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Archiv "Ambulante Palliativmedizin: Hilfe rund um die Uhr" (02.12.2005)

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G

erda Friedemann* hat sich gut vorbereitet: Auf dem Wohnzim- mertisch liegt ein dicker Akten- ordner mit den Entlassungsbriefen un- zähliger Krankenhausaufenthalte, da- neben mehrere Medikamentenschach- teln. Fortgeschrittenes Mammakarzi- nom mit Pleurakarzinose und Weichteil- metastasen – für die Patientin gibt es keine Hoffnung auf Heilung mehr. Die 53-Jährige atmet schnell und ist nervös, als sie Dr. med. Barbara Veh-Schmidt die Tür öffnet. Die Ärztin vom Verein

„Home Care Berlin“ kommt heute zum ersten Hausbesuch. Sie nimmt sich viel Zeit für das Gespräch und gibt der Pati- entin anschließend ihre Karte. Darauf steht eine Notfallnummer, die Gerda Friedemann nun ab sofort zu jeder Uhr- zeit anrufen kann. Ist Veh-Schmidt nicht erreichbar, wird das Gespräch auf das Handy ihres Kollegen umgeleitet. Die Patientin legt die Visitenkarte auf den Ordner und ist beruhigt.

„Home Care Berlin“ hat in der Bun- deshauptstadt das verwirklicht, was in Deutschland vielfach noch ein frommer Wunsch ist: eine flächendeckende, am- bulante, palliativmedizinische Versor-

gung rund um die Uhr. 21 Ärztinnen und Ärzte sind für „Home Care“ im Einsatz und versorgen jährlich etwa 1 800 Pati- enten. Es handelt sich um ein rein ärztli- ches Projekt, das terminal Krebskranke in Form von Hausbesuchen betreut. Ei- ne enge Zusammenarbeit besteht mit Pflegediensten und speziellen palliativ- pflegerischen Angeboten. Auch Sozial- arbeiter, Seelsorger und ehrenamtliche Hospizdienste werden in die „Home Care“-Arbeit eingebunden.

Schmerz- und beschwerdefrei zu Hause sterben

„Tumorkranke sind Patienten mit ganz speziellen Problemen und brauchen eine qualifizierte Betreuung rund um die Uhr“, betont „Home Care“-Ärztin Veh-Schmidt. Ziel sei es, den Patienten zu ermöglichen, nicht im Krankenhaus, sondern in der gewohnten Umgebung möglichst schmerz- und beschwerdefrei zu sterben. Das gelingt bei den „Home Care“-Patienten durch die optimale ambulante Versorgung fast immer:

Mehr als die Hälfte stirbt zu Hause, rund 30 Prozent im Hospiz und sechs Prozent im Pflegeheim. Nach Schätzun- gen der Deutschen Gesellschaft für Pal- liativmedizin sterben in der Regel etwa

42 Prozent der Krebspatienten im Krankenhaus. Bei „Home Care“ sind es nur zwölf Prozent.

„Home Care Berlin“ betreut die Krebskranken in ihrer häuslichen Um- gebung, in Heimen und Hospizen. Die

„Home Care“-Ärzte sind in der Regel in onkologischen Schwerpunktpraxen angestellt.Veh-Schmidt hingegen ist ge- meinsam mit einem weiteren Kollegen auf Honorarbasis in einer onkologischen Praxis im Berliner Bezirk Steglitz-Zeh- lendorf beschäftigt. Die 49-jährige Fachärztin für Anästhesie ist seit zwei- einhalb Jahren für „Home Care“ tätig.

Acht Hausbesuche von mindestens ei- ner halben Stunde stehen heute auf ihrem Programm. Zurzeit betreut die Ärztin 30 Patienten. Manche sieht sie täglich, andere nur alle zwei Wochen – je nach Bedarf.

Am Sinn solcher palliativmedizini- scher Maßnahmen zweifelt niemand.

