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Archiv "Neue Antidiabetika: Mehr Flexibilität für Diabetiker" (17.07.2000)

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s ist Bewegung in die Diabetologie gekommen.

Neue orale Antidiabeti- ka, die gezielt die Glukose- spitzen nach dem Essen ab- fangen, Insulinsensitizer, die das ursächliche Prinzip des Typ-2-Diabetes – die Insulin- resistenz – bekämpfen, ein erstes 24-Stunden-Basalinsu- lin und innovative Insulin- mischungen ermöglichen nicht nur eine bessere Einstellung der Diabetiker, sondern tra- gen auch zu einer flexibleren Tagesgestaltung bei.

Da eine Monotherapie bei den meisten Typ-2-Diabeti- kern im Laufe der Zeit nicht ausreicht, besteht Bedarf an neuen Antidiabetika. Nach der UKPD-Studie (United Kingdom Prospective Study) mussten neun Jahre nach Diagnosestellung 85 Prozent der Patienten eine Kombina- tion verschiedener antidiabe- tisch wirkender Mittel ein- nehmen, um den Blutzucker adäquat kontrollieren zu können.

Bei der Therapie des Typ- 2-Diabetes sind die postpran- dialen Glukosespitzen in den letzten Jahren ganz in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Denn seit UKPDS ist bekannt, dass gerade die kurzzeitige Hyperglykämie nach dem Essen zu Schäden am Gefäßendothel und damit zu mikro- und makrovas- kulären Schäden führt. Zu hohe prandiale Glukosespit- zen stellen nach neuestem Verständnis einen unabhängi- gen Risikofaktor für kardio- vaskuläre Mortalität dar.

Bei Typ-2-Diabetikern aber ist die frühe, nach circa zehn Minuten einsetzende Phase der Insulinsekretion gestört.

Ohne eine Diagnose der Glu- kosespitzen nach dem Essen kann nur etwa die Hälfte der Typ-2-Patienten erkannt wer- den. Daher sollte sich das Au- genmerk vermehrt auf die prandialen Glukoseentgleisun- gen richten, und nicht nur der Nüchternblutzucker, sondern auch die Werte nach dem Es- sen sollten in der Praxis be- stimmt werden.

Mit Nateglinide (Starlix®, Novartis) wird ab Anfang

nächsten Jahres neben Repa- glinid ein zweiter Vertreter der Glinide auf den Markt kommen. Glinide stimulieren die Betazellen des Pankreas zu einer kurzen, fast pulsati- len Insulinsekretion. Sie setzt rasch ein, wird aber ebenso rasch wieder beendet. Wenn die Glukosewerte ihren phy- siologischen Bereich erreicht haben, hört die stimulierte Insulinausschüttung auf. Die Konzentrationen fallen wie bei Stoffwechselgesunden auf das Ausgangsniveau ab, so- dass ein Hypoglykämierisiko gering ist. Mit diesem „Quick on, quick off“-Effekt lässt sich eine akute prandiale Glu- kosetoxizität vermeiden, wo- durch die Betazelle geschont wird. Die Patienten nehmen Nateglinide kurz vor einer Hauptmahlzeit. Fällt diese aus, wird verschoben oder ver- gessen, erübrigt sich auch ei- ne Tablette, das heißt, der Zeitpunkt des Essens kann selbst bestimmt werden.

Glitazone

In Kürze wird es für die Thera- pie eines Typ-2-Diabetes mit Insulinsensitizern eine neue Therapieoption geben. Die Thiazolidindione – auch Glita- zone genannt – bekämpften kausal die Insulinresistenz, welche einem Manifestwerden des Typ-2-Diabetes um Jah- re vorausgeht, erklärte Prof.

Karl-Uwe Petersen (Aachen).

Glitazone sind Agonisten der Zellkernrezeptoren PPAR gamma (Peroxisomal Prolife- rator Activated Receptor Gamma), die besonders in In- sulin-Zielgeweben, das heißt, Skelettmuskeln, Fettgewebe und Leberzellen, nachweisbar sind. Durch Aktivierung die- ser Rezeptoren wird die Tran- skription von Genen ange- stoßen, die für das Insu- linsignaling notwendig sind.

