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Archiv "Keine Macht den Drogen: Aufklärung — Hilfe — Strafe: Schluß mit der doppelten Moral" (18.09.1992)

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Todesmacht der Drogen

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harter Drogen:

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Quelle: BMI Immer mehr Drogentote fallen ihrer Sucht zum Opfer. 992 Drogentote im ersten Halb- jahr diese Jahres — so viele wie im ganzen Jahr 1989 — lassen bis zum Jahresende ei- nen Rekord erwarten. Seit 1987 sind damit mehr als 6600 Drogenopfer zu beklagen.

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Haupttriebfeder des Drogen- handels seien die enormen Profite, sagte Bundesjugendministerin Dr.

Angela Merkei (CDU). Die weltwei- ten Gesamtumsätze des illegalen Rauschgifthandels würden inzwi- schen auf bis zu 800 Milliarden DM jährlich geschätzt. In der Bundesre- publik betrage der geschätzte Ge- winn der Drogenhändler etwa fünf bis zehn Milliarden DM. Ein ent- scheidender Ansatz zur Bekämpfung der großen Rauschgiftdealer sei des- halb der Zugriff auf das verbreche- risch erworbene Vermögen der Händler und ihrer Helfer. Das von Bundesinnenminister Rudolf Seiters vorgeschlagene „Gewinnaufspü- rungsgesetz" sei der wirkungsvollste Weg, die Schwerkriminellen dort zu packen, wo es sie am härtesten träfe, nämlich an ihrem Geldbeutel. Das

„Gesetz zur Bekämpfung des illega- len Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisier- ten Kriminalität" sehe eine Verbes- serung des Ermittlungsinstrumenta- riums vor, durch die die Strafverfol- gungsbehörden in den Kernbereich der kriminellen Organisationen ein- dringen können. Die Behandlungs- und Beratungsangebote müßten kontinuierlich verbessert und ausge- baut werden, forderte die Ministerin.

In der Diskussion um eine Frei- gabe und Legalisierung von soge- nannten weichen Drogen bezog Hans-Ludwig Zachert, Präsident des Bundeskriminalamtes, eine eindeu- tig ablehnende Position. Ebenso wandte sich Zachert gegen eine kon- trollierte Abgabe von harten Dro- gen. Angesichts einer steigenden Zahl von Konsumenten würde da-

durch die Beschaffungskriminalität sogar noch steigen. Doch auch Za- chert stellte fest, daß das Strafrecht allein nicht ausreiche, um die Zahl der Drogentoten zu reduzieren.

Trotz des zunehmenden Dro- genkonsums insgesamt habe die Auf- klärung bei jüngeren Jahrgängen Er- folge erzielt, betonte Bundesgesund- heitsminister Seehofer (CSU) weni- ge Wochen später. Prävention im Kampf gegen den Mißbrauch von Drogen sei um so wirksamer, je frü- her sie einsetze und je länger sie durchgeführt werde.

Die Substitution kommt nach Auffassung des Bundesgesundheits- ministers nach wie vor nur in eng be- grenzten Fällen in Frage. Ausstieg sei eben allemal besser als Umstieg.

Gleichwohl wolle die Bundesregie- rung prüfen, ob zur Verbesserung der Substitution bei Drogenabhängi-

Neuer Drogenbeauftragter

Die Bundesregierung befürchtet eine neue Welle harter Drogen in Westeuropa. Innenminister Rudolf Seiters (CDU) sprach nach einer Ka- binettssitzung in Bonn von einer

„weltweit dramatischen Zunahme des Rauschgifthandels", die ihren Höhepunkt in Westeuropa vermut- lich noch nicht erreicht habe.

Als Gründe nannte Seiters ei- ne Erhöhung der internationalen Rauschgift-Produktion und die Sätti- gung des nordamerikanischen Mark- tes. Zudem stünden Produzenten

gen außer Levamethadon in Zukunft auch Methadon verwendet werden könne. Zugleich seien weitere Ver- besserungen für die betroffenen Pa- tienten geplant — zum Beispiel die Erhöhung der Verschreibungsmenge und ein flexiblerer Vergabemodus.