Trotzdem ist das Projekt „Home Care Berlin“ eine Rarität. Spezialisierte ambulante Palliativdienste sind in Deutschland noch immer wenig ver- breitet. Zudem sind sie sehr unter- schiedlich organisiert, etwa als rein ärztliches, rein pflegerisches oder als Mischangebot. Vielfach handelt es sich um zeitlich begrenzte Modellpro- jekte ohne langfristig gesicherte Finan- zierung. Dem Koalitionsvertrag von Union und Sozialdemokraten zufolge wird sich die neue Regierung für einen Ausbau der palliativmedizinischen Ver- sorgung einsetzen. Regelungen für eine bessere Versorgung sollen im Vertrags- und Finanzierungsrecht von Kranken- kassen und Pflegeversicherung veran- kert werden.

Zweifelsohne besteht erheblicher Nachholbedarf: Rund 220 000 Men- schen sterben jährlich an einer Tumor- erkrankung. Nicht nur die Zahl qualifi- zierter Angebote, sondern auch die Ver- gütung der Leistungen ist unzureichend.

Die Kommunikation zwischen sta- tionärem und ambulantem Sektor ist ebenfalls defizitär**. Daran hat auch die Möglichkeit zum Vertragsabschluss im Rahmen der Integrierten Versorgung nach § 140 SGB V wenig geändert. „Von den etwa 1 400 Verträgen behandeln le- diglich zwei schwerpunktmäßig die Pal- liativmedizin“, monierte der Geschäfts- führer der Deutschen Gesellschaft für A

A3306 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 48⏐⏐2. Dezember 2005

Ambulante Palliativmedizin

Hilfe rund um die Uhr

Die Ärzte von „Home Care Berlin“ betreuen unheilbar Krebs- kranke. Dank der optimalen häuslichen Versorgung sterben nur wenige Patienten im Krankenhaus.

*Name von der Redaktion geändert

**Aulbert E., Klaschnik E., Schindler T.: Beiträge zur Pal- liativmedizin, Band 6, Palliativmedizin im ambulanten Sektor; Schattauer 2004

Foto:Susanne Woskanjan

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Palliativmedizin, Dr. med. Thomas Schindler, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Damit werde deutlich, dass die Palliativmedizin für die miteinander konkurrierenden Krankenkassen kein attraktives Thema sei.

Auch „Home Care Berlin“ arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Modellpro- jekt. Dabei ist der Verein mittlerweile aus dem Berliner Versorgungsangebot nicht mehr wegzudenken. Die Kranken- kassen und die Kassenärztliche Vereini- gung (KV) Berlin haben gesonderte Ab- rechungsmodalitäten vereinbart: Der

„Home Care“-Hausbesuch wird mit der eigens geschaffenen Nummer 9055 ab- gerechnet. Je nach Krankenkasse wird die Leistung mit einer Sonderpauschale vergütet oder mit 900 Punkten bewertet (aktuell bei einem Punktwert von 4,1 Cent). Diese Summe von rund 37 Euro wird zusätzlich zur normalen Vergütung eines Hausbesuches gewährt. Bei AOK, IKK und den Betriebskrankenkassen erfolgt die Finanzierung sogar außerhalb des Budgets. Allein die Bundesknapp- schaft hat bis heute keine Vereinbarung mit der KV Berlin getroffen.

Ständige Erreichbarkeit

Die „Home Care“-Versorgung ist für die Tumorpatienten und ihre Angehöri- gen immens wichtig, insbesondere die ständige Erreichbarkeit der Ärzte. „Wir schaffen es zu jeder Tageszeit, späte- stens innerhalb von zwei Stunden bei den Patienten zu sein“, erklärt Veh- Schmidt. Grundsätzlich können ihre Patienten sie immer anrufen. Dass sie nicht erreichbar ist und das Handy auf ihren Kollegen umschaltet, ist eher die Ausnahme. „Dass hier viel gearbeitet wird, ist kein Geheimnis“, sagt sie.

Schmidt-Veh ist trotz der hohen Bela- stung für „Home Care“ tätig – aus Überzeugung. „Das ist ein ordentliches Projekt, da müssen wir nicht rot wer- den“, erklärt sie.

