Das Problem ist altbe- kannt. Patienten, die etwa vor einer Operation stehen, verstehen die Erläuterungen des behandelnden Arztes nicht. Einer jüngeren Studie zufolge weiß jeder vierte Pa- tient nicht einmal, welches Organ ihm denn operiert werden soll. Ein katastropha- ler Zustand – doch vielleicht kann Kollege Computer hier schon bald Abhilfe schaffen.
Das jedenfalls hofft Michael Nägele, Medizininformatiker an der Universität Heidel- berg. Gemeinsam mit seiner Kollegin Nela Slivljak hat er ein multimediales Patienten- Informierungs-System ent- wickelt, dessen Prototyp kürzlich vorgestellt wurde.
Spielerische Information
„Wir wollen nicht kno- chentrockenes Wissen ver- mitteln, sondern den Patien- ten die Möglichkeit geben, sich spielerisch zu informie- ren“, meint Nägele. Bereits fertig ist das Programm für die Orthopädie. Zum Beispiel Coxarthrose: Berührt der Pa- tient mit dem Finger dieses Wort auf dem Monitor, wird erklärt, daß die Arthrose eine Abnutzungskrankheit der Gelenke ist, die bei fast allen Menschen in höherem Le- bensalter zumindest in leich- ter Form auftritt. Der Benut- zer kann nun selbst bestim- men, ob er weitere Informa- tionen etwa zur Prophylaxe oder auch zu einer eventuel- len Operation haben möchte.
Das System nutzt dabei die vielen Möglichkeiten multimedialer Präsentation.
Je nachdem erscheint ein vir- tueller Arzt auf dem Bild- schirm und erläutert münd- lich, oder man kann sich Vi-
deofilme oder 3-D-Anima- tionen ansehen. Auch wer noch gar nicht weiß, wonach er sucht, kommt zum Ziel:
der Startbildschirm zeigt Leonardo da Vincis berühm- ten Mann und die Aufforde- rung: „Zeigen Sie auf die Stelle, die weh tut!“ Das Or- thopädie-Programm liegt auf CD-ROM vor. Seit Anfang Januar ist an der Univer- sitätshautklinik in Heidel- berg ein vergleichbares Sy- stem zum Thema AIDS in- stalliert worden. „Kurz- bis mittelfristig wollen wir das Patienten-Informierungs-Sy- stem auf alle medizinischen Fächer ausdehnen“, erläutert Michael Nägele. Sowohl in Kliniken als auch im Warte- raum der Arztpraxis könnten dann PC aufgestellt werden, an denen sich Patienten in- formieren können.
Außerdem ist daran ge- dacht, eine Internet-Version des Systems aufzubauen. Da- bei soll allerdings auf die multimedialen Elemente ver- zichtet werden, weil es ganz einfach viel zu lange dauern würde, aufwendige Grafiken oder Animationen herunter- zuladen. Dafür soll diese Nutzung es aber ermögli- chen, Kommunikationsforen für Patienten zu integrieren, in denen sie miteinander
„chatten“ können.
„Darüber hinaus streben wir an, ein Team von medizi- nischen Experten zu bilden, das via Internet Patientenan- fragen auch individuell be- antworten kann, wie es in den USA teilweise schon ge- macht wird“, erläutert Näge- le seine Visionen für eine et- was fernere Zukunft. Eine Demo-Version des Informie- rungssystems läßt sich jeden- falls schon heute im Internet abrufen: http://www.rzuser.
uniheidelberg.de/~mhaegele/
start/htm. Kay Müllges
Virtuelle Medizin
Aufklärung mit Hilfe des Computers
V A R I A TECHNIK FÜR DEN ARZT
A-2271 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 36, 5. September 1997 (55)
A-2272 (0) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 36, 5. September 1997 1
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V A R I A PERSONALIEN