Für geeignete Substitutionspatienten soll es nicht mehr nötig sein, auch an Wochenenden und Urlaubstagen ih- ren Arzt aufzusuchen, um ihre Ta- gesdosis in Empfang zu nehmen.

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und Händlern durch die Entwick- lung in Osteuropa und die geplante Grenzöffnung innerhalb der Euro- päischen Gemeinschaft zusätzliche Bewegungsmöglichkeiten offen.

Die Zahl der Drogentoten in die- sem Jahr stieg unterdessen bis August auf 1180. Das entspricht einem An- stieg um rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In den neuen Bundesländern spielen Rauschgift- handel und -konsum nach Angaben des Ministers noch keine Rolle. Bun- desgesundheitsminister

Keine Macht den Drogen: Aufklärung — Hilfe — Strafe

Schluß mit der doppelten Moral

Die Zahl der Drogentoten ist in der ersten Hälfte des Jahres 1992 erneut angestiegen. Die Zahl der polizeilich erfaßten Erstkonsu- menten harter Drogen stieg im ersten Halbjahr 1992 auf 5413 an, teilte das Bundesinnenministerium mit. Bei einem Fachgespräch im Konrad-Adenauer-Haus in Bonn diskutierten Experten über Möglichkeiten der Prävention und Therapie. Bundesgesundheits- minister Horst Seehofer äußerte sich wenig später ebenfalls zur Drogenproblematik: mehr Gewicht und Geld für die Aufklärung.

Europa droht Drogenwelle

A1-3018 (26) Dt. Ärztebl. 89, Heft 38, 18. September 1992

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Allgemeinmedizin: Ringen um Etablierung

Horst Seehofer (CSU) verteidigte die bisherige Doppelstrategie der Bundesregierung. Nur durch staatli- che Repression einerseits sowie The- rapie- und Resozialisierungsmaß- nahmen andererseits sei dem Dro- genproblem beizukommen. „Weiche Wellen", etwa die Freigabe von Can- nabis-Produkten, lehnte der Mini- ster erneut entschieden ab.

Seehofer kündigte die Aufstok- kung der Mittel für Vorbeugemaß- nahmen von 18 auf 23,5 Millionen Mark an. Als weiteren Schritt er- nannte das Bundeskabinett den Par- lamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Eduard Lintner (CSU), zum Drogenbeauf- tragten.

Die stellvertretende SPD-Frak- tionsvorsitzende Ingrid Matthäus- Maier warf der Bundesregierung Versagen im Kampf gegen die „uner- trägliche Entwicklung" der Drogen- kriminalität vor. Sie forderte ver- schärfte Vorschriften gegen Geldwä- scher im geplanten Gewinnaufspü- rungsgesetz. Suchtkranke sollten ih- ren Tagesbedarf kontrolliert vom Arzt erhalten.

Die Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren in Hamm hat die Er- nennung Lintners zum Drogenbe- auftragten scharf kritisiert. In einer Pressemitteilung heißt es: „Deutli- cher kann man das Übergewicht re- pressiver Drogenpolitik nicht zum Ausdruck bringen." Gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt sagte Ge- schäftsführer Rolf Hüllinghorst, sei- ne Organisation hätte eine Person aus der Präventiv-Arbeit als Drogen- beauftragten bevorzugt. Lintner hin- gegen sei eher ein Anhänger polizei- licher Drogenbekämpfung.

Eduard Lintner bescherte sein neuer Posten indes eine erste Panne.

In einem Interview mit dem Bayri- schen Rundfunk antwortete er auf die Frage „Was sagt Ihnen das Wort 'Turkey'?" mit der Erklärung: „Hier handelt es sich um eine besondere Art — soviel ich weiß — von Rausch- gift, das aus einer bestimmten Regi- on — möglicherweise — der Welt kommt." — „Turkey" ist ein seit Jah- ren bekannter feststehender Begriff für die Entzugserscheinungen eines Heroinsüchtigen beim Entzug ohne Ersatzdrogen. ch

Die Neuorientierung und Aus- gestaltung der ärztlichen Aus- und Weiterbildung war Gegenstand eines Symposiums an der Charit, zu dem der NAV-Virchowbund und die Me- dizinische Fakultät der Humboldt- Universität geladen hatten. Es trafen sich Vertreter des Bundesministeri- ums für Gesundheit, der Ärztekam- mern und des Bundesgesundheits- amtes mit den Lehrbeauftragten der Allgemeinmedizin und praktisch tä- tigen Ärzten, um Fragen der primär- ärztlichen Versorgung zu beraten.