Dadurch steigt die Insulin- sensitivität in den Zielgewe- ben. Durch die verminderte Insulinresistenz wird ver- mehrt Glukose in die Zellen aufgenommen, die Lipolyse reduziert und die Fettsäure- oxidation gehemmt.

Nüchterne und postpran- diale Blutzuckerspiegel sin- ken ebenso wie das HbA1c, die kompensatorische Hyper- insulinämie nimmt ab, und ei- ne Dyslipidämie wird regu- liert. Da die Insulinsensitizer einen ganz anderen Wirkme- chanismus als die herkömmli- chen oralen Antidiabetika haben, lassen sie sich gut mit ihnen kombinieren.

Wie Zulassungsstudien von Rosiglitazon zeigen konnten, sinke durch Glitazone das HbA1c innerhalb einiger Wo- chen um 0,5 bis 1,5 Prozent, so Dr. Andreas Liebl (Mün- chen). Die Wirkung ist durch Kombination mit Sulfonyl- harnstoffen, Metformin oder Insulin noch zu steigern. Ge- genüber Plasmalipiden ver- halten sich die Glitazone neu- tral. Der Quotient von Ge- samtcholesterin und HDL verbessert sich sogar. Außer- dem sinken erhöhte Triglyze- ridspiegel.

Das Nebenwirkungsprofil der Glitazone ist nach Dr. Ge- org Lübben (Aachen) gün- stig. Ein hepatotoxisches Po- tenzial ist bei Rosiglitazon und Pioglitazon im Gegensatz zu Troglitazon nicht zu be- fürchten, da diese beiden Gli- tazone keine Vitamin-E- Struktur mehr aufweisen. Ei- ne Gewichtszunahme von zwei bis vier Kilogramm be- ruht teilweise auf einer Was- serretention. Daher gelten Herzinsuffizienz und Leber- erkrankungen als Kontraindi- kationen.

Ödeme aufgrund der Was- sereinlagerung treten beson- ders an den Knöcheln auf,

weisen aber nicht auf kardio- vaskuläre Probleme hin. Fer- ner werden ein klinisch nicht relevanter Abfall des HB/Hä- matokrits, der in Einzelfällen zu einer Anämie führen kann, und eine leichte Blutdruck- senkung beobachtet. Hypo- glykämien sind bei Monothe- rapie mit beiden Glitazonen nicht zu befürchten.

Die Zulassung von Rosigli- tazon (Avianda®, SmithKline Beecham) wird in Deutsch- land für den Sommer, für Pio- glitazon (Actos®, Takeda) voraussichtlich im Herbst die- ses Jahres erwartet. Sie erfolgt im Gegensatz zu den USA bei uns zunächst nur für die Kom- bination mit Sulfonylharnstof- fen und Metformin.

24-Stunden-Basalinsulin Ein optimales Basalinsulin sollte ein möglichst flaches und gleichmäßiges Wirkprofil ohne Gipfel mit einer 24-stün- digen Wirkdauer aufweisen.

Die derzeitigen NPH-Insuline erfüllen diese Anforderungen nicht. Sie wirkten nur über ei- nen Zeitraum von acht bis zwölf Stunden und müssten daher mehrmals am Tag ver- abreicht werden, erreichten nach vier bis sechs Stunden ein unerwünschtes Maximum und seien in der Resorption variabel, konstatierte Prof.

Eberhard Standl (München).

Das neue rekombinante Humaninsulin-Analogon In- sulin glargin (Lantus®, Aven- tis), dessen Zulassung in der nächsten Zeit ansteht, trägt diesen Wünschen Rechnung.

Nach Injektion der klaren Lö- sung, die nicht mehr durchge- mischt werden muss, bildet es im subkutanen Gewebe ein kristallines Depot, aus dem es langsam aufgelöst und weit- gehend konstant und gleich- mäßig über 24 Stunden ohne unliebsame Spitze und ohne Wirkabfall freigesetzt und re- sorbiert wird. Daher reicht eine Compliance-freundliche, einmal tägliche Applikation.

