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2 Wichtige Merkmale 1 Einleitung V U N

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Academic year: 2022

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V

IRTUELLE

U

NTERNEHMEN NUTZEN WELTWEITE

N

ETZE1

Peter Mertens und Wolfgang Faisst2

1 Einleitung

Ein VU basiert auf einem Netzwerk von Betrieben, die sich rasch zusammen- schließen (dynamische Konfiguration und Umkonfiguration), um eine sich bietende Wettbewerbschance zu nutzen. Danach löst sich der Verbund wieder auf und macht Platz für neue Allianzen. Ein Unternehmen allein kann das notwendige Know-how durch Übernahmen oder Fusionen wegen deren Kosten sowie Risiken kaum erlan- gen. Der interne Aufbau erweist sich auf der anderen Seite als zu zeitaufwendig und in stark innovierenden Märkten z.T. unmöglich. Daher bleibt dem Betrieb nur die Kooperation mit anderen Unternehmen. In einem VU teilen die Partner Kosten, Risi- ken und Wissen. Sie agieren gemeinsam auf den nationalen und globalen Märkten, wobei jeder „Mitspieler“ seine „komparativen Vorteile” einbringt (vgl. [3]).

Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist hierbei eine hochentwickelte Informationsinfra- struktur, welche die „verteilten” Mitgliedsunternehmen auch über große Entfernungen

„zusammenbindet”. Noch keine Einigkeit herrscht darüber, ob neben Unternehmens- verbünden, die nur eine zeitlich begrenzte Aufgabe erfüllen („Missionen“ bzw.

„opportunistische Partnerschaften“), auch solche dazugehören, welche auf Dauer angelegt sind. Temporäre Formen der Zusammenarbeit gelten als höher entwickelt, da der ständige Partnerwechsel ein größeres Maß an Flexibilität in bezug auf Unter- nehmenskultur und Informationstechnik verlangt.

2 Wichtige Merkmale

2.1 Konzentration auf Kernkompetenzen

Beim Zusammenschluß in der Vision des VU-Netzwerkes bringt jedes Unternehmen seine Kernkompetenzen ein, welche die Expertise der anderen Netzwerkteilnehmer

1 Der Beitrag basiert auf Erkenntnissen aus dem Forschungsprojekt „Informations- und Kommunikationssysteme als Gestaltungselement Virtueller Unternehmen“, welches von der DFG unter der Nummer Me 241/16-1 und Eh 127/3-1 gefördert wird. Beteiligte Partner sind das Betriebswirtschaftliche Institut, Bereich Wirtschaftsinfor- matik I der Universität Erlangen-Nürnberg (Prof. Dr. Dr. h.c. mult. P. Mertens), das Institut für Wirtschaftsinfor- matik der Universität Leipzig (Prof. Dr. D. Ehrenberg) und assoziiert das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern (Prof. Dr. J. Griese).

2 Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Mertens, Dipl.-Wirtsch.-Ing. Wolfgang Faisst, Universität Erlangen-Nürnberg, Bereich Wirtschaftsinformatik I, Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg.

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synergetisch ergänzen. Das VU ist somit eine „Best-of-everything-Organization”, d.h.

ein Spitzenunternehmen auf Zeit.

Beispiele:

1) Ambra, eine Tochterfirma der IBM, vertrieb IBM-kompatible PC unter Verwendung einer Virtuellen Organisationsstruktur. Die Firma wurde mit 80 Leuten in Raleigh, North Carolina, gegründet. Diese Mitarbeiter koordinierten die Aktivitäten von zuletzt fünf Betrieben, von denen keine Ambra gehörte.

Diese Unternehmen gebrauchten ihr Wissen und ihre Fähigkeiten, um andere Produkte und Dienstlei- stungen zur gleichen Zeit zu erstellen, wie sie das für Ambra taten. Wearnes Technologies aus Singa- pur erstellte das Design, fertigte Komponenten und übernahm die Beschaffung. SCI Systeme montierte die PC auf konkreten Abruf hin. Die Werbeagentur AI besorgte das Marketing. Merisel übernahm die Auftragsannahme und den Vertrieb. Ein Spinoff von IBM schließlich kümmerte sich um Service und Kundendienst. Ambra warb: „You tell us what you want and we’ll build it for you, at no extra cost for customization to your configuration of hardware and software options.“ Als die Gewinne Mitte 1994 schmäler wurden, liefen die Aktivitäten von Ambra aus.

