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Archiv "Ab 1993: Versichertenkarte Abschied vom Krankenschein: Keine Angst vor den Karten" (16.10.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Entscheidung ist gefallen: Der „gute alte" Krankenschein hat ausgedient. An seine Stelle tritt nun schon sehr bald die Krankenversichertenkarte. In dem folgen- den Beitrag schildert Dr. Otfrid P. Schae- fer, der Zweite Vorsitzende der Kassen-

ärztlichen Bundesvereinigung, die Vorge- schichte der Karte. Schaefer geht zu- gleich auf die Befürchtungen und Hoff- nungen ein, die mit der Plastikkarte im Scheckkartenformat verbunden sind. Sein Fazit lautet: Keine Angst vor der Karte!

W

enn die Planung zur bun- desweiten Einführung der Krankenversichertenkarte (KVK) eingehalten werden kann, dann werden die Versicherten aller Kassenarten ab dem 1. April 1993 in allen Arzt- und Zahnarztpraxen in Wiesbaden anstelle des traditionel- len Krankenscheins eine Plastikkarte mit einem Speicher-Chip — ähnlich der Telefonkarte — vorlegen. Ein Quartal später folgen die Regionen Böblingen und Weimar, und schließ- lich — ab 1994 — nach und nach alle übrigen Regionen der Bundesrepu- blik.

Anfänge liegen 20 Jahre zurück

So sieht es der Vertrag über die Einführung der Krankenversicher- tenkarte zwischen der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkas- sen vor (siehe dazu auch unter „Be- kanntmachungen" und „Die KBV in- formiert" in diesem Heft). Ein Ver- trag mit langer Vorgeschichte.

Schon vor 20 Jahren wurde un- ter dem damaligen Bundeskanzler Willi Brandt und dessen Arbeitsmi- nister Walter Arendt im „Gesetz zur Weiterentwicklung des Rechts der Gesetzlichen Krankenversicherung"

(KVLG) bestimmt, daß die Kran- kenkasse für jeden Versicherten und Familienangehörigen eine Versi- chertennummer und einen Versi- chertenausweis auszustellen hat. Das Nähere sollte der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates regeln.

Fünf Jahre später, zu diesem Zeitpunkt war Dr. Herbert Ehren- berg der zuständige Bundesarbeits- minister, war der Prototyp da: Eine Plastikkarte mit Hochprägung und

mechanischem Umdrucker, einge- setzt in einem Modellversuch von April bis Dezember 1977 im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Die Erfah- rungen mit diesem Versuch lagen im August 1979 auf dem Tisch. Ein Ab- schlußbericht kam unter anderem zu dem Fazit: „Der Modellversuch mit dem Versichertenausweis im Kreis Rendsburg-Eckernförde hat gezeigt, daß die Benutzung einer geprägten Plastikkarte als Ausweis der Zugehö- rigkeit zu einer Krankenkasse tech- nisch durchaus praktikabel ist. Er wurde von den Versicherten gut auf- genommen "

Weiter hieß es in dem Bericht:

„Auf finanziellem Gebiet wurde bei einer fast allgemein beobachteten Fallzahlsteigerung mit parallel lau- fender Fallkostensenkung definitiv eine Steigerung der Gesamtvergü- tung gegenüber dem jeweiligen Lan- desdurchschnitt festgestellt... We- sentliche Gefahren für die Versi- cherten wurden von den Ärzten ge- sehen, die neben verteuernden Dop- peluntersuchungen, gefährliche Doppelmedikation mit Schäden durch Arzneimittelüberdosierung, Arzneimittelinterferenzen und einen verschlechterten innerärztlichen In- formationsfluß beschrieben."

Das Deutsche Ärzteblatt kom- mentierte den Abschlußbericht mit der Überschrift „Versichertenaus- weis noch nicht spruchreif" (Heft 37/1979) und drei Ausgaben später mit dem Titel „Test-Weisheiten sprechen gegen die Scheckkarte". In

diesem Artikel hieß es: „Gemessen an den anspruchsvollen Zielvorstel- lungen, die der projektbegleitende Ausschuß in Zusammenarbeit mit dem BMA formuliert hatte, kann der Probelauf (sogar) als gescheitert be- zeichnet werden."

