SPEKTRUM LESERBRIEFE
Gesundheitswesen
Zu dem „Seite eins"-Beitrag „Die Chance nutzen" von Norbert Jachertz in Heft 22/1995:
Treffer
Wieder einmal haben Sie sich zu Wort gemeldet mit ei- nem „Treffer". Ich gratuliere Ihnen dazu. Es ist wirklich vieles zu tun! Wir brauchen eine zentrale Ausbildungs- stätte für Kolleginnen und Kollegen, welche Talent und Freude haben am Vertrags- arztwesen und der Berufspo- litik. Mit Dilettanten und Aspiranten werden wir nichts erreichen. Wir brauchen pro- fessionelle Leute auf diesem Gebiet.
Herr Minister Seehofer hat dies auch sehr klar zum Ausdruck gebracht. In einem Satz in Stuttgart sagte er: „Sie haben einen starken Ver- tragspartner", und er meinte die Krankenkassen.
Wie dem auch sei, wir alle sind dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen, und wir werden es hoffentlich richtig anpacken!
Dr. med. Albrecht Bihl, Ru- he-Christi-Straße 22, 78628 Rottweil
Altersgrenze
Reformvorschläge zur Ärzteversor- gung:
Staffelung nach Fachrichtung
Es gibt in der Ärztever- sorgung eine Ungerechtig- keit, die meiner Meinung nach schnell und einfach mit ein bißchen Flexibilität (und weniger Bürokratie) korri- gierbar wäre.
Da wir nicht alle den glei- chen Schwierigkeitsgrad und die gleiche Arbeitsbelastung haben, schlage ich vor: eine Staffelung der Renten-Al- tersgrenze nach Fachrich- tung. Für die mehr belasteten Fächer (dazu zähle ich Allge- meinmedizin, Pädiatrie, In- nere, Gynäkologie und Chir- urgie) wäre die unterste
Grenze das 61./62. Lebens- jahr, für den Rest ein „ge- streckter" Zeitraum bis zu dem 67. Lebensjahr. Für Frauen mit Kindern wäre ein Bonus von 6 bis 18 oder 24 Monaten sinnvoll.
Ein frühzeitiges freiwilli- ges Ausscheiden aus dem Be- rufsleben (mit entsprechen- den Abzügen) könnte nach wie vor weiterbestehen.
Durch diese „Reformierung"
wäre nicht nur mehr Gerech- tigkeit realisierbar, sondern es gäbe auch mehr neue Ar- beitsplätze für die jungen Kollegen.
Dr. med. G. Wolcz, Eller- straße 155, 40227 Düsseldorf
Arbeitsmarkt
Zu dem „Seite eins"-Beitrag „Düste- re Prognosen" von Fritz Beske in Heft 24/1995:
Mehr Solidarität
Der Arbeitsmarkt für Ärzte ist nicht gerade rosig, und mich als Berufsanfänger betrifft das, im Hinblick auf meine weitere Ausbildung und damit berufliche Zukunft im Anblick knapper Stellen- angebote und nur kurzzeiti- ger Arbeitsverträge, beson- ders.
Überrascht bin ich, daß Herr Beske in diesem Zusam- menhang die allerorts einge- forderten und geleisteten Überstunden, die bekannt sind und in vielen Kranken- häusern rein rechnerisch bei- nahe einer halben zusätzli- chen Stelle je Assistenzarzt entsprechen, nicht berück- sichtigt. Der tatsächliche Stellenbedarf für ärztliches Personal dürfte wohl höher sein, als bisher (wie auch im- mer) berechnet, und die hier beklagte Arbeitslosigkeit ist somit zum Teil auch „hausge- macht".
Mit mehr Solidarität könnte man noch etliche Stel- len für Kolleginnen und Kol- legen schaffen, was mehr hilft, als ihre Situation zu be- klagen.