Die Initiatoren wollten mit den Re- ferenten Robert G. Petersdorf, M. D., Präsident des Verbandes der Amerikanischen Medizinischen Fa- kultäten, und Prof. Dr. med Peter Helmich, Lehrbeauftragter für All- gemeinmedizin der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf, den Konsens einer Reform der ärztlichen Ausbil- dung im Sinne einer „prägenden Neuorientierung" als Herausforde- rung und Auftrag an Fakultäten, Po- litik und Gesellschaft herantragen.

Kompetente Kraft

Petersdorf stellte die geringe ge- sellschaftliche Anerkennung des Fachgebietes „Allgemeinmedizin"

dar, wie sie sich für den angehenden Mediziner schon im Studium offen- bart. Dem muß mit der Anhebung des Fachgebiets „Allgemeinmedizin"

in einen den anderen Fachgebieten gleichwertigen akademischen Rang und der finanziellen Aufwertung der medizinischen Grundversorgung entgegengewirkt werden.

Mit einem sechsjährigen Medi- zinstudium soll aus einem Laien ein Arzt werden, dem mit der Approba- tion bescheinigt wird, zu eigenver- antwortlichem, selbständigem ärztli- chen Handeln befähigt zu sein. Da dieses Ziel, so Helmich, von keiner medizinischen Fakultät erreicht wird, sollte die Approbation im heu- tigen Sinne erst mit der Gebietsaner- kennung, mit dem Abschluß der Weiterbildung erteilt werden. Die primärärztliche Versorgung müsse bereits in der Ausbildung einen grö-

ßeren Stellenwert erfahren. Dazu sei der ambulante Bereich stärker als bisher in die Ausbildung der Studen- ten einzubeziehen, um so die Grund- versorgung rechtzeitig zu integrie- ren. Das Ausbildungsziel werde sich am ärztlichen Betreuungsauftrag ori- entieren. Schon im Studium müsse ermittelt werden, daß nicht Krank- heiten, sondern Kranke zu behan- deln sind. Jeder Studieninhalt sollte auf seine Relevanz im primärärztli- chen Aufgabenbereich geprüft wer- den. Studieren müsse heißen, pro- blemorientiertes Lernen einzuüben.

Nach Professor Helmich ist die bisher vernachlässigte psycho-soziale Kompetenz des Arztes gleichwertig derjenigen in der biologisch-techni- schen Medizin. Das bio-psychosozia- le Betreuungskonzept werde der In- halt reformierter Studiengänge. Der 95. Deutsche Ärztetag in Köln hat im Rahmen der Weiterbildung be- schlossen, auch den Weiterbildungs- gang „Allgemeinmedizin" neu zu ordnen. Die Aufteilung der ärztli- chen Tätigkeiten in 41 Gebiete, 18 Teilgebiete und 23 Zusatzbezeich- nungen mache eine kompetente, in- tegrierende Kraft wie die Allgemein- medizin unverzichtbar, hieß es in Berlin.

Der Schwerpunkt der allgemein- medizinischen Weiterbildung müsse in einer qualifizierten, ermächtigten Allgemeinpraxis liegen.

Wie Helmich betonte, sollten die Rahmenbedingungen für die Weiterbildungspraxis verhindern, daß der Assistent nur Arbeiten für den Praxisinhaber bei „nicht wichti- gen", „leichten" Patienten erledigt.

Weiterbildungsermächtigung bedeu- te Verpflichtung zum Weiterbilden, d. h. erklären, informieren, den Übenden zu beobachten, zu korrigie- ren, zu ermutigen, zu loben.

Die Weiterbildung verlange vom Praxisinhaber eine zusätzliche Lei- stung, für die eine Vergütung vorge- sehen werden müsse. Die Gehälter der Weiterbildungsassistenten müß- ten von den gesetzlichen Kranken- kassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen übernommen wer- den. Marlis Scheunemann, Berlin A1 -3020 (28) Dt. Ärztebl. 89, Heft 38, 18. September 1992

Referenzen

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