2) Im Silicon Valley schaffen sich Betriebe einen Pool von Talenten. Wenn rasch ein neues Erzeugnis entwickelt werden soll, wird das Produktprofil bekanntgemacht, und Poolmitglieder können sich für die Mitarbeit melden. „Und die arbeiten dann Tag und Nacht, um das Projekt in einem sehr kurzen Zeit- raum über die Bühne zu bringen. Gelingt ihnen das und wird das Produkt zum Erfolg, steigt ihr Markt- wert. Damit schafft sich das Unternehmen ständig Kompetenz am Markt“ [5]. Zwar handelt dieses Beispiel von Personen, man mag die Pool-Strategie aber unschwer auf die Zusammenarbeit großer und kleiner Betriebe extrapolieren.

3) Virtueller Reiseveranstalter: Um eine individuelle maßgeschneiderte, aber preisgünstige Urlaubsrei- se auf Kundenwunsch anbieten zu können, schließen sich Reiseveranstalter, Hotels, Flug- und Miet- wagengesellschaften, Vertriebsstellen sowie Zielgebietsagenturen zusammen. Die einzelnen Lei- stungsanbieter bringen jeweils eine multimediale Präsentation ein und pflegen diese dezentral. Mit den gesammelten Erfahrungen, die in Kundenprofilen gespeichert sind, können Zielgruppen fokussiert angesprochen werden, darüber hinaus dienen diese Informationen der Produktverbesserung.

4) Im Jahre 1994 wurden in den USA 20 neue Fluggesellschaften gegründet. Der Amerikaner Glenn L.

Urban behauptet, daß man eine solche ohne „eigenes Unternehmen“ betreiben könnte. Die Flugzeuge kann man leasen, EDS stellt die Buchhaltung zur Verfügung und von MANPOWER ist das Personal zu mieten.

2.2 Einheitliches Auftreten nach außen

Für den Kunden erscheinen die Leistungen einer virtuellen Organisation wie „aus einer Hand“, obwohl sie faktisch das Ergebnis einer auf viele unabhängige Träger verteilten Leistungserstellung sind. Die Unternehmensidentität (Corporate Identity) geht in eine Marken- bzw. Produktidentität über. Man kennt dies etwa bei Marken

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großer Versandhäuser, z.B. „PRIVILEG“. Mittel dazu ist die Nutzung informationslo- gistischer Infrastrukturen wie elektronischer Kataloge für Produkte oder auch für Unternehmen.

3 VU und alternative Formen der Unternehmenskooperation

Wie so oft, stellen auch VU keine völlig neue Entwicklung dar; vielmehr spürt man die Verwandtschaft zu anderen Kooperationsformen. In der Folge bemühen wir uns daher um eine Abgrenzung. Neu am Konzept eines VU ist die Kombination der ein- zelnen Kennzeichen (vgl. oben den Abschnitt über wichtige Merkmale), so wie z.B.

das Total Quality Management auch weniger durch neue Elemente als durch die Kombination bekannter Bausteine (Kundenorientierung, Qualitätszirkel, statistische Methoden, Gruppenarbeit usw.) charakterisiert ist. Eine Abgrenzung zu anderen Verbundformen liefert Abbildung 1.

Verbundformen Unterschiede zu VU

Strategische Allianz

Konzern

Kartell

Konsortium Joint Venture

Weniger tiefe Verbindung Kaum Virtualisierung der Leistungserstellung Vorwiegend Großbetriebe Besteht neben Kerngeschäft Beherrschungsvertrag oder Mehrheitsbeteiligung

Drang nach Wettbewerbs- beschränkung

Formales Beiwerk Neugründung

Keiretsu Feste Mitgliedschaft der Partner Franchising Auf Dauer angelegt

Unterordnungsverhältnis

Abbildung 1: Abgrenzung zu anderen Verbundformen

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4 Typologie nach Funktionen

Bausteine einer solchen Typologie könnten unter anderem sein:

1. Projektakquisition und -durchführung, z.B. Bau- oder andere Infrastrukturvorhaben im Ausland

2. Absatznetze, insbesondere für Schwerpunktaktionen, wie z.B. Vermarktung einer überreichen Ernte oder von technischen Innovationen

