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A2272 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3313. August 2004
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as Schicksal der Amtli- chen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist eng an die Etablierung des neuen Krankenhausentgeltsystems geknüpft: Im DRG-Fallpau- schalen-Zeitalter wird vom Bundesministerium für Ge- sundheit und Soziale Siche- rung (BMGS) nur noch wenig Spielraum für eine eigenstän- dige privatärztliche Gebühren- ordnung gesehen. Insbeson- dere das Einzelleistungsprin- zip und das eigenständige Li- quidationsrecht des Wahlarz- tes stehen zur Disposition. In- sofern verschafft die Verlän- gerung der DRG-Konvergenz- phase um ein Jahr den GOÄ- Reformern bei der Ärzte- schaft etwas Luft. Die GOÄ- Baustelle dürfte auch erst dann durch das Bundesgesundheits- ministerium ernsthaft in An- griff genommen werden, wenn die Novellierung der Amtli- chen Gebührenordnung für Zahnärzte, zu der die Vorar- beiten bereits aufgenommen wurden, abgeschlossen ist.Ob es sich lohnt, noch mehr Überzeugungsarbeit für das
von der Ärzteschaft favori- sierte so genannte Vorschlags- modell zur Weiterentwicklung der GOÄ in Richtung BMGS zu leisten, ist fraglich – nicht nur, weil die Interessenwalter der Beihilfe eine zwischen Ärzteschaft und Kostener- statter paritätisch aufgeteilte Besetzung der im Rahmen des Vorschlagsmodells vorge- sehenen Bänke blockieren.
Unverändert strebt das BMGS eine Strukturreform der pri- vatärztlichen Vergütung durch eine Umstellung der Vergü- tung der wahlärztlichen Lei- stungen auf prozentuale DRG-Zuschläge an, die dann vom Krankenhausträger ver- teilt werden sollen. Die GOÄ wäre nicht länger einheitliche Abrechnungsgrundlage für stationäre und ambulante pri- vatärztliche Leistungen.
Wie passt in dieses Denk- modell der neue Chefarzt- Mustervertrag der Deutschen
Krankenhausgesellschaft e.V.
mit einer Stärkung der Posi- tion des Krankenhausträgers aus dem Jahr 2002? Auch die Vorschläge im Abschlussbe- richt zur Reform des Versiche- rungsvertragsrechts, der von einer Expertenkommission am 19. April 2004 an Bundes- justizministerin Brigitte Zy- pries übergeben wurde, pas- sen in den politisch beabsich- tigten Systemwandel der pri- vatärztlichen Vergütung und Versorgung. Die Optionen sollen der privaten Kranken- versicherung dem System der Gesetzlichen Krankenversi- cherung vergleichbare Steue- rungsinstrumente verschaffen, bis hin zur Implementierung des Sachleistungsverfahrens für die Privatversicherten.
Angesichts der Forderun- gen nach mehr Patientenauto- nomie und finanzieller Eigen- beteiligung der Versicherten im GKV-System wirkt diese
Entwicklung paradox. Die pri- vate Krankenversicherung rü- stet jedoch für die Eventualitä- ten neuer Rahmenbedingun- gen der Koexistenz von GKV- System und privater Kranken- versicherung und hat aus eige- nem Antrieb schon lange eine Annäherung der Vergütungs- systeme und mehr Steuerbar- keit der privatärztlichen Ver- sorgungsangebote gefordert – auch wenn das Eigenprofil pri- vatärztlicher Behandlung und die freie Arztwahl dabei auf der Strecke bleiben sollten.
Die private Krankenversiche- rung hat aktiv dazu beigetra- gen, das Zerrbild des gebeu- telten Privatpatienten zu er- zeugen, der entweder zu wenig Leistung erhält für mehr Geld, als für einen GKV-Versicher- ten gezahlt wird, oder unge- fragt mehr Leistungen erhält und bezahlen muss, als medizi- nisch überhaupt erforderlich ist.
Eine Steilvorlage, die politi- scherseits als Argument für ei- nen tief greifenden Systemwan- del der privatärztlichen Ver- gütung genutzt werden kann.
Dr. med. Regina Klakow-Franck
Schonfrist für die GOÄ
GOÄ-Ratgeber