Eine lange Mängelliste bezog sich in erster Linie auf die techni- schen Unzulänglichkeiten der da- mals eingesetzten, vorwiegend me- chanischen Gerätschaften. Schwer- wiegender waren jedoch Bedenken, die hinsichtlich des veränderten Ver- haltens der Patienten mit steigender Primärinanspruchnahme der Fach- ärzte, der Zunahme von Doppel- und Mehrfachuntersuchungen, Dop- pel- und Mehrfachrezepturen und hinsichtlich der aus dem Kartenein- satz resultierenden Datenschutzpro- blematik geäußert wurden.

Sozialgesetzbuch und Datenschutz

Inzwischen haben wir eine um- fassende Bechreibung des Sozial-Da- tenschutzes im Sozialgesetzbuch (SGB), worauf sich der Bundesbe- auftragte für den Datenschutz, wenn es um die Verwendung (Erfassung, Speicherung und Verarbeitung) sen- sibler Patientendaten im Bereich der Sozialversicherung geht, offenbar ohne Bedenken berufen kann.

Aus Sicht der KBV waren die Ergebnisse eines Gutachtens von Prof. Dr. Sieben, Köln, bedeutsam,

Ab 1993: Versichertenkarte

Abschied vom Krankenschein:

Keine Angst vor den Karten

A1-3420 (28) Dt. Ärztebl. 89, Heft 42, 16. Oktober 1992

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Versichertenkarte mit bundeseinheitlichem Logo: Der goldene Schnitt.

der bei einer Befragung der beteilig- ten Ärzte hinsichtlich der Akzeptanz der Scheckkarte feststellte, daß die Allgemeinärzte überwiegend (66 Prozent) gegen das Ausweisverfah- ren waren, wohingegen sich die Mehrzahl der Fachärzte (75 Pro- zent) für das Verfahren ausspra- chen. Von den Arzthelferinnen vo- tierten ebenfalls 75 Prozent für das Verfahren. Die Patienten sprachen sich mit 86,7 Prozent, also mit deutli- cher Mehrheit, für den Einsatz der Karte aus.

Die Stellungnahme des damali- gen Vorstandes der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung zum Versi- chertenausweis schloß mit der Aus- sage: „Das Testergebnis rechtfertigt insbesondere aber mit Rücksicht auf die Wahrung des Persönlichkeits- schutzes der Versicherten die Ein- führung eines Versichertenausweises nicht."

Um es vorwegzunehmen: Mit Rücksicht auf die Wahrung des Per- sönlichkeitsschutzes der Versicher- ten wird die Einführung der Kran- kenversichertenkarten und der dar- aus resultierenden Erfassung einer großen Zahl sensibler Patientenda- ten auch vom heutigen Vorstand der KBV unverändert kritisch beurteilt.

Doch zurück zur Chronologie der Entwicklung: Die AOK Wiesba- den führte im September 1985 eine ebenfalls einfache, mechanisch abzu- rollende Plastikkarte mit Hochprä- gung ein: die sogenannte AOK-Card.

Zur Durchsetzung ihrer Ziele, insbe- sondere der Reduzierung des Ver- waltungsaufwandes und eines besse- ren Services für die Versicherten, stellte die AOK Wiesbaden den Ärz- ten und Zahnärzten die erforderli- chen Umdrucker kostenlos zur Ver- fügung, so daß Ende Oktober 1986 bereits über 80 Prozent von ihnen über einen Imprinter verfügten. Die Akzeptanz der Karte war bei den Pa- tienten ebensogut wie bei den Ärz- ten. Und: Die Einsparung von Ver- waltungskosten bei der AOK in Wiesbaden war offensichtlich so überzeugend, daß sich das BMA ver- anlaßt sah, der Einführung eines Versichertenausweises in Form einer Scheckkarte erneut näherzutreten, zumal andere Krankenkassenver- bände auf eine verbesserte Transpa-

renz des Leistungsgeschehens in der Gesetzlichen Krankenversicherung drängten. Die gesetzlichen Voraus- setzungen wurden mit dem Gesund- heits-Reformgesetz (GRG) 1989 in § 291 SGB V unter Norbert Blüm ge- schaffen.

11■I

Mehr Transparenz mit moderner Datentechnik

Das Ziel der Einführung der Krankenversichertenkarte folgt da- mit eindeutig dem seit 20 Jahren vor- getragenen Begehren der Kranken- kassenverbände nach mehr Transpa- renz in der GKV durch Nutzung mo- derner Datentechnik. Es blieb dem

Gesundheitsminister Seehofer als viertem im Bunde vorbehalten, unter Androhung einer Ersatzvornahme auf den Abschluß der Verträge bis Juli 1993 in seinem Entwurf für ein Gesundheits-Strukturgesetz zu be- stehen.