3. Logistische Felder, wie z.B. Reiseagenturen/Urlaubsveranstalter oder zwischen- betrieblich koordinierte Güterlogistik

4. Komponentenproduktion und -zulieferung, wie etwa in der Automobilherstellung schon sehr weit gediehen

5. Besondere Finanzierungsfälle, etwa Sanierungen (Beispiel Metallgesellschaft)

6. Großschaden-/Rückversicherung

Bei diesen Vorhaben spielt Geschwindigkeit eine sehr große Rolle, es werden auch immer wieder sogenannte Crash-Vorhaben zu bewältigen sein.

5 IV-Unterstützung

5.1 Anforderungen an und Ansätze zur Informationsverarbeitung

Die Informatik und die Wirtschaftsinformatik halten eine Palette von Instrumenten bereit, die zwar nicht für VU entwickelt worden sind, sich aber in dieser Kooperati- onsform als wertvoll erweisen. Eine zumindest lose Kopplung von informationstech- nischen Hilfsmitteln und Anwendungssystemen dürfte in vielen VU zum Kritischen Erfolgsfaktor (umgekehrt die mangelnde Kompatibilität zum Kritischen Mißerfolgsfak- tor) werden.

Auf einzelnen Teilgebieten, die bei der rechentechnischen Unterstützung Virtueller Unternehmen eine wichtige Rolle spielen, gibt es seit Jahren Bestrebungen, umfas- sende Normen und Standards zu definieren. Vor allem müssen möglichst problem- lose Normen geschaffen werden. Z.B. ist EDIFACT eine wichtige Grundlage, die Entstehung zu vieler Teilnormen von EDIFACT jedoch andererseits ein Hemmschuh.

Deshalb findet man gegenwärtig eine Vielzahl von Initiativen oder Verbünden, die suboptimale und auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Normen bevorzugen. So entwik- kelt eine Initiative britischer Betriebe einen vereinfachten EDIFACT-Standard für den Datenaustausch zwischen Zulieferern und Herstellern.

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Tabelle 1 zeigt einen Katalog möglicher IV-Hilfsmittel, die in einem VU bzw. bei des- sen Bildung und Auflösung zum Einsatz kommen könnten.

Tabelle 1: Spezielle IV-Hilfsmittel

Hilfsmittel Bemerkungen Elektronischer Unter-

nehmenskatalog

Die Unternehmen präsentieren sich in Form von elektronischen Gelben Seiten auf einer gemeinsamen Plattform (z.B. WWW). Sie geben eine Unternehmens- darstellung, Referenzen, Kontaktadressen und Kernkompetenzen bekannt. Einer rudimentären Realisierung entspricht das Kollegenhilfesystem (KHS) von DATEV.

Kooperative Informa- tionssysteme

Schnittstellenagenten vermindern Koordinationskosten und -zeit. Sie filtern Emails, finden geeignete Partner im Datenhighway und speichern kooperationsrelevante Daten. Benutzeragenten machen Termine aus, beantworten Standardfragen, schla- gen geeignete Kooperationsformen vor sowie überprüfen, ob eine Videokonferenz technisch überhaupt möglich ist.

Elektronisches Organi- sationshandbuch (ELO)

Ein ELO ist vergleichbar mit einem elektronischen Produktkatalog und enthält Infor- mationen über Aufbau, Abläufe, Mitarbeiter sowie Produkte bzw. Dienstleistungen einer Organisation. Jeder VU-Partner sollte einen Zugang zum ELO der anderen erhalten, um die richtigen Ansprechpartner zur effizienten Realisierung gemeinsamer Geschäftsprozesse schnell zu ermitteln. Interne WWW-Homepages für einzelne Mitarbeiter, Arbeitsgruppen oder Business Units erfüllen immer mehr die Funktionali- täten eines ELO.

Computergestützte Organisationstools

Zur Wahl geeigneter Koordinationsstrukturen sowie zur effizienten Organisationsge- staltung können computergestützte Tools (inkl. Metapläne für die Ablauforganisation) verwendet werden. Im Idealfall steht am Ende ein Abbild der Aufbau- und Ablaufor- ganisation des VU im Rechner.