Die bisherigen Studiener- gebnisse an insgesamt 3 000 Typ-1- und Typ-2-Diabeti- kern lassen nach Standl er- warten, dass sich die basale V A R I A

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A1990 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 28–29½½½½17. Juli 2000

E Neue Antidiabetika

Mehr Flexibilität für Diabetiker

Unternehmen

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Insulinversorgung durch das lang wirksame Insulin-Ana- logon optimieren lässt. So konnte bei Typ-1-Diabeti- kern Insulin glargin im Ver- gleich zu NPH-Insulin den Nüchternblutzucker besser senken und die Rate schwerer und nächtlicher Hypoglyk- ämien signifikant verringern (18 versus 38 Prozent).

Auch Typ-2-Diabetiker pro- fitieren von dem neuen Insu- lin-Analogon, wie zwei Phase- III-Studien zeigen konnten.

In einer einjährigen multizen- trischen Untersuchung wur- den 570 Patienten, die auf orale Antidiabetika nur unzu- reichend angesprochen hat- ten, randomisiert auf NPH- Insulin oder Insulin glargin umgestellt und die orale anti- diabetische Medikation bei- behalten. In der zweiten Pha- se-III-Erhebung standen die 518 Patienten bereits unter ei-

ner intensivierten Insulinthe- rapie und spritzten zu den Mahlzeiten Normalinsulin.

Sowohl in der Kombination mit oralen Antidiabetika als auch mit Normalinsulin bes- serten Insulin glargin und NPH-Insulin das Glykohä- moglobin und die Nüchtern- blutzuckerwerte gleich gut.

Jedoch traten unter dem In- sulinanalogon nur halb so vie- le nächtliche Hypoglykämien auf. Auch die Gewichtszu- nahme fiel in der Insulin-glar- gin-Gruppe deutlich modera- ter aus (0,2 bis 0,3 kg versus 1,5 kg).

Seit vorigem Jahr ständen innovative Mischinsuline in Fertigpens (Humalog® Mix 25 beziehungsweise 50, Lilly) zur Verfügung, die zur Op- timierung der konventionel- len Insulintherapie beitrü- gen, erklärte Dr. Gerhard-W.

Schmeisl (Bad Kissingen). Sie

enthalten eine Kombination von 25 beziehungsweise 50 Prozent Lispro und eine Prot- amin-Suspension. Im Gegen- satz zu der herkömmlichen Mischung von kurz wirksa- mem Altinsulin und mittel- lang wirkendem Verzögerungs- insulin muss mit Humalog Mix kein Ess-Spritz-Abstand mehr eingehalten werden.

Zwischenmahlzeiten weitgehend unnötig

Zu den Mahlzeiten ge- spritzt, werden kurzzeitig ho- he Insulinpeaks erzielt und damit die postprandialen Glu- kosespitzen abgefangen. Da- durch wird eine Überlage- rung der Insulinkurven mit der nächsten prandialen In- jektion vermieden und das Hypoglykämie-Risiko insbe- sondere nachts gesenkt. Wei- tere Vorteile sind die bessere

Steuerbarkeit bei Dosiskor- rektur und eine Hemmung der hepatischen Glukoneoge- nese.

Da Zwischenmahlzeiten weitgehend unnötig werden, kann der Patient auch sein Gewicht konstanter halten.

Besonders profitieren von dieser intensivierten konven- tionellen Therapie jüngere Typ-2-Diabetiker mit gere- geltem Tagesablauf, ältere Typ-2-Patienten, die nicht mehr eigenständig Insulinin- jektionen vornehmen können oder auf einen ambulan- ten Pflegedienst angewiesen sind, ferner demente Patien- ten, bei denen das Mischinsu- lin auch postprandial je nach verzehrter Mahlzeit gespritzt werden kann, und Diabetiker, die aufgrund schlechter Er- fahrungen Angst vor nächt- lichen Hypoglykämien ha- ben. DDrr.. mmeedd.. KKaarriinn KKrreeuuttzzbbeerrgg V A R I A

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 28–29½½½½17. Juli 2000 AA1991

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