Was, so muß man fragen, hat sich seither aus Sicht der Ärzte, der ärztlichen Körperschaften, geän- dert? Was hat sich vor allem hin- sichtlich der Erfahrungen nach dem Modellversuch in Rendsburg-Ek- kernförde aus Sicht der Ministerial- bürokratie geändert, daß der Gesetz- geber sich veranlaßt sah, sich über alle Bedenken, trotz Volkszählungs- urteil und grundgesetzlich garantier- tem Recht der Bürger auf „informa- tionelle Selbstbestimmung", hinweg- zusetzen?

Es ist davon auszugehen, daß die Ausgabenentwicklung im Gesund- heitswesen, das Verlangen nach

sparsamer und sinnvoller Verwen- dung der verfügbaren Mittel durch eine verbesserte Transparenz des Leistungsgeschehens, im Vorder- grund der Überlegungen des Mini- steriums und der Krankenkassenver- bände stand, zumal die Erfahrungen der AOK Wiesbaden offensichtlich neue Erkenntnisse vermittelten und eine vergleichsweise bessere Akzep- tanz aller Beteiligten haben erken- nen lassen. Die Datenschutzgesetz- gebung und deren inzwischen erfolg- te Einbindung im Sozialrecht er- leichterten trotz der unverändert vorgetragenen Bedenken der Ärzte („gläserner Patient") die Entschei- dung, zumindest aus Sicht der Pro- tagonisten der Karte.

Darüber hinaus sind die techni- schen Fortschritte zu berücksichti- gen, die sowohl die Kartentechnik als auch die Datenverarbeitung bei den Krankenkassen betreffen. Zahl- reiche, vom Bund geförderte, mo- dellhafte Analysen des Verschrei- bungsverhaltens der Kassenärzte, Grundlage einer jeden gezielten Pharmakotherapieberatung, hatten sich als zwar nützlich, mit konventio- nellen Mitteln der Datenerfassung aber als viel zu zeitraubend und auf- wendig erwiesen.

Allerdings: Angesichts der un- vorhersehbaren Aufgaben, die sich aus der Wiedervereinigung ergaben, blieb den Selbstverwaltungen wenig Zeit, die gesetzliche Anordnung aus dem GRG umzusetzen. An eine Ausgabe der Karte an alle Versi- cherten bis zum 1. Januar 1992 war überhaupt nicht zu denken. Gewiß war für die Verzögerung bei der Um- Dt. Ärztebl. 89, Heft 42, 16. Oktober 1992 (29) A1-3421

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kommerzielle PC-Software

Minimallösung mit Patientenverwaltung

Karten- Terminal

Karten- Terminal

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Drei Möglichkeiten für den Arzt: Ganz oben die einfachste Lösung mit einem Kartenlesege- rät und einem angeschlossenen Drucker, in der Mitte die Kombination Lesegerät und kom- merzielle PC-Software, unten die Verbindung Lesegerät und PC mit einfacher Patientenverwaltung.

setzung des Gesetzesauftrages auch die unverändert skeptische Haltung vieler Ärzte verantwortlich, die sich im Sommer 1991 freiwillig nur zu knapp 50 Prozent in den damals vor- gesehenen Feldversuchsregionen Rendsburg-Eckernförde und Dort- mund beteiligen wollten. Die Grün- de hierfür waren mit den bereits 1979 vorgetragenen Bedenken weit- gehend identisch, insbesondere was die Folgen für die hausärztliche Ver- sorgung und die technischen Unzu- länglichkeiten des Verfahrens anbe- langte.

Fortschritte relativieren einige Bedenken

Das darf aber nicht darüber hin- wegtäuschen, daß sowohl in organi- satorischer als auch in verfahrens- technischer Hinsicht vieles weiter- entwickelt wurde, was geeignet ist, einige der vorgebrachten Bedenken

zu relativieren. Nichtsdestoweniger trug die Haltung der Ärzte in den zwei genannten Regionen dazu bei, das Unterschriftsverfahren unter die nahezu fertigen Verträge zu verzö- gern, ungeachtet der Tatsache, daß die Kassenärzte im Raum Wiesba- den — mit der Anwendung eines Kartensystemes vertraut — mehr- heitlich bereit waren, die neue Karte zu erproben.