Harald Orth, Wilhelmstraße 53, 35392 Gießen
Zur Berichterstattung über den 98.
Deutschen Ärztetag in Heft 23/1995:
Taten folgen lassen
In Anbetracht der Ar- beitsbedingungen, die jungen Ärzten an manchen Kliniken zugemutet werden, entsteht der Eindruck, daß sich ein Teil der Chefärzte und Ver- waltungsleiter für nichts zu mies ist. Erfreulich und längst überfällig also die harsche Kritik, die dieses Verhalten auf dem 98. Deutschen Ärz- tetag fand. Bleibt zu hoffen, daß diesen Worten auch Ta- ten folgen werden.
Ein Wort zur Selbstkritik soll allerdings nicht fehlen:
Solche Arbeitsbedingungen werden dadurch gefördert, daß es Ärzte gibt, die bereit sind, zu diesen Bedingungen zu arbeiten. Leider dominiert unter uns Jungärzten immer noch, wie schon zu Studien- zeiten zu beobachten, der Typ des angepaßten Einzel- kämpfers. Wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn dies ausgenutzt wird.
Dr. Mark Pilz, Uferstraße 30, 26135 Oldenburg
Sprachliches
Zur geschlechtlichen Trennung von Ärztinnen und Ärzten
und
den Leser- briefen dazu in den Heften 20 und 24/1995:Trennung sämtlicher Hauptwörterinnen
Wir glauben, die von pseudoemanzipierten Leser- briefschreiberinnen wie Frau Alexandra Bajorski-Brandt geforderte Sprachverkompli- zierung, die als Anpassung an eine moderne Welt interpre- tiert wird, sollte sich nicht auf die sprachgeschlechtliche Trennung von Hausärztinnen und Hausärzten, Pfadfinde- rinnen und Pfadfindern be- schränken.
Frau Bajorski-Brand schreibt von „modernen Au- tos" und „von neuen Compu- tern". Mit welchem Recht?
Der weibliche Produktanteil in Autos und Computern
wird völlig unterdrückt! Kor- rekt müßte der Satz lauten:
Die Zeitlnnen ändern sich, wir fahren moderne Autinnos und kaufen neue Compute- rInnen.
Wir fordern die sprachge- schlechtliche Trennung sämt- licher Hauptwörterinnen der deutschen Sprachin!
Angelika und Dr. med. Peter Heilberger, Heimerichstraße 92, 90419 Nürnberg
Umbenennen
Ich möchte vorschlagen, das DÄ umzubenennen:
entweder „Deutsches Ärztinnen- und Ärzteblatt", oder „Deutsches Ärztinnen- blaff".
Dr. med. Hans Runge, Harz- burger Straße 19, 38124 Braunschweig
Abtreibungsrecht
Zu dem Leitartikel in Heft 27/1995
„Überraschende Einigung" von Gisela Klinkhammer:
Kein Anlaß zur Freude
Die bisherige 22-Wochen- Grenze kann übersprungen werden, und eine Abtreibung kann auch wegen seelischer Belastungen, die in der Zu- kunft auftreten könnten — et- wa durch die Belastungen mit einem Morbus-Down-Kind — bis zum Geburtstermin erfol- gen. Ein solcher Eingriff wäre sogar rechtmäßig.
Da die Ärzte der Frau das tote Kind schulden, ist damit der Einstieg in die Früheu- thanasie erreicht. Die Weige- rungsmöglichkeit, an einem solchen social-engineering und an Euthanasiemaßnah- men mitzuwirken, ist durch die Zuordnung der eugeni- schen Indikation zur erwei- terten medizinischen Indika- tion weitgehend einge- schränkt.
Diese Veränderungen können zur Katastrophe für die hippokratische Ethik in Deutschland werden .. .
Dr. med. Wolfgang Furch, Städtisches Krankenhaus, Chaumont-Platz 1, 61231 Bad Nauheim
A-2158 (8) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 33, 18. August 1995