A732 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 15⏐⏐10. April 2009
S T A T U S
sich mit der Situation konfrontiert sieht, dass der männliche Angestellte nicht damit zurechtkommt, von einer Frau geführt zu werden.
Realistische Analyse der Situati- on, Selbstreflexion, Erfahrungsaus- tausch – diese Verhaltensweisen versetzen den jungen Arzt in die Lage, Strategien für verschiedene Szenarien im Umgang mit der älte-
ren Mitarbeiterin zu entwickeln.
Sinnvoll ist die Unterscheidung zwischen Integrations- und Kon- frontationsstrategien.
Setzt der Arzt auf Integration, ist das offene und klärende Gespräch immer noch die beste Alternative.
Die vorab geleistete Selbstreflexion und Situationsanalyse bilden das Fundament, von dem aus er der Mit- arbeiterin mitteilt: „Ich bin nun ein- mal Ihr Vorgesetzter – und trotzdem sitzen wir in einem Praxisboot, das nur dann nicht kentert, wenn wir uns zusammenraufen und im Gleichtakt rudern und gemeinsam die Weiter-
entwicklung der Praxis in den Mit- telpunkt stellen.“ Immerhin muss die Praxis sich bei den Patienten erst noch etablieren. Der Arzt verzichtet also auf die Politik der Stärke und führt aus, warum ihm die Unterstüt- zung der älteren Mitarbeiterin wich- tig ist. Deren Erfahrungswissen so- wie die in den Jahren aufgebauten Kompetenzen sind wichtig für die
Erreichung der Ziele, die sich der Arzt gesetzt hat und die er erläutert.
Aber er verdeutlicht ebenso un- missverständlich, dass er der Chef ist. Wählt er die Integrationsstra- tegie, kann er mit der Mitarbeiterin einen Termin vereinbaren, etwa ein monatlich stattfindendes Gespräch, bei dem er ihre Ratschläge dis- kutiert.
Liegt das Konfliktpotenzial im Team selbst, gibt es also Auseinan- dersetzungen zwischen Kollegin- nen, ist es die Aufgabe des Arztes, für klare Verhältnisse zu sorgen.
Dies sollte ihm leichtfallen, ist er
doch selbst nicht unmittelbar invol- viert. Viele Ärzte setzen jedoch dar- auf, dass sich solche Konflikte von allein auswachsen. Statt der älteren Mitarbeiterin zu erläutern, warum die jüngere Kollegin etwa den Team- leiterposten erhalten hat, teilen sie lediglich ihre Entscheidung mit und sind so verantwortlich für die nach- folgenden Konflikte. Besser ist es, der neuen Teamleiterin ihre Kompe- tenzen zu beschreiben und ihr über- dies die Sicherheit zu geben, dass sie mit der Rückendeckung des Arz- tes rechnen kann. Dazu betont der Internist aus Herne: „Es liegt im In- teresse der Praxis, des Teams und des Arztes, wenn dieser seine Grün- de für die Entscheidung gegenüber der nicht berücksichtigten älteren Mitarbeiterin darlegt – und zugleich mit klaren Worten ihre Solidarität einfordert.“ Von Vorteil sei es, nach Einzelgesprächen mit den Beteilig- ten in einem Teammeeting die neue Rollenverteilung vorzustellen und so für Transparenz und Klarheit zu
sorgen. I
Hans-Gerd Mazur E-Mail: hmazur@eusera.de
GOÄ-RATGEBER
Zur Definition und grundsätzlichen Bedeutung der Nr. 15 der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vergleiche GOÄ-Ratgeber in DÄ, Heft 13 vom 27. März 2009. Interessant sind auch Art und Anzahl der Arzt-Patienten-Kontak- te im Kontext mit Nr. 15 GOÄ. Die Leistungs- legende der Nr. 15 GOÄ „Einleitung und Koor- dination flankierender therapeutischer und so- zialer Maßnahmen während der kontinuierli- chen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken“ lässt bereits darauf schließen, dass es sowohl um die Kontrolle der durchgeführten Maßnahmen durch den persönlichen (separat berechnungsfähigen) Arzt-Patienten-Kontakt geht als auch und gerade in Abwesenheit des Patienten um die Durchführung von koordinie- renden Maßnahmen durch den Arzt. Weder aus der Leistungslegende noch aus der gängigen Kommentierung kann entnommen werden, dass an dem Tag (Datum auf der Rechnung), an dem die Nr. 15 GOÄ angesetzt wurde, zwin- gend ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden haben muss. Nachvollziehbarer für den Zah-
lungspflichtigen ist der Ansatz aber sicherlich immer dann, wenn ein persönlicher Kontakt stattgefunden hat oder aber wenn die entspre- chende Maßnahme (an diesem Datum) dem Zahlungspflichtigen bekannt ist. Dies könnte durch einen zusätzlichen Hinweis zur Nr. 15 GOÄ auf der Rechnung geschehen.
Häufige Arzt-Patienten-Kontakte sind dem- nach keine Voraussetzung, um den Leistungs- inhalt der Nr. 15 GOÄ erfüllen zu können. In dem Kommentar zur Gebührenordnung vom Deutschen Ärzte-Verlag wird ausgeführt, dass sich die Tätigkeit des Arztes im Extremfall auf die Einleitung und Koordinierung flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen er- schöpfen könne, ohne dass neben der Nr. 15 GOÄ für das Kalenderjahr weitere Leistungen abgerechnet würden. Dass der Arzt bei dieser Konstellation den Erfolg unterschiedlicher the- rapeutischer und sozialer Maßnahmen allein aufgrund mündlicher und schriftlicher Unterla- gen beurteilen und weiter koordinieren kann, stellt vermutlich eine Rarität dar.
Eine häufig gestellte Frage ist, wann im Verlauf der koordinierenden Maßnahmen die
Leistung nach Nr. 15 GOÄ angesetzt werden kann. Grundsätzlich kann eine Leistung dann angesetzt werden, wenn der Leistungsinhalt erfüllt wurde. Dies spricht dafür, die Leistung jeweils zum Ende des Kalenderjahres anzu- setzen.
Der Versuch die Nr. 15 GOÄ analog für den stationären Bereich einzusetzen, scheitert meist daran, dass eine nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertige Leistung auch über den Zeitraum von einem Kalenderjahr durchge- führt werden muss. Dies dürfte äußerst selten der Fall sein. Allerdings ist nicht ausgeschlos- sen, dass ein Chefarzt an einer Klinik, der den Patienten während eines ganzen Kalenderjah- res ambulant betreut, den Leistungsinhalt der Nr. 15 GOÄ erfüllt. Hierzu wird dann aber keine Analogie benötigt, sondern die Nr. 15 GOÄ kann (im Original) angesetzt werden.
Grundsätzlich sind (auch mehrfache) sta- tionäre Aufenthalte kein Hindernis, die Nr. 15 GOÄ anzusetzen, wenn die Einleitung und Ko- ordination der flankierenden Maßnahmen zwi- schen den stationären Aufenthalten kontinuier- lich weitergeführt wird. Dr. med. Anja Pieritz
Spezielles zur Nummer 15 GOÄ