Inzwischen hatte sich das Fran- zösische Gesundheitsministerium, in Kenntnis der deutschen Aktivitäten, um Kontakte zur Kassenärztlichen Bundesvereinigung bemüht und um eine Präsentation unseres nationalen Vorhabens auf einer internationalen Kartenkonferenz') im Frühjahr 1991 in Barcelona gebeten. Kostenerwä- gungen waren bis dahin für die Kran- kenkassenverbände Grundlage der Entscheidung für eine Karte mit Hochprägung (wie 1977 in Rends- burg-Eckernförde) für konventionell arbeitende Ärzte und einen Magnet-

streifen auf der Kartenrückseite für Ärzte mit Praxis-Computern, ähnlich den Kredit-Karten der Banken.

Magnetstreifenkarte:

Weg

Weg in die Sackgasse

Die KBV glaubte sich bis dahin den Kostengesichtspunkten nicht verschließen zu können. Internatio- nal war hingegen eine Entwicklung im Gange, die nicht nur weit über die rein administrative Nutzung von Kartensystemen hinausging, sondern längst eine sehr viel modernere Technik — den Mikro-Chip — für vielfältige medizinische Anwendun- gen nutzte. Seit 1985, so erfuhren wir, waren über vierzig verschiedene Anwendungen allein in Frankreich in Erprobung. In ganz Europa wer- den unterschiedliche Kartensysteme, mehrheitlich auch zur verbessserten medizinischen Kommunikation, er- probt.

Was lag näher, als die aus ande- ren Gründen verursachte Verzöge- rung als willkommene Denkpause zu nutzen und der Einführung einer Krankenversichertenkarte in der Bundesrepublik einen neuen, erwei- terten Sinn zu geben. Keinen Sinn schien es uns nach den neuen Er- kenntnissen jedenfalls zu machen, mit einem gigantischen finanziellen, organisatorischen und logistischen Aufwand eine zum Zeitpunkt der Einführung bereits veraltete Technik zu verwenden, die über die rein ad- ministrative Anwendung hinaus zu nichts sonst von Nutzen sein konnte.

Der Vorstand der KBV beschloß schließlich (auf Vorschlag des Au- tors) im Dezember 1991, bei den Krankenkassenverbänden den Ein- satz der Chiptechnik anstelle der ge- planten Magnetstreifenkarte anzure- gen.

Obschon das Bundesgesund- heitsministerium darin nur eine er- neute Verzögerungstaktik der Ärzte argwöhnte, gelang es, die Vertreter der Spitzenverbände der Kranken- kassen davon zu überzeugen, daß die Einführung einer Magnetstreifen- karte in die Sackgasse geführt hätte.

Trotz der zunächst höheren Kosten einer Chip-Karte konnten die Vor- A1-3424 (32) Dt. Ärztebl. 89, Heft 42, 16. Oktober 1992

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teile eines langfristigen, medizini- schen Zusatznutzens — auch im In- teresse der GKV — vermittelt wer- den. Die Verträge sind nunmehr un- terzeichnet, und alle Kassen haben sich auf ein gemeinsames Logo, das mit Leonardo da Vincis goldenem Schnitt den Menschen in den Mittel- punkt rückt, geeinigt.

Der Weg, der von der KBV ein- geschlagen wurde, ignoriert nicht die Bedenken und Befürchtungen, die mit jedweder Kartentechnik im Ge- sundheitswesen verbunden sind. Die Auswirkungen auf die hausärztliche Versorgung, das Patientenverhalten und auch auf die Kostenentwicklung werden gemäß Anlage 3 des Vertra- ges durch eine wissenschaftliche Be- gleituntersuchung analysiert. Die daraus zu ziehenden Schlußfolge- rungen müssen bei der zweiten Pha- se der Einführung in allen Bundes- ländern Berücksichtigung finden.

Der eingeschlagene Weg eröff- net aber neben mehr Transparenz im Gesundheitswesen, der wir uns, was die ärztliche Leistungsabrechnung angeht, auf Dauer nicht verschließen können, eine ganz neue Dimension der medizinischen Information und Kommunikation. Das seit vielen Jah- ren geforderte „record linkage" ist in greifbare Nähe gerückt. Wenngleich der Bundesbeauftragte für den Da- tenschutz rigide an seiner Position festhält, daß die KVK ausschließlich die im § 291 SGB V aufgeführten acht Daten enthalten darf und auch immer neue Forderungen zur Ver- hinderung des Mißbrauches der frei- en Felder des nur 256 Bytes großen Speicherchips nachlegt, wird da- durch die Einführung einer „Ge- sundheitskarte" (Patienten-Karte, health-card) auf freiwilliger Basis nicht behindert werden.