In den letzten vierundzwanzig Stun- den sind drei ihrer Patienten gestorben:

Das ist das Resümee des heutigen Ta- ges. Zwei starben zu Hause, eine Patien- tin im Hospiz. Auch Gerda Friedemann hat sich dafür entschieden, im Hospiz zu sterben.Veh-Schmidt wird sie auch dort weiter betreuen. Dr. med. Birgit Hibbeler

P O L I T I K

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A3308 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 48⏐⏐2. Dezember 2005

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ie große Koalition will erst 2007 mit der Konsolidierung der Staatsfi- nanzen beginnen. Im kommenden Jahr soll noch eine Reihe steuerlicher Erleichterungen wirksam werden. Mit diesen sollen die Anreize zum Investie- ren verstärkt werden. Doch ab 2007 schlägt der Fiskus zu: Die Mehrwertsteu- er wird gleich um drei Punkte angeho- ben, die Versicherungssteuer ebenfalls.

Der Staat will allein damit im Jahr 2007 mehr als 20 Milliarden und 2008 gut 24 Milliarden Euro kassieren. Das trifft alle, auch wenn der ermäßigte Steuersatz für den lebensnotwendigen Bedarf auf sieben Prozent festgeschrieben bleibt.

Die besonders „Reichen“ (ab 250 000/

500 000 Euro – Alleinstehende/Verheira- tete) werden bei der Einkommensteuer mit einem Zuschlag von drei Punkten be- lastet.Von dieser Belastung sollen die ge- werblichen Einkommen ausgenommen werden. Andere Steuerzahler, auch Frei- berufler, werden damit benachteiligt.

Im kommenden Jahr setzt die Regie- rung Merkel auf Maßnahmen, die den wirtschaftlichen Aufschwung stützen sol- len. Die bisherige Schuldenpolitik wird noch einmal fortgesetzt, die Abschrei- bungssätze für die beweglichen Güter des Anlagevermögens werden verbessert.

Die Neuverschuldung des Bundes wird für 2006 mit 41 Milliarden Euro angege- ben, was verfassungsrechtlich schwer zu begründen ist. Die Kredite werden fast doppelt so hoch wie die investiven Ausga- ben ausgewiesen.Die Politik hatte bislang darauf gesetzt, die Konjunktur durch De- fizitfinanzierung und Steuersenkungen zu beschleunigen. Erfolge brachte das nicht. Künftig soll zwar die Kreditfinan- zierung des Staates zurückgedrängt,dafür sollen aber die Steuern, auch durch den Abbau steuerlicher Subventionen,massiv

erhöht werden. Dem Aufschwung dürfte das wohl kaum Beine machen.

Dennoch gibt es für 2006 einige hoff- nungsvolle Ansätze: das wirtschaftliche Wachstum hat sich im dritten Quartal dieses Jahres deutlich um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal beschleu- nigt. Die Konjunktur lebt zwar weiter- hin vom Export, aber auch die Investi- tionen haben zugenommen. Die Bau- wirtschaft scheint auf dem Tiefpunkt angekommen zu sein und hofft auf et- was bessere Zeiten. Die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen könnte für zusätzliche Investitionen sorgen.

Die Geldpolitik der Europäischen Zen- tralbank wird auch dann noch expansiv wirken, wenn sie das Zinsniveau nach oben schleust. Da sich der Bund in den letzten Jahren immer kurzfristiger über den Kapitalmarkt finanziert hat, wird dies jedoch sogleich zu einer Mehrbela- stung der Etats in Milliardenhöhe führen. Schulden werden also weiterhin mit neuen Schulden finanziert.

Hoffnung auf Vorzieheffekte

Die Steuererhöhungen, so ist zu be- fürchten, werden sich als Wachstums- bremse erweisen. Die Koalition setzt al- lerdings für 2006 auf Vorzieheffekte.

Viele Verbraucher könnten sich ent- schließen, Kaufentscheidungen um ei- nige Monate vorzuziehen, um der Mehr- wertsteuererhöhung zu entgehen. Bei steigender Nachfrage werden Unter- nehmen und Handel jedoch versuchen, die höhere Steuer schon vor 2007 über die Preise auf die Verbraucher abzuwäl- zen. Unternehmen folgen nicht den von der Politik vorgegebenen Terminen. Der konjunkturelle Impuls des Vorziehef-

Finanzpläne der großen Koalition

Wachstumspolitik ohne Perspektive

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen ist bis 2007 vertagt.

Die Steuerlast soll steigen, und der Bund bürdet

den Kranken- und Rentenkassen neue Lasten auf.

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