontrolliert! Helga Schell

Dt. Ärztebl. 89, Heft 44, 30. Oktober 1992 (1) A1-2,6:.3

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