Auf freiwilliger Basis:

Beispiel Notfallausweis

Anwendungsbeispiele für einen Notfallausweis in einer Prozessor- Chipkarte (smart-card) mit definier- ter Zugriffsberechtigung nur für le- seberechtigte Angehörige der Ge- sundheitsberufe mit Hilfe einer Schlüsselkarte liegen ebenso vor wie

Bereits veraltet: Der Magnetstreifenleser für EDV-Anwender. Der Speicher-Chip kann mehr.

Spezialanwendungen für Risikopa- tienten. Musterbeispiel dafür ist das französiche „DIALYBRE"-Modell für Dialysepatienten. Das Zentralin- stitut (ZI) für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland ist im übrigen im Rah- men des AIM-Projektes 2) der EG mit der Entwicklung einer Karte für die Langzeitbetreuung von Diabetikern befaßt.

Die Mobilität der Bürger Euro- pas fordert die internationale Zu- sammenarbeit trotz oder wegen der unterschiedlichen Gestaltung der Gesundheitssysteme. Das macht wie- derum ein Höchstmaß an Abstim- mung bei der Normierung von Kar- tensystemen in den eigens hierfür bei der EG installierten technischen Kommissionen notwendig. Auch hier sind Experten der KBV bereits tätig.

Wenn am 25. November 1992 von der GMD (Gesellschaft für Mathe- matik und Datenverarbeitung mbH), Institut für Telekooperationstechnik, Darmstadt, das elektronische Rezept mit digitaler Unterschrift vorgestellt wird, so ist der nächste Schritt in die Zukunft einer Gesamtstrategie zur Rationalisierung im Gesundheitswe- sen aufgezeigt. Es ist abzusehen, daß keine gesetzliche Maßnahme der Strukturänderung im Gesundheits- wesen eine größere Wirkung entfal- ten wird als die absehbare und konse- quente Nutzung moderner Daten- technik. Dabei müssen wir uns gewiß

vor einer naiven Fortschrittsgläubig- keit hüten. Deswegen ist Schritt für Schritt die Verfassungsverträglich- keit aller Einzelvorhaben unverzicht- bar zu überprüfen.

Die Einführung der Karte ab 1993 wird so auch im Kontext mit den Forderungen des Gesetzgebers nach einer maschinenlesbaren Kas- senarztabrechnung (§ 295 SGB V) mit Verschlüsselung der Diagnosen nach dem vierstelligen ICD (Interna- tional Code of Diseases) den Einsatz von EDV in der Arztpraxis wenn nicht unverzichtbar machen, so doch mehr als nur angeraten erscheinen lassen.

Alles in allem läßt sich heute — ein halbes Jahr vor der Einführung der Krankenversichertenkarte — sa- gen: Keine Angst vor den Karten!

Die KVen werden sich alsbald der Aufgabe einer umfassenden Infor- mation ihrer Mitglieder stellen. Sie werden Ärzten mit und ohne Praxis- Computer die Anwendung der Karte vermitteln. Die Industrie und Soft- warehäuser werden Ärzten ohne Computer Einstiegslösungen kosten- günstig zur Verfügung stellen.

Weder der gläserne Patient noch der gläserne Arzt müssen bei kom- promißloser Beachtung der Persön- lichkeitsrechte am Ende dieser Ent- wicklung stehen. Der Umstieg auf die Chip-Technik bedeutet vor allem die Eröffnung des medizinischen Nutzens, bessere Kommunikation und Information und Chancen der Qualitätssicherung und Kostenbe- grenzung in der Medizin.

Und schließlich: Nicht wir Ärzte, sondern die Gesellschaft wird ent- scheiden müssen, wieviel Transpa- renz sie aus welchen Beweggründen künftig zulassen will.

Dr. Otfrid P. Schaefer, Zweiter Vorsitzender der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Str. 3, W-5000 Köln 41

1) Third Global Conference an Patient Cards, 12.-15.

März 1991 in Barcelona

2) „Advanced Informatics in Medicine" (AIM) im Jah- re 1991-1994 — Projektkooperation DIABCARE und CHIPCARD-Technology

Dt. Ärztebl. 89, Heft 42, 16. Oktober 1992 (33) A1-3425

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