Workflow- Management und Groupware

Workflow-Management kann für die Steuerung und Überwachung von zwischenbe- trieblichen Geschäftsprozessen verwendet werden. Die Entwicklung adaptiver Workflow-Systeme erleichtert die dynamische Anpassung an immer neue Geschäfts- prozesse. Die Unterstützung von zeitlich und örtlich getrennten Gruppenprozessen wird durch Email, Desktop-Videokonferenzen usw. geleistet. Negative Effekte von traditionellen Gruppensitzungen werden durch die Verwendung von Groupware bzw.

Computerkonferenzen vermieden.

Führungsinformations- systeme (FIS)

Für die Führung im VU sowie der jeweiligen Partnerunternehmen sind entsprechende Berichte notwendig. Ein FIS im VU sollte unterschiedliche Berichtsphilosophien, heterogene Datenbanken, international verschiedene Rechnungslegung, Sprachun- terschiede sowie semantische Differenzen beispielsweise bei Kennzahlen berück- sichtigen. Die Idee des Data Warehouse läßt sich ebenfalls übertragen.

5.2 Nutzung des Internets für VU

Das Internet stellt einen weltweiten Rechnerverbund mit Standleitungen hoher Über- tragungskapazität („Backbone“) dar. Die Vorteile der Verwendung des Internets , welche in Abbildung 2 genannt werden, lassen sich durch dessen Integration mit den internen und unternehmensübergreifenden Abläufen noch steigern.

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Das Internet bietet für VU entsprechende Möglichkeiten als Beschaffungs- und Ab- satzkanal, wie sie auch für konventionelle Unternehmen gelten. Das typische einheit- liche Auftreten eines VU nach außen können die Partner durch eine gemeinsame WWW-Homepage realisieren.

Bei der Nutzung des Internets zeigen sich aber die meisten Unterschiede bei inter- nen Aufgaben (vgl. Abbildung 2). USENET bietet Unternehmen den Zugang zu ak- tuellen Diskussionsrunden. Man kann sich mit einer Frage an eine spezielle Gruppe im Netz wenden und erhält die unterschiedlichsten Beiträge aus aller Welt, so daß eine Art Wissensnetzwerk entsteht. Es lassen sich auch Wettbewerbschancen für VU identifizieren. Die Partnersuche wird durch elektronische Unternehmenspräsen- tationen im WWW unterstützt. Für ein echtes Partner-Retrieval müßten die WWW- Seiten von Unternehmen beispielsweise durch Referenzen, Kontaktadressen, freie Kapazitäten, IV-Schnittstellen und Kernkompetenzen ergänzt werden. Die Industrie- und Handelskammern bieten heute schon ihre Kooperationsbörsen bundesweit über das WWW an.

Globale Vernetzung

Zusammenarbeit in Forschung und Ent- wicklung / gemeinsamer

Zugang zu verteil- ten Ressourcen

Ortsunabhängigkeit

Internationale Ausbreitung

Flexibilität und Effektivität informationsbasierter

Aktivitäten

Erhöhte Produktivität Kostenein-

sparungen im Telekommu- nikationsbereich

Bessere Be- ziehungen zu Partnern und

Kunden Vorantreiben eines globalen

Bewußtseins

Leichtere An- bahnung von Partnerschaften

Verkürzte Entwicklungs-

zeiten Größere Ver-

breitung von Ressourcen

Flexible Arbeits- zeitmodelle

Telearbeiter und freie Mitarbeiter

Virtuelle Teams (nach Know-how

und nicht nach Ort zusammen-

gestellt) Möglichkeiten

durch das Internet

Nutzenpotentiale für das Unternehmen

Wettbewerbs- vorteile

Abbildung 2: Wettbewerbsvorteile durch Nutzung des Internets für interne Aufgaben [2]

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Für den elektronischen Austausch von Bestell- und Lieferinformationen, auch über verschiedene Zeitzonen hinweg, eignen sich Email und WWW. TELNET erlaubt den interaktiven Zugriff auf externe Rechner, so als wäre der andere Computer mit einer direkten Leitung verbunden, um z.B. Lagerhaltungsdaten abzurufen. Nach dem

„Einloggen“ bedarf es aber einer Authentifizierung. Mit dem File Transfer Protocol (FTP) können Dateien zwischen entfernt stehenden Rechnern kopiert werden (z.B.

CAD-Dateien von einem Entwickler zum Produzenten). Die funktionale Integration zwischen zwei Organisationen (bspw. Konstruktionsinformation der Firma A als Input des PPS-Systems der Firma B) wird durch Telnet oder WWW (mit Datenbankanbin- dung) bzw. FTP für den Datentransfer ermöglicht. Für die automatische Abwicklung von Prozessen kann auf Email als EDI-Message-Carrier zurückgegriffen werden.

5.3 Architekturkonzepte einer gemeinsamen Informationsverarbeitung

Grundlegend für jede Form einer rechnergestützten Kommunikation ist die Vernet- zung der Partner. Das Kommunikationsprotokoll TCP/IP stellt beispielsweise beim Internet sicher, daß alle Rechner, seien es Mainframes, UNIX-Workstations oder PCs, dieselbe Sprache im Netz sprechen und Informationen untereinander austau- schen können. Aufbauend auf einer derartigen Vernetzung lassen sich drei verschiedene Stufen einer IV-Architektur realisieren, die die Kommunika- tion in unterschiedlicher Intensi- tät und auf unterschiedlichem Niveau unterstützen können (s.

Abbildung 3). Die unterste Ebe- ne bildet die Applikations- Kommunikation über einheitli- che Kommunikationsschnitt- stellen und -standards. Die nächste, höher entwickelte Variante ist das Daten-Sharing zum Zugriff auf gemeinsame Datenbestände unter Berücksichtigung der Datenintegrität und -sicherheit. Das heißt, IV-Architekturen mit Daten-Sharing erfordern Festlegungen, auf welche Daten externe Partner zugreifen

Unternehmen A

Unternehmen B

Unternehmen C

Daten- Sharing

Applikations- Sharing

Applikations- Kommunikation

Abbildung 3: IV-Architektur

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dürfen und welche Informationen aus Sicherheitsgründen nur intern zur Verfügung stehen. Beim Applikations-Sharing werden die Anwendungssysteme der Partner in einer Art und Weise vereint, daß Multi-User-Systeme entstehen (vgl [1]).

6 Virtueller Technologiepark

Im vergangenen Jahrzehnt sind in vielen Regionen Technologieparks (TP), Innova- tions- und Gründungszentren usw. entstanden. Mit ihnen wird das Ziel verfolgt, Un- ternehmensgründern den Weg in die Selbständigkeit zu erleichtern. Gedacht ist vor allem an solche Damen und Herren, die von der Technik oder den Naturwissen- schaften her kommen und wenig betriebswirtschaftliches Wissen sowie unter- nehmerische Erfahrungen mitbringen.

Wesentliche Aufgaben sind:

• Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktreife Produkte und Verfahren

• Schaffung von Arbeitsplätzen vor allem für Absolventen von Hochschulen

• Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit im Hochtechnologiebereich

• Förderung der Kooperation mit Hochschulen

Einerseits hat die Idee der Technologieparks Kritik erfahren. Andererseits setzt man auch in jüngster Zeit sehr stark auf TPs, nachdem einer breiteren Fach- und politi- schen Öffentlichkeit bewußt geworden ist, daß in Deutschland viele gute Ideen gebo- ren, aber zu langsam vermarktet werden. Dies hat dazu geführt, daß TP im Blickfeld bleiben.

TP sind regional orientiert. Etwas idealisiert mag man sie sich als einen Cluster mit drei Merkmalen vorstellen:

1) Viele Unternehmen gruppieren sich „bei ihrer Geburt“ um die Infrastruktur des TP.

2) TP siedeln sich typischerweise in der Nähe einer Hochschule an.

3) Die Kunden der Mitglieder des TP wiederum werden mit Vorliebe in der Region des TP angeworben.

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Die Regionalorientierung wird vielfach als Kriterium zur Strukturierung von Organisa- tionen des Wirtschaftslebens kritisch hinterfragt. Beispielsweise gliedern sich große Unternehmen derzeit mehr nach Kunden bzw. (auf der nächst höheren Verdich- tungsebene) nach Branchen (Beispiel: IBM oder SNI). Dahinter verbirgt sich generell der sog. „Customer Focus“, gekoppelt mit der Überlegung, daß die Kunden von ihren unmittelbaren Ansprechpartnern höchste Fachkompetenz erwarten, um zufrieden- stellend bedient zu werden, und regional spezialisierte Mitarbeiter dies nur bedingt leisten können. Wie wichtig die weitgehende Konzentration der Aktivitäten der in einem TP ansässigen Unternehmen auf eine Branche ist, verdeutlichen auch die erfolgreichen amerikanischen Beispiele wie Silicon Valley (Mikroelektronik) oder etwa Bionic Valley in der Nähe von Salt Lake City (bio- und medizinische Forschung und Entwicklung).

Bei einem Virtuellen Technologiepark (VTP) versammelt man für eine begrenzte Dauer fachlich spezialisierte Unternehmen zu einem intensiven Erfahrungsaustausch (Knowledge Networks). Nach außen können die einzelnen Unternehmen ihre Kun- den mit Partnern aus dem VTP in Kontakt bringen. Dazu kommen Unternehmen, die Dienstleistungen erbringen, z.B. Softwarehäuser, Werbeberater, Finanzberater (Servicepool). Der Fachspezialistenpool nimmt gemeinsam Serviceleistungen in Anspruch. Die Mitglieder vermitteln sich untereinander die Kunden aus Fach- und Kapazitätsgründen, gleichen Kapazitäten aus, beantragen gemeinsame For- schungsanträge bei Großförderungseinrichtungen wie der EU, entwickeln eine Mis- sion Identity und bieten innovative Technologien, aus denen oft individuelle Kunden- lösungen entstehen.

Es ist nicht anzunehmen, daß der VTP weitgehend durch Selbstorganisation zu- standekommt. Vielmehr braucht man einen Moderator. Der Moderator fungiert auch als eine Art Beziehungspromotor, d.h., er fördert und pflegt innovationsorientierte Geschäftsbeziehungen, bahnt Geschäfte an, entdeckt Technologielücken in den Kundenunternehmen, findet eine gemeinsame „Sprache“ zwischen Anbieter und Nachfrager, erreicht entsprechende Ansprechpartner im Unternehmen, bringt Inter- essenvertreter zusammen usw. Übersteigt ein Projekt die Ressourcen eines Partners im VTP, so kann es zur Bildung eines VU aus Mitgliedern des VTP kommen.

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7 Zur Position des VU im deutschen Wirtschafts-, Gesellschafts- und Rechtssystem

Der VU-Gedanke weist eine besondere deutsche Facette auf. Diese These mag man einfach damit begründen, daß in Deutschland große Unternehmen einige spezifische Nachteile haben, die man durch Zerlegung in kleine Einheiten vermeiden kann. Zu den „harten“ Pflichten für große Unternehmen zählen die Auflagen des Publizitätsge- setzes, die Arbeitnehmer-Mitbestimmung, die Einrichtung bestimmter Instanzen wie die des Datenschutzbeauftragten sowie wettbewerbsrechtliche Auflagen bei Zu- sammenschlüssen. Kleinere Unternehmenseinheiten genießen Vorteile bei der Steuergesetzgebung in Form von Freibeträgen, und die Arbeitsgerichtsbarkeit hat eher „Nachsicht“ mit kleineren Unternehmen.

Eine derzeit deutlich sichtbare Reaktion der Unternehmen auf die Fehlentwicklungen des deutschen Wohlfahrtsstaates stellt die Scheinselbständigkeit [6] dar. Diese ist als Schutzmaßnahme von Unternehmen zu interpretieren, die übrigens einmal mehr zeigt, wie Gegenstrategien der Marktteilnehmer die Auswüchse des Wohlfahrtsstaa- tes konterkarieren und dadurch zur sogenannten Wohlfahrtsfalle führen. Der ehema- lige Arbeitnehmer, der jetzt selbständig ist, wird länger und flexibler arbeiten, man spart Beitragszahlungen zur Sozialversicherung und kann den „Mitarbeiter“ nun loswerden, ohne daß Probleme drohen, die vom Kündigungsschutz- oder generell vom Arbeitsrecht ausgehen mögen. Die Scheinselbständigen bilden mit ihrem frühe- rem Betrieb fast zwangsläufig ein Virtuelles Unternehmen. Beispielsweise sind die

„Ein-Mann-Transporteure“, die aus der Versandabteilung eines Industriebetriebes heraus gegründet wurden, streng in die logistischen Planungen und Dispositionen ihres ehemaligen Arbeitgebers eingebunden. Es steht freilich auf schwankendem Boden, solange noch nicht hinreichend überschaubar ist, wie die Rechtsprechung und die Gesetzgebung reagieren werden. Tabelle 2 gibt einige rechtliche Bezüge von VU wieder.

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Tabelle 2: Rechtliche Bezüge von VU in Deutschland [4]

Betroffenes Recht Beziehung zu VU

Gesellschaftsrecht VU wird grundsätzlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß §§ 705 ff. BGB behandelt

Förmlicher Gesellschaftsvertrag sinnvoll, sonst gemeinschaftli- che Führung (§§ 709 ff. BGB)

Haftungsrecht Ohne weitere Regelungen im Gesellschaftsvertrag haften nach den Regeln der GbR alle Gesellschafter als Gesamtschuldner mit ihrem ganzen Vermögen (z.B. Produkt- und Gefährdungs- haftung).

Kartellrecht Mögliche Beschränkung des Wettbewerbs durch VU-Bildung

Bundesdatenschutz- gesetz (BDSG)

Wer ist die Datenverarbeitende Stelle im Sinne von § 3 Abs. 8 BDSG?

Bei VU mit internationalen Gliedern könnte es zu einer Kollision der nationalen Datenschutzgesetze kommen

Verpflichtung auf das Datengeheimnis auch bei entliehenen Mitarbeitern (§ 5 BDSG)

Betrieblicher Datenschutzbeauftragter?

Arbeitsrecht Betriebsübergang der Arbeitnehmer (§ 613 a BGB)

Arbeitnehmerüberlassung (AÜG)

Wenn das VU in seinen Abläufen stark auf Workflow- oder Groupware-Konzepte setzt, dann gelten beratungs- und mitbe- stimmungsrechtliche Regelungen des Betriebsverfassungsge- setzes (BetrVG), z.B. bei Leistungskontrollen durch IV oder Veränderung von Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufen oder Ar- beitsplätzen

Patent- und Urheber- recht

Arbeitnehmererfindungsgesetz (Wer ist Arbeitgeber: Partner oder ganzes VU?)

Wer profitiert von Rechten in welchem Umfang?

Handels- und Steuer- recht

Sicherung der Transparenz und Revisionsfähigkeit der verteilten Unternehmensdaten im Sinne der GoB

Prozeßrecht Elektronischer Unterschrift fehlt gesetzliche Anerkennung

Elektronische Dokumente sind keine Urkunden

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8 Schluß

Es bleibt abzuwarten, ob sich das VU als eine vorübergehende Erscheinung in For- schung und Praxis erweist oder im Zentrum der Langfristentwicklung steht. Einige reizvolle Eigenschaften der VU könnten helfen, einen Bedarf an Organisationsstruk- turen zu decken, den veränderte ökonomische Umwelten mit sich bringen - in den Kategorien der Innovationstheorie wäre einerseits von einem Bedarfssog zu spre- chen. Andererseits erzeugen vor allem informationstechnische Neuerungen auch einen sog. Technologiedruck. Beides zusammengenommen läßt es geraten er- scheinen, sich mit den Möglichkeiten und Grenzen von VU auseinanderzusetzen.

Literatur:

[1] Arnold, O., Faisst, W., Härtling, M. und Sieber, P., Virtuelle Unternehmen als Unter- nehmenstyp der Zukunft?, Handbuch der modernen Datenverarbeitung 32 (1995) 185, S. 8-25.

[2] Cronin, M., Doing More Business on Internet, 1995, S. 60.

[3] Mertens, P. und Faisst, W., Virtuelle Unternehmen, eine Organisationsstruktur für die Zukunft?, technologie & management 44 (1995) 2, S. 61-68.

[4] Müthlein, T., Virtuelle Unternehmen mit einem rechtssicheren informations- technischen Rückgrat?, HMD 32 (1995) 185, S. 68-77.

[5] o.V., Kürzer planen, schneller liefern, Dialog 4 (1994) 4, S. 5-7.

[6] Scherl, H., Scheinselbständigkeit als rechtliches und sozialpolitisches Problem, Da- tenverarbeitung, Steuer, Wirtschaft, Recht 24 (1995) 10, S. 286-290.

